BLIND DATE von Deischy

 

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TEIL 1 -- TEIL 2

 

Aaaalsooo, beim lesen von Kimeras 'End of Innocence' ist mir aufgefallen, dass unseren beiden Lieblingen ein Kleinigkeit in ihrer Beziehung fehlt und in einer sehr sentimentalen Stunde habe ich beschlossen das zu ändern. Und weil sich KojiTaku soviel Arbeit mit der Beta gemacht hat bin ich wohl verpflichtet das Endergebnis öffentlich zu machen.

Wahrnungen: sap, sap, sap...eine Stunde später...sap und äähh... sap????

So, jetzt viel Spaß und Feedy bitte an Deischy@aol.com *sich unterm Stein verkriech*

 

 

TEIL 1

"Nein, nein, nein, so geht das nicht. Aufhören Takafumi, sofort!" Wütend riss Koji sich den Kopfhörer von den Ohren." Du spielst das Ganze viel zu schnell und dein Einsatz kam zu spät."

 "Aber das hast du doch so gewollt." konterte der Keyboarder. "Das stimmt, ich habe selbst gehört wie du es ihm vorhin gesagt hast." mischte sich Kai, der Gitarrist, ein. "Ach, halt bloß die Klappe!" fuhr Koji ihn an. "Dein Solo klingt als würde einer auf der Bratsche spielen." "Wie bitte?" Kai war im ersten Augenblick völlig geschockt. " Also ich glaube, dass muss ich mir wirklich nicht bieten lassen, wenn du der Meinung bist, dass wir dir nicht professionell genug sind, dann kannst du ja das Album mit einer andern Band auf nehmen, die besser dazu geeignet ist." Hilfe suchend blickte er sich im Tonstudio um und fand  rege Unterstützung.

In den letzten drei Tagen waren die Aufnahmen mit dem großen blonden Sänger immer schwieriger geworden. Katsumi, der neben dem Produzenten am Mischpult saß, wusste auch warum. "Jungs, ich glaube wir sollten eine kurze Pause machen. Koji könntest du mal einen Augenblick in mein Büro kommen?" sein geschäftlicher Ton duldete keinen Widerspruch. Mit einer theatralischen Geste warf dieser ein paar Notenblätter hinter sich, die er gerade in der Hand hatte und  verließ mit einem genervten Gesicht den  Aufnahmeraum.

Koji war gestresst und das schon um zehn Uhr morgens. Das neue Album musste in einer Woche fertig sein, dann standen noch drei Interviews an, vom Fotoshooting für das Cover ganz zu schweigen! Doch das war nicht das eigentliche Problem, denn der Zeitplan war früher manchmal noch enger gewesen. Nein, das Problem war, dass die Wohnung, in der Koji und Takuto zusammenlebten, gerade von Grund auf renoviert wurde. Koji hatte sich im Hotel einquartiert, aber Izumi war zu den  Eltern seiner Geschwister gezogen. Er hatte keine Lust, die Presse mit einem Zaunpfahl auf ihr Verhältnis aufmerksam zu machen. Darum war der einzige Kontakt, den sie zur Zeit pflegten, telefonischer Natur. (keine schmutzigen Gedanken bitte, das hier ist ein ordentlicher Fic *finster umherblick*)

"Was soll das Koji, du weißt genau, dass die beiden das nicht verdient haben." Shibuya blickte auf ein Häufchen Elend das vor ihm saß betreten zu Boden schaute. Ein zerknirschtes "Ich weiß.." war hinter dem Vorhang der langen Haare zu hören. Mitleid überfiel ihn, er begann zu überlegen wie er seinem Star helfen konnte. Da musste doch was zu machen sein. ...."Ok , wenn du schön brav bist und den Song ohne weitere Eskapaden auf nimmst, dann sorge ich dafür, dass du Taku-chan heute Abend ungestört sehen kannst."

"Und wie willst du das machen?" Neugier und ein Fünkchen Hoffnung blitzten ihm aus den blauen Augen entgegen. "Lass das meine Sorge sein, du gehst jetzt wieder an die Arbeit, während ich mich um alles kümmere. Los, erheb dich da drüben wartet eine Band auf dich!" Mit einer Hand schob er Koji aus dem Zimmer, mit der anderen angelte er nach dem Telefon.

 

Ein schrilles Piepsen ließ Takuto von seiner Zeitung aufsehen. Mit einem leichten Lächeln griff er nach dem Handy, das Koji ihm nach einer längeren Diskussion aufgedrängt hatte.

"Hallo?"

"Hallo, Taku-chan! Na, wie geht’s dir?"

"Och, du bist's bloß Shibuya"

"Ein Bisschen mehr Begeisterung hätte ich schon erwartet."

"Entschuldige, du hast recht. Also was gibt es, hat er wieder irgend etwas angestellt?"

"Nein, eigentlich nicht, er vermisst dich nur."

"Kann ich mir gut vorstellen."

"Sag mal, hättest du Lust dich heute Abend mit ihm zu treffen, zum Beispiel zum Essen und ins Kino?"

"Du meinst wie bei einem Date?"

"Wenn du so willst."

"Kl..ar, wa.a.rum nicht."

"Ok, dann wird er dich heute um 19.30 Uhr abholen"

"O..O..Ok"

"Gut ich muss jetzt Schluss machen. Tschüss"

"....Äh....Tschüss"

Die letzten Worte hatte Takuto kaum noch richtig mitbekommen. 'Ein Date, mit Koji!' hallte es in den Windungen seines Gehirns wieder. Es dauert einige Zeit bis sich dieser Satz zu seinem Bewusstsein Zutritt verschafft hatte, doch dann sprang er von der Couch auf und rannte orientierungslos im Zimmer auf und ab. O Gott, o Gott, er hatte ein Date, sein erstes Date und dann auch noch mit Koji! Was sollte er jetzt tun? Purzelbaum schlagen, mit dem Kopf gegen die Wand rennen. Am liebsten hätte er es, aus lauter Freude, einfach nur in die Welt hinaus geschrieen. Letzteres kam ihm im selben Moment unrealistisch vor, da die Presse ein sehr gutes Gehör für solche Rufe hatte. 'Okay, erste einmal gaanz ruuhig'. Mit ein paar tiefen Atemzügen zwang er seinen Puls nach unten. An so eine Sache musste man methodisch ran gehen, da man sonst Gefahr lief den Kopf zu verlieren. 'Zuerst muss ich den grauen Mantel aus der Reinigung holen, eines der weißen Hemden waschen und bügeln und das Shampoo ist auch leer. 'Vielleicht sollte ich Koji etwas mitbringen, einen Kuchen vielleicht? Nein, zu groß. Blumen?, Schmuck? auch nicht richtig. ....Ah, jetzt weiß ich, Serikas Mutter macht zu jeder Feier ihre berühmten Champagnertrüffel, irgendwo musste sie doch das Rezept haben.'  Mit einem Grinsen als Dauereinrichtung auf seinem Gesicht macht er sich auf in die Küche.

"Oni-chan, hilfst du mir bei Mathe?" Neugierig beobachtet Yugo seinen Bruder dabei wie der sich  durch die Bücher, losen Blätter und Papierfetzen wühlte, die die Rezeptsammlung seiner Mutter darstellten. "Tut mir leid keine Zeit." Er faltete ein Blatt eilig zusammen, rauschte dann an Yugo vorbei und war eine Sekunde später auch schon durch die Haustür verschwunden. Der Zurückgelassene betrachtete misstrauisch das Chaos auf dem Küchentisch, dass so gar nicht typisch für Takuto war. Irgendetwas ging hier vor und er würde schon noch rausbekommen was das war.

Ein zufriedener Katsumi Shibuya hockte hinter dem Mischpult und schaute seinem Star bei den Aufnahmen zu, welche nun viel reibungsloser von statten gingen. Kein Wunder bei der Motivation! Er hatte alles arrangiert, den Tisch bestellt auf seinen Namen, den Film ausgesucht und die Karten abholen lassen. Wenn sich die zwei benahmen, dann konnten sie einen wunderschönen Abend miteinander haben.

Das Chaos im Kaufhaus war schlimmer als das auf der Autobahn, überall Menschen und jeder wollte in eine andere Richtung. Vorsichtig bog Takuto links ab und ordnete sich rechts in Richtung Drogeriemarkt ein. Den Mantel und die Zutaten hatte er schon, jetzt brauchte er nur noch die Haarwäsche.

Unschlüssig stand Takuto zwischen den Regalen aus Duschgel, Haarspray und andern Körperpflegeprodukten, sollte er wirklich sein übliches Shampoo nehmen oder mal was neues ausprobieren? Die Zahl der Flaschen schien endlos, in allen Farben und Formen warben sie darum gekauft zu werden. Jede lockte mit Sprüchen wie 'Traumhaft schönes Haar schon nach der ersten Wäsche' oder 'Intensive Pflege mit anregendem Duft'. Etwas verwirrt griff Takuto zu einer der Flaschen, öffnete sie und roch an ihren Inhalt, Puh, das stank ja widerlich! Etwas bedauernd suchte er nach seiner alten Marke, während er die andere ins Regal zurück stellte. Bei einer so großen Auswahl würde er nie etwas passendes finden, besonders da er ja nicht unbegrenzt Zeit hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm dass er schon viel zu viel davon verloren hatte, als plötzlich eine Verkäuferin auf ihn zu kam und freundlich fragte: "Kann ich ihnen helfen?"

"Äh.... ja ich suche ein Shampoo".

Glücklich rannte Takuto durch den Schnee die Einfahrt zum Haus hoch. Die Frau war wirklich sehr nett gewesen und verstand eine Menge von Shampoo. Sie hatte ihm eins empfohlen das nicht intensiv, aber immer noch männlich roch. Das würde Koji bestimmt gefallen.

 

"Ein Date?"

"Zumindest hat Izumi-san es so bezeichnet." Katsumi lehnte lässig an seinem Schreibtisch als er Koji die Nachricht überbrachte, dass Takuto heute mit ihm ausgehen werde. Nun kramte er in seiner Anzugtasche, zog die Kinokarten und die Reservierungsbestätigung für den Club heraus und hielt sie Koji unter die Nase. Dieser nahm sie mehr oder weniger gedankenverloren entgegen "So, jetzt müssen wir noch das Interview für morgen besprechen...." Doch weiter kam er nicht mehr, denn als er sich umdrehte ließ die Bürotür ein Klappen vernehmen und dort, wo der Sänger eben noch gesessen  hatte, war nur noch eine kleine Staubwolke zu sehen.

 

"...fünf, sechs, sieben, acht, neun", etwas verwirrt kratzte sich Takuto am Kopf. Er hatte zwanzig Pralinen gemacht und neun davon Serika gegeben, damit sie ihren Freund verwöhnen konnte. Also müsste er noch elf übrig haben, aber da lagen nur neun. Wo waren die letzten zwei nur geblieben? Immer noch grübelnd drehte er sich um, so dass er den Schatten sah, der an der Küchentür vorbei huschte. "Yuugoo!!" Mit einem Satz war Takuto im Flur um seinem Bruder den Weg zu verstellen. "Du hast die Pralinen genommen, gib's zu!" wütend funkelte er die jüngere Ausgabe von sich an. Dieser senkte schuldbewusst den Kopf und nuschelte in seinen nicht vorhanden Bart: "Du hättest mir ja so wie so keine abgegeben."

"Wie kommst du, denn auf diesen blöden Gedanken?" Yugo riss den Kopf hoch und erwiderte die Blicke, die ihn trafen mit gleicher Intensität. " Weil sie für IHN sind, du triffst dich doch heute mit ihm, oder?" bei den letzten Worten hatte seine Stimme phänomenale Höhen erreicht, so dass er seinen Stimmbruch nicht mehr verstecken konnte. Im ersten Augenblick starrte Takuto Yugo entgeistert an, wand sich dann aber traurig ab. Er wollte sich jetzt nicht streiten, nicht darüber nachdenken, wie sein Bruder zu seiner Beziehung stand. Dazu hatte er noch viel zu viel zu tun, das Hemd musste noch gebügelt werden und geduscht hatte er auch noch nicht.

 

Koji stand im Blumengeschäft des Hotels und konnte sich nicht entscheiden. 'Hell wie seine Lippen oder dunkel wie seine Augen', die beiden Rosen die er in der Hand hielt, waren wohl die perfektesten im ganzen Laden. Nach einer halben Stunde suchen hatte ihn die Verkäuferin resigniert stehen gelassen, um noch einige Bestellungen zurecht zu machen. Schließlich entschied er sich doch: "Madam, ich werde beide nehmen."

"Aber selbstverständlich der Herr! Möchten sie noch ein wenig Schleierkraut dazu oder genügt Papier?" fragte die Verkäuferin erleichtert, die vor ihrem geistigen Auge schon das Hauptlager angerufen hatte, um noch mehr Rosen dem anspruchsvollen Kunden zu Verfügung zu stellen. "Einfache Klarsichtfolie genügt, danke."

Im Fahrstuhl, nach oben, fing sein Handy an aggressiv zu piepsen.

"Hallo?"

"Sag mal, was hast du dir dabei eigentlich gedacht, mich hier einfach so im Regen stehen zu lassen? Das Interview ist noch nicht besprochen und der Termin für das Cover wurde auch verschoben und...und.."

"Nun mal langsam Shibuya, das ganze ist doch nicht meine Schuld"

"Wie bitte? Wie darf ich das denn verstehen?"

"Du hast doch schließlich dieses Date arrangiert. Man merkt, dass du lange nicht mehr ausgegangen bist, da es dir anscheint entfallen ist, wieviel man dafür vorbereiten muss. Vor allem, da es Izumis erstes Date ist."

"....."

"Shibuya?"

"Also gut, diesmal lasse ich das dir noch durchgehen aber tue dir und mir einen Gefallen und lass Taku-chan für heute Abend das Reden übernehmen, und mach wenigsten deine Haare zusammen, und setze eine Brille und einen Hut auf! Hast du gehört Koji?"

"Ja, ja, ich habe gehört. Also, ich muss jetzt Schluss machen, sonst komme ich wirklich noch zu spät. Wir sehen uns morgen."

"....Gut, dann bis morgen und äh Koji?"

"Jaa?"

"Viel Spaß!"

"Danke."

 

Inzwischen stand Koji vor seinem Kleiderschrank um sich mit dem Problem der heutigen Garderobe zu befassen. Leider hatte er nur einen Teil seiner Sachen zur Verfügung. Den Rest hatte er zu Hause gelassen. Die Uhr sagte ihm ganz deutlich, dass es nicht mehr möglich war, dorthin zu fahren oder auch nur über Einkaufen nachzudenken. Nach einigem hin und her entschied er sich für ein naturfarbenes Leinenhemd, dessen Ausschnitt nur mit einigen Bändern zugehalten werden konnte, eine weiße Hose und dazu passende Weste, alles harmonisch zu seinen Haaren. Brummelnd über die dürftige Auswahl schnappte er sich ein Handtuch vom Bett und ging unter die Dusche.

Takuto machte vor seinem Kleiderschrank auch keine besonders gute Figur. Mit noch feuchten Haaren setzte er bereits zum dritten mal an, um die Fliege zu binden, aber seine Finger zitterten so sehr, dass sie nicht in der Lage waren, koordinierte Bewegungen auszuführen. Zu allem Überfluss waren seine Knie so weich wie Butter. "Du magst ihn wirklich, oder?" Etwas überrascht blickte Takuto in den Spiegel und sah Yugo, der es sich auf dem Bett hinter ihm bequem gemacht hatte, um ihn bei seinen Vorbereitungen zu beobachten. Genauso leise und ernst wie die Frage gestellt worden war antwortete er: "Ja, ich mag ihn wirklich." Dann wandte er sich wieder seinem Hals zu, nur um festzustellen, dass er noch mal von vorne anfangen durfte. Seufzend machte er sich wieder an die Arbeit, als zwei fremde Hände sich um seine legten "Warte, ich helfe dir." Yugos ruhige Finger formten schnell und geschickt das lange Stück Stoff zu einer perfekten Fliege. Dann reichte er seinem Bruder die Weste, um ihm wie einem Kleinkind auch noch die Knöpfe zu zumachen. Kritisch beobachtete sich Takuto im Spiegel, die nachtblaue Hose saß, als wäre sie speziell für ihn gemacht, West und Fliege dazu passend. Alles in allem, er fand sein Äußeres einfach zu normal für sein erstes Date. "Du siehst gut aus!"

"Findest du?" Die Skepsis in Takutos Stimme war nicht zu überhören. "Vielleicht hätte ich doch die hellgrüne Hose anziehen sollen?" Die Türklingel riss ihn aus seinen Überlegungen. Panik breitete sich plötzlich aus. "Oh je, das ist Koji und meine Haare sind noch nass"

"Du bleibst hier und föhnst dich, ich mache die Tür auf", bestimmte Yugo einfach, während er mit großen Schritten das Zimmer verließ.

Koji trat ungeduldig von einem Bein aufs andere, seine Finger spielten nervös mit den Rosen. 'Verdammt, so was mache ich doch nicht zu ersten mal'. Bis vor fünf Minuten war die Welt noch in Ordnung gewesen, aber als er aus dem Auto stieg, machte sich ein Kloß aus Vorfreude, Unsicherheit und Panik in seinem Magen breit. 'Hoffendlich gefallen ihm die Rosen. Ich hätte doch den ganzen Strauß nehmen sollen. Warum habe ich das gestreifte Hemd zu hause gelassen', solche und ähnliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, als er die Einfahrt hoch gestapft war. Doch nun öffnete die Haustür mit einer Langsamkeit, die ihm das Gehirn leer zu fegen drohte.

Yugo begrüßte den leicht enttäuscht wirkenden Koji so neutral wie möglich: "Komm rein! Er ist noch oben und trocknet sich die Haare." Schließlich wollte er seinem Bruder nicht den Abend verderben, suchte dann aber das Weite, um nicht doch noch irgendwelche Bemerkungen von sich zu geben, die er anschließend bereut hätte. Geschäftig lief er in der Küche auf und ab. Er konnte sich nicht helfen aber er musste irgendetwas tun. Sein Blick fiel auf die Pralinen, welche noch nicht eingepackt waren, eine willkommene Ablenkung. Takuto hätte im Moment so wie so nicht die Nerven für eine derartige Kleinarbeit. Als Yugo fertig war und in den Flur zurück trat, wurde er unfreiwillig Zeuge einer unheimlichen Begegnung der dritten Art. Sein Bruder, oben auf dem Treppenabsatz stehend, starrte Koji unverhohlen an, welcher ebenfalls nicht den Blick von seinem Liebsten nehmen konnte. Keiner der beiden sagte ein Wort. Langsam schritt Takuto die Treppe herunter, um jedoch dann auf der vorletzten Stufe zu stolpern und wohl gezielt in Kojis Arme zu fallen. "Hab ich dich!" grinste dieser, umfasste den schwarzen Hinterkopf und zog Izumi an seine Lippen. Yugo trat einen Schritt zurück in die Küche, in der Hoffnung, dass das Schauspiel nur von kurzer Dauer sei. Doch als er sich wieder raus wagte, hatte sich an der Situation nichts geändert. 'Müssen die eigentlich nie Luft holen?' Verlegen räusperte er sich laut. "Ähm..Hier ich glaube, das hast du vergessen." Die Folge dieses Satzes waren zwei Izumis, die errötend den Kopf senkten, eine kleine Pralinenschachtel wechselte den Besitzer. "Danke." Die Spannung im Raum stieg auf ein für Yugo unerträgliches Niveau, jeder wollte etwas anderes doch keiner traute sich etwas zu tun, Takuto seinen Bruder umarmen, er selbst sich entschuldigen und Koji so schnell wie möglich verschwinden. "Nun haut schon ab!" platzte es endlich aus ihm heraus. Das löste die Spannung, zumindest bei Koji. In einer Bewegung öffnete er die Tür, griff nach Izumis Hand, um ihn wie einen kleinen Hund hinter sich her zu ziehen. Kaum hatte Yugo die Tür hinter den beiden wieder zu gemacht, zog er seinen Geliebten auch schon wieder an sich, um ihm den nächsten Kuss aufzudrücken. "Izumi, Izumi, ich habe dich so vermisst"

"Hey, hey, immer langsam, wir haben noch den ganzen Abend vor uns." Als Koji merkte, dass er leicht zurückgedrückt wurde, ließ er etwas enttäuscht von ihm, doch dann sah er Izumis Lächeln und er konnte nicht anders als zurückzulächeln. Einen kurzen Kuss auf die Stirn erlaubte er sich noch, wodurch sich seine Nase mit einem ungewöhnlichem Duft erfüllte. "Neues Shampoo?" "Gefällt's dir?"

"Hmm, sehr.", war die Antwort auf die schüchtern gestellte Frage.  Dann fiel ihm etwas ein, was er in der Aufregung, der Erwartung fast vergessen hatte. "Für dich." Mit wiederum heißem Gesicht nahm Takuto die Rosen entgegen. "Danke" Eine Weile betrachte er Kojis Gesicht, wand sich dann aber geschickt aus der Umarmung und zog seinen Schlüssel aus der Tasche, um noch einmal ins Haus zu gehen. Als er die Tür einen Spalt geöffnet hatte, stieß diese auf unerwartet harten Widerstand. Da hinter kam ein Yugo zum Vorschein, der sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht über die Nase rieb. Kopfschütteln stellte Takuto die Blumen in eine Vase und verschwand dann so schnell es ging wieder nach draußen. Dort verschränke er seine Finger mit denen von Koji, stahl sich noch ein kleinen Kuss und ging betont in Richtung Ausfahrt. Diesen Abend wollte er so gut es ging auskosten, schließlich war das sein erstes Date.

 

Im Auto machte sich Koji erst einmal die Haare zusammen, setzte die doch recht dick schwarz umrandete Brille und einen Hut auf, bevor er den Motor startete. "Ich bin gespannt, was sich Shibuya da wieder ausgedacht hat. Auch mit der Verkleidung ist es unwahrscheinlich, dass du unerkannt bleibst, selbst, wenn keiner der Gäste im Restaurant auf uns achtet, Kellner haben meistens ein Auge für die Leute, die von ihnen bedient werden"

"Ich weiß auch nicht so recht, was ich davon halten soll...", Koji zuckte mit den Schultern, "..aber in diesem Punkt müssen wir ihm wohl vertrauen. Greif mal ins Handschuhfach, da liegen die Kinokarten und die Reservierung drin. Shibuya meinte wörtlich > Lass Taku-chan für heute Abend das Reden übernehmen<. Wo müssen wir hin?"

 

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TEIL 2

Die große rote Leuchtschrift des Varitéclubs 'Blind Date' war schon am anderen Ende der Straße zu erkennen. Scheinwerfer strahlten den Nachthimmel an und bunte Plakate zeigten Tänzerinnen, Löwen und Elefanten, jedoch vor dem Eingang war kein Mensch zu sehen. Etwas irritiert aber auch froh darüber hielt Koji Izumi ganz Gentleman die schwere dicke Holztür auf. Das Foyer war mit roten Teppichläufern ausgelegt, dunkelrot, schwere Samtvorhänge und  dunkles Holz gaben dem ganzen eine Atmosphäre von altem Luxus. Ein Mann im Frack hinter einem altmodischen Rednerpult rundete das Bild ab. Doch dieser legte ein sehr eigenartiges Verhalten an den Tag, er hatte eine schwarze Sonnenbrille und schien sie nicht zu bemerken, jedenfalls schaut er stur geraden aus. "Guten Abend, die Herren! Willkommen im Blind Date Variétéclub. Dürfte ich fragen, auf welchen Namen für sie reserviert wurde?" Verwundert musterte Takuto den Empfangschef, welcher weiterhin geradeaus blickte. Dann breitete sich ein erleichtertes Lächeln auf seinem Gesicht aus. Der Mann war blind, irgendwie logisch dass er im Blind Date Club arbeitete, vielleicht konnten sie den Abend heute wirklich genießen. Ein "Sir? Alles in Ordnung?" riss ihn aus seinen Gedanken. "Äh, ja, wir haben auf den Namen Shibuya reservieren lassen". Der Pinguin versteifte sich augenblicklich. "Würden sie bitte hier warten, ich werde den Geschäftsführer holen, er  wird sich gleich um sie kümmern." Dann zog er an einer bis dahin unsichtbaren Leine. Ein Hund der offensichtlich hinter dem Pult gelegen hatte, stand auf, reckte sich und führte seinen Herrn in die von ihm befohlene Richtung. Eine Minute später tauchte ein Mann auf, der sich in diese Umgebung einfügte, wie das letzte Puzzelteil in ein Bild. Sein maßgeschneiderter Frack saß tadellos, die grauen Haare wurden durch Gel dazu angehalten die Kopfform zu betonen, die schwarze Brille störte die Erscheinung nicht. Trotz des weißen Stockes schaffte er es die Strecke zwischen der Tür auf der "stuff only" stand und dem Pult mit Würde hinter sich zu bringen, blieb genau daneben stehen, tastete danach um es als Orientierungspunkt zu benutzen. Eine tiefere Verbeugung hätte ein Sehender auch nicht machen können. Die wohl modulierte Stimme war tief und angenehm. "Meine Herrn darf ich sie noch einmal, im Namen der Geschäftsführung, im Blind Date willkommen heißen. Freunde von Shibuya-sama sind bei uns immer gerne gesehen, wenn sie mir diese kleine Wortspielerei erlauben." "Danke", antwortete Takuto, automatisch erwiderte er die Verbeugung, es dauert eine Sekunde, bevor er realisierte, dass sein Gegenüber sie wahrscheinlich überhaupt nicht wahrnahm. Koji schaute dem ganzen nur amüsiert zu, sagte aber kein Wort, da ihm klar geworden war warum Katsumi darauf bestanden hatte.

"Wenn sie mir bitte folgen wollen, ich bringe sie jetzt zu ihrem Tisch, Shibuya-sama hat darauf bestanden, dass sie den besten bekommen." Schwankend zwischen Neugier und Unsicherheit fragte Takuto endlich, als sie an der doppelflügeligen Tür, die offensichtlich zu Gastraum führte, angekommen waren "Sind bei ihnen alle Angestellten blind?" "Viele, die meisten davon sind im Restaurantbetrieb tätig, Kellner, Köche und auch Verwaltungspersonal. Einige davon haben, vor allem die Kellner haben noch einen Rest Sehkraft, dass heißt sie können verschwommen Umrisse erkennen, aber zwischen Dingen wie zum Beispiel Gesichtern können sie nicht mehr unterscheiden. 'Ins Blind Date kommt man um zu sehen, wenn man nicht gesehen werden will.' " zitierte er, wo mit sein Redeschwall aber noch nicht beendet war "Nun kommen ich noch zu einigen Regeln die in unserm Hause herrschen, welche die Arbeit unsers Personals erleichtern. Zum einen befinden am Boden des Gastraumes leuchtende Markierungen, wie sie sie vom Flugzeug oder Kino her kennen, bitte stellen sie niemals etwas dazwischen. Dann haben sie bemerkt, dass wir ihnen ihre Garderobe nicht abgenommen haben, aus verständlichen Gründen bitten wir darauf selbst zu achten. Des Weiteren befindet sich am Tisch, zu dem ich sie jetzt bringen werde ein Knopf, wenn sie irgendetwas bestellen möchten betätigen sie ihn! Ihr Kellner wird sich dann so schnell es geht um sie kümmern. Und ab jetzt möchte ich ihnen viel Spaß im Varieté Club 'Blind Date' wünschen." Diese letzten Worte wurden von einer ausladenden Geste begleitet, mit der er die Tür öffnete. Eine Geruchsmischung auf Parfüm, Zigaretten und Essen schlug ihnen entgegen. Der Geräuschpegel war auf relativ niedrigem Niveau. Der Grund dafür wurde einem auf den ersten Blick ersichtlich. Der große Raum wurde von einer Bühne dominiert, die die Form einer  Halbinsel hatte. Auf ihr führte gerade ein Künstler, eine sehr komische Pantomime vor, vom wiederholten Lachen der Gäste dazu angeregt noch ein neues Kunststücke zu zeigen. Tische gruppierten sich drum herum, die einzelnen Stühle waren so platziert, dass jeder, der darauf saß die Bühne im Blick hatte. Dahinter folgte eine niedrige Galerie in der einzelne Logen eingelassen waren. Abgesehen von den leuchtenden Markierungen glich der Raum einem europäischen Theater aus den Anfängen des 20. Jahrhundert. Die schlanken, weißen Säulen und Balustraden waren reich mit Weinreben und kleinen Engel verziert, die mit Gold belegt waren, auch hier lagen rote Teppiche aus. Die Stühle und Tische schienen ebenfalls aus dieser Zeit zu stammen. Der Geschäftsführer brachte sie zu einer Loge die nach hinten raus mehr Platz bot als die anderen. Der Weg dorthin war unheimlich, niemand schien sie zu beachten, alle begeisterten sich entweder für die Show oder für ihr Essen. Am Tisch angekommen zeigte man ihnen besagte Knopf  und nach eine weiteren tiefen Verbeugung wurden sie endlich allein gelassen. Mit einem breiten Grinsen entledigten sie sich ihrer Mäntel und Koij seines Hutes. Kleine Lampen, an den Wänden und auf dem Tisch, verbreiteten ein warmes Licht um die Speisekarte lesen zu können. Doch Koji dachte gar nicht daran in die für ihn bestimme Karte zu schauen, statt dessen rückte er etwas näher an Izumi ran. Dieser lächelte ihm, wie so oft an diesem Abend, glücklich an so, dass er nicht widerstehen konnte und sich einen kleine Kuss holte. Takuto knuffte ihn dafür, mit hochrotem Kopf in die Seite. "Bist du verrückt geworden? Die Kellner sind hier zwar blind aber alleine sind wir noch lange nicht." Kojis trauriger Hundeblick stimmte ihn dann aber wieder friedlicher, er konnte ihn ja verstehen. Unter dem Tisch griff er darum nach dessen Hand und lehnte sich etwas weiter rüber, so dass sich ihre Schultern fast berührten. Nachdem sie bestellt hatten und ihnen die Kellnerin erklärt hatte, dass aus Koordinationsgründen immer von links serviert wurde, merkten sie bald, warum die Show so beliebt war. Auf dieser Bühne schienen sich die besten Akrobaten, Comedians und Entertainer der Welt zu versammeln. Die beiden staunten über perfektwaghalsige Seiltänzer, lachten über einen sehr tollpatschigen Clown und fragten sich, wie es der Veranstalter geschafft hatte eine Nummer mit drei Löwen auf diesen kleinen Raum unterzubringen. Dann kam das Essen. Koji hatte sich einen großen Hummer bestellt und Takuto Spagetti in einer Sauce aus schwarzen Trüffelpilzen. Dies stellte sich doch als fataler Fehler heraus. Die langen glitschigen Fäden hatte die Angewohnheit immer dann außer Kontrolle zu geraten, wenn man sie schon zu Hälfte gegessen hatte. Draum er ständig, wie eine lebendig gewordene Nudelmaschine aus. So schnell wie möglich, versuchte Takuto dem Chaos vor seinem Mund Herr zu werden, damit Koji nicht auf die Idee kam, sich eine der Nudeln zu schnappen während das andere Ende zwischen seinen Zähnen stecke. Das Grinsen, das er erhaschte, als er warnend zu ihn rüber sah zeigte, dass diesem offensichtlich der selben Gedanken gekommen war. Doch zu Takutos Erleichterung und auch ein wenig zu seiner Enttäuschung blieb es dabei. Mal abgesehen davon schmeckte es köstlich. Auf einmal schwebte eine Gabel, mit einem Bissen des Hummerfleisches vor seiner Nase herum. Nach einem kurzen Rundumblick öffnete er bereitwillig den Mund. Dann drehte er ein paar Spaghettie auf die Gabel und wiederholte das Spielchen bei Koji.

Nachdem auf dem Tisch nur noch die Weingläser standen, zauberte Takuto die Trüffel hervor. Von diesen er kaum eine ab bekam, immer  wenn er zur Bühne sah, um noch ein bisschen von der Show mitzubekommen war auch schon die nächste verschwunden. Als der Wein alle war und auch die letzte Praline auf sehr mysteriöse Weise das Zeitliche gesegnet hatte wurde Koji unruhig. "Los Izumi, lass uns bezahlen! Das Kino fängt gleich an" "Willst du wirklich dahin? Hier ist es doch toll! Das Essen ist gut, die Kellner sind freundlich, das Programm ist fantastisch und niemand belästig uns. Wenn wir wieder nach draußen gehen riskieren  wir nur, dass du erkannt wirst."

"Und du wirst den besten Teil deines ersten Dates verpassen." Kojis Atem kitzelte in Takutos Ohrmuschel und die rauchig laszive Tonlage stellte seine Nackenhaare auf. So brauchte er ein paar Sekunden um zu begreifen was damit gemeint war. Doch dann wurden seine Augen groß und er konnte ein freudiges Glucksen nicht unterdrücken. Knutsch in der letzten Reihe, dass er das noch erleben durfte!

Das Kino vor dem sie eine halbe Stunde später standen konnte man beruhigt als alternativ bezeichnen. Es hatte nichts mit den großen Filmpalästen zu tun in die man heutzutage ging. Die Leuchtschrift war zu Hälfte ausgefallen, das Plakat des einzigsten Films der zur Zeit gezeigt wurden war vergilbt. Ein alter Mann verkaufte die Eintrittskarten. Diese entwertet er auch gleich noch und die Snackbar fiel eben falls in seinen Zuständigkeitsbereich. Er beäugte die bereits gekauften Karten misstrauisch, während Koji seinen Hut etwas tiefer ins Gesicht zog. Dass der Mann kein wirkliches Interesse an dem hatte was um ihn herum passierte zeigte sich als er gelangweilt fragte: "Möchten sie vielleicht noch einen Snack?" Auf Grund seines großzügigen Gähnens wollte Takuto schon abwehren aber Koji zupft ihm an Ärmel, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Mit nach oben verdrehte Augen sagte er schließlich: "Wir hätten gerne eine große Cola und eine Jumboportion Popcorn." Genervt schlurfte der Alte hinter die Theke. Zu seinem Ärger fand Takuto nur einen großen Schein in seiner Brieftasche, was überreichliches Wechselgeld zu Folge hatte. Schwer damit beschäftigt die vielen Münzen zu verstauen bemerkte er nur am Rande wie der Verkäufer sie alleine ließ. Plötzlich hörte Takuto hinter sich Stimmen, die an das Quietschen von  Kreide auf einer Tafel erinnerten, aber nicht nur das forderte seine ungeteilte Aufmerksamkeit "Ich werd verrücke, das ist doch mein Ex."

 "Welcher Ex?"

 "Na, Nanjo natürlich! Hallo, Koji ich bin's Aki! Kennst du mich noch?" Unwillkürlich zucke Takuto zusammen und ließ eine der Münzen fallen, welche erst einmal drei Hopser quer über die Theke machte, sich dann auf's Rollen verlegte und schließlich, herunter fiel, um es sich dann unter einem Schrank gemütlich zu machen. 'Verdammt' fluchte er still, 'warum ausgerechnet jetzt.' Bisher war doch alles gut gegangen. Entschlossen drehte er, sich mit dem Popcorn und der Cola in der Hand, um, innerlich darauf vorbereitet, um diesen Abend  und Koji zu kämpfen, wenn es keinen anderen Weg gab dann würde er diese... diese Tussi an ihrem, mit Sicherheit viel zu knappem, Kleid packen und sie in einem hohen Bogen aus diesem Kino hinaus zu werfen. Doch oh Wunder, es war nichts von dem hochgewachsenen Frauenschwarm zu sehen. Leicht irritiert schaute Takuto in der Gegend herum. "Siehst du es war nicht Nanjo"

"Und ob er das war!" widersprach Aki in einem leicht beleidigten Tonfall. "Sonst wäre er doch wenigstens bei der Erwähnung seines Namen zusammen gezuckt  und außerdem, kannst du mir auch verraten was ein so großer Star wie Koji Nanjo in einem so schäbigen Kino zu suchen hat" Ihre doch wesentlich sittsamere gekleidete Freundin stand nun mit verschränkten Armen vor ihr und feuerte Unheil verkündende Blicke auf sie ab. "Komm jetzt endlich. Ich habe besseres zu tun als mir eines deiner Märchen anzuhören." Mit großen  Schritten ließ sie die immer noch ein weinig schmollende Aki hinter sich. "Aber wenn ich es dir doch sage!" In diesem Satz lag jedoch nicht sehr viel Überzeugungskraft, da die stark geschminkte Blondine darum bemüht war ihre davon eilende Freundin nicht zu verlieren und gleichzeitig weder in ihren Stöckelschuhen umzuknicken, noch zu zulassen, dass ihr Rock seinen für ihn bestimmen Platz verließ um nach oben zu rutschen. "Ja, ja und im Himmel ist Jahrmarkt und die Engel tanzen mit den Teufeln" hörte Takuto das andere Mädchen nur noch erwidern, bevor die Tür hinter den beiden zuklappte. Mit einem erleichterten Seufzer entspannte Takuto sich wieder. Das war noch mal gut gegangen.  Ihn hatten sie keines Blickes gewürdigt. Naja, wer würde ihn schon anschauen, wenn man sich um einen Koji Nanjo stritt. Ein heiseres "Ist sie weg?" ersparte ihm auch die Suche nach seinem 'großen Popstar'. Dieser hatte, immer noch mit Brille und Hut verkleidet, die Tür zu Herrentoilette einen Spalt weit geöffnet, steckt den Kopf raus, um sich vorsichtig umzuschauen. "Ja, ist sie" beruhigte er ihn und verkniff sich das Grinsen, das ihm bei diesem Anblick kam.

Der Kinosaal lag bereits im Dunkeln und der Film war im vollem Gange, doch außer ihnen gab es kaum einen Besucher. Da war zum einen ein Betrunkener in der zweiten Reihe, den man in den stilleren Momenten des Filmes, direkt neben einer Heizung hingebungsvoll schnarchen hören konnte, dann, auf der anderen Seite, aber ungefähr auf der selben Höhe, zwei Mädchen die sich ab und zu angeregt auf französisch unterhielten und  in der Mitte ein weiteres Liebespärchen, das sich in seiner Kussorgie nicht unterbrechen ließ. Koji folgte Izumi wie ein Hündchen dem Herrn, entlang der letzten Reihe, fast bis an das andere Ende des Raumes. Dort legten sie ihre Mäntel und Koji endlich auch die Brille ab und setzten sich, wobei die Klappstühle ein bedrohliches Knarren von sich gaben. Sowohl Popcorn als auch Cola wurden sogleich von beiden in Beschlag genommen, um nur eine Minute später auch schon wieder vergessen zu sein. Der Körperkontakt, als sich ihre Hände im Popcorneimer trafen und der Augenkontakt am Colabecher hatten gereicht um einen tiefen, intensiven Kuss auszulösen, der erst nach Minuten ein Ende fand. Atemlos, ihre Stirnen aneinander gelehnt, blickten sie sich glücklich in die Augen. "Mehr?" Koji hauchte dieses Wort nur und erntete dafür ein leichtes Nicken. Er umfasste Izumis Wangen, drückte ihn in den Sitz zurück und attackierte sogleich wieder dessen Lippen mit seiner Zunge, welche sich bereitwillig öffneten um ihn einzulassen. Aus den hungrigen Küssen wurde, aufgrund von Atemnot und der unbequemen Haltung, bald ein leichtes Zungenspiel. Takuto spürte plötzlich wie geschickte Finger seine Fliege lösten und sich an dem obersten Knopf seines Hemdes zu schaffen machten. Ihm wurde dabei bewusst dass auch er Koji sehr wohl vermisst hatte aber.."Koji, bitte, bitte nicht hier." Er umfasste die freche Hand und drückte ihn sanft aber bestimmt ein wenig von sich weg. Im wechselndem Licht der Leinwand konnte er sehr genau erkennen das die sonst blauen Augen ihn anstarrten, als hätte er ihnen gerade verboten das größte Kunstwerk der Welt anzuschauen. Doch dann senkten sie sich. "Entschuldigung." Es war kaum gegen die anschwellende Hintergrundmusik zu verstehen. Koji wusste, dass Izumi recht hatte, dies war nicht der richtige Ort dafür, aber ihre mehr oder minder freiwillig Trennung würde noch fast eine Woche andauern, eine ziemlich harte Prüfung für seine Libido. Sanft wurde sein Haar gestreichelt und Izumis Stimme flüsterte tröstend: "Halt die nächsten zwei Tage noch durch, ja?"

'Zwei Tage?' mit einmal saß er senkrecht "Aber wie...?"

"Shibuya hat vorhin noch mal angerufen und er meinte, wenn du dich nicht benehmen kannst, dann soll ich dir ausrichten, dass er noch ein paar Leute zusätzlich eingestellt hat, damit es schneller voran geht und du nicht mehr deinen Frust an anderen auslassen musst." Mal abgesehen von Izumis ständigem Lächeln war das die beste Nachricht die er an diesem Abend erhalten hatte. Etwas aufgemunterter, aber auch mit dem festen Vorsatz sich zurück zu halten, beugte er sich wieder vor, um es dem anderen Liebespärchen gleich zu tun. Irgendwann saßen sie friedlich Seite an Seite. Koji hatte seinen Arm um Izumis Schulter gelegt, dessen Kopf auf seiner Schulter ruhte.  Ab und zu küssten und streichelten sie sich, ihre Hände hielten einander fest. Nebenbei bemerkten sie, dass der Film, der ihnen die Freiheit dieses Zusammen seins ermöglichte, auch eine Handlung besaß. Es war ein französischer Film, mit englischem Untertitel, in dem es um irgend eine Frau ging, die ihrer großen Liebe begegnete und diese nicht annahm, nur weil es sich auch um eine Frau handelte. Kojis einzigster Kommentar dazu war, dass ihm das nicht passieren könne.

Selbst ein Film mit einer Stunde Überlänge ist einmal vorbei und somit war es auch dieser schöne Abend. Als sie schließlich vor dem Haus der Horiuchis zu stehen kamen, hatte keiner so richtig Lust, auszusteigen. Zu seinem eigenen Erstaunen war es Koji, der den ersten Schritt machte und die Autotür öffnete. Die Einfahrt war ein langer Weg, gesäumt von hohen Bäumen, also war die Gefahr entdeckt zu werden gering. Der Wagen, mit seinen vielen Fenstern, bot dagegen jedem Vorbeifahrenden einen guten Einblick, auch wenn es ihm selber nichts ausgemacht hätte. Letzte Chance, am heutigen Tag mit seinem Liebsten alleine zu sein. Izumi folgte ihm, wenn auch nur langsam. Unter einer Tanne, waren sie wieder schließlich auf gleicher Höhe. Als Koji wieder nach dessen Hand greifen wollte, streckte sich Izumis schlanker Körper und eine Wolke aus Schnee vernebelte ihm die Sicht. Nach dem sich sein Blick wieder geklärt hatte stand er irgendwie alleine da, bis er ein Lachen aus einiger Entfernung hörte. Izumi stand ein Stück die Ausfahrt rauf und genoss offensichtlich das Ergebnis seines kleinen Scherzes. 'Na gut, wenn man sich schon einen Tag lang wie ein fünfzehnjähriger Teenager benahm, dann konnte man das auch richtig tun.'. So formte er eine Kugel aus der weichen weißen Masse und rächte sich. Völlig außer Atem, mit Schneebällen werfen, während man gleichzeitig lacht ist nicht gerade eine der ruhigsten Arten, sich die Zeit zu vertreiben, kamen sie zu guter Letzt doch noch vor der Haustür an. Neugierig schaute Takuto Koji von unten her an, ihm war nicht ganz klar wie man so ein Date beendet. Einfach so ins Haus gehen konnte er nicht, selbst wenn er gewollt hätte. Die blauen Auge blitzen ihn an, bevor er wieder die starken Arme um seine Taille fühlte. "So, nun kommen wir zu krönender Abschluss, deines ersten Dates"

"Und das wäre?"

"Der Abschiedskuss!"

"Ich dachte, wir hätten uns schon die ganze Zeit über geküsst"

"Schon, aber der letzte Kuss eines solchen Abends ist immer etwas besonderes." zur Bestätigung seiner Worte holte Koji doch tatsächlich noch einen von den Champangertrüffeln aus einer seiner Taschen. Takuto starrte ihn etwas ungläubig an, während er zu sah wie die Praline ausgewickelt wurde, dabei machte sich die Kälte an den Stellen bemerkbar, die zuvor noch so schön von Koji gewärmt worden waren. Unbewusst schmiegte er sich etwas enger an ihn. Seine Lippen öffneten sich, als sie sanft gestreift wurden, vorsichtig umfasste er die Schokoladenkugel, was zur Folge hatte dass er Kojis wieder berührte. Zunge und Zähne arbeiteten daran, den störenden Fremdkörper aus dem Weg zuschaffen, der dabei immer mehr von seinem prickelnden Geschmack im Mund verteilte. Als es endlich geschafft war, drängte ihn Koji auch schon besitzergreifend zurück, neckte spielerisch den Gaumen. Takuto gab sich jedoch nicht so einfach geschlagen, zärtlich kitzelte er den Gast an seiner Unterseite. Und irgendwie schafften es die beiden dabei nichts von der klebrigen Süße zu verlieren. Ihre Umarmung wurde enger, der Kuss intensiver und süsser als jemals zuvor. Sie verloren sich in Zärtlichkeiten und kleinen Kämpfen. Die Zeit schien still zu stehen. Ein gedämpftes "YUGO!!", gefolgt von einem dumpfen Knall und einem kaum hörbaren, aber inbrünstig gefluchten "Mist", hinter der Haustür, ließ sie aus einander fahren. "Sag mal, was machst du denn hier draußen und dann auch noch um diese Zeit!? Los, ab ins Bett mit dir! So viel ich weiß, hast du morgen Schule." Das Stapfen auf der Treppe wurde nach und nach verschlugte. Eine Zeit lang sahen sich wieder an, sahen die geschwollen Lippen, den Atem des anderen der immer noch schwer ging. Dann schloss Takuto die Augen und befreite sich aus Kojis Armen "Ich denke,... ich ...sollte jetzt rein gehen. Es ist schon spät." Dieser verstand und trat einen Schritt zurück, sah zu wie Izumi die Haustür aufschloss. "Izumi warte!" blitzschnell ergriff er Takutos Arm, um ihn umzudrehen und noch einmal fest in die Augen zu sehen "Wir sehen uns doch in zwei Tagen oder?" Es war leise, ein wenig flehendlich "Ja Koji, wir sehen uns in zwei Tagen!" Flüchtig streifte er die Hand, die ihn festhielt, bewog seinen Geliebten damit dazu, ihn loszulassen und verschwand im Haus. Als er die Tür hinter sich schloss, lehnte er sich dagegen. Sein Herz galoppierte, wie eine Herde von Vollbluthengsten, in seinen Ohren rauschte es und er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Es gab nur wenige Dinge in seinem Leben, von denen er behaupten konnte sie wären perfekt gelaufen aber dieser Abend gehörte eindeutig dazu. Wäre er nach diesem letzten Kuss auch nur eine Minute länger geblieben, hätte er nicht mehr gehen können. Jetzt würde er noch zwei Tage warten müssen. Zwei Tage, die mit einem Mal so unendlich lang zu sein schienen, in denen er ihn nicht berühren, nicht spüren konnte. Ein angenehmer Schauer durchlief Takuto und sein Körper reagierte. Eine kleine hämische Stimme in seinem Hinterkopf regte sich: "Du und Shibuya, ihr habt euch darüber Sorgen gemacht, dass Koji sich daneben benehmen könnte, doch selber bist du nicht viel besser!!!"

"Ach halt doch die Klappe" schalt er sich selbst, wenn ein Koji Nanjo das durch halten würde, dann konnte er das erst recht.

Koji selbst starrte die Haustür noch eine Weile an, bevor er sich umdrehte und bedächtig die Einfahrt hinunter lief. Heute hatte er nicht bekommen, wonach sein Körper verlangte hatte, aber dennoch wünschte er sich, sein erstes Date wäre so verlaufen. Aber das Wichtigste war, dass es Izumi gefallen hatte, er hatte ihn selten so fröhlich erlebt. Doch es würde noch zwei Tage dauern bis sie wieder völlig ungestört waren. Plötzlich blieb er stehen. Was hatte Izumi gleich noch gesagt?: "Halt die nächsten zwei Tage noch durch, ja?". Das hieße, dass er sich klar drüber war, dass so bald die Wohnungstür hinter beiden zu fallen würde, es für ihn kein Entkommen mehr gab. Folglich hatte er mit einem Minimum an Gegenwehr zu rechnen. Ein williger Izumi, der Gedanke gefiel ihm. Zwei Tage noch? Eine ziemlich lange Zeit, doch dafür lohnte es sich zu warten. Ein leicht beschwingter Gang ließ sich nicht verbergen, als er seinen Weg zum Auto fortsetzte.

 

Ende

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