ANGST von Koji-chan und Sadomina

 

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Feedback bitte an: Koji-chan oder Sadomina

 

 

TEIL 1

Izumi kam es vor, als wäre es erst gestern gewesen, als er diese Tür hinter sich schloss, um nach Italien zu fliegen. Doch nun stand er wieder davor, eine Woche später, voll bepackt mit Sporttaschen und Erinnerungen an eine schöne, aber harte Zeit im Fußballclub. Er verharrte einen Augenblick und seufzte tief. Als er schließlich seinen Wohnungsschlüssel im Schloss umdrehte, verflogen all seine Gedanken an die letzten Spiele, und er stand wieder der Realität gegenüber. Es war zwar eine wunderbare Woche, aber nun freute er sich schon auf zuhause. Eine heiße Dusche, ein gemütlicher Abend mit gutem, japanischem Essen...Koji. Ja, er musste sich eingestehen, dass er sich auch sehr darauf freute, in seinen Armen zu liegen. >Ob Koji noch wach ist? Hmm, ob er überhaupt zuhause ist wäre eine bessere Frage..< dachte Izumi, und trat ein.

"Koji! Bin zurück!" rief er in den dunklen Raum, obwohl er irgendwie nicht mit einer Antwort rechnete. Wahrscheinlich war er wirklich ausgegangen. >Obwohl er ganz genau wusste, dass ich heute Abend ankomme!< dachte Izumi verärgert. Er warf seine Sachen in eine Ecke und tastete nach dem Lichtschalter. Etwas verwundert musste er feststellen, dass das Licht nicht anging. "Na toll" fluchte er und durchquerte vorsichtig den dunklen Vorraum. Dabei wäre er fast über eine große Champagnerflasche gestolpert, die mitten im Raum lag. Jetzt war er wirklich wütend. >Aha! Da hatte jemand schön gefeiert, während ich nicht hier war.<

Endlich öffnete er die Tür zum Wohnzimmer, auch hier war es stockfinster, doch zumindest funktionierte die Beleuchtung. Als sich der Raum erhellte, traute Izumi seinen Augen nicht: im gesamten Zimmer herrschte ein Chaos wie nach einem Erdbeben! Einige Regale waren umgeschmissen - auch die mit seinen Fußballtrophäen, stellte er entsetzt fest - die Füße vom Esstisch zeigten in die Luft und ein üppiges Abendessen lag unter Scherben bedeckt am Fußboden. Ein leeres Champagnerglas rollte ihm vor die Füße und schien ihn auszulachen. Der Zorn, der in Izumi nun aufstieg, war kaum zu beschreiben. Insgeheim hatte er ja gehofft, Koji würde ihn mit liebenden Armen begrüßen, doch er war nicht einmal zuhause, hatte allen Anschein nach heftige Partys steigen lassen, sich wieder einmal voll laufen lassen, und obendrein noch im Suff ihre Wohnung verwüstet. "Du verdammter Mistkerl!" zischte er mit zusammengepressten Lippen, und kickte das Glas an die Wand, wo es mit einem lauten Klirren zerbrach. Plötzlich hörte er ein leises Stöhnen hinter der Couch.

 

Koji hielt entsetzt den Atem an, als er hörte, wie das Schloss aufgeschlossen wurde. Kamen sie etwa wieder zurück? Das konnte nicht sein, durfte nicht sein. Er hörte, wie jemand fluchend durch die Wohnung stolperte und ganz instinktiv zog er seine Beine beschützend enger an seinen zitternden, schmerzenden Körper, was dieser auch nur unter großem Protest zu lies. Er biss sich auf die Lippen, um keinen Ton von sich zu geben, als er hörte, wie derjenige ins Wohnzimmer kam und erneut fluchte.

Sie konnten es nicht sein, versuchte er sich zu beruhigen, erstens waren es mehrere gewesen und außerdem waren sie schließlich nicht durch die Tür, sondern durchs Fenster gekommen...Die Tür hatte er die ganze Zeit im Auge gehabt...Er wusste nicht, wann Izumi heute wieder kam und hatte seit dem Morgen die Tür immer im Blickwinkel gehabt...Izumi...Koji riss die Augen auf...Das muss Izumi sein...Darum hatten sie auch auf einmal von ihm abgelassen und waren abgehauen. Sie mussten ihn auf der Straße gesehen haben.

Stöhnend versuchte Koji sich aufzurichten. Izumi durfte ihn auf keinen Fall so sehen. Nicht...Nicht so...verletzlich und hilflos, wie er jetzt war.

Nach ein paar Augenblicken schaffte er es auch, sich durch Hilfe der Couch, hinter der er gelegen hatte, aufzurichten. Seine Beine wollten sofort unter ihm wieder nach geben, aber Koji riss sich zusammen. Er spürte Izumis Blick auf seinem Rücken, wagte es aber nicht, sich umzudrehen. Hatte Angst davor, dann vollkommen zusammenzubrechen.

"Komm...nicht näher!"

 

"Koji!?!" platzte Izumi entsetzt heraus. "Was zum Teufel ist hier los?" Er ging mit großen Schritten auf Koji zu. "Verdammt, hast du dich zugeschüttet oder was?" brüllte er seinen Freund an, der noch immer mit dem Rücken zu ihm gewandt, vor ihm stand. Als Koji keine Reaktion außer einem leisen Stöhnen zeigte, fasste ihn Izumi hart an der Schulter. "Dreh dich gefälligst um wenn ich mit dir rede!!" Unter seinem festen Griff spürte Izumi, wie sein Freund zitterte, und bei jedem Wort, das er ihm entgegenbrüllte, merklich zusammen zuckte.

Koji schüttelte Izumis Hand ab, und rauschte ohne sich umzudrehen ins Badezimmer. Mit unausgesprochenen Worten auf den Lippen, starrte ihm Izumi wie angewurzelt nach. Es entging ihm nicht, dass sein Freund etwas schwankte, und sich an manchen Stellen an der Wand festhielt.

>Stockbesoffen< dachte Izumi und fühlte, wie ihm heiße Tränen aufstiegen. Tränen von Wut und Enttäuschung. Ja, vor allem Enttäuschung. Er hatte sich so sehr gefreut, seinen Geliebten wieder zusehen, von ihm zur Begrüßung in seine starken Arme geschlossen zu werden, auf seine sanfte Stimme, die seinen Namen rief... Eine ganze Woche lang waren sie getrennt, hatten nicht einmal miteinander telefoniert. Und statt einer Begrüßung fand er nun ihre Wohnung in Trümmern vor, und Koji fand es nicht einmal der Mühe wert, ihm ins Gesicht zu blicken und eine Erklärung zu liefern. Irgendetwas stimmte nicht. >Bin ich ihm völlig egal? Hat er mich nun satt? Jetzt, nachdem er sich in mein Leben gebohrt hat, nachdem er mir alles nahm?< Izumi merkte nicht, wie ihm nun seine Tränen unkontrolliert über sein Gesicht liefen. Er stand einfach nur da, seine Hände zu Fäusten geballt, so dass sich die Fingernägel schmerzhaft in sein Fleisch bohrten. Von neuem fühlte er seine schlimmsten Befürchtungen in sich aufquellen. >Er hat gelogen. Von Anfang an hat er gelogen!<

 

Koji musste hier weg, ehe er den letzten Rest an Beherrschung verlor, der ihm noch geblieben war. Die wütenden Worte von seinem Freund hallten immer noch in seinem Kopf. Er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Lieber lies er Izumi in dem Glauben, dass er betrunken sei und die Wohnung selber so zugerichtet hat, als wenn er die Wahrheit wüsste. Die Wahrheit...Nicht daran denken, versuchte sich Koji zu beruhigen. Er musste ins Bad kommen, dort durfte er sich für ein paar Augenblicke gehen lassen, dann würde er sich duschen und damit alles wegwaschen und dann...ins Bett und morgen würde alles wieder in Ordnung sein. Alles gut sein. Izumi hatte es schließlich auch geschafft. Dann würde er es doch auch packen! Er würde sich morgen bei Izumi entschuldigen und alles wäre wieder beim alten. Er würde diesen Tag einfach vergessen.

Koji spürte, wie er sich etwas bei diesen Gedanken beruhigte. Er öffnete die Badezimmertür und trat ein. Als er sie hinter sich abschloss und sein Blick auf den Spiegel fiel, brach alles zusammen. Nichts würde in Ordnung sein, gar nichts. Mit zitternden Schritt ging er auf sein Spiegelbild zu. Hastig entledigte er sich seines Bademantels und betrachtete Fassungslos seinen geschundenen Körper im Spiegel. Seine Lippen waren geschwollen und am Mundwinkel blutig geschlagen, sein Hals zierte Würgemale, sein Oberkörper war zahlreiche blutigen Kratzer, blaue Flecken und Blutergüsse bedeckt. Sein Blick wanderte seinen Körper im Spiegel weiter hinunter und blieb bei seinen Beinen stehen. Blut klebte an seinen Innenschenkel und...Mit einem Ruck drehte Koji dem Spiegel den Rücken zu und lief zur Dusche. Er drehte das heiße Wasser voll auf und stellte sich darunter.

Schon nach wenigen Sekunden begann seine Haut unter dem viel zu warmen Wasser, zu brennen. Doch Koji war dies egal, ja ihm war es sogar angenehm, lenkte ihn dies doch von dem anderen Schmerz in seinem Körper ab. Koji spürte, wie er die Tränen nicht mehr halten konnte und lies ihnen jetzt freie Bahn. Konnte Izumi ihn doch unter dem rauschenden Wasser nicht hören. Seine Fäuste rammte er in die Wand und lehnte dann seinen Kopf an sie. Schon nach kurzer Zeit brach er in die Knie, wo er schluchzend sitzen blieb. Sein ganzer Körper wurde von den Schluchzern geschüttelt.

Wie konnte er das zugelassen haben? Warum hatte er sich nicht mehr gewehrt? Es waren doch nur zwei, oder drei gewesen...Wenn...Wenn er es nicht mal mit zwei, drei Gegnern aufnehmen konnte, wie sollte er jemals in der Lage sein Izumi zu beschützen? Er hatte versagt! Er war an dem allen Schuld und auch daran, dass Izumi so oft Leid zugefügt werden konnte. Er fühlte sich so schmutzig an, nach allem was passiert war. Izumi hatte ein Recht auf ihn sauer zu sein, er hatte es nicht anders verdient!

Mit zitternden Beinen stand er langsam wieder auf. Er musste diesen Schmutz von sich waschen. Er nahm das Waschmittel und fing an erbarmungslos über seinen Körper zu schrubben. Immer wieder, bis seine Haut nicht mehr von dem heißen Wasser, sondern vom Waschen ganz rot war. Das er seinen geschundenen Körper damit nur noch mehr schadete, war ihm egal. Und als er zwischen seine Beine ankam, wurde er nur noch, noch grober. Seine Fingernägel ratschten über seine Haut und er fügte sich neue blutige Kratzer zu. Aber egal, wie viel er sich auch wusch, das Gefühl beschmutzt zu sein blieb, wollte nicht weggewaschen werden. Schließlich drehte Koji das Wasser aus. Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon unter der Dusche stand, aber es hatte wohl keinen Sinn mehr weiter zu versuchen, dieses Schmutzgefühl wegzuwaschen. Er nahm sich ein Handtuch und trocknete sich ab, zuckte jedes Mal zusammen, wenn seine überreizte Haut mit dem Handtuch in Berührung kam. Danach griff er automatisch nach dem Bademantel von Izumi. Seinen wollte er nicht noch mal anziehen. Hastig stopfte er diesen in die Waschmaschine. Er würde ihn am liebsten wegschmeißen, aber wie würde er das Izumi erklären?

Er machte sich auf den Weg zur Badezimmertür, vermied dabei absichtlich den Blick in den Spiegel und ergriff die Türklinke. Allerdings hielt er kurz noch mal inne, bevor er die Tür öffnete, schloss die Augen und zog den Geruch von Izumi, der aus dem Bademantel stieg, in sich ein. Versuchte Trost und Wärme darin zu finden. Trotz, dass er unter heißem, ja fast kochendem, Wasser stand, war ihm innerlich eiskalt zumute.

Dann öffnete er die Tür und lief schnell ins Schlafzimmer.

 

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TEIL 2

Izumi war mit seiner Kraft am Ende. Schon alleine der lange Flug hatte ihn ziemlich geschafft, und nun das hier. Unter Tränen sank er auf die Knie, und begann wie hypnotisiert den Boden aufzuräumen. Seine Fußballtrophäen, die Scherben von Geschirr und Gläsern, die traurigen Überreste einer Zimmerpflanze,...der zerbrochene Rahmen mit dem Foto, das sie beide zeigte, als sie Kojis letzte Nummer Eins in den Charts feierten. Er war so unendlich glücklich an diesem Tag! >Wieso tut er mir das an? Wieso?!< fragte sich Izumi verzweifelt, und starrte auf das Foto. >Und ich war so naiv und hab ihm vertraut!< Eine Träne fiel auf das Bild in seinen Händen. Er wischte mit seinem Daumen darüber und ihm schien, als würde Koji ihn aus dem Foto heraus auslachen. Zornig warf er es nun zu den anderen Scherben auf den Haufen, packte den ganzen Schrott, und trug ihn in die Küche, wo er alles dem Müllschlucker übergab.

Als er wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, kuschelte er sich in den großen, schwarzen Polstersessel, in dem er immer saß, wenn er Koji am Klavier zuhörte. Seine Musik hatte ihn jedes Mal verzaubert, sogar jetzt hörte er im Geist das Echo einer leisen Melodie; eines der Lieder, die Koji für ihn geschrieben hatte. Doch heute war es still. Traurig blickte er zum Flügel, der stumm und kalt seine großen Schatten an die Wand warf. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er an den verregneten Vormittag im vergangenen September dachte, als Koji ihn hier, in diesem Sessel geliebt hatte. Izumi zog seine Beine eng an seinen Körper und schloss verkrampft die Augen, um seine quälenden Gedanken wieder zu vertreiben.

Trotz seine Wut über den Verlauf dieses Abends, sehnte er sich nach Kojis Nähe. Und dafür hasste er sich selbst. >Vielleicht habe ich nur überreagiert? Er war einfach nur betrunken, das sagt nicht viel aus. Er hatte schon öfter über die Stränge geschlagen. Das heißt ja nicht, dass er mich nicht mehr will< versuchte Izumi sich zu beruhigen, doch sein Verstand ließ sich nicht von billigen Ausreden täuschen. >Aber er hat mich nicht einmal angesehn! Sagte, ich soll ihm nicht näher kommen! Ließ mich ohne weitere Kommentare stehen! Was hab ich ihm denn bloß getan?<

Zusammengerollt wie ein hilfloses Kind, weinte er sich schließlich leise in den Schlaf.

 

Vorsichtig trat Koji ins dunkle Schlafzimmer ein, wollte Izumi nicht wecken, falls dieser schon schlief. Doch als sein Blick aufs Bett fiel, sah er, dass Izumi gar nicht im Bett lag. <Warum...?> Er hatte doch draußen nichts mehr gehört! Was wäre, wenn sie wieder zurück gekommen waren...? Voller Panik lief er ins Wohnzimmer zurück, seinen protestierenden Körper nicht beachtend.

"I...IZUMI?! Oh Gott sei dank!" Izumi war auf der Couch eingeschlafen. Es war nichts passiert. <Alles in Ordnung...es ist nichts passiert...nichts...>

Er ging auf Izumi zu und brach dort erneut zusammen. Mit zitternder Hand strich er ihm ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

"W...Wie gern würde ich dich jetzt in den Arm nehmen...aber ich kann nicht...ich will es so gern...ich brauch es so sehr...aber...ich will vor dir nicht zusammen brechen. Ich hab dazu kein recht. Nicht...nach allem, was ich dir selber in dieser Hinsicht angetan habe...I...Ich....Ich bin...nicht...besser...als die...oder?", er spürte, wie sich erneut ein Schluchzer in ihm breit machte,

"Es...tut mir leid Izumi! Morgen...mach ich das...alles wieder gut!" Er küsste Izumi vorsichtig auf die Stirn und stand dann auf und lief zurück ins Schlafzimmer. Dort zog er sich einen Schlafanzug an und band sich ein Tuch um den Hals, damit Izumi nicht die Würgemale sah. Dann schnappte er sich eine der Bettdecken und trug sie zu Izumi zurück. Er deckte Izumi zu und kauerte sich wieder auf den Boden, vor der Couch, hin. Seine Beine zog er beschützend enger an sich, schlang die Arme drum und legte seinen Kopf auf die Couch, neben Izumis Oberköper. So konnte er wenigstens bei ihm sein.

Koji versuchte zu schlafen, doch es gelang ihm nicht. Immer wieder schreckte er bei dem kleinsten Geräusch voller Panik auf. Und wenn er seine Augen schloss, hatte er das Gefühl, das man ihn erneut packen und auf den Boden zerren wollte. Sein Herz schlug wie wild. Die Angst, das jeden Moment diese Männer wieder durchs Fenster einsteigen konnten, saß tief.

<Ich...werd gleich morgen Gitter einsetzten lassen...dann...kann nichts...mehr passieren...dann sind wir sicher...><Ich...sollte gleich jetzt die Nummer raussuchen!> Vielleicht würde ihn das etwas ablenken.

Leise stand er auf und lief zum Telefon, wo auch die Telefonbücher standen. Er machte das Licht am Telefontisch an, und fing an zu suchen.

<Sicherheitsdienst...hier muss es doch irgendwo einen Sicherheitsdienst geben...Sicherheitsdienst...Schutz...SCHUTZ?!> Sein Finger, der suchend über die Seiten geglitten war, blieb abrupt stehen.

Schutz? Oh nein...<Nein, das darf nicht war sein! Das kann nicht...Sie haben nichts genommen, gar nichts...Kein Kondom, nichts...> Wenn nun einer von ihnen Aids hatte? "Nein...nein....nein...", flüsterte er ," nicht das auch noch...bitte nicht das auch noch!!!" Hatte das vorhin nicht gereicht? Musste jetzt auch noch die Angst um Aids hinzukommen?

>Was...mach ich jetzt? I...Ich muss mich testen lassen. Aber wo...?< Koji spürte, wie in ihm Verzweiflung hochkam. Hastig schlug er unter A nach und fand nach längerem suchen ein paar Adressen für Aidsberatung. Eine befand sich auch in einem Krankenhaus. Mit vor Angst bebender Hand schrieb er sich die Adresse auf und steckte den Zettel in seine Manteltasche. Er würde sofort am frühen Morgen dort hin fahren und einen Test machen lassen! Dann setzte er sich wieder vor die Couch und wartete ungeduldig und ängstlich den morgen ab.

 

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TEIL 3

- "Verdammt, haltet ihn fest!" Koji versuchte verzweifelt seine Arme los zubekommen, doch sie wurden nur noch fester auf den Boden gedrückt." Hm...wir werden viel spaß haben!" Eine Hand legte sich auf seinen Mund, seine Beine wurden hart gepackt und auseinander gezogen und dann spürte er, wie etwas brutal und schmerzlich in ihn eindrang...-

"Neeeeeeeeeeeeeeeeiin......" Schweißgebadet wachte Koji auf. Sein Herz schlug ihm wie wild gegen die Brust. <Es war nur ein Traum gewesen! Nur ein Traum...Sie sind nicht zurück gekommen!!!> Hastig drehte er sich um, um zu schauen, ob Izumi durch seinen Schrei wach geworden war.< Nein, er schläft tief und fest...Zum Glück.> Er wartete kurz, bis er sich beruhigt hatte und warf dann einen Blick auf die Uhr. <5 Uhr schon.>

Langsam erhob er sich, ein Stöhnen unterdrückend, als sein Körper schmerzlich dagegen protestierte, und ging ins Bad. Einschlafen würde er nicht noch mal können, er war ja schon erstaunt, dass er überhaupt schlafen konnte, und auf einen erneuten Alptraum konnte er auch gut verzichten. Durch das, was er jetzt vorhatte, wurde er auch so schon genug an den letzten Tag erinnert, da brauchte er keine weiteren Alpträume mehr, um das Erlebte erneut durch zu machen!

Schnell wusch er sich und zog sich an, dabei vermied er den Blick in den Spiegel total. Er sah auch so, dass sein Körper noch schlimmer aussah, die blauen Flecke und Blutergüsse kamen erst jetzt richtig zum Vorschein. Nur um kurz seine Lippe etwas zu überschminken und um eine Perücke aufzusetzen sah er hinein. Er wusste nicht, wann sie dort aufmachen würden, aber so konnte er vorher noch ein wenig nachdenken.

Er ging leise ins Wohnzimmer zurück und sah, dass Izumi immer noch schlief. Wie sehr wünschte er sich, dass Izumi mit ihm gehen würde, ihm versuchte die Angst zu nehmen. Aber er durfte ihn damit nicht belasten!

Schnell nahm er einen Stift und einen Zettel und schrieb: `Ich musste weg, bring Frühstück mit, Koji`, dann machte er sich auf den Weg.

 

Als Izumi aufwachte, war es bereits später Vormittag. Normalerweise zählte er nicht zu den Langschläfern, er war immer der erste, der schon vor dem Weckerläuten frisch und munter durch die Wohnung flitzte. Als Izumi seine Augen öffnete, blendete ihn das grelle Sonnenlicht, das durch die großen Fenster in den Raum fiel. Er blinzelte noch etwas verschlafen und versuchte sich daran zu erinnern, wo er war und vor allem warum er hier im Wohnzimmer geschlafen hatte. Aber dazu brauchte er nicht lange, und er erinnerte sich schmerzhaft an den vergangenen Abend.

Plötzlich fiel sein Blick auf die Decke, die ihn warm umkuschelte. Er war sich sicher, dass er sich nicht zugedeckt hatte, schon gar nicht mit der Decke aus ihrem Schlafzimmer. Er strich sanft darüber, und ein weiches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Koji!" Ein unsagbares Glücksgefühl stieg in ihm auf und verdrängte die negativen Gedanken von Gestern. Izumi blieb noch einen Augenblick sitzen, und genoss die Wärme und Kojis Duft, der in der Decke lag. >Ich habe einfach überreagiert, war gereizt und müde. Ich hätte ihn nicht so anbrüllen müssen... aber sich so gehen lassen und die Wohnung versauen! Bin mal gespannt, was er heute dazu zu sagen hat...< Ja, er würde ihn gleich zur Rede stellen, aber dieses mal etwas einfühlsamer. Dieser Tag sollte nicht gleich wieder mit einem Streit beginnen.

Ausgeruht und optimistisch stand Izumi nun auf, um nach Koji zu sehen. Aber schon bald musste er feststellen, dass er nicht da war. Und als er schließlich seine flüchtige Botschaft entdeckte, trübte sich seine anfangs positive Laune. "Frühstück" wiederholte er laut und blickte zur Küchenuhr, die bereits halb zehn anzeigte. Er fühlte wie erneuter Ärger in ihm aufstieg, zwang sich jedoch dazu, sich nicht wieder mit vagen Verdächtigungen seine Nerven zu ruinieren. >Na ja, ist ja schon beinahe Mittag...da muss er ja gleich auftauchen, sonst wäre es etwas spät für Frühstück...<

Izumi beschloss, die Wartezeit mit einer erfrischenden Dusche zu verkürzen, und ging zum Badezimmer. Auf dem Weg dahin nahm er gleich noch eine seiner Sporttaschen aus dem Vorraum mit. In einer Woche sammelt sich schon einiges an Schmutzwäsche, besonders nach so vielen Fußballspielen. Im Bad angekommen, kramte er schnell seine Sachen heraus um sie der Waschmaschine anzuvertrauen. Als er die Waschmaschinentür öffnete, fiel seine Blick auf einen dunklen Bademantel - Kojis Bademantel. Und seinen Augen entgingen nicht die weißen Flecken auf dem schwarzen Stoff. Entsetzt holte er den Mantel aus der Wäschetrommel und betrachtete ihn genauer. Ja, es gab keine Zweifel, worum es sich bei diesen Flecken handelte. Augenblicklich durchzuckte Izumi eine starke Welle an Zorn. Er sprang auf und lies seine Blicke unruhig durch das Zimmer wandern. Er wusste nicht, wonach er suchte, was er denken sollte. Nun stach ihm ein Papiertaschentuch ins Auge, das zusammengeknüllt neben dem Badezimmerspiegel lag. Es zeigte deutliche Spuren von Lippenstift.

"Mistkerl!" fluchte Izumi durch seine vor Wut zusammengepressten Lippen, "Ich wusste es! Schmeichelst mir vor, wie sehr du mich liebst und holst dir hinter meinem Rücken ein Weib nach dem anderen in dein Bett! Ich habe es so satt! Endgültig satt!!!"

Hastig schnappte er sich die leere Sporttasche und stürmte ins Schlafzimmer, wo er unter bitteren Tränen tiefster Enttäuschung begann, seine Sachen zu packen.

 

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TEIL 4

Koji saß mittlerweile schon seit 2 Stunden im Auto, vor dem Krankenhaus. Er konnte sich einfach nicht aufraffen, um es endlich hinter sich zu bringen.

>Was soll ich erst machen, wenn ich die Ergebnisse abholen soll? Wenn ich mich jetzt schon nicht reintraue?<

Koji warf einen Blick auf die Uhr." Kurz nach neun schon...Ich sollte wirklich langsam...", aber Koji blieb sitzen, seine Hände hielten sich verkrampft am Lenkrad fest. Zudem fror Koji erbärmlich, die Kälte, die er seit gestern Abend in seinem Innern spürte, wollte egal wie sehr er die Heizung aufdrehte, nicht weichen. Fröstelnd lies er das Lenkrad los und umschlang seinen Oberkörper. Kurz schloss er die Augen, zum zigsten Mal wünschte er sich, Izumi wäre bei ihm.

>Was denkst du da bloß? Izumi darf hiervon nichts wissen. Das ist das Beste! Ein Glück hab ich schon vor ein paar Tagen Katsumi um einen kleinen Urlaub gebeten. 4-5 Tage, wenn Izumi wieder da ist...wenn ich den jetzt auch noch anrufen müsste...oder ins Studio...< Koji schüttelte sich. Das war das letzte, was er jetzt brauchte! Einen fröhlich, vor sich hinplappernden Katsumi, der sich wieder versuchen würde in seine und Izumis Beziehung einzumischen. Als wenn sie so nicht schon genug Probleme hätten!

Koji holte noch einmal tief Luft und stieg dann langsam aus dem Auto aus, wenn er es jetzt nicht tat, dann würde er es nie schaffen. Seine Beine fühlten sich wie SEHR weicher Pudding an, als er sich auf den Weg machte, um zur Aidsberatung zu gelangen.

"Ich...würde gern einen Aids Test machen lassen...anonym!" Koji spürte, wie die Aufnahmeschwester am Empfang ihn kurz betrachtete, ganz so, als würde sie überlegen, woher sie ihn kannte. Dann schüttelte sie kaum merklich den Kopf und gab Koji eine Nummer.

"Setzten Sie sich bitte noch kurz hin. Es wird sich sofort jemand um Sie kümmern."

Koji tat, wie ihm geheißen und setzte sich in einen der unbequemen Plastikstühlen. Hoffend das ihn keiner, trotz der Perücke, erkennen würde. Kurz zog er in Erwähnung in eine der Zeitschriften zu blättern, entschied sich dann aber doch dagegen, da er so schon nervös genug war. Das Durchblättern würde nur noch mehr an seinen Nerven zerren. Sein Herz fing an schneller zu schlagen, seine Hände umklammerten den Sitz vom Stuhl, und unruhig schaute er immer wieder auf die Uhr. Nach 10 Minuten kam endlich jemand auf ihn zu.

"Hallo? Haben Sie die Nummer 18? Ja? Gut, dann kommen Sie bitte mit." Sie lächelte ihn freundlich und aufmunternd an und ging dann auf eine der 3 Türen zu. Zögernd folgte Koji ihr. Kaum war er im Zimmer angekommen, wandte er sich auch gleich ihr zu.

"Hören Sie...ich will nur den Test machen lassen, sonst nichts, verstanden? Ich will keine Beratung, Broschüren, Unterhaltungen, irgendwelche Angaben zu meiner Person oder sonst was, nur den Test und dann die Ergebnisse. Geht das?"

"Natürlich, aber..."

"Kein aber!"

"Wie Sie wollen, aber sollten Sie doch Fragen haben oder dergleichen, Sie können gerne wieder kommen."

Koji nickte nur, er war auf einmal so müde. Wollte nichts weiter als nur diesen Test hinter sich bringen und dann nach Hause, zu Izumi. Auch wenn dieser wahrscheinlich immer noch sauer war. Aber das war egal, Hauptsache er war in seiner Nähe, das reichte ihm...>Reicht? hast du das nicht schon mal gedacht? Als alles anfing? Und dann warst du nicht besser als die Typen von gestern.< Koji lachte Innerlich verzweifelt auf.

"Sir? Ist Ihnen nicht gut? Möchten Sie zur Beruhigung was trinken?"

Koji schüttelte daraufhin nur leicht den Kopf, "Bitte, machen Sie einfach nur den Test", flüsterte er leise.

15 Minuten später verlies er den Raum wieder. 5-6 Wochen musste er auf das Ergebnis warten...Er hatte gedacht, in ein paar Tagen, aber 5 Wochen? Wie sollte er die überstehen?

Die Ärztin kam ihm hinterher. „Warten Sie, nehmen sie bitte diesen Zettel mit, damit ich weiß, welche der Unterlagen die Ihre ist, wenn Sie Ihre Ergebnisse erfahren wollen. Ich schreib noch schnell die Nummer von hier auf, dann können Sie anrufen, sollte noch was sein, oder Sie jemanden zum reden brauchen. Hier ist immer einer." Sie kritzelte auf den Zettel schnell die Nummer und gab sie dann Koji, dieser steckte sie, ohne überhaupt darauf zu schauen, ein. Und ging.

"Kopf hoch, vielleicht machen Sie sich ganz umsonst Sorgen," rief sie ihm noch hinter her, doch Koji hörte sie schon gar nicht mehr. Müde schloss er die Tür auf. "Izumi...?" rief er leise. Doch nur die Stille der Wohnung antwortete ihm.

Er entledigte sich seines Mantels und stützte sich kurz an der Wand ab, als das Schwindelgefühl, dass er seit einer Viertelstunde hatte, wieder schlimmer wurde.

Kleine, schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, zudem tat ihm sein ganzer Körper wieder weh. >Reiß dich zusammen. Du kannst dich gleich hinlegen, aber erst musst du Izumi finden!< Schwankend lief er den Korridor entlang, ins Wohnzimmer. In der einen Hand hielt er eine Einkaufstüte. Auch wenn es viel zu spät war, um zu Frühstücken, so wollte er doch sein Versprechen halten.

Koji sah sich um, das Bettzeug lag noch immer auf der Couch. >Im Wohnzimmer ist er auch nicht...<

Er ging weiter, Richtung Schlafzimmer. Das flimmern vor seinen Augen wurde dabei immer schlimmer. Sein Körper verlangte den Schlaf, den er in der letzten Nacht so gut wie kaum bekommen hatte, zudem kam noch Kojis körperliche und seelische Verfassung, in der er sich befand. Endlich hatte er die Schlafzimmertür erreicht. Und Tatsächlich, er hörte wie dort drin jemand räumte.

"Izumi? Ich...es tut mir leid...es hat länger gedauert, als ich dachte...aber...Ich...wegen gestern..." Koji hielt inne, als er bemerkte, wie Totenstill es auf einmal im Zimmer war. Vorsichtig blickte er hoch, er hatte sich nicht getraut Izumi in die Augen zu schauen und hatte so die ganze Zeit auf den Boden gestarrt. Als erstes fiel sein Blick aufs Bett, auf dem ein paar von Izumis Kleidungsstücken lagen. "Was..." Sein Blick wanderte weiter zur Seite und blieb entgeistert bei Izumi stehen, der ihn wütend anstarrte.

"Izumi? Was...geht hier vor?" Er spürte, wie er den Halt von der Einkaufstasche verlor und sie mit einem 'rumms' zu Boden fiel. Das war wieder ein Alptraum, oder? Izumi konnte ihn doch nicht wirklich verlassen wollen, oder warum packte er seine Sachen? Nein, das war nicht wahr, es müsste eine andere Erklärung geben. Das war zuviel. Vor Kojis Augen verschwamm auf einmal alles, er spürte noch, wie seine Beine unter ihm nachgaben, und dann umfing ihn schwarze Finsternis.

 

-"Hey, wir wollen auch endlich mal!"

"Wenn ich mit ihm fertig bin und mich hier umsehe, dann könnt ihr ihn gerne haben. Hm...aber schaut euch doch mal seinen schönen Mund an...der ist bestimmt auch noch zu was anderem gut, außer zum Schreien und Schimpfen...meint ihr nicht auch...?"-

-" So, er gehört euch!" Grinsend ließ er von Koji ab und schaute sich im Wohnzimmer um. "Ich werde mich derweil...hier mal ein bisschen umschauen."

Er entfernte sich von den Dreien und ging zielstrebig auf das erste Regal zu. Koji konnte hören wie er lachend die Sachen von dort auf den Boden schmiss.

"Wer darf von uns beiden zuerst?"

"Hm...was hältst du, wenn wir ihn auf den Bauch drehen? So haben wir beide was von ihm...Heheheheh, wenn du verstehst, was ich meine?"

Koji konnte auch den anderen lachen hören, er hatte die Augen geschlossen, wollte seine Peiniger nicht mehr sehen. Grob drehten sie ihn um, einer von den zwei machte es sich vor Koji bequem, der andere hinter ihm. Grob hielt dieser Kojis Arme auf dessen Rücken zusammen, ehe alles wieder von neuem begann.-

 

Zitternd und schweißgebadet wachte Koji wieder auf. Sein Puls raste vor Angst und sein Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb. > Nur ein Traum! Nur ein Traum...nur ein...Traum...< Koji schloss die Augen um sich zu beruhigen, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. Langsam öffnete er sie wieder und sah sich um. Es war dunkel, allem Anschein nach schon Abend. Er lag im Bett, irgendjemand musste ihn ins Bett gebracht haben, da er sich nicht erinnern konnte es selber getan zu haben. Was war passiert?

>Izumi...Tasche...Kleidung...NEIN! Bitte, lass ihn nicht gegangen sein.< Hastig wollte er aufstehen, als ihm wieder einfiel, was passiert war, aber seine Beine wollten ihm nicht gehorchen, sie zitterten immer noch wie Espenlaub.

"I...Izumi...?"

 

Izumi saß im Wohnzimmer und versuchte die unzähligen Bilder und Gefühle, die in seinem Kopf herumschwirrten, zu ordnen. Wie oft wollte er schon davonlaufen, einen Schlussstrich ziehen! Und jedes mal wieder machte er im letzten Augenblick einen Rückzieher. Er war so wütend auf Koji! Jedes mal wieder brach er sein Vertrauen und jedes mal war er es, der Izumi noch einmal davon abhielt, seine Vorhaben durchzuziehen. Aber viel wütender war er auf sich selbst, weil er so schwach war und immer wieder nachgab! Izumi war sich nicht einmal jetzt sicher, ob er es dieses mal wirklich durchgezogen hätte. Wäre Koji nur etwas später nach Hause gekommen... wäre er tatsächlich gegangen? >Ja bestimmt! Er hat es nicht anders verdient! Ich wäre gegangen!< schimpfte Izumi auf seine innere Stimme, die ständig versuchte, Zweifel in ihm zu säen. >Diesmal war es nicht meine Schuld! Ich konnte doch Koji nicht alleine lassen als er umkippte.< Und wieder überkamen ihm Zweifel. Vielleicht kam ihm Kojis Schwächeanfall nur gelegen, als Ausrede für sein Bleiben? >Er mag ein unverbesserlicher Mistkerl sein, aber ich kann ihn deshalb nicht in so einer Situation alleine lassen!<

Im fiel wieder der Tag ein, an dem er Koji gefunden hatte. Wie hilflos er doch war! Wie ein ausgesetzter Hund, frierend und unendlich einsam. >Er braucht mich doch! Er hat mir geschworen, er braucht mich! Nur MICH! Und ich bin es, der immer alles für ihn tat! Wo ist denn sein Flittchen jetzt, wo er Hilfe brauchte?<

Ein Blick auf die Uhr erinnerte ihn daran, wie viel Zeit inzwischen verstrichen war, seit er das letzte Mal nach Koji gesehen hatte. Izumi erhob sich seufzend und wollte zum Schlafzimmer, als er zufällig einen kleinen Zettel am Boden bemerkte. Er hob ihn auf und erblickte eine Telefonnummer. Der süßlich geschwungene Charakter der Schrift verriet, dass es sich um eine weibliche Handschrift handelte. In Izumis Gedanken tauchte plötzlich das Bild einer Frau auf - eine der vielen Frauen mit eindeutigen Angeboten, die Koji gerne und immer wieder ihre Nummern zusteckten. Erneut fühlte er den brennenden Schmerz von Eifersucht in ihm aufsteigen. Ein beklemmendes Gefühl, das seinen Körper ausfüllte und ihm den Atem schnürte.

Izumi war nun endgültig mit seinen Nerven am Ende. Die ganze Zeit hin und her gerissen zwischen Mitleid, Zorn und Liebe - er konnte einfach nicht noch mehr ertragen! Wie viele Beweise sollte er noch finden? Er musste endlich handeln und diese aussichtslose Beziehung beenden. Doch die Tatsache, dass Izumi tief in seinem Inneren wusste, dass er Koji nicht verlassen konnte, bereitete ihm Angst. Koji hatte sich schon zu sehr in seine Seele gebohrt und sein Herz an sich gerissen. >Dafür hasse ich dich!<

Er zerknüllte die Notiz in seiner schmerzhaft geballten Faust und stürmte mit flotten Schritten zum Schlafzimmer. Er würde Koji zur Rede stellen - egal, in welchem Zustand er sich befand! Er hatte es nun endgültig satt, und verdient eine Erklärung. Vor der Schlafzimmertür blieb er noch kurz stehen, schloss seine Augen und zwang sich etwas zu beruhigen. Noch einmal atmete er tief durch, drückte die Klinke und betrat den abgedunkelten Raum. Izumi hatte erwartet, Koji schlafend vorzufinden, doch zu seiner Überraschung saß dieser aufrecht im Bett - kreidebleich und zitternd starrte Koji ihm mit weit aufgerissenen, blauen Augen entgegen. Der Anblick, den sein Freund ihm bot, weckte erneut Besorgnis in Izumi, doch sein Entschluss half ihm, darüber hinweg zusehen. Gefasst und ohne Emotionen zu zeigen ging er auf ihn zu.

"Ah gut, du bist nun wach. Ich habe mit dir zu reden," begann er mit nüchternen Worten, während er seinen Freund mit eiskalten, anklagenden Augen fixierte. Koji wollte etwas erwidern, aber Izumi ließ ihm dazu keine Zeit und fuhr mit seiner Ansprache fort. "Du glaubst vielleicht ich bin naiv, aber ich weiß bescheid. Wie heißt das Flittchen?"

 

"Flittchen? W..Was..meinst du?" Koji verstand nicht, fassungslos starrte er Izumi an. Er hatte Izumi so noch nie gesehen, diese Kälte, die er ausstrahlte, machte Koji Angst. Und zugleich war er so froh, dass Izumi immer noch da war, ihn nicht verlassen hatte. Aber dieser anklagende Blick lies Koji innerlich erschaudern. Instinktiv drückte er sich etwas enger an die Wand. Zog die Bettdecke enger um seinen kalten, zitternden Körper. >Izumi...bitte, hör auf mich so anzuschauen...bitte! Ich weiß nicht wie lange ich dem Blick noch standhalten kann...wie lange ich mich noch zusammenreißen kann...nach diesen Alpträumen und dann deine Kälte...Gestern hab ich es noch bis ins Bad geschafft, aber heute...? Warum bist du auf einmal so anders? Was hab ich getan, dass ich seit gestern dafür so bestraft werde? Ist was in Italien passiert, wofür ich Schuld bin? Bitte...Ich...brauch dich doch!< Koji spürte, wie ihm langsam die Tränen wieder kamen. Er durfte nicht vor Izumi in Tränen ausbrechen!!! Er hatte dazu kein Recht. Seine Hände verkrallten sich unmerklich in der Decke, als er gegen die Tränen ankämpfte.

Und dann stockte er, als er einen weißen Zettel in Izumis Hand sah. Er wurde noch bleicher, falls das überhaupt noch ginge, als er sofort erkannte, was das für ein Zettel war. Hatte Izumi dort angerufen? Hatte er vielleicht sogar die andere Nummer durchgesagt...? Was wäre, wenn er jetzt alles wüsste? War das der Grund, warum er so wütend war?

"Izumi...woher hast du...den Zettel? D...Du...hast da...doch nicht angerufen...oder?"

 

Izumi starrte seinen Freund fassungslos an. >Was zieht er da für eine kranke Nummer ab? Denkt er wirklich, ich bin naiv? Oder dreht er jetzt völlig durch?<

"Verdammt, ich bin nicht so dumm wie du vielleicht glaubst. Ich weiß, was vorgeht. Du hast ja deine Spuren deutlich genug in der ganzen Wohnung hinterlassen. Und diese Nummer...Ja, ich habe angerufen. Ich weiß bescheid!" bluffte Izumi und schleuderte Koji den zerknüllten Zettel entgegen. Mit ausdruckslosem Pokerface musterte er seinen Freund, gespannt auf seine Reaktion. Innerlich fürchtete er sich davor, einen dummen Fehler gemacht zu haben, aber tief in seinem Herzen wünschte er sich nichts sehnlicher, als doch im Unrecht zu sein...

"Koji, wieso tust du mir das an?"

 

>Izumi...Izumi hatte da wirklich angerufen und er wusste alles? Nein, dass durfte nicht wahr sein...das konnte nicht...sie wussten doch nichts...oder...hatte sich die Ärztin an sein Aussehen erinnert? Wie sein Arm aussah, als sie ihm Blut abgenommen hatte? Hatte sie eins und eins zusammen gezählt? Natürlich...deswegen ist er auch so kalt...er weiß alles...er...er weiß...Oh Gott...< Das Izumi schon vorher so war, fiel Koji in dem Moment nicht ein.

"Ich...wollte das nicht...ehrlich...Ich...", und jetzt konnte Koji nicht mehr, die Tränen, die er vorher so sehr versucht hatte zu bekämpfen, liefen ihm über die Wangen, Schluchzer durchzuckten seinen, bereits zitternden Körper, seine Arme schlang er schützend um sich.

"Bitte...es tut mir leid...ich habe versucht mich zu wehren, aber...ich wollte dir das nicht antun! Bitte, glaub mir...ich weiß nicht, warum sie keine Kondom genommen haben...," Koji wurde immer mehr von Schluchzern geschüttelt.

"Ich wollte nicht das du es herausfindest...verzeih mir...nicht mal mein Versprechen, dich immer zu beschützen, kann ich halten...wie soll ich es, wenn ich mich nicht mal selber beschützen kann, in unserer eigenen Wohnung? Ich konnte es nicht verhindern, dass er das Wohnzimmer so zurichtete. Die anderen beiden haben mich festgehalten und...und...," kurz hielt er inne, versuchte die Bilder vom letzen Abend aus seinen Gedanken zu vertreiben.

"Es...tat so weh...und tut es immer noch...", flüsterte er. Und dann hob er auf einmal den Kopf und sah Izumi mit tränenüberströmten Gesicht an.

"Izumi...bitte, verlass mich nicht...Ich brauch dich! I...ich fass dich auch nicht mehr an, wirklich! Diesmal halt ich es...jetzt...wo ich weiß, wie es ist..."

 

Izumi stand wie versteinert vor seinem Freund. Kojis Worte schnellten mit Lichtgeschwindigkeit durch seinen Kopf und formten sich zu unzähligen Bildern. Schrecklichen Bildern. Er öffnete seinen Mund um etwas darauf zu sagen, doch seine Stimme versagte noch bevor sie seine Lippen erreichen konnte. Wie in Trance schwankte er langsam auf Koji zu, und stützte sich hilfesuchend auf das Nachtkästchen neben dem Bett.

"Wa-was soll das heißen?" fragte er heiser. "Was ist geschehen? Wer sind 'sie' und was haben sie dir angetan? Was hat das alles zu bedeuten?" Izumis Stimme überschlug sich nun beinahe, als die vielen Fragen aus ihm heraus schossen. Er fühlte sich plötzlich speiübel, die ganze Szene wirkte auf einmal so unwirklich, fast wie ein Traum oder schlechter Film. Ihm war, als würde er ganz weit weg stehen und das alles nur beobachten ohne handeln zu können. Zitternd tastete sich Izumi näher an Koji heran und starrte ihn mit geweiteten Augen an. Der hilflose Anblick seines Geliebten schmerzte ihn so sehr, er konnte es kaum ertragen.

Jetzt erst sah er sein geschundenes Gesicht, die dicke Schwellung an der Lippe, und sein loses Halstuch konnte nur spärlich die leuchtend roten Würgemale verdecken. >Oh Gott! Das kann nicht sein! Warum hab ich das nicht schon eher bemerkt? Wieso ist mir das nicht gestern Abend schon aufgefallen?< dachte Izumi verzweifelt. >Ich war blind. Blind vor Eifersucht! Beinahe hätte ich dich wegen meiner krankhaften Eifersucht verlassen!< Sein Herz pochte wie verrückt gegen seine Brust. Er streckte seine Hand aus und schob vorsichtig das Halstuch weg. Die Male, die zum Vorschein kamen, waren noch furchtbarer, als sie vorher aussahen. Die dunkelroten Striemen und Druckstellen zogen sich mindestens bis zum Schlüsselbein, wenn nicht noch weiter. Man konnte beinahe die Finger sehen, die Koji auf entsetzliche Art geschunden hatten. Konnte die Qualen spüren, die er gelitten hatte.

"Ich...ich wusste nicht...ich hatte nicht...aber das ist jetzt egal. Koji, ich...ich..." Izumi rang nach Worten, aber er schaffte es nicht mehr, auszudrücken, was er dachte und fühlte. Beinahe ohnmächtig sank er neben Koji auf das Bett und ergriff seine zitternden Hände.

 

Als Izumi seine Hand nahm, ergriff Koji sie und hielt sich an ihr fest, wie ein Ertrinkender an einem Stück Holz. Umklammerte sie regelrecht. Vor seinem geistigen Auge wurde immer wieder die Szenen vom letzten Tag gespielt, wie ein Film. Spürte die Hände um seinen Hals, wie sie lachend zudrückten, hörte sich verzweifelt nach Luft schnappend. Sah sich selbst, wie er den einen Anspuckte und dafür mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen wurde. Schmeckte das Blut in seinem Mund, als er einem auf die Zunge bis, als dieser ihm einen Kuss aufzwang, was ihm nur einen neuen Schlag ins Gesicht brachte. Fühlte die immer neuen körperlichen und seelischen Qualen und die Pein, die sie ihm zufügten. Koji versuchte sich zusammen zu reißen, die Bilder zu verdrängen, aber er schaffte es nicht.

"Ich...hab wirklich versucht...ich hab mich wirklich verteidigt, Izumi...immer wieder...als mich die beiden anderen festhielten hab ich trotzdem versucht, mich los zureißen...ich hab...es sogar geschafft...hab meinen linken Arm frei bekommen. Hab dem dritten mitten ins Gesicht geschlagen, aber...er hat nur gelacht und auf einmal seine Hände um meinen Hals gelegt...H-Hat sich neue Qualen ausgedacht. D...Da...D-Danach, als er mit mir endlich fertig war...konnte ich nicht mehr. Ich hab mich nicht dagegen mehr gewehrt, als die anderen zwei mich nahmen, hab alles über mich ergehen lassen und nur gehofft, dass du nicht kommst, dass du mich nicht so siehst...dass sie dir das nicht auch noch antun! Ich...fühl mich so schmutzig und dreckig...hab immer noch das Gefühl, dass ihr...Zeug in mir drin ist...I-Ich hab Angst...," flüsterte Koji den letzten Satz. Seine Hand zog das Hemd enger am Hals zu, wolle nicht, dass Izumi noch mehr von seinem geschundenen Körper sah.

 

"Schhhh, sag jetzt nichts mehr" versucht Izumi seinen Freund zu beruhigen. "Dich trifft doch keine Schuld...es wird alles wieder gut, das versprech ich dir! Ich bin jetzt bei dir." Er rückte etwas näher an ihn heran und versuchte vorsichtig die Hand weg zuschieben, die verkrampft das Hemd zusammen hielt. Koji ließ jedoch nicht locker, zitternd klammerte er sich daran fest, dass seine Knöchel weiß hervorstachen. Doch Izumi ließ sich nicht davon abhalten. "Bitte" flüsterte er mit einem Ausdruck in seiner Stimme, der gleichzeitig beruhigend als auch befehlend klang, und umschloss sanft seine Hand. Es kostete Koji sichtlich einiges an Kraft, aber schließlich gab er nach und ließ Izumi gewähren. Langsam schob Izumi das Hemd zur Seite und erblickte mit stummem Entsetzen die unzähligen Male seiner Peiniger. Der Anblick schnürte ihm den Atem. Kojis Körper war völlig mit Prellungen, tiefen Kratzspuren und gefährlich aussehenden Blutergüssen übersäht.

Izumi konnte sich die furchtbaren Qualen, die man seinem Geliebten angetan hatte, auf erschreckende Weise bildlich vorstellen, hatte er doch Ähnliches erlebt. Mit bebenden Fingern schob er Koji das Hemd wieder zu und griff erneut nach seinen Händen, klammerte sich hilflos zitternd daran fest. Die Erinnerungen, die plötzlich wieder über Izumi hereinbrachen, waren zuviel. Und seinen Freund so zu sehen, als Spiegel dessen, was man ihm selbst vor längerer Zeit angetan hatte, schnitt ihm mit brennender Klinge tief ins Herz. Sein Schmerz war in keine Worte zu fassen. Izumi hob Kojis Hände zu seinen Lippen und bedeckte sie mit weichen, verzweifelten Küssen.

"Oh Koji...Koji, es tut mir so leid!" hauchte er mit belegter Stimme. Izumi schloss die Augen und versuchte die Bilder, die auf ihn einströmten, zu vertreiben. Er konnte im Geiste sehen, wie sich die Männer an Koji vergriffen, konnte seine verzweifelten Schreie hören. Hörte, wie Koji immer wieder seinen Namen rief, und das Echo im verlassenen, kalten Raum langsam verklang. >Er war alleine! Ich hab ihn alleine gelassen!....hätte ihn beinahe für immer verlassen...<

"Ich..ich war nicht...bei dir! Ich...oh Gott..." Izumis Stimme versagte ihm den Dienst. Ohne weiter zu zögern nahm er Koji in seine Arme und drückte seinen unerbittlich bebenden Körper ganz fest an sich. Auch er zitterte am ganzen Leib. Immer wieder schossen Gedanken auf ihn ein, was gewesen wäre, wenn er einen Tag, vielleicht nur eine Minute später zurückgekommen wäre. Diese düsteren Visionen ließen Izumi noch mehr erschaudern. Verzweifelt presste er Koji noch enger an sich, als hätte er Angst, ihn für immer zu verlieren. Und tief in seiner Seele fürchtete er sich genau davor. Er hielt Kojis Hinterkopf mit einer Hand an seine Schulter, streichelte immer wieder mit unglaublicher Zärtlichkeit durch sein Haar und wiegte ihn stumm in seinen zitternden Armen. Izumi spürte Kojis heiße Tränen auf seiner Haut, die sich ihren Weg unaufhaltsam durch sein T-Shirt brannten. Auch er selbst hatte den Wunsch und Drang zu Weinen, doch nicht einmal Tränen waren ihm in diesem Augenblick vergönnt, diese schrecklichen Erinnerungen und Ängste fortzuspülen.

 

Koji drückte sich an Izumi, klammerte sich an ihn, als ob er sein letzter Halt wäre. Spürte die warmen Arme von Izumi um sich, die endlich langsam die Kälte in seinem Innern weniger werden lies. Er wusste nicht, warum Izumi auf einmal nicht mehr kalt und abweisend war, sondern ihn liebevoll in den Arm nahm, ihm das gab, nach dem er sich so sehr gesehnt hatte, seitdem ihn die Männer gequält und gepeinigt hatten. Und auch das entsetzten, die Angst spürte er, die nicht nur ihn sondern auch jetzt seinen Geliebten überfallen hat. Er verstand es nicht, wieso er auf einmal so war, nachdem er ihm zum Teil erzählt hatte, was passiert war. Er hatte es doch von Anfang an gewusst, oder? Aber eigentlich war es ihm egal. Drängte diesen Gedanken weit von sich. Konzentrierte sich nur auf die Wärme und Liebe, die von Izumi ausging. Langsam versiegten seine Tränen und er beruhigte sich etwas. Sein Atem wurde nach und nach wieder normal.

"Du...bist jetzt da...I-Ich...bin froh, dass du nicht da warst...erst so spät gekommen bist...vielleicht hätten sie dich auch...", bei diesem Gedanken ging wieder ein schaudern durch ihn hindurch. "So...hast du sie vertrieben...sie waren fast fertig und als sie...dich sahen, auf der Straße...sind sie abgehauen...wer weiß, ob sie mich nicht zum Schluss um...umgebracht hätten..."

Koji hatte keine Angst vor dem Tod, bzw. dachte dies bis jetzt. Aber der Gedanke, allein, ohne Izumi in die ungewisse Dunkelheit nach dem Tod zu gehen, war für ihn unerträglich. >U...Und was ist, wenn der Test wirklich positiv ist? Wenn ich HIV habe? Oh Gott, wie soll ich die nächsten Wochen bis dahin durchhalten?< Bei diesen Gedanken versuchte er sich noch enger an seinen Freund zu drücken. Ihn noch mehr zu spüren. Sich nur noch auf die Hand, die sein Haar tröstend und beruhigend durchstrich, zu konzentrieren. Die brutalen Berührungen der letzten Hand, die sein Haar berührte, zu vergessen. Alles zu vergessen was war und was vielleicht noch kommen mag, nur noch an Izumi zu denken.

Langsam wurde sein Kopf schwerer, Müdigkeit überfiel ihn wieder. Dennoch versuchte er sich dagegen zu wehren, wollte nicht erneut in die Welt der Alpträume versinken. Hatte Angst, dass wenn er wieder wach wäre, Izumi nicht mehr da sei. Allerdings glaubte er nicht, dass er wirklich einschlafen könnte, auch wenn er wollte! Sein Körper hatte wieder angefangen zu schmerzen, und er fühlte Übelkeit, die daher kam, dass er seit Mittag des letzten Tages nichts mehr zu sich genommen hatte.

Koji stöhnte auf einmal vor Schmerzen auf, als Izumi, der angefangen hatte ihm über den Rücken zu streicheln, aus Versehen über eine schlimme Stelle an seinem Rücken gekommen war.

 

Izumi erschauderte bis tief in seine Seele, als Koji aussprach, woran er gedacht hatte. Was wäre wirklich gewesen, wenn sie ihn umgebracht hätten? Er ihn nur noch tot aufgefunden hätte? >Er hätte sterben können! Sterben! Nie wieder meinen Namen rufen...die Stimme, die ich so sehr liebe! Mich nie wieder berühren...seine zärtlichen Hände, die mich halten und streicheln...Nie wieder würden mich seine wundervollen, blauen Augen anblicken...< Izumi entrückte immer weiter der Realität, die Angst in ihm raubte ihm fast den Verstand. Er klammerte sich noch intensiver an Koji, und erst dessen schmerzerfülltes Stöhnen riss ihn brutal in die Wirklichkeit zurück.

"E-entschuldige! Das wollte ich nicht" stammelte Izumi, zog wie elektrisiert seine Hand zurück und löste sich von Koji. Er traute sich kaum mehr seinen Freund nochmals zu berühren, obwohl er sich so sehr danach sehnte. Aber er wollte Kojis Schmerzen nicht auch noch verschlimmern, und so rückte er etwas weiter weg von ihm. Die plötzliche Kälte, die verschlingende Leere, die nun zwischen sie trat, war kaum auszuhalten. Koji blickte ihn sichtlich verwirrt an. In seinen Augen lag soviel Angst und unausgesprochenes Leid.

>Diese verdammten Bastarde! Wieso haben sie ihm das angetan?! Warum hat er es mir nicht gesagt?...Er wollte es mir nicht einmal sagen! Hätte dieses Erlebnis für wer weiß wie lange mit sich herum geschleppt!<

Plötzlich wurde Izumi bewusst, dass er seinem Freund dieses grausame Geheimnis nur mit seinem miesen Bluff entlockt hatte. Auf einer Seite war er froh, dass er Koji zum Reden gebracht hatte, aber er schämte sich für die Art und Weise wie es geschah. >Alles nur wegen dieser Telefonnummer...aber irgendeinen Zusammenhang muss es doch geben, dass er so plötzlich nach Erwähnen der Nummer alles auspackte<

"Ich glaube, es ist besser du ruhst dich noch etwas aus", begann Izumi die beklemmende Situation etwas aufzulockern, "und ich mach dir inzwischen etwas heiße Suppe und Reis." Er schenkte Koji einen liebevollen Blick und hob die Hand um ihn nochmals zu berühren, doch er zog sie wieder zurück ehe er ihn erreichte. Er wollte ihm nicht noch einmal wehtun. Beinahe fluchtartig stand Izumi auf und ging zur Tür. Dort blieb er kurz stehen und drehte sich noch mal zu Koji um.

"Koji. Die Nummer..." begann er leise. "Ich...ich...hab gar nicht...angerufen...Es tut mir so leid. Ich hatte dich verdächtigt." Izumi fühlte sich absolut schrecklich und kam sich so dumm vor. Er wagte es nicht, seinem Freund in die Augen zu sehen.

 

I...Izumi hatte nicht angerufen? A-aber wieso hatte er dann...warum...

>Wenn er das alles nicht gewusst hatte, warum war er dann...?<

"Ich...Heute morgen...", Koji biss sich auf die Lippen...wie sollte er das sagen? Fröstelnd legte er die Arme um sich. Jetzt, nachdem Izumi ihn wieder losgelassen hatte, war die Kälte mit unerbittlicher Kraft wieder zurückgekehrt. Wie sehr wünschte er sich jetzt die starken Arme von seinem Freund wieder um sich. Sich beruhigend an Izumis warmen Körper zu schmiegen. Er wünschte sich, er hätte sich den Schmerzensschrei gerade eben verkneifen können. Dann hätte Izumi ihn vielleicht nicht losgelassen. >Bitte,< dachte er,> bitte komm zurück ins Bett und lege deine Arme wieder um mich. Lass uns über was anderes reden.< Doch im gleichen Augenblick fiel ihm ein, wie Izumi ihn auf einmal losgelassen hatte und ihn nicht noch mal berühren wollte.

"Ich...war heute Morgen im Krankenhaus...zum...ich wollte einen...Ich hab einen Aidstest machen lassen...In...ein paar Wochen soll ich diese Nummer anrufen...um...das Testergebnis zu erfahren...mit der anderen Nummer...wurden meine Daten gesichert...da...es Anonym hab machen lassen...Ich will nicht...das man es...erfährt...Es...tut mir leid...wirklich", flüsterte er den letzten Satz.

Unsicher hebt er langsam die Hand und streckt sie Izumi entgegen.

"I-Izumi?"

 

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TEIL 5

>AIDS< Izumi wurde kreidebleich und schluckte hart, als er Kojis Erklärung vernommen hatte. >AIDS< Immer wieder hallte dieses Wort in seinem Kopf wider. Brannte sich drohend in feuerroten, überdimensionalen Lettern in sein Gehirn. Izumi hielt sich am Türrahmen fest um sein Schwanken zu verbergen. >War es nicht schon genug, was sie ihm angetan hatten? Mussten wir nicht schon genug durchmachen? Gott, wieso können wir nicht einmal Glück haben? Hört das alles niemals auf? Bitte!!!< dachte Izumi verzweifelt.

Er war völlig fertig, zwei Tage diesen psychischen Stress, und es schien kein Ende zu nehmen. Am liebsten wäre er jetzt einfach bei der Tür hinaus gegangen, und hätte sie hinter sich geschlossen. Alle Sorgen und Schmerzen damit gleich hinter sich ausgesperrt. Aber wie konnte er nur so egoistisch sein? Er blickte seinen Freund an, wie er total verängstigt und mit seinen Nerven am Ende, im Bett kauerte. Seine Augen, voll Schmerz und Verzweiflung, flehten ihn an. >Bitte schau mich nicht so an. Ich KANN nichts machen. Es tut mir so unendlich leid. So leid!<

"Koji. Du glaubst doch nicht, dass du..." begann Izumi heiser, "es heißt doch nicht gleich, dass du dich angesteckt hast." Er ging nun wieder langsam, mit unsicheren Schritten auf Koji zu. Suchte verkrampft nach tröstenden Worten, doch es fiel ihm wirklich schwer. Die Angst, die dieses eine Wort aus Kojis Mund in ihm auslöste, war zu groß.

"Schau, es bringt nichts, wenn du dir deshalb heute den Kopf zerbrichst. Lass uns die Ergebnisse abwarten, ich bin mir sicher, es ist nichts."

Noch während Izumi das aussprach, schimpfte er sich innerlich einen Heuchler. Wie konnte er Koji einreden wollen, sich nicht zu sorgen, wo er selbst beinahe vor Angst zerbrach? Doch irgendjemand musste jetzt stark sein, und die Hoffnung aufrecht erhalten. Und Koji brauchte zumindest irgendeinen Halt, einen Strohhalm, an den er sich klammern konnte. >Aber wieso ich? Ich kann ihm nicht helfen. Ich weiß nicht, wie! Was soll ich nur tun?<

Izumi blieb neben Koji stehen und beugte sich zu ihm hinunter. Er redete sanft auf ihn ein, versuchte so gut wie möglich, seinen Freund zu beruhigen. Und auch sich selbst.

"Koji, es wird bestimmt alles wieder gut. Auf keinen Fall darfst du dir dafür die Schuld geben. Du kannst nichts dafür." Zärtlich streichelte Izumi seinem Freund über die Stirn.

"Aber ruhe dich jetzt ein wenig aus. Nachher sieht alles anders aus."

 

"I-Ich soll mir darüber keine Sorgen machen? Izumi, sie haben mich von vorne und hinten mehrmals durchgenommen! Wie...kann ich mir darüber keine Gedanken machen...vor allem, wenn ich daran denke, dass ich dich damit anstecken könnte...", flüsterte er leise.

"A...Aber vielleicht hast du recht...", damit schlang er seine Arme um seinen Freund und drückte sein Gesicht an dessen Brust. Dachte Izumi wirklich, er hätte eine Schuld daran? Sein Freund schaute immer noch geschockt drein, sein Gesicht war voller Schmerz. Und Koji wusste, dass er dafür die Schuld hatte. Warum hatte er es eben auch gesagt? Er hätte sich doch auch irgendwas für die Nummer einfallen lassen können...Erneut spürte er Izumis Hand in seinen Haaren. Fühlte die Wärme wiederkommen. Vielleicht...wird aber wirklich alles wieder gut.

"D-Das einzige, was zählt ist, dass du wieder da bist! Danke. Wir...haben wahrscheinlich für einen Tag Aufregung genug gehabt, nicht?" Koji versuchte leicht zu lächeln und drückte sich dann wieder an Izumi.

"Izumi...? Bitte, vergiss das Essen...ich hab keinen Hunger...bleib noch etwas, ich...Ich will nicht allein bleiben...ich weiß, dass das albern klingt, aber...Ich hab dich so vermisst, als du in Italien warst! Und jetzt...nach all dem..." Koji begann wieder leicht zu zittern, konnte sich allerdings schnell wieder unter Kontrolle bringen.

"Erzähl mir...wie es da war...ja?" Bittend sah er ihn an. Die Müdigkeit überkam ihn wieder. Vielleicht konnte er so, wenn Izumi bei ihm blieb, etwas besser schlafen?

 

>Hab dich doch auch vermisst, Baka< dachte Izumi und hielt Koji zaghaft fest, noch immer in der Angst, ihn zu verletzen.

"Koji," flüsterte er, und sah seinem Freund dabei ernst in die Augen.

"Danke, dass du so ehrlich warst und mir alles gesagt hast."

Er beugte sich vor, und küsste ihn sanft auf die Stirn. Während er ihm leise von seiner vergangenen Woche erzählte, kam es ihm vor, als läge die Zeit in Italien schon Monate zurück. Es dauerte nicht allzu lange, und Koji schlief in seinen schützenden Armen ein. Izumi betrachtete mit einem liebevollen aber traurigen Lächeln, seinen schlafenden Geliebten. Wie friedlich und entspannt er nun wirkte. Eng und warm an seinen Körper geschmiegt. >Möchte dich halten, und nie wieder loslassen. Dich nie wieder alleine lassen. Nie wieder.<

"Nichts soll uns mehr trennen, Liebster" flüsterte Izumi kaum hörbar und strich Koji ganz sanft durch sein duftendes Haar. "Nicht einmal diese Krankheit." Dabei betete er insgeheim zu den Göttern, der Test möge negativ ausfallen.

Izumi schloss seine Augen und kuschelte sich vorsichtig noch näher an Koji, um die Kälte zu vertreiben, die bei dem Gedanken ihn zu verlieren, mit eisigen Fingern nach seinem Herzen griff. Die angenehme Wärme, die von Koji ausging, wirkte wie heilender Balsam auf seine Gefühle. Langsam wichen alle negativen Gedanken aus Izumis Kopf, er spürte nur noch die Nähe seines Geliebten, das gleichmäßige Heben und Senken seiner Brust. Hörte seinen ruhigen Atem, seinen Herzschlag. Und der wunderbare, vertraute Duft seiner Haut umgab ihn wie ein schützender Mantel, der alles Böse von ihm fernhielt.

 

- Lächelnd band sich Koji den Bademantel enger um seinen Körper, als er aus dem Bad kam. Im Geiste ging er noch mal durch, ob er alles fertig vorbereitet hatte, um mit Izumi, wenn dieser heute ENDLICH von seiner Italienreise zurückkam, zu feiern. Es war zwar erst früher Nachmittag und Izumi wollte nicht vor dem späten Abend kommen...aber wer weiß? Vielleicht hatte dieser ja doch eine Maschine früher genommen?

Gutgelaunt betrat er den Flur und blieb stehen, als er ein Geräusch hörte. Izumi ist doch nicht jetzt schon...Hastig lief er zur Eingangstür. Nein, immer noch verschlossen. Er schaute durch den Spion. Auch nichts. Dann hatte er sich also doch verhört. Er wollte sich gerade umdrehen, als er das Geräusch erneut hörte.

"Was..." In dem Moment spürte er auch schon einen kräftigen Schlag auf den Kopf. Benommen brach er zusammen. Hände packten ihn und zogen ihn weg. Er versuchte sich zu wehren, doch war sein Körper durch die Benommenheit einfach zu schwach. Böses Gekicher drang an sein Ohr, als er auf einmal losgelassen wurde und man seinen Körper gegen den Boden festhielt. Langsam wurde sein Kopf wieder klarer und er konnte 3 Gestalten ausmachen. Ihre Gesichter waren zur Hälfte mit Masken bedeckt. Nur ihre Münder und Augen konnte man erkennen.

"Was...Verdammt, lasst mich los, ihr Mistkerle!" Wie wild versuchte er sich zu befreien, doch die Hände hielten ihn weiterhin fest auf den Boden gedrückt. Was hatten sie mit ihm vor?

Eine Hand fuhr seine Wange entlang. "Hm...ich liebe es, wenn sie sich wehren...das macht dass alles nur noch...aufregender..." Und dann begann der Alptraum. -

- "Ah...du bist so schön eng..."-

- Koji spürte den leichten metallischem Geschmack von fremden Blut in seinem Mund. Das hatte der Typ nun davon. "Du Mistkerl! Du hast mich gebissen! Das war nicht sehr klug von dir!" Er biss die Zähne zusammen, als erneut Schläge auf seinen Körper eingingen. "So...und jetzt will ich mich noch etwas mit dir amüsieren, ehe ich dich den anderen beiden überlasse..." Erschrocken starrte Koji ihn an und schrie dann auf, als er erneut diesen Schmerz in sich spürte. -

"Neeeeeeeeeeeeeeein....bitte, nicht...nicht noch mal...bitte...Izuuuumiiiiiiiiiii...hilf mir", rief er. Um dann nur noch von neuem im Schlaf zu schreien. Er schlug wie wild um sich, versuchte sich gegen die Täter in seinem Alptraum zu wehren, als er immer wieder durchlebte, was sie ihm angetan hatten. "Aufhören, bitte...." Tränen liefen ihm über die geschlossenen Lider.

 

Durch einen harten Schlag ins Gesicht und Kojis Schrei, schreckte Izumi aus seinem Schlaf. Er war sofort hellwach und versuchte seinen wild um sich schlagenden Freund aus seinen Alpträumen zu holen. Mit aller Kraft hielt er dessen Hände fest, bevor ihm Koji noch eine verpassen konnte, und redete geduldig auf ihn ein. "Koji! Aus! Du hast nur einen bösen Traum. Es ist alles gut, ich bin bei dir." Koji versuchte sich verzweifelt aus Izumis Griff zu lösen, weinte und strampelte als würde er um sein Leben kämpfen. Die brutalen Schatten aus seinem Traum ließen einfach nicht von ihrem Opfer ab. Izumi wusste sich nicht mehr zu helfen und brüllte Koji nun an. "Koji,...Kooojiii! Wach auf!" Er bekam ihn an der Schulter zu fassen und schüttelte ihn leicht durch. Endlich öffnete Koji die Augen und blickte Izumi verängstigt an. "Izumi!...ich...ich..."

"Komm her" unterbrach Izumi, und drückte seinen nun hemmungslos schluchzenden Freund ganz vorsichtig an sich, den Kopf an seine Schulter, und strich ihm beruhigend durch sein Haar. "Schon gut, alles ist wieder gut....ganz ruhig...du hast nur geträumt" flüsterte er ihm sanft ins Ohr. Izumi konnte spüren, wie das Herz seines Geliebten wild an seine Brust pochte. Fühlte seinen heißen, unruhigen Atem, der nicht zur Ruhe kommen wollte, auf seiner Haut.

"Ruhig, Koji, ganz ruhig jetzt. Es ist alles vorbei, du bist hier bei mir." Izumi zerbrach innerlich, er kam sich so hilflos vor, wusste nicht, wie er Koji beruhigen konnte. Wusste keinen Weg, ihm sein schreckliches Erlebnis, seine Träume, auszulöschen. Ungeschehen zu machen. Izumi presste seine Augen zusammen und wünschte aus tiefster Seele, dass auch er dies alles nur geträumt hatte. >Wenn ich die Augen wieder öffne, ist doch alles wieder gut. Das ist doch nur ein Traum? Koji, bitte halt mich fest, und sag mir, dass das alles nie geschehen ist!< Er wollte sich so sehr an Koji klammern, in seinen starken Armen Schutz finden, doch Koji brauchte nun selber Hilfe. Wahrscheinlich noch mehr als er selbst. >Ich bin nicht so stark. Ich halte das alles nicht mehr aus!< Izumi nahm all seine verbleibende Kraft und zwang sich ruhig zu bleiben. Wie sollte er auch seinem Freund Trost schenken, wenn er selbst beinahe am Zerbrechen war? Mit zittriger Stimme flüsterte er weiter seine beruhigenden Worte, bis er selbst daran glaubte, alles wäre in Ordnung. Alles wird wieder gut. Es war alles nur ein böser Traum.

Als Koji sich nach einer Weile wieder etwas beruhigt hatte, schob ihm Izumi sanft eine Hand unter das Kinn, und hob seinen Kopf leicht an. Er sah ihm mit einem besorgten Blick in die Augen, und wischte ihm vorsichtig mit dem Daumen die Tränen von seiner heißen Wange.

"Schon besser?" fragte er ihn leise. "Willst du mir davon erzählen? Es wird immer leichter, wenn man darüber spricht. Lass mich dir helfen" bat er.

 

Koji schaute auf die Bettdecke. Sollte er wirklich? Konnte er Izumi damit noch mehr belasten? >Er hat doch jetzt schon kaum noch Kraft. Izumi versucht alles um mir zu helfen, und was tue ich? Bereite ihm nur noch mehr Kummer!<

ER wandte sich etwas ab und suchte mit seiner Hand nach seinem Schlafanzug.

"Ich...sollte wohl endlich die Klamotten loswerden...K-Kann ja nicht die ganze Zeit mit ihnen schlafen..."Mit dem Rücken zu Izumi zog er sich schnell aus und den Schlafanzug an, wollte nicht, dass Izumi zu viel von seinem geschundenen Rücken und den Beinen sah. Als er sich wieder umdrehte sah Izumi ihn immer noch so besorgt und bittend an. Koji krabbelte zu ihm zurück unter die Bettdecke und bettete seinen Kopf auf dessen Schoß. Kurz schloss Koji die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Vielleicht hatte Izumi doch recht! Wenn es leichter würde, würde er diesem auch nicht so zur Last fallen. Izumi hatte wieder angefangen durch Kojis Haar zu streichen und zu kraulen. Noch einmal tief Atem holen, begann er.

"I-ich...Sie müssen durch ein Fenster gekommen sein...Ich hatte eins aufgemacht zum Lüften. Durch die Tür hätten sie nicht kommen können, die hatte ich die ganze Zeit im Auge. Ich war zwar kurz unter der Dusche, aber als ich rauskam hab ich sofort nachgeschaut, ob du nicht schon gekommen bist, oder gerade kommst...Ich hatte irgendwie gehofft...du würdest mit einer früheren Maschine kommen...j-jetzt bin ich froh, dass du es nicht gemacht hast! Wer weiß...", Koji schüttelte sich kurz und sprach dann weiter. "D-Die Tür war jedenfalls in Ordnung. Und dann...Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und als ich wieder alles wahrnehmen konnte, l-lag ich auf dem Boden und...I-ich hab wirklich versucht mich zu wehren, aber die zwei haben mich festgehalten, während der andere..."

Koji schluckte, konnte auf einmal nicht mehr weiter sprechen. Sein Herz schlug ihm wie wild gegen die Brust, nur allein bei der Erinnerung daran. Nach einer kurzen Weile fing er stockend wieder an. "D-Der Rest...ist eigentlich schnell erzählt...Er nahm mich...vielleicht so 2-3 Mal...danach haben sich die beiden anderen über mich hergemacht...Von vorne und von hinten...D-Der andere war anscheinend der Anführer...er hat sich unsere Wohnung vorgenommen. I-Ich hab mich wirklich versucht zu wehren, aber so mehr ich mich dagegen sträubte, um so brutaler wurden sie...D-Dann haben sie auf einmal von mir abgelassen und verschwanden...Sie müssen das Taxi von dir gesehen haben, dass hier hielt und gehört haben, wie du das Treppenhaus hochgekommen bist!"

Als Koji geendet hatte entstand eine lange Pause, in der keiner von beiden was sagte. Koji drückte sich nur enger an Izumi herran, genoss dessen warmen und auf ihn beruhigend wirkenden Körper. Langsam drehte sich Koji um und blickte Izumi ins Gesicht. Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen, als er seine zitternde Hand hob und mit dieser Izumis Wange berührte.

"Du...hattest recht. Das Reden erleichtert...Wenn ich mich damals, als mein Bruder dich Vergewaltigt hatte, doch nur auch so verhalten hätte...Ich war wahrscheinlich nicht besser...Aber...ich hatte solche Angst, dich zu verlieren...du..bist doch das einzige, was ich brauche...Ich liebe dich, Izumi."

Weinend vergrub er sein Gesicht in Izumis Hemd. Spürte wie in dieser Nähe die Angst langsam aus seinem Innern wich. Nach ein paar Augenblicken hob er den Kopf.

"I-Izumi...wenn die Ergebnisse negativ sind...willst du dann...mit mir...s-schlafen?"

 

Verlegen senkte Izumi seinen Blick und starrte auf seine Hände. Obwohl Koji und er nun schon lange zusammen waren, war es Izumi noch immer sehr peinlich, über Sachen wie Sex offen zu reden. Er konnte sich noch nicht einmal selber eingestehen, dass er sich danach sehnte, in Kojis Armen zu liegen. Obwohl er es jedes mal richtig genoss, mit ihm zu schlafen. Und er wollte es wirklich. Jetzt noch mehr. Nicht nur um sein eigenes Verlangen zu befriedigen, vielmehr auch um Koji zu zeigen, dass er trotz des schrecklichen Vorfalls immer noch zu ihm stand. Und als Zeichen für das, was er niemals schaffte, offen auszusprechen.

"Koji, ich..." begann Izumi, fand aber nicht die richtigen Worte um Koji zu sagen, was er fühlte und wollte.

Er hob seine Hand und streichelte Koji leicht mit seinen Fingerspitzen über die Wangen. Dann hielt er noch einmal kurz inne, beugte sich vor und drückte seine Lippen sanft auf Kojis Mund. Kojis Unterlippe war noch immer stark geschwollen, und Izumi hatte Angst, ihm weh zu tun. Doch er verstand es, seinen Geliebten so zärtlich zu küssen, ohne ihn zu verletzen. Koji reagierte etwas verwundert, es kam selten bis nie vor, dass Izumi von sich aus den ersten Schritt machte. Izumi leckte ihm ganz leicht über seine aufgesprungene Lippe, die Stelle wo sie ihn ins Gesicht geschlagen hatten. Die Stelle, die zuletzt einer von ihnen berührte, seinen dreckigen Mund darauf gepresst hatte. Ihm wurde übel bei dem Gedanken, was diese Männer Koji angetan hatten. Fast zornig presste er nun seinen Mund auf Kojis, küsste ihn tief und leidenschaftlich, um alle Spuren und Erinnerungen auszulöschen, jede noch so kleine Stelle rein zu waschen. Und Koji erwiderte seinen Kuss mit voller Hingabe. Hungrig nach dem süßen Geschmack seines Geliebten, und hungrig nach Geborgenheit. Izumi war nahe daran, Tränen der Erleichterung zu vergießen, als er fühlte, wie langsam seine Spannung und Angst verschwand. Es war so gut, dieser eine Augenblick, dieser eine Kuss. Es war beinahe wie immer, als wäre nichts geschehen. Es zählte nur noch dieses wunderbare, vertraute Gefühl. Vergangenheit und Zukunft konnten ihnen keine Angst mehr bereiten. Izumi vergrub seine Hand in Kojis duftendem, weichem Haar während er mit der anderen Kojis Finger umklammerte. Ihr Kuss wurde immer intensiver, verlangender. Als Izumi spürte, wie sein Körper vor Erregung bebte, wurde ihm bewusst, wie sehr er sich seit Italien nach Koji verzehrte. Entsetzt zwang er sich von seinem Geliebten zu lösen.

Izumis Gesicht glühte vor Scham und Erregung. Es war ihm so peinlich. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Koji war verletzt - psychisch und körperlich - wie konnte er nur in so einer Situation an Sex denken? >Das kommt bestimmt nicht so bald in Frage< mahnte er sich. >Kojis Zustand...es ist viel schlimmer als das, was Hirose mir angetan hatte< Izumi lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er an diesen Vorfall dachte. >Koji hat mir noch am gleichen Tag diese Erinnerungen genommen. Es tat verdammt weh...aber wenn er es nicht getan hätte...ich wäre vor Schmerz wahnsinnig geworden...<

Izumi lächelte gequält und versuchte etwas abzulenken. "Koji, ich denke, du solltest jetzt wirklich etwas schlafen. Ich hol dir eine Tablette, ok?" Hastig verließ er das warme Bett und konnte Kojis traurige Blicke auf seinem Rücken spüren. "Bin ja gleich wieder da" versprach Izumi und ging aus dem Zimmer, um wenig später im Pyjama und mit einem sprudelndem Glas Wasser wiederzukommen. Er reichte Koji das Schlafmittel und krabbelte zu ihm unter die Decke.

 

Koji befühlte seine geschwollenen Lippen. Versuchte sich den Kuss von gerade eben wieder ins Gedächtnis zu rufen. Die qualvollen Erinnerungen an die letzten Lippen, die ihn dort mit brutaler Gewalt berührt hatten, zu vergessen. Doch es gelang ihm nur zum Teil. Sofern er die Augen schloss, spürte er die Hände seiner Peiniger auf sich. Hörte ihre Stimmen. Innerlich lachte er verzweifelt und verbittert auf. > Das ist also die Stärke in mir. Ich bin nichts weiter als ein elender Wurm. Wie oft habe ich Izumi zum Anfang gegen seinen Willen genommen? Wie brutal war ich, als mein Bruder ihn vergewaltigt hatte? Da war ich nicht besser, sondern eher schlimmer als er! Und jetzt? Jetzt, wo ich die Quittung dafür bekommen habe, bin ich nichts weiter als ein Häuflein Elend. Verzweifle innerlich und habe es noch nicht mal geschafft, vor Izumi so zu tun, als ob alles in Ordnung ist. Belaste ihn damit. Schaffe es nicht mal, damit alleine klarzukommen. Brauche seine Nähe und...Liebe.< Zitternd drückte er sich enger an Izumi. Die Wärme und Sicherheit suchend, die er immer dort fand.

Izumi schlang sofort die Arme um ihn und flüsterte in sein Ohr. "Die Tablette wird gleich wirken, du wirst sehen, dann kannst du ruhig schlafen und morgen sieht alles schon etwas besser aus." Die einzige Antwort, die Izumi daraufhin erhielt, war ein kaum merkliches Kopfnicken von Koji. Nach einer Weile hörte Izumi nur noch den ruhigen Atmen von seinem Freund, was ihm verriet das dieser eingeschlafen war.

Koji schlief die restliche Nacht traumlos durch. Doch fühlte er sich, als er am Morgen erwachte, erschöpfter als am Abend davor. Das erste was er wahrnahm als er wach wurde war, dass Izumi nicht mehr neben ihm lag.

"I...Izumi?" flüsterte er. Keine Antwort. Wo war er? Er spürte wie Panik sich seiner bemächtigte. Sein Puls raste und sein Herz schlug ihm immer schneller gegen die Brust. >Ganz ruhig. Was hast du erwartet? Das Izumi die ganze Zeit bei dir ist? Du hast es gestern auch ohne Izumi geschafft, also wirst du das jetzt auch. Wahrscheinlich ist er nur kurz was holen.< Doch egal was er sich auch sagte, er konnte sich nicht beruhigen. Ein Geräusch an der Schlafzimmertür lies ihn aufschrecken. Voller Panik schaute er dorthin.

"Koji? Alles in Ordnung? Hattest du wieder einen Alptraum? Ich habe...Frühstück für dich gemacht." Erschrocken sah ihn Izumi an. In Koji machte sich allerdings Erleichterung breit. >Er war nicht weg, sondern nur in der Küche. Nur in der Küche...<

"N-Nein...alles...in Ordnung..." Er versuchte Izumi beruhigend anzulächeln. Was ihm allerdings nicht sehr gut gelang. Aber es war wenigstens schon mal ein Anfang.

Izumi kam langsam auf ihn zu und stellte ein Tablett mit Frühstück auf dem Bett ab. Zögernd begann Koji. Sein ausgehungerter Magen hieß das Frühstück mit einem kräftigen Knurren herzlichst Willkommen.

Sie saßen schweigend beieinander, während Koji aß. Koji wünschte sich, Izumi würde ihn wieder in den Arm nehmen, doch dieser machte keinerlei Anstalten dies zu tun. Er saß neben ihm und beobachtete ihn nur. Koji fröstelte es. Und erneut fragte er sich, was er erwartete. Das Izumi ihn nur noch 24 Stunden in den Arm nahm? Er kannte doch Izumi, es war schon erstaunlich, dass dieser ihn so in der Nacht gehalten hatte.

"Ich...werd mich mal...waschen gehen...Danke für das Essen." Langsam erhob er sich und lief schwankend ins Bad. Seine Beine protestierten immer noch etwas, wie auch sein restlicher Körper.

Als er sich seiner Sachen entledigt hatte, sah er kurz in den Spiegel. Sein Körper sah immer noch so schrecklich aus. Kein Wunder, dass Izumi ihn nicht mehr weiter in den Arm genommen hatte. Wahrscheinlich hatte er heute morgen erst richtig gesehen, wie Koji aussah. Das nahm man nicht freiwillig in den Arm.

Koji saß auf dem Boden uns lies das Wasser der Dusche auf sich niederprasseln. Wünschte sich nicht sehnlicher als, dass es den ganzen Schmutz von ihm wegwaschen würde. Aber das würde nie passieren. Er würde für immer an ihm haften.

Seufzend erhob er sich langsam und fing an sich zu waschen. Dann zog er Izumi Bademantel an und trat aus dem Bad. In der Hand hielt er eine Tube mit Salbe. Eigentlich wollte er den weiteren Anblick von seinem jetzigen Aussehen Izumi ersparen, aber...vielleicht war es doch besser, wenn der die Wunden eincremte und an seinen Rücken kam er nicht ran.

Zögernd lief er in die Küche, wo er Izumi herumwerkeln hörte und blieb unschlüssig im Türrahmen stehen.

"Izumi...würdest du mir...vielleicht meinen...Rücken...eincremen?"

 

"Natürlich, komm her" antwortete Izumi und nahm ganz automatisch die Tube entgegen. "Dreh dich um." Vorsichtig streifte ihm Izumi den Bademantel herunter. Aber auf das, was nun zum Vorschein kam, war er nicht gefasst gewesen. Für einen Moment schnitt ihm der Anblick, der sich ihm nun bot, die Luft zum Atmen ab. Es war ein Wunder, dass Koji überhaupt noch gerade stehen konnte und anscheinend keine Rippen gebrochen waren. Sein Rücken war übersäht von gefährlich aussehenden Blutergüssen und rot leuchtenden Wunden. Es sah so aus, als hätten sie ihn mit einem Gürtel oder Ähnlichem gefesselt, vielleicht sogar gepeitscht und ihn immer wieder mit ihren schweren Stiefel getreten. Weiter oben um den Hals und die Schulterblätter herum, konnte man bereits entzündete Bissspuren erkennen. Izumi mußte hart schlucken um nicht vor Entsetzen loszuweinen oder zu schreien. Unbewusst drückte er die Tube in seiner Hand so fest, dass die weiße Creme auf den Fußboden spritzte. Seinen Geliebten so zu sehen - so verletzt und entstellt. Das, was er gestern schon sehen konnte, war bereits schlimm genug, aber der heutige Anblick...es sah ohne zu übertreiben gefährlich aus. Izumi, der es für gewöhnlich immer verstand, seine Gefühle zu verbergen, konnte seine Sorgen um Koji nicht länger unterdrücken und in seiner Angst schrie er ihn an.

"Das...das kann nicht dein Ernst sein. Bist du verrückt?! Du musst zu einem Arzt! Warst du bei keinem Arzt?!" platzte es schrill aus ihm heraus.

Koji zuckte vor seinem Freund zurück und blickte ihn mit ängstlichen, verzweifelten Augen an. Izumi bemerkte, wie sehr er Koji erschreckt hatte, und es tat ihm unendlich leid, ihn so angeschrieen zu haben. Aber er konnte nicht anders, er sorgte sich so sehr. Am liebsten hätte er Koji einfach für immer in seine Arme genommen und nie wieder losgelassen. Ihm jede Qual aus seinen Gedanken und Körper verbannt.

"Tut mir leid" flüsterte er nun und streckte seine Hand nach Kojis Arm aus.

Koji senkte seine Augen und erklärte schüchtern "Ich kann nicht zum Arzt...Wenn das alles an die Öffentlichkeit kommt. Der Test alleine hat mich alles an Überwindung gekostet, aber da geht es nicht nur um mich, Izumi. Ich will dich nicht noch mehr belasten und dein Leben auf den Kopf stellen..."

"Mich belasten?" entgegnete Izumi sanft, "das verhinderst du aber nicht, indem du mir alles verschweigst und deine Schmerzen alleine mit dir rum trägst."

Izumi drehte Koji langsam wieder um und inspizierte seine Wunden etwas genauer. Dabei füllten sich seine Augen erneut mit Tränen. Zögernd drückte er sich etwas der kühlenden Salbe auf die Hände und begann ganz vorsichtig die wunden Stellen auf Kojis Rücken einzucremen.

Beinahe schluchzend gestand er "Wenn dir etwas zustößt...Ich weiß nicht wie ich es ertragen könnte. Als du damals im Koma lagst und ich dich beinahe verloren hatte...oh Gott, Koji, ich stehe das nicht noch mal durch. Ständig diese Angst, dich zu verlieren! Was ist, wenn sie zurückkommen? Ich weiß, dass es schwierig wäre, die Presse aufzuhalten, aber vielleicht sollten wir doch zumindest zur Polizei gehen."

 

"Nein, auf keinen Fall!" Koji wollte nicht das die Medien von dieser Sache erfahren, und dies würden sie auf alle Fälle, sollten sie zur Polizei gehen. Alles in Koji erschauderte und fröstelnd schlang er seine Arme um sich.

"Bitte Izumi," flüsterte Koji, "ich kann nicht zur Polizei...Ich will nicht, dass hiervon noch irgendeiner erfährt! Ich weiß selbst, das die Möglichkeit besteht, dass sie zurückkommen könnten...glaub mir, allein der Gedanke daran bringt mich vor Angst fast um den Verstand, aber...Bitte...versteh mich." Koji drehte sich um und sah seinen Freund flehentlich an, dabei liefen ihm wieder einzelne Tränen übers Gesicht.

Izumi schaute Koji daraufhin traurig an, nickte dann aber nach einer Weile zögernd und wischte Koji sanft die Tränen vom Gesicht, nahm ihn dann in den Arm. Rücken und Salbe hatten beide erst mal vergessen.

"Was sollen wir dann machen?"

Koji schloss die Augen und lehnte sich an Izumi. Versuchte mehr von dessen Wärme abzubekommen. Er hatte das Gefühl, dass diese Wohnung hier, seit dem Vorfall, nichts weiter als Kälte abgab. Sie wirkte düster und bedrohlich. Panik kam langsam wieder in Koji hoch. Warum mussten sie sich auch jetzt darüber unterhalten? Konnte Izumi ihm nicht einfach nur weiter den Rücken mit der Salbe einreiben? Da spürte Koji auf einmal was nasses auf seinen Wangen. Erschrocken schaute er hoch und sah mit entsetzten, dass Izumi weinte.

"I-Izumi?" "Ich will dich doch einfach nicht verlieren, aber wenn sie zurückkommen sollten..." flüsterte dieser Verzweifelt.

"G-Genau darum wollte ich nicht, dass du es erfährst! Ich wollte nicht...das du dir Sorgen machst und dich belasten." Koji drückte sich noch enger an Izumi ran.

>Warum konnte ich mich nicht mehr zusammenreisen? Er hätte nie davon erfahren dürfen! Ich hätte damit allein klarkommen müssen. Hab ich Izumi nicht schon genug angetan? Und jetzt auch noch das.<

"Bitte...verzeih mir!"

 

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TEIL 6

"Ich will mich aber um dich Sorgen!" schluchzte Izumi nun laut. "Ich könnte dir niemals verzeihen, wenn dir was zustoßen würde. Wenn ich dich verlieren würde, nur weil du beschlossen hast, mir keine Sorgen zu bereiten!!!" Izumis Stimme bebte vor Verzweiflung und Tränen.

>Wenn sie zurück kommen...< Angestrengt dachte er nach, was sie tun könnten, aber er war ratlos. Egal was sie taten, der Vorfall würde an die Öffentlichkeit kommen. Innerlich verfluchte er Kojis Starfigur, die niemals zulassen würde, ein normales Leben zu führen, ohne dass jedes Ereignis sofort in den Tageszeitungen zu lesen wäre. Am liebsten hätte er seinen Freund gepackt und wäre mit ihm irgendwohin gezogen. Irgendwo, weit weg von allen Reportern, Fans, Feinden. An einen Ort, wo sie so etwas wie 'Privatleben' hätten. Und vor allem einen Platz, wo sie beide sicher wären. Er wusste, er würde folgende Worte bereuen, aber es gab nur eine vernünftige Lösung.

Izumi holte tief Luft und fuhr leise fort "Willst du...ich glaube, es wäre besser, wenn wir von hier wegziehen würden. 'Weit' weg von hier."

Koji blickte ihn nun völlig überrascht an. >Meinte er das wirklich ernst? Weg von hier? Weg von allen, die ihm wichtig sind? Serika. Yuugo. Seine Fußballmannschaft< Nachdenklich sprach Izumi weiter.

"Vielleicht ist das eine dumme Idee...ich dachte nur, alleine ständig mit dieser Angst, diesen Erinnerungen, leben zu müssen...ach, ich weiß nicht, was wir tun sollen..."

Tief seufzend vergrub Izumi sein Gesicht an Kojis Schulter. Dieser vertraute, beruhigende Duft seiner Haut. Er sog ihn völlig auf. Ertränkte für einen kurzen Augenblick seine Verzweiflung darin. >Diese Haut - berührt von anderen... den dreckigen, brutalen Händen dieser verdammten Schweine! Verletzt, aufgerissen, zerbrochen!< Izumi drückte seinem Geliebten sanft seine Lippen auf eine der Wunden. >Will sie dir nehmen, all deine Qualen...wie du mich damals gereinigt hattest, als Hirose...< Mit erneuter Entschlossenheit griff Izumi nach der Heilsalbe und nahm Koji bei der Hand.

"Komm, ich will jetzt endlich deine Wunden versorgen."

 

Koji lies sich von Izumi hinterher ziehen. Er hatte die Worte von seinem Freund gar nicht richtig mitbekommen. Immer wieder kreisten seine Gedanken um das eben gesagte von Izumi. Nicht einmal, dass dieser eine seiner Wunden auf dem Rücken geküsst hatte, hatte er mitbekommen.

Hatte er es wirklich ernst gemeint? Eine neue Wohnung...alles was war, hinter sich lassen...

Koji wusste nicht warum, aber dieser Gedanke an einen neue Wohnung wirkte innerlich beruhigend auf ihn. >Wir müssen ja nicht mal aus der Stadt raus, nur in eine andere Gegend. Vielleicht sogar näher zu Izumis Fußballverein. Aber...will er es wirklich?<

Sie waren im Schlafzimmer angekommen, wo Izumi Koji sanft aufs Bett drückte und ihm dann den Bademantel wieder von den Schultern zog. "Vielleicht ist es besser, wenn du dich auf den Bauch legst?" Koji nickte und legte sich dann aufs Bett. Versuchte sich innerlich zu entspannen, was ihm aber nicht gelang. >Das letzte mal, wo ich so lag, hat man mir meine Hände auf dem Rücken festgehalten und...< Alles sträubte sich in seinem Innern, weiter zu denken. Sich erneut diesen Alptraum vor Augen zu halten. Ohne es wirklich zu merken, hatten seine Hände sich ins Bettlacken verkrallt. >Es ist Izumi, dein Freund! Er wird dir nicht weh tun. Nie. Ich muss mich ablenken. Sollte endlich versuchen mich zusammenzureißen! Izumi hat es damals doch auch geschafft, dann kann ich es doch auch.>

Koji war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er nicht mitbekam, wie Izumi sanft auf ihn einredete und sich langsam vorbeugte, um erneut eine der Wunden zu küssen. Erst als er die Lippen von seinem Freund auf seinem Rücken spürte, wurde ihm dies bewusst. Und auch etwas anderes, dass ihm schon in der Küche hätte einfallen sollen!

Mit einem Ruck drückte er den überraschten Izumi von sich und entfernte sich ängstlich von ihm zum Bettende. Hastig zog er den wolligen Bademantel wieder an und hielt ihn bis zum Hals zu. Ein erneutes Zittern durchfuhr ihn, bei dem Gedanken, in was für eine Gefahr sich Izumi gerade begeben hatte.

"Wie...Wie...WARUM HAST DU DAS GETAN?! Wie kannst du nur! Reicht es nicht, dass nur einer von uns Angst haben muss, HIV zu haben? W-Warum bringst du dich auch in Gefahr, indem du eine meiner Wunden küsst? W-Was ist, wenn ich wirklich positiv bin und du dich ansteckst? D-Das könnte ich mir nie verzeihen! Ich will doch nur, dass du glücklich bist. Das wir glücklich sind! Warum können wir das nicht? Warum muss immer was passieren? Ist denn diese Liebe so verboten, das wir dauernd bestraft werden?" Die letzten Worte schluchzte Koji nur noch. Er war mit den Nerven einfach am Ende und wünschte sich nichts sehnlicher, als das alles wieder so war, bevor Izumi nach Italien gefahren ist. "I-ich hätte dich nicht mal fragen dürfen, ob du mir den Rücken eincremst! Wie leicht kannst du dich anstecken! Es...tut mir leid! Ich hätte daran denken müssen!"

 

Izumi ignorierte Kojis Versuche, sich von ihm wegzudrängen, und zog ihn trotz seiner Proteste wieder in seine Arme. Er blickte ihm tief in die Augen, während er ihm langsam wieder den Bademantel vom Körper streifte. "Koji, hör auf so zu reden." begann er auf seinen Freund einzureden. "Hör auf damit, dir immer Schuld für alles zu geben und dich ständig um mich zu sorgen!"

Koji öffnete seine Lippen um etwas zu erwidern, doch Izumi versiegelte seinen Mund mit einem sanften Kuss. Kaum trennten sich ihre Lippen, setzte Koji erneut an, um zu protestieren. Und immer wieder hielt ihn sein Geliebter mit weiteren Küssen davon ab. Schließlich hob der Junge einen Finger an Kojis Mund und flüsterte "Schhhh...sag jetzt nichts mehr." Zärtlich ließ er seine Lippen über Kojis Wange streifen, küsste ihn noch einmal tief und innig, bevor er langsam seinen Hals entlang wanderte und ihn mit weichen Küssen bedeckte.

Er spürte, wie Koji unter seiner Berührung leicht zu zittern begann, ließ sich jedoch von nichts beirren und tastete sich weiter zu den verletzten Stellen vor. Als er wieder eine von Kojis Wunden küsste, zuckte dieser wieder ängstlich zusammen. "Izumi! Bitte nicht! Ich will dich wirklich nicht anstecken falls ich positiv bin." flehte Koji ihn an. "Und wenn es so wäre..." erwiderte Izumi ernst, schaute kurz zu ihm auf und leckte über eine Wunde. "...wir werden auch das gemeinsam durchstehen."

 

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TEIL 7

Nein, nein! Das konnte nicht Izumis Ernst sein! Er konnte doch nicht ernsthaft meinen, dass es ihm egal sei, wenn er sich ansteckte. Koji war es jedenfalls alles andere als egal.

"Bitte Izumi..." einzelne Tränen liefen ihm wieder über die Wange, "das kann nicht dein Ernst sein! Tu mir das bitte nicht an. I-Ich will nicht auch noch Schuld haben, wenn du dich ansteckst. Bitte!"

Doch Izumi hörte nicht auf ihn und bedeckte weiter die Wunden und Striemen mit seinen Lippen. Koji fing immer mehr an zu zittern. Er hatte sich so lange danach gesehnt, von Izumi berührt zu werden oder ihn selber zu berühren, aber... Da waren immer wieder die Erinnerung von jenem Abend.

Es waren nicht nur Izumis Hände und Lippen, die über seinen Körper entlang glitten, sondern auch die seiner Peiniger. Sobald er die Augen schloss, lag er wieder im Wohnzimmer auf dem Teppich, die Täter über ihm. Grobe Hände die ihn auf den Boden drückten. Hörte das Gestöhne von dem, der ihn gerade nahm. Und dann kam noch die Angst, Izumi könnte sich anstecken, wenn er wirklich positiv wäre.

"Bitte Izumi...ich kann nicht..." sein Protest war nichts weiter als ein Flüstern, das Izumi gar nicht wahr zu nehmen schien.

Langsam hörte Koji auf sich zu wehren. Die Berührungen waren so sanft und zärtlich. Er wusste, wenn er sich konzentrieren würde, könnte er jenen Abend langsam vergessen und die Berührungen von seinem Freund zu lassen, aber... Koji lachte innerlich verbittert auf. >Du bist doch der letzte der sich wehren sollte! Hab ich jemals aufgehört, wenn Izumi mich darum gebeten hat? War ich damals nicht sogar grober als Hirose selber, als ich ihn danach wieder mein machen wollte? Ich habe es nicht anders verdient! Aber...ich möchte es so gerne genießen! E-Endlich ergreift Izumi die Initiative und ich...<

"Ich möchte so sehr, dass ich den Abend vergessen kann, d-dass du ihn mich vergessen lässt, aber...w-wie leicht kannst du dich bei mir anstecken, sollte ich wirklich positiv sein! I-Ich..."

Izumi machte keinerlei Anstalten aufzuhören, sein ganzer Körper, seine Seele hungerte nach Koji. Obwohl er die Angst und Verzweiflung spüren konnte, die seinen Geliebten auffraß, konnte er nicht anders und verdrängte jeden Versuch Kojis, sich zu wehren, mit immer leidenschaftlicheren Küssen und streicheln. Doch er merkte wie Koji sich immer mehr unter seinen Berührungen verkrampfte. Izumi ließ kurz von ihm ab und blickt zu ihm hoch. Er sah Kojis tränennasses Gesicht, Augen voller Furcht und Schmerzen. Ohne zu zögern nahm er das Gesicht seines Freundes in beide Hände und schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. "Ich will dir helfen damit du vergessen kannst." flüsterte er sanft. "Ich will dir jede einzelne Erinnerung auslöschen. Lass mich dir neue schenken."

"D-dann lass uns zumindest warten, b-bis der Test..." flehte Koji noch einmal, doch Izumi unterbrach ihn.

"Koji, auch wenn du es nicht hören willst. Es ist mir egal. Solltest du positiv sein...solltest du...sollte etwas mit dir..." Izumi brachte es nicht über die Lippen, das auszusprechen, wovor er sich am meisten fürchtete.

"Ich will nicht dass du mich alleine läßt. Ich lasse das nicht zu! Hörst du? Ich lasse nicht zu, dass du mich verläßt!" brach es aus ihm energisch hervor, "Ich gehe mit dir, egal wie weit!"

Er beugte sich erneut über seinen Geliebten und fuhr verzweifelt fort, ihn überall zu küssen, über seine Wunden zu lecken und ihn zu streicheln.

 

Kojis Augen weiteten sich bei dem, was Izumi gerade zu ihm gesagt hatte und er machte keinerlei Anstalten mehr, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Tränen liefen ihm wieder übers Gesicht, seine Wangen hinunter und benetzten sein Haar.

>Er...Er...Oh Gott...wie lange habe ich mir gewünscht, er würde genauso empfinden wie ich...würde bei dieser Liebe nur halbwegs das fühlen, was ich für ihn empfinde...Und jetzt...jetzt ist es soweit und ich weiß nicht, ob ich mich nur noch freuen sollte oder Angst haben sollte, weil er sich vielleicht anstecken kann, wenn ich positiv bin... Aber...ich würde genauso reagieren...w-wenn er an meiner Stelle wäre, ich hätte ihn sofort genommen, wie damals, als Hirose ihn vergewaltigt hatte... Und wenn er positiv wäre...Dann möchte ich auch positiv sein...Ohne ihn kann ich nicht mehr leben...Aber...auch wenn ich weiß, wie er fühlt. Wenn es genau das ist, was ich auch getan hätte...< Warum musste es alles so kompliziert sein? Er wusste nicht mehr, was er tun oder denken sollte.

Sein Körper fing an auf die Berührungen von Izumi zu reagieren, er hatte ihn nicht mehr länger unter Kontrolle.

„Bitte Koji, versteh mich.“ Flüsterte Izumi verzweifelt in sein Ohr. Langsam nickte er. Er konnte Izumi nicht etwas verbieten, was er selber an dessen Stelle getan hätte. Und irgendwie...er wollte es. Wollte endlich diese schrecklichen Erinnerungen vergessen. Wollte sie mit neuen, schönen ersetzten.

Zögernd hob er zitternd seine Hände und legte sie um Izumis Gesicht, hob es leicht an und sah ihn mit tränennassem Gesicht lächelnd an.

„I-ich vertraue dir...tu das, was du für richtig hältst,“ und damit schloss er die Augen, zog Izumis Gesicht zu sich heran und küsste ihn sanft.

 

Izumi erwiderte den Kuß mit unbeschreiblicher Zärtlichkeit. Er ließ Koji richtig spüren, wieviel dieser ihm bedeutet. Als sich ihre Lippen wieder trennten, lächelte er ihn sanft an und flüsterte "ich tu das, was ich schon die längste Zeit über tun sollte."

Zärtlich platzierte Izumi einen Kuß auf Kojis Hals, ließ seine Lippen weiter wandern und sog mit einem tiefen Seufzen Kojis Geruch ein. >Ich hab dich so sehr vermisst. So sehr!< Izumi fühlte, wie Koji bei jeder seiner Berührungen leicht zu zittern begann. Es war noch immer Angst in ihm.

"Schhhh...ganz ruhig, Koji" beruhigte Izumi seinen Geliebten. Ganz vorsichtig berührte Izumi die Würgemale an Kojis Hals.

"Fühlst du das? Spürst du diese Hände?" fragte er und streichelte über die Wunden. Koji stöhnte leise auf. "Das sind meine Hände, Koji. Kein anderer wird dir noch einmal wehtun. Niemand wird mehr seine dreckigen Hände an dich legen."

Izumi setzte seine Berührungen fort, fuhr jede einzelne Wunde mit seinen Fingerspitzen nach und drückte seine weichen Lippen darauf um jede schmerzliche Erinnerung zu beseitigen.

"Ich bin bei dir" hauchte Izumi leise, während er Kojis Körper immer weiter mit Küssen bedeckte.

Seine Zärtlichkeit wurde immer intensiver, immer verlangender. Alles in ihm schrie nach Kojis Nähe. Jede Zelle in ihm verzehrte sich danach, mit ihm zu verschmelzen, ihn zu spüren und festzuhalten. Mit jeder Berührung spürte Izumi immer stärker, wie sehr sein Freund ihm die ganze Zeit, in der sie getrennt waren, fehlte. Wie sehr er nach seinen Zärtlichkeiten, seiner Leidenschaft hungerte. Mit einer unbewussten, hastigen Handbewegung befreite Izumi sich von seinem Hemd und schmiegte sich eng an Kojis nackte Haut. Die Hitze des anderen brannte sich durch seine Poren, drang tief in sein Innerstes ein. Ohnmächtig vor Verlangen und Verzweiflung presste sich der Junge an den Körper seines Geliebten, als versuchte er ihn aufzusaugen.

"Ich werde dich beschützen" flüsterten seine Lippen auf die geschundene Haut unter ihnen. "Hab keine Angst mehr."

 

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TEIL 8

Koji wusste nicht, was er tun sollte. Die Berührungen setzten seinen Körper unter Feuer. Er hatte Angst davor, weiter von Izumi berührt zu werden, immer noch sah er die fremden Männer vor sich, und gleichzeitig wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass Izumi nie mehr aufhören würde. Zitternd hob er die Hand und versuchte sich so zu vergewissern, dass dies hier wirklich Izumi war.

Sein Izumi und niemand anderes. Zögernd begann er Izumi zu berühren. Mit seinen Fingern dessen weiche Haut entlang zufahren, als dieser seinen nackten Körper an den seinen presste. Dennoch durchlief ihn jedes Mal ein Schauer, wenn der Andere eine der Wunden streifte, sie mit den Lippen liebkoste. Um neue Erinnerungen zu schaffen. Um ihn vergessen zu lassen. Er musste Izumi vertrauen, wie auch dieser ihm vertraut hatte.

Langsam versuchte er sich zu entspannen, die Berührungen zu genießen, anstatt Angst vor ihnen zu haben. Kurz schloss er die Augen, nur um sie sofort wieder panisch aufzureißen. Für einen Augenblick hatte er wieder seine Peiniger vor sich gesehen. Er durfte nicht noch einmal die Augen schließen. Er musste Izumi hierbei sehen.

Mit zittrigen Händen hielt er seinen Freund fest, als dieser mit dem Kopf weiter nach unten wandern wollte. Er drückte ihn an sich und, versuchend seine Angst zu überwinden, begann er ihn zaghaft im Gesicht zu küssen. Warum konnte er es nicht vergessen? Erneut fing er an seinen Körper dafür zu hassen. Warum war er nicht stark genug? Er wünschte sich doch nichts sehnlicher, als einfach nur die Liebkosungen von seinem Freund zu genießen, nichts weiter als nur Izumi zu fühlen und zu spüren.

"Bitte...ich muss dich dabei sehen. Lass mich hierbei dein Gesicht sehen, wissen dass du es wirklich bist." Flüsterte er und biss sich dann beschämend auf die Lippen.
 

Izumi blickte Koji traurig an. Er konnte die Angst richtiggehend spüren, die seinen Geliebten noch immer in ihren Klauen gefangen hielt. Noch immer waren die grausamen Gespenster des vergangenen Vorfalls um Koji und vergifteten sein Empfinden. Und er selbst war unfähig irgendetwas zu tun. Er wollte diese verdammte Qual aus seinem Freund reißen, koste es was es wolle.

"Koji, ich bin ja bei dir" beruhigte er ihn, seine Hand umfasste zärtlich seinen Hinterkopf, gebettet in seidiges Haar.

"Sieh mich an! Koji! Ich bin bei dir, hab keine Angst mehr."

Er zog Kojis Kopf an sich und begann ihn zu küssen. Hart, fordernd. Unermüdlich presste er seine Lippen verzweifelt auf Kojis Mund.

"Vertrau mir," bat Izumi, "bitte."

Seine Hand lag noch immer schützend um Kojis Kopf, während die andere vorsichtig den nackten Körper unter ihr streichelte. Die Augen fest auf den Geliebten gerichtet. Kojis Blick heftete sich flehend an seinen, die tiefblauen Augen hatten trotz Schmerz und Verzweiflung nichts von ihrer Schönheit verloren. In diesem Augenblick wurde Izumi wieder bewusst, wie sehr er Koji liebte. Doch niemals brachte er es fertig, ihm dies auch zu sagen. Auch jetzt nicht, obwohl es vielleicht das einzige war, was seinem Freund eine Stütze bot. Statt dessen wanderte seine Hand immer verlangender über den geschändeten Körper, getrieben von der Unfähigkeit seine eigenen Gefühle offen darzulegen und seiner Hilflosigkeit, dem Mann zu helfen, den er so sehr liebte. Getrieben von seiner eigenen Lust, seiner Selbstsucht nach Befriedigung. Seine Hand glitt immer weiter nach unten, hungrig nach mehr und besessen vom Gedanken seinem Geliebten die schrecklichen Erinnerungen zu nehmen. Als sie zwischen Kojis Beinen angelangte, zuckte dieser jäh unter ihrer Berührung auf.

 

>Ich vertrau dir doch<, dachte Koji. Aber...es war so schwer zu vergessen. Selbst wenn er Izumi ansah und ihn dieser dabei berührte, hatte er das Gefühl, die Hände gehörten seinen Peinigern. Immer wieder rief er sich in Erinnerung, dass Izumi ihm nie weh tun würde. Das dieser ihm Helfen wollte, aber dessen immer stärkeres Verlangen nach ihm, machte die Sache nicht gerade einfacher.

>Du bist gerade der richtige, der so denkt. Wie war dein Verlangen immer nach ihm? Da hast du dir nie Sorgen darum gemacht, was er dabei fühlt, oder ob er es auch wirklich will. Also hast du kein Recht, jetzt hierzu irgendwas zu sagen. Außerdem...< Koji wollte es ja. Er hatte es sich nie erträumen lassen, das Izumi mal die Initiative ergreift. Aber...die Erinnerung an das vor wenigen Tagen passierte war einfach noch zu frisch.

Zögernd schaute er Izumi in die Augen. Er sah zwar verlangen in ihnen, aber auch noch etwas anderes, etwas auf das er nie zu hoffen gewagt hatte. Zum ersten Mal sahen ihn die Augen von Izumi mit solch einer Liebe an. Koji spürte, wie ihn dieser Ausdruck beruhigte und ein warmes Gefühl sich in seinem Innern breit machte. Dennoch wünschte er sich nicht sehnlicher, als das Izumi ihm diese drei Worte, ich liebe dich, sagen würde. Er wusste, dass sein Freund es vielleicht niemals über sich bringen würde, dies zu sagen und dennoch...er musste diese Worte hören, brauchte sie...Seine Gedanken kreisten immer wieder darum, bis ihn Izumi zwischen seinen Beine berührte. Er zuckte entsetzt zusammen, kurz davor Izumi panisch weg zuschieben. Er war sich nicht mehr sicher, ob er das hier jetzt wirklich wollte.

Izumis Berührungen waren immer verlangender geworden, und als er ihn an dieser Stelle berührte... Koji wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Aber...wenn er das hier jetzt nicht durchstand, dann würde er es nie mehr schaffen.

Izumi hatte kurz inne gehalten und wartete auf die Reaktion von seinem Freund. Koji holte ein paar mal tief Luft. Jetzt oder nie. Er hatte sich entschieden.

Fest blickte er Izumi in die Augen.

"Ich liebe dich und vertraue dir...bitte...mach weiter..."

Seine Stimme klang allerdings nicht ganz so überzeugt, wie es seine Augen gerade getan haben. Dennoch, er wollte das hier jetzt durchstehen, musste es. Sein Körper würde die Berührungen eh nicht mehr lange standhalten, ohne darauf zu reagieren.

 

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