DENKST DU MANCHMAL
NOCH AN MICH? von
Tenebrae
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Wandelst im Träume, Schatten meiner Nächte.
In Gefilden so fern, frostig leis wie Winterwind.
Sehnsüchtiges Rufen, welches dennoch verrinnt.
Wie jene leise Melodie.
An diesem kalten Wintermorgen.
Als meine Seele nach dir schrie.
Und du sie nicht mehr hörtest...
"Sie tragen keinen Ehering?".
Vollkommene Stimme...
Er blickte Gedanken versunken auf seine schmucklosen bronzefarbenen Hände
und entgegnete der hübschen langhaarigen Frau ihm gegenüber mit einem
geflüsterten nein. Verführerisch lächelnd drückte sie ihre Zigarette in
einem Aschenbecher aus.
Diese Marke...
"Wieso nicht, Sie sind im besten Alter, sich langsam zu binden."
-"Ja."
"Haben Sie eine Freundin?"
-"Nein."
"Wie verwunderlich... . Mögen Sie lieber das kurze Abenteuer?" fragte sie
grinsend und strich sich dabei mit den schwarzen Fingernägeln locker durch
das weißblonde Haar.
Lüsterner Blick.
Er schaute kurz auf. Nachdenklich. Mit ausdruckslosen Augen.
"Ja...," sagte er kühl, "...ja, sowas entspricht mir schon eher."
Es war das Leben, welches ich niemals wollte.
Von Gottes Lichte weggerissen.
Die Flügel zerschunden.
Schwarzes Blut.
Überall.
Und ein stiller Schrei.
Tief in meiner verdorbenen Seele.
Der Schrei nach dir.
Den du nicht mehr hörst...
Die junge Frau, mit der er vor einigen Stunden geschlafen hatte, bewegte
sich unruhig im Schlaf. Wach lag Izumi neben ihr und stellte sich vor,
ihren Hals zu packen und so lange so fest zuzudrücken, bis ihr dürrer
Körper endlich still liegen bleiben würde. Er lächelte.
Dann stand er entnervt auf, verließ den Raum und nahm sich eine der
Zigaretten aus der Schachtel, die das Mädchen zuvor auf dem
Wohnzimmertisch liegen gelassen hatte.
"Ich konnte nie verstehen, warum du geraucht hast," sagte er in Gedanken
versunken. Er zündete sich die Zigarette an. Dann runzelte er die Stirn,
"Widerlich!" und drückte sie aus.
Ein weiterer nachdenklicher Blick galt der Haustür, welche er eine viertel
Stunde später hinter sich zuschlug.
Es ist seltsam:
Immer wenn ich traurig bin, fängt es an zu regnen.
Mir kommt es dann so vor, als weine die Welt mit mir.
...Oder um mich...
Doch auch wenn die Sonne danach wieder scheint.
Weine ich noch immer.
Egal wie lang der Regen dauerte.
Ob Minuten, Stunden oder Tage.
In meiner Seele regnet es immer...
Denkst du manchmal noch an mich?
Er wusste nicht, wohin er eigentlich wollte. Er streifte schon seit
mehreren Stunden ziellos durch den Regen. Schon lange war seine Kleidung
bis auf die Knochen durchnässt, er fror fürchterlich, dachte jedoch nicht
an eine Umkehr.
Wie lange wird mein Körper das noch mitmachen? Fragte er sich und stellte
sich dabei lächelnd vor, wie er zusammenbrechen und beim Wiedererwachen in
Kojis schöne Augen blicken würde. So war es damals immer gewesen. Als er
noch jung war. Immer, wenn es um sein Leben ging, war Koji da gewesen, wie
als ahnte er, dass Izumi irgendwo in Gefahr war. Er war einfach da, wie
aus dem Nichts, hielt ihn fest, küsste ihn, riss ihm bald darauf seine
Kleider vom Leib, kühlte mit seiner Zunge die Glut seines Körpers und...
...verschwand irgendwann einfach aus seinem Leben. Und vergaß dabei die
Glut zu löschen...
"Wie wünschte ich, du wärst jetzt hier," flüsterte Izumi. Dann wurde es
schwarz vor seinen Augen.
Denkst du manchmal noch an mich?
Oder war ich für dich einfach nur ein Spielzeug
Welches deine Gier befriedigte
Um dann weggeworfen zu werden?
Muss ich mich schelten
Je an deine Liebe geglaubt zu haben?
Und immer und immer wieder die selbe Frage
Die mein Hirn zu zerbersten droht:
Denkst du manchmal noch an mich?
Im Krankenhaus erwachte er. Und niemand war da. Er war allein. Wie immer.
Er konnte sich nicht erinnern, wie er hierher gekommen war, aber
wahrscheinlich lag er wie ein Besoffener irgendwo herum und jemand rief
wohl die Polizei. Er trug einen Verband am linken Arm, den er sich mit
einem Sturz während seines Ohnmächtigwerdens erklärte. Dann betrat ein
Arzt das Zimmer und erkundigte sich nach seinem Zustand.
"Wir erledigen nur noch schnell den Papierkram und danach können Sie
gleich wieder gehen. Was haben Sie die Nacht denn nur getrieben. Sie
hatten absolut keinen Alkohol im Blut, Ihre Werte sind ansonsten auch gut
- was heißt gut, nahezu perfekt - und trotzdem musste man Sie bewusstlos
und vollkommen unterkühlt hier einliefern. Sie haben wirklich Glück
gehabt, dass sie jemand hergebracht hat, ansonsten hätte diese Nacht auch
Schlimmes verursachen können."
Izumi ignorierte den Arzt und war schon fast angezogen, als dieser im Satz
innehielt. Ihm schien etwas eingefallen zu sein.
"Das hatte ich vergessen. Der Mann, der Sie herbrachte, übergab mir noch
diesen Zettel." Er streckte ihm ein unordentlich abgerissenes und
zusammengefaltetes Stück Papier entgegen. Verwundert faltete er es auf.
Las. Faltete es wieder zusammen.
Weißt du noch, als du mich das erste Mal sahst?
Du erkanntest meine wahre Natur nicht.
Und meintest mich zu lieben.
Auch Jahre danach, als du wusstest
Das ich nur ein Mann bin.
Und versprachst, mich bis in alle Ewigkeiten zu lieben.
Auch nach deinem Tod.
Jetzt glaube ich dir...
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