TRAPPED! von Sadomina

zurück zum Index

 

 

Katsumi war wie immer der perfekte Gastgeber. Erst verwöhnte er Koji und Takuto mit einem leckerem Abendessen - vom besten Catering-Service der Stadt, versteht sich - gefolgt von gut gekühltem Sake. Sogar Takuto verweigerte diesmal den edlen Tropfen nicht, und trank genüsslich sein Gläschen leer. Koji blickte ihn aus dem Augenwinkel schelmisch an und malte sich schon aus, wie er seinen Freund, der ja absolut keinen Alkohol verträgt, nachher zu Hause zum Kuscheln verführen würde. Nach dem üppigen Mahl sammelten sich die drei Freunde vor Katsumis Breitwandfernseher zu einem gemütlichen Fernsehabend. Koji schmiegte sich eng an Takuto, der ihn wie gewohnt wiedermal von sich schob, und auf seinem Schoß die Popcornschale Kojis Hand vorzog. Nach einer Weile ging Katsumi in die Küche und kam mit gekühlten Fruchtdrinks zurück, um den Geschmack des versalzenen Popcorn zu vertreiben. Koji und Takuto griffen sich dankbar die Gläser und stürzten die kühle Erfrischung hinunter. Kaum hatten die beiden ihre Getränke genossen, sanken sie mit ansteigender Erschöpfung in Katsumis Designercouch zurück. Anscheinend hatten sie doch etwas zuviel gegessen, und vor allem so spät am Abend. Oder der Sake vorhin. Ja, und überhaupt, es war auch ein anstrengender Tag... dachte Takuto noch, bevor ihn seine plötzliche Müdigkeit übermannte. Er bekam gerade noch mit, wie Kojis Kopf schwer auf seine Schulter kippte und dieser mit einem leisen Grunzlaut wegschnarchte, bevor sich der dunkle Vorhang des Schlafes vor Takutos Augen zu zog.

Das erste, was Koji bemerkte, als er wieder aufwachte, war der bittere Geschmack in seinem Mund, der ihm seine Zunge fast an den Gaumen klebte. Angestrengt versuchte er seine schweren Augenlider zu öffnen und in der Finsternis, die ihn umgab, irgendetwas zu erkennen. Er überlegte krampfhaft, was geschehen war, wo er war. Auf jeden Fall war er nicht in seinem Apartment. Katsumi! Ja, sie waren bei Katsumi und sahen sich diesen schwachsinnigen Film an. Das Essen war ausgezeichnet, aber das Popcorn war versalzen...der Fruchtdrink war wirklich eine Wohltat...Fruchtdrink...er hatte ihn getrunken und dann,...hmm? Blackout. Während Koji so da saß und grübelte, räkelte sich Takuto neben ihm. Jetzt bemerkte Koji, dass er wenigstens nicht alleine in seiner Verwirrung war. Und er freute sich insgeheim, seinen Schatz ohne Proteste an sich gekuschelt zu haben.

"Was...?" schnaufte Takuto überrascht, als er nach ausgiebigem Augenreiben sein Umfeld erblickte - und sich seines Bettgenossens bewusst wurde. Er fuhr aufgeschreckt hoch und fauchte Koji wütend an.

"Koji! Du verdammter Mistkerl! Was hast du mit mir gemacht?" kreischte er. Der Beschuldigte versuchte die wild auf ihn zufliegenden Hände von Takuto abzufangen und ihn zu beruhigen.

"He, he, stopp, aus... Izumi, bitte!" Koji griff in letzter Sekunde das Handgelenk seines aufgebrachten Freundes, bevor dessen Faust in seinem Gesicht landen konnte.

"Es ist nicht das was du denkst! Ich bin diesmal unschuldig!" verteidigte sich Koji. Takuto schnaubte aufgeregt, und funkelte sein Gegenüber ungläubig an.

"Du und unschuldig! Das ich nicht lache!" brüllte Takuto während er seine Hände aus Kojis Griff befreite. Er verließ fluchtartig das gemeinsame, schöne warme Doppelbett, und stürzte zur Tür. Dabei geriet er etwas ins Schwanken und fiel beinahe hin. Ein kurzer Schwindelanfall breitete sich in ihm aus und sofort schoss ihm die Erklärung.

"Gib's zu, du hast mir was in meinen Drink gemixt um mich nachher zu vernaschen!" zischte Takuto seinen Freund an. Koji, der mit einem riesen Satz aus dem Bett gesprungen ist, als er Takutos Schwanken bemerkte, stand nun neben ihm und wirkte wie ein geprügelter Dackel.

"Wieso sollte ich...ich würde nie..." stotterte Koji. Fest entschlossen, das feindliche Gebiet zu verlassen, drückte Takuto die Türklinke nach unten. Die Tür reagierte nicht. Verschlossen. Takutos Blick schoss durch Koji wie ein tödlicher Eisblitz, so dass dieser, als wäre er tatsächlich körperlich getroffen, zurück taumelte.

"Schlüssel!" forderte Takuto streng und streckte seinem Gegenüber die Handfläche hin. Doch sein Wunsch blieb unerfüllt. Koji starrte sprachlos seinen Freund an, dann schob er ihn vorsichtig beiseite >nur keine falsche Bewegung mehr, Takuto ist schon zu sehr am Dampfen< und nahm den sturen Türgriff selbst in die Hand. Keine Regung. Ungläubig und langsam verärgert, rüttelte Koji an der regungslosen Klinke. Nichts.

"Was...?" fragte er in den Raum hinein.

Im gleichen Augenblick tönte Katsumis Stimme von außen herein.

"Na ihr beiden, ausgeschlafen?"

"Katsumi" riefen die Eingeschlossenen gleichzeitig, halb erfreut und halb verwundert.

"Katsumi, die Tür geht nicht auf" erklärte Koji die Situation.

"Klar geht sie nicht auf, ich hab sie abgeschlossen" flötete Katsumi.

"Du hast WAS?" platzen Koji und Takuto, wieder wie aus einem Mund, heraus.

"Hört mal her, ihr beiden" begann ihr Gastgeber beruhigend, "ich will euch nur helfen. Ich schau euch nun schon monatelang zu, wie ihr euch gegenseitig fertig macht. Koji, du liegst mir und Takuto pausenlos in den Ohren, wie sehr du ihn liebst. Und Takuto versucht die ganze Zeit vergebens Dir beizubringen, dass er mit deiner Liebe und deinen Geständnissen nichts anfangen kann oder will. Die Situation ist doch auf einen Blick klar: Koji du willst Takuto, Takuto will aber nicht. Die Lösung: Koji, du akzeptierst und läßt Takuto endlich in Ruhe - aus, basta, er will nicht, es wird nichts. Takuto, du gehst wieder deine eigenen Wege, bleibst beim Fußball und machst Koji nicht länger Hoffnungen mit deiner Anwesenheit. Oder ihr akzeptiert endlich beide eure Gefühle für einander!" Katsumi beendete tief seufzend seine Predigt und legte eine kurze Schweigeminute ein. Und es herrschte tatsächlich Schweigen. Nicht ein Ton drang aus dem verschlossen Zimmer.

"Es geht einfach nicht in meinen Kopf, dass die Lösungen so offen liegen und alles so verdammt simpel wäre" fuhr er schließlich fort.

"Und ich habe mir vorgenommen, euch beiden bei eurer Entscheidung zu helfen. Ihr bleibt solange meine Gäste, bis ihr euch mal geeinigt, und vor allem ausgesprochen, habt. Ich liebe euch beide, und kann und will nicht länger Zeuge sein, wie ihr euch unabwindbar kaputt macht."

Hinter der Tür herrschte noch immer Stille. Koji und Takuto standen wie angewurzelt da, und versuchten Katsumis Worte zu verdauen. Sie blickten sich fassungslos in die Augen. Endlich brach Koji das Schweigen.

"Katsumi, komm schon. Das kann nicht dein ernst sein!"

"Auf dem Tisch beim Fenster steht euer Frühstück. Genießt es. Falls ihr noch was braucht, der Kühlschrank ist gut gefüllt" war Katsumis einzige Antwort.

Koji ließ resigniert die Hände sinken, ging zurück zum Bett, und ließ sich seufzend nieder.

"Er meint es voll ernst" bemerkte Takuto. Dann wandte er sich seinem Freund zu.

"Koji! Mach etwas, er kann uns doch nicht hier festhalten!" drängte er, obwohl er innerlich wusste, es würde ohnehin nichts bringen.

"Also wenn ich so darüber nachdenke, habe ich absolut kein Problem damit, mit dir in einem so kuscheligen Schlafzimmer eingesperrt zu sein" grinste Koji breit, und spielte neckisch mit den üppigen Fransen eines rosa Seidenkissens. >Katsumi hat schon einen eigenartigen Geschmack< kam ihm dabei in den Sinn. Da war es wieder - das was er an Takuto so unendlich liebte - das leuchtende Funkeln in seinen dunklen Augen.

"Du bist krank, Koji Nanjo. Einfach krank." Das waren Takutos letzte Worte, bevor er Koji mit einem selbst aufgelegtem Schweigegelübde strafte.

Still wie ein Fisch nahm er sein Frühstück zu sich, während Koji im Bett lag und an die Decke starrte, seine Gedanken kreisen ließ, und überlegte, wie er seinen Liebsten wieder beruhigen könnte. Und wie sie von hier verschwinden könnten. Die Stunden zogen sich unendlich, es schien als würde die Zeit stillstehen.

Zum unzähligsten Mal ließ Koji seine Blicke durch das Zimmer gleiten. Immer noch auf der Suche nach irgendeiner Idee.

In einer Ecke stand ein verchromter Kühlschrank, daneben ein unförmiger Tisch mit zwei futuristisch aussehenden Barhockern. Aus einem Fenster fiel durch einen schwefelgelben Vorhang schwach das Sonnenlicht herein und projizierte einen Regenbogen an die weiße Wand. Zwei Nachtkästchen - Design Großmutter - standen links und rechts neben dem prachtvollen Himmelbett mit unzähligen Zierkissen, die verschlossene Tür und eine weitere, geöffnete, die ins angrenzende Badezimmer führte. Sonst konnte er nicht viel Inventar erkennen. >Katsumi hat alles sehr gut geplant. Hier könnte man es bestimmt eine Weile aushalten... Für Essen und Hygiene ist gesorgt, Fluchtmöglichkeiten ausgeschlossen. Es sei denn, das Fenster...nein, zu schmal...und vom 4. Stock hinunter zu springen macht nicht viel Sinn...Hmm, weder Fernseher noch Stereoanlage weit und breit!< stellte Koji verärgert fest. >Er zwingt uns ja richtig zum Aussprechen. Wenn nur Izumi mal sein Schmollen beenden würde...<

Dabei sah er zu seinem schweigenden Gefährten, der wie eine gefangene Wildkatze am Fenster auf und ab ging. Die weichen Strahlen der späten Nachmittagssonne ließen seine bronzene Haut noch verführerischer wirken. Seine langen, schlanken Beine, so wohlgeformt und fest. Man konnte die seidige, warme Haut fast fühlen, wenn man nur hinsah. Weiche Schatten umspielten seinen jungen Körper, betonten sanft seine Muskeln, die sich unter seiner anmutigen Bewegung spannten. Koji starrte ihn an, Takutos Anblick in dieses verzauberte Licht gehüllt, trieb ihn wie so oft in den Wahnsinn. In solchen Momenten wünschte er sich nichts mehr, als seinen Geliebten in die Arme zu schließen, ihn fest an sich zu drücken, seine heiße Haut zu berühren und...

"Verdammt" fluchte Koji, und versuchte unbeholfen mit einer Hand ein Kleenex aus der Box am Nachttisch zu fischen, um seine plötzlich blutende Nase abzuwischen. Durch sein nervöses Einhandmanöver ging unglücklicherweise der große, gläserne Aschenbecher mit lautem Klirren zu Bruch, was Takutos Aufmerksamkeit nun endlich wieder zu Koji lenkte.

"Koji! Deine Nase, was ist los?" fragte er besorgt und eilte mit frisch erwecktem Gluckeninstinkt zu seinem Freund.

"Ach...nichts...hab mich nur etwas aufgekratzt..." schwächte Koji die Situation ab, und warf Takuto einen Gequälten-Nanjo-Blick zu. Takuto nahm eine verschwenderische Hand voll Taschentüchern, drückte sie seinem blutenden Freund auf die Nase und hielt sanft seinen Kopf. Der Zorn vom Morgen war anscheinend verflogen.

"Halt still, Kopf zurück" befahl er streng. Koji folgte brav den Anweisungen und genoß es sichtlich, wie Takuto ihn umsorgte. Aber er wäre nicht Koji Nanjo, wenn er nicht jede Möglichkeit ausnutzen würde, noch mehr von seinem Liebsten zu bekommen. Er lehnte sich eng an seinen Pfleger und spielte den Geschwächten. Takuto streichelte beruhigend seine Stirn und hielt noch immer das Tuch fest an die Nase gedrückt. Die Wärme, die von Takuto ausging und die sanfte Berührung, lies das Blut in Kojis Nase schnell wieder an die übliche Stelle zurückkehren, wo immer es sich sammelte, wenn Koji seinem Freund so nahe war.

Koji griff nach Takutos Hand in seinem Gesicht und schob sie beiseite, um ihm im selben Augenblick einen flüchtigen, aber nicht weniger leidenschaftlichen Kuss zu stehlen. Takuto war zu überrascht, um sofort zu einer Abwehrreaktion überzugehen, es schien sogar, als würde er die süßen Lippen seines Freundes genießen. Doch der Schein trügte...im nächsten Augenblick stieß er Koji wie gewohnt von sich.

"Koji! Anscheinend geht's dir wieder besser."

Koji leckte sich langsam über die Lippe und lächelte, "mhhh, ja viel besser...obwohl, ich könnte einen Nachschlag gebrauchen."

"Einen Schlag kannst du gerne haben" antwortete Takuto und hob drohend seine Hand. Koji fasste ihn am Handgelenk und zog ihn an sich. Doch der Blick, der ihn nun durchbohrte, ließ ihn sein Opfer wieder loslassen.

"Ich kann es nicht glauben, aber Katsumi hat mich mit einem Irren eingesperrt" zischte Takuto finster.

"Tut mir leid, Izumi. Aber stundenlang in deiner Gegenwart...dir so nahe zu sein und dich nicht spüren zu dürfen...ich kann mich nicht länger beherrschen. Es macht mich langsam wirklich zu einem Irren" antwortete Koji bedrückt.

Verwundert bemerkte Takuto die glasigen Augen, die Koji erfolglos zu verbergen versuchte. Schnell wendete Takuto seinen Kopf und flüchtete zum Kühlschrank. Flüchtete vor Koji, vor sich selbst und seiner Unfähigkeit, mit Kojis offen gelegten Gefühlen umgehen zu können. Er nahm sich eine Dose Cola Light aus dem Kühlschrank und trank gierig die kalte Flüssigkeit, während er heiß Kojis Blicke auf sich fühlte. Sein Herz pochte unruhig als er hörte, wie Koji sich vom Bett erhob und seine Schritte immer näher kamen. Angespannt blieb Takuto stehen, klammerte sich an die halbvolle Dose und zwang sich, nicht umzudrehen. Er konnte schon beinahe Kojis Hände fühlen, seinen Atem im Nacken spüren. Doch es blieb nur seine Vorstellung, Koji ging nicht auf ihn zu, sondern an ihm vorbei, und verschwand stumm im Badezimmer. Erleichtert aber irgendwie auch enttäuscht, lockerte Takuto seinen Todesgriff um die Coladose und ging schwer seufzend zum Bett, warf sich erschöpft in die weichen Decken und streckte sich entspannt aus. Dem leisen Rauschen der Dusche nebenan lauschend, schlief Takuto ein.

Als Koji nach einer Weile wieder aus der Dusche kam, fand er seinen Freund friedlich schlafend auf dem Bett. Mit einem sanften Lächeln betrachtete er den Schlafenden und kämpfte gegen den Drang, ihn zu berühren. Auch er war etwas müde, aber er wollte auf keinen Fall Takutos Nerven aufs Neueste strapazieren, also machte er es sich auf dem Fußboden gemütlich.

Takuto konnte sich nicht erinnern, jemals so lange geschlafen zu haben. Gähnend streckte er seine Glieder und schwang sich aus dem Bett, um das Badezimmer aufzusuchen. Dabei wäre er beinahe über Koji gestolpert, der zusammengerollt, in ein viel zu kurzes Handtuch gewickelt, am Boden schlief. Überwältigt von schlechtem Gewissen und Mitleid, biss er sich auf seine Unterlippe und verschwand schleunigst im Badezimmer. Nun räkelte sich auch Koji, sein ganzer Körper war verspannt und er fühlte sich wie siebzig. Unter Stöhnen bog er sich wieder zurecht und sammelte seine Gedanken. Ein neuer Tag. Noch immer eingeschlossen. Kein Fortschritt und bestimmt keine Chance, Katsumi zu überzeugen, dass sein gut gemeinter Plan ein fataler Fehlschlag wäre. Koji fürchtete sich beinahe, Takuto unter die Augen zu treten. Sicher macht er ihn allein für ihre missliche Lage verantwortlich. Er nahm sich fest vor, ihm nicht mehr zu nahe zu kommen, am besten sogar aus dem Weg zu gehen. Zumindest, ihn mit seinem lüsternen Verlangen in Ruhe zu lassen. Koji bestärkte seine Vorhaben mit einem selbstbewussten Schluck Orangensaft, direkt aus einer Packung, als sein Blick auf Takuto fiel.

Takuto kam nach ausgiebigem Duschen mit einem Handtuch bekleidet aus dem dampfenden Badezimmer. Seine dunklen Haare klebten in wilden Strähnen nass auf seiner Stirn, unzählige kleine Wassertropfen glitzerten wie Diamanten auf seiner Bronzehaut. Der verführerische Anblick des jungen Fußballers ließ Kojis Vorhaben mit einem Schlag verblassen.

Ihr Blick traf sich und ließ sie beide einen Augenblick erstarren.

"Izumi, wegen gestern..."

"Koji, ich wollte nicht..." platzten sie plötzlich gleichzeitig hervor, gefolgt von einer kurzen Pause. "Ich will dich nicht..." "Ich war etwas..." schon wieder fielen sich beide ins Wort.

Diese Situation brachte sogar Takuto wieder zum Lachen, er streckte Koji seine Hand entgegen. "Friede?"

"Friede" lächelte Koji zurück und schlug ein. "Schließlich sieht es so aus, als würden wir hier noch länger festsitzen" fügte er hinzu.

Takuto ging seufzend zum Kühlschrank, nahm sich einen Joghurt und Orangensaft, und ließ sich auf den Hocker neben Koji nieder.

"Wir müssen uns irgendwas überlegen. Katsumi kann uns doch nicht allen Ernstes ewig hier behalten" meinte Takuto.

"Sagen wir ihm einfach, wir haben uns geeinigt. Das will er doch hören" schlug Koji vor.

Takuto schob einen Löffel Joghurt in seinen Mund und fragte schmatzend "Und worauf haben wir uns geeinigt?"

Koji lächelte schmal und antwortete leise, "Dass wir von nun an glücklich zusammenbleiben?" Takuto meinte, ein leichtes Flehen in seiner Stimme wahrgenommen zu haben. Er schluckte hart, als sich sein Magen zusammen krampfte, und schaufelte sofort die nächste Ladung Joghurt in sich, um nicht sofort antworten zu müssen. Koji nahm seufzend Takutos stille Reaktion als Antwort an, er hatte ohnehin nicht damit gerechnet, dass ihm sein Freund zustimmend um den Hals fallen würde. "Wenn er uns zumindest einen Fernseher reingestellt hätte" wechselte er das Thema.

"Ja, oder seinen Heimtrainer" stimmte Takuto zu, kratzte den Joghurtbecher leer und erhob sich vom Frühstückstisch um sich anzukleiden.

Gelangweilt blieb Koji am Tisch sitzen, rauchte eine Zigarette - zumindest die hatte ihm Katsumi gelassen - und beobachtete Takuto, der nun am Fenster stand.

"Vielleicht kann Serika uns hier rausholen. Wenn sie mich am Telefon nicht erreicht, probiert sie es bestimmt bei dir und Katsumi" überlegte Takuto.

"Ich denke, auch dafür kann Katsumi eine passende Erklärung abgeben." Koji drückte seine Zigarette aus und schlurfte auf das bequemere Bett zu. Er machte es sich darin gemütlich, streckte seine noch immer steifen Gliedern von der Nacht auf dem Boden, und zählte die bunten Muster auf Katsumis Tapete, die ihn von oben herab anstarrten.

"Heute Nachmittag wäre Training" stellte Takuto genervt fest.

"Gerade jetzt vor der Meisterschaft kann ich mir Fehlstunden nicht leisten!"

"Wer sagt, dass dein Training ausfällt? Fang den hier" lachte Koji und zielte hart mit einem weichen Kissen auf seinen Freund. Darauf war der junge Fußballer nicht gefasst, und so traf ihn der gemeine Schuss direkt im Nacken. Takuto fuhr herum zum Gegenschlag, Koji hechtete nach vorne und fing, um den Schuss sofort zu erwidern. Takuto ging in Position, fing Kojis Angriff und teilte sofort mit aller Härte aus, dass sein Freund fast aus dem Bett kippte. Koji, der halb von der Matratze hing, griff nach vorne und fasste Takutos Knöchel, zog ihm blitzschnell das Bein weg, so dass dieser unweigerlich nach vorne taumelte, um bei Koji im Bett zu landen.

"Foul!" protestierte er mit gespieltem Zorn, nahm das Kissen und stopfte es seinem unfairen Gegenspieler ins Gesicht. Dieser wehrte sich mit einer gemeinen Kitzel-Attacke, die Takuto fast um seinen Verstand brachte und ihn unter Kreischen zusammen krümmen ließ. "Koooo...aus...bbbitteeee!" zuckte er unter Kojis Folter. Dieser ließ jedoch nicht locker und lachte sein Opfer auch noch eiskalt aus. Diese Frechheit gab Takuto wieder Antrieb um sich gekonnt zur Wehr zu setzen. Er schlang seine Beine um Koji und drehte ihn mit aller Kraft herum, dass er nun triumphierend auf seinen Beinen saß, und ihm die Hände auf den Rücken drehte.

"Ahhh" stöhnte Koji, "ich ergebe mich! Hab Gnade!"

Jetzt war Takuto mit Lachen an der Reihe.

"Schwöre, dass du von nun an brav bist" forderte er den Bezwungenen auf, "Los, schwöre!"

"Jaa, ja, ich schwöre!" presste Koji atemlos hervor.

"Hmm...na gut." Takuto ließ Kojis Hände los, was sich als fataler Fehler erwies. Koji nutzte seine Freiheit schamlos aus und zog Takuto blitzschnell an sich. Bevor sich ihre Lippen berühren konnten, hielt Koji jedoch inne. Statt dessen blickte er seinem Freund fest in die Augen. Takuto erwiderte etwas fassungslos seinen Blick. Verwundert, dass Koji ihn nicht wie so oft überrumpelte, ihn küsste, ihn umarmte. Sicher, er hätte sich wie gewohnt dagegen gewährt.... und doch trotzdem fehlte es ihm.

Koji strich ihm sanft eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn, seine Augen noch immer fest mit Takutos verbunden.

"Es...es tut so weh, dich zu lieben" flüsterte Koji auf einmal völlig ernst. Verkrampft schloss er seine Augen und wandte sich ab.

"Koji, ich...es..." stammelte Takuto. So sehr er sich anstrengte, er fand keine Worte.

"Schon gut, Izumi, ich weiß" unterbrach ihn Koji resignierend. Takuto fühlte sich absolut schlecht. Nutzlos und mit einem schweren Kloß im Magen saß er mit gesenkten Augen da und hätte am liebsten geheult. Er konnte seinem Freund nicht in die Augen blicken, er wußte, wenn er es täte, würden ihn Kojis Tränen schmerzen und ihn zu etwas bewegen, gegen dass er sich mit voller Kraft wehrte. Aber so gerne würde er ihn jetzt in seine Arme nehmen, ihn streicheln, ihn trösten...seine Wärme spüren... Nein, er durfte nicht so denken! Takutos Halsmuskel spannten sich als er seine übliche Härte gegenüber Gefühlen wieder fand. Er atmete noch einmal kräftig durch und wandte sich mit erneuertem Selbstbewusstsein zu Koji.

"Was willst du eigentlich? Wir verbringen die Zeit zusammen, haben zusammen Spaß...und wir schlafen zusammen! Was willst du denn noch, Koji?" zischte er gereizt.

Koji versetzten Takutos harte Worte einen Schlag. Mit großen, tränengefüllten Augen blickte er seinen Freund an und versuchte Haltung zu bewahren. Er wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte.

"Zusammen" wiederholte er mit einem bitteren Ton, "dein Körper, ja, mit dem bin ich zusammen." Nun konnte Koji sich nicht länger beherrschen. Er packte Izumi an beiden Schultern und fixierte ihn mit scharfen, verzweifelten Augen.

"Das ist es ja! Izumi, du bist mir so nah und doch so verdammt fern! Ich liebe DICH - nicht nur einen Teil von dir! Nicht nur deinen Körper, ich liebe alles an dir, ALLES!"

Kojis Griff verkrampfte sich schmerzhaft in Takutos Schultern. Er senkte seinen Kopf und versuchte sich wieder zu sammeln.

"Manchmal habe ich das Gefühl, du empfindest auch etwas für mich, zumindest ein bisschen...aber dann...dann verletzen deine Worte, du sagst, dass du mich hasst...mir jedoch zumindest deinen Körper gibst...ich dachte manchmal, du...du würdest es auch schön finden, wenn wir...miteinander..."

Kojis Leib zuckte unter Krämpfen, seine Tränen waren nicht länger zu halten.

"Oh Gott...Izumi...was kann ich nur tun? Ich liebe dich doch so sehr!"

Takuto starrte entsetzt und hilflos auf seinen Freund.

"Ich hasse dich nicht, Koji. Ich...ich...aber lieben? Was ist schon Liebe? Wieso dreht sich immer alles um Liebe? Du siehst doch selbst, dass Liebe alles kaputtmacht, Schmerzen bereitet... und...tötet." Takutos Stimme überschlug sich leicht, auch er begann nun zu zittern.

"Das ist das, was DU mit Liebe verbindest" antwortete Koji traurig. "Man hat dir so sehr wehgetan. Ich...ich wünschte, ich könnte dir diese Schmerzen nehmen..."

Ohne ein Wort saß Takuto am Bett, seine Beine eng angezogen und vergrub sein Gesicht unter seinen Armen. An seinem Zittern konnte man merken, dass er mit seinen Gefühlen kämpfte.

"Ich will nicht, dass du leidest. Ich möchte, dass du glücklich bist, Izumi."

Nach einer längeren Pause fuhr Koji fort "und wenn ich dich dafür aufgebe, dir verspreche, dich nicht mehr mit meiner Liebe zu belästigen. Wärst du dann glücklich? Ist es das, was du willst?"

Izumi schwieg. Sein Körper zuckte unter Krämpfen. Ein leises Schluchzen verriet, dass er weinte.

In den folgenden Minuten lag eine bedrückende Stille im Raum. Koji beobachtete seinen Geliebten mit hilfloser Verzweiflung. So gerne wollte er ihn an sich drücken, doch er hatte Angst vor Takutos möglicher Reaktion.

Schließlich brach Takuto die Stille. Ohne seinen Kopf zu heben, gestand er leise "Ich will nicht, dass du mich verläßt....ich...ich weiß nicht was ich will...was ich fühle."

Er wandte sein Gesicht Koji zu, mit flehenden Augen blickte er ihn an.

"Koji...ich...ich..."

Vorsichtig streckte Koji seine Hand nach Takuto aus, strich ihm sanft durch das Haar. Takuto blieb ruhig. Auch als Koji sich vorbeugte, und ihm seine weichen Lippen auf die Stirn drückte. Takuto vergrub seinen Kopf an Kojis Schulter und flüsterte "Bitte...halt mich fest."

Koji presste ihn eng an sich, und spürte, wie sein Geliebter in seinen Armen zitterte. Tröstend streichelte er seinen Rücken, grub seine Finger in Takutos Haar.

"Koji, ich hab Angst..." hauchte Takuto heiser.

"Ich bin bei dir, Takuto" beruhigte ihn Koji mit weicher Stimme. "Ich werde immer bei dir sein."

"Immer!" platzte es aus Izumi heraus. "Nichts ist für immer. Wer weiß, vielleicht verliebst du dich schon morgen in jemand anderes?"

Koji starrte seinen Freund fassungslos an.

"Wer will wissen was morgen ist? Vielleicht bist du es, der ein nettes Mädchen kennenlernt, heiratet und Kinder großzieht? Auch mir kann niemand garantieren, dass ich dich nicht verliere! Es ist keine Lösung, alle Gefühle abzutöten, alleine zu bleiben, um nicht verletzt zu werden."

Koji schüttelte seinen Geliebten an der Schulter, und fuhr unter Tränen fort "Izumi, ich kann dir nur eins versichern: ich liebe dich. Liebe dich mehr als mein Leben! Hier, in diesem Augenblick! Es liegt an uns beiden, wie lange dieser Augenblick dauern soll."

Beide blickten sich mit tränennassen Augen an. Die entstandene Stille war unerträglich. Man konnte beinahe ihre Herzen schlagen hören. Dieser eine Moment zog sich wie Stunden, es schien, als ob die Zeit überhaupt stillstehen würde.

Nach endlosem Schweigen schüttelte Takuto plötzlich seinen Kopf und fluchte leise "Verdammt!" Er fluchte auf sich selbst und seine Gefühle für Koji, die er sich niemals eingestehen wollte. "Was hast du mit mir gemacht, Koji? Warum?"

Ohne irgendein Kommentar abzuwarten, beugte er sich vor und küsste seinen Freund. Koji war im ersten Augenblick etwas verwirrt, damit hatte er nicht gerechnet. Leicht zögernd und vorsichtig erwiderte er, und schon bald verschmolzen beide in einen endlosen, innigen Kuß. All ihre aufgestauten Gefühle der letzten Monate lösten sich unter ihren heißen Lippen auf. Als sie sich wieder von einander lösten, funkelte ein schwaches Lächeln in Takutos Gesicht. "Es ist alles ganz schön verrückt."

Koji hob seine Hand und streichelte sanft über die glühende Wange seines Geliebten. "Ich bin verrückt...nach dir."

Noch einmal fanden ihre Lippen zu einem süßen Kuss zusammen, und sie sanken in enger Umarmung zurück ins Bett.

"Heißt das, dass du... meinst du, wir könnten Katsumi rufen?" fragte Koji, und knabberte Takutos Hals entlang.

"Noch nicht," antwortete Takuto.

Wieder zog er Koji näher an sich und hauchte leise, mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen, "unser Gespräch ist noch nicht zu ende..."

Ihre Aussprache dauerte beinahe zwei Stunden. Noch nie zuvor hatten sie sich so leidenschaftlich geliebt.

 

 

nach oben