ENDZEIT von Wildcat

 

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Disclaimer: Alle Figuren gehören Minami Ozaki, die Szenerie gehört Peter F. Hamilton und mir nur die Storyline. Letzte Warnung: Viel Gewalt, nichts für sanfte Gemüter. Falls jemand Feedback schreiben will: Immer her damit an Wildcat00@gmx.de

 

TEIL 1

Braune Augen starrten in das Halbdunkel der Nacht, ohne die spärlich erleuchtete, brutale Häßlichkeit New Tokios wahrzunehmen. Er hatte dieselbe Straße, dieselben verkommenen Häuser schon so oft gesehen, daß er nicht einmal eine Speicherzelle seiner neutralen Nanonik belegen mußte, um sich das Bild beliebig vor Augen führen zu können.

Die Müllberge der Reichen, welche die Straßen der Armen verpesteten, hinterließen einen faulen Geruch in der Luft, der sich in all den Jahren nicht verändert hatte, die er nun schon Nacht für Nacht an seiner Stelle verbrachte. Er verfluchte die verdammte japanische Kolonialgesellschaft, die auf diesen kleinen, schmutzigen, stinkenden Stern bestanden hatte, um ihn für japanische Kolonisten zu öffnen. Man hatte viel Mühen auf sich genommen, einen Planeten zu finden, der noch feuchter, wärmer und einfach ätzender war als alles, was man auf der Erde je gesehen hatte und den Menschen dann eingeredet, daß dieses Klima dem der Inseln glich. Aber es war nur ein Punkt, der zur Unwirtschaftlichkeit dieses Lochs beitrug, die den Preis der Konföderation drückte. Und dann waren Millionen und Abermillionen darauf herein gefallen und hatten sich freiwillig erklärt, Pioniere des Alls zu werden und Neo Japan zu bewohnen.

Womit die Kolonialgesellschaft nicht gerechnet hatte, war das Fehlen des Aufschwungs und der langsame, aber stetige Niedergang der Kolonie. Die Menschen brauchten nicht lange, ehe sie sich in Schichten aufteilten und eine breite Grube gruben, die Arm und Reich voneinander trennte, obwohl sie alle bei null angefangen hatten. Und die konföderationsweiten Gesetze im Dreck versinken ließ.

Das Jahr 2600, und die Menschheit hatte es immer noch nicht geschafft, ihr Müllproblem zu lösen- zumindest nicht auf den relativ neu kolonisierten Planeten wie Neo Japan, wo die Produzenten sich nicht mehr ihres Mülles bewußt waren, nachdem er in eines der schlechten Viertel gebracht war. Auf der Erde hatte es so etwas seit Jahrhunderten nicht gegeben. Er erinnerte sich noch an die bunten Prospekte, die von einer sauberen, frischen, grünen Welt erzählt hatten, so unendlich viel besser als das Leben in der Arkologie. Es gab wohl grünes Leben hier, ganze künstlich angelegte und am Leben gehaltene Wälder , überall, wo ein reicher Mann aus dem Fenster sah. Seit er hier war, hatte er die Farbe Grün nur dann gesehen, wenn sie einen Fleck auf seiner Haut bildete, der von Lila zu Blau und schließlich zu einem schmutzigen Grün verblaßte. Ja, manche Bewohner New Tokios konnten sich einen Ausblick auf den Wald leisten, während der Großteil im Schlamm des Elends ertrank. Er hätte darüber lachen oder weinen können, hätte er nicht schon jeden spöttischen Witz über die Situation gemacht und jede Träne, die ihm zur Verfügung stand, vergossen.

Izumi lehnte in einer Haltung an seinem Pfahl, die Außenstehenden einen Eindruck von Anmut und Lässigkeit vermittelte und fast die Tatsache unsichtbar machte, daß um seinen schlanken Hals ein Ring lag, der durch eine dünne, aber unheimlich robuste Kette mit dem Pfahl verbunden war. Die in dem Ring verarbeiteten Monofasern sorgten dafür, daß der silbrig glänzende Ring leicht und kühl auf der Haut lag, raubten aber jede Illusion darüber, aus den Klauen seines jämmerlichen Seins entrinnen zu können.

Die enge Kunstlederhose, die mehr zeigte als versteckte, bot jedem eisigen Windhauch nackte Haut zum Quälen. Die Menschen klagten darüber, daß im Sommer die Einwohner auf den Straßen in der glühenden Sonne verreckten, doch keiner erinnerte sich an die Winter, in denen die Flüsse und selbst das gewaltige Meer zum Teil zufroren. Seinen muskulösen Oberkörper und flachen Bauch bedeckte ein Netzwerk aus leichten Ringen, durch die schwarze Lederstreifen gezogen waren. Auch keine angemessene Kleidung für die Temperaturen, die zu dieser Jahreszeit kurz vor Jahresende herrschten.

Izumi hatte aufgehört, nach mehr oder besserer Kleidung zu fragen, da diese Versuche nur dann mit Beleidigungen geendet hatten, wenn sein Zuhälter oder besser gesagt Besitzer einen besonders guten Tag hatte. Solange er wußte, daß seine kleinen Geschwister nicht auf die Straße mußten und ein einigermaßen ertragbares Leben führen konnten, war es das nicht wert. Durch bestimmte genetische Veränderungen, die sich seine längst verstorbenen Eltern für ihre Kinder leisten konnten, war er nicht so anfällig für das Spiel der Temperaturen und seine Haut hatte nicht die häßlich graue Farbe der anderen frierenden Huren angenommen sondern prahlte wie immer mit ihrem satten, intensiven Bronzeton.

Er schreckte auf, als ein riesiger, silberweißer Wagen um die Ecke fuhr und mit seinen Scheinwerfern die drohende Dunkelheit durchlöcherte, ohne daß er sein sich Nähern gehört hätte, und spuckte dann verächtlich aus. Ein richtig reiches Arschloch, das sich einen geräuschlosen, von Solarenergie betriebenen Motor leisten konnte und seine Frau mit billigen Nutten aus der verkommensten Gegend, die der ganze Planet zu bieten hatte, ersetzte. Die Frauen und Knaben, die an die Pfähle neben dem seinen gekettet waren, gerieten in helle Aufregung und es bedurfte eines stechenden Blickes seinerseits, um die Professionalität wiederherzustellen. Allerdings konnte er nicht leugnen, daß auch er ein leises Kribbeln verspürte. Man sah einen der Oberen Tausend nicht jeden Tag und für denjenigen, der in dieses Auto einsteigen würde, würde es schon bald eine Erhöhung seines Lebensstandards um hundert Prozent geben, sollte der Kunde zufrieden sein. Es war jedoch bekannt, daß gerade diese Menschen meist eine ganze Reihe von abartigen Phantasien hatten. Und jeden, der nicht ein genauso fettes Konto hatte wie sie, als wertlose Tiere sahen. Und eines dieser „Tiere“ hatte der Besitzer des silbernen Wagens schon ausgewählt und für sich reserviert, denn die Ketten an den Ringen, die allgegenwärtig auf den Hälsen der Huren waren, verlängerten sich nicht wie sonst, wenn es darum ging, ihnen die Chance zu geben, den Fahrer mit Worten zu betören.

Izumi schluckte, als das Monster von einem Auto genau vor seinem Straßenabschnitt stehen blieb. Dieses Gefühl, daß er jede Nacht hatte, nein, die Gewißheit, beobachtet zu werden, die er immer auf den Zuhälter abgeschoben hatte, hatte heute zum ersten Mal seit sechs Jahren nicht eingesetzt, und nun kam ein Wagen, um ihn abzuholen. Würde er heute in das Gesicht blicken, dessen Augen ihm seit jeher Schauer über den Rücken jagten, ohne sie je gesehen zu haben?

Aus den steinernen Tiefe seines ausgehöhlten Pfahls drang ein leises Summen zu ihm und er fiel aus seiner gespannten Aufregung. Lief mit trotz der Kälte geschmeidigen Beinen auf die Tür zur Hölle zu und zwang seinen Körper in eine elegante Haltung, die sonst immer von alleine kam. Ohne es in seine vorrangigen Gedanken dringen zu lassen, hatte sein Unterbewußtsein diesem Auto eine Bedeutung zugemessen und brachte damit Routinen und Gedankenmuster durcheinander, die ein Teil seines Wesens waren. Er schaltete seine Retinaimplantate auf höchste Vergrößerung und lud ein leicht illegales Programm aus seiner Nanonik, welches ihm erlaubte, durch die dunkel getönten Scheiben zu sehen. Erkennen tat er trotzdem nicht viel, nur, daß der Statur nach zu urteilen ein Mann am Steuer saß. Izumi kannte auch diese Art von Leuten: Eine Dame, die sich zu fein war, einen Fuß in diese Gegend zu setzen und so ihre Beute von einem Dienstboten abholen ließ. Also wirklich ein verdammtes reiches Miststück. Zu seiner Aufregung kam ein anderes Gefühl dazu, eindeutig ein Unangenehmes.

Doch damit würde er sich auf dem Rücksitz beschäftigen müssen, nachdem der Fahrer ihm zu verstehen geben würde, bloß nicht auf den Gedanken zu kommen, sich vorne hinsetzen zu können.

Yeah, dachte er trocken, um seine Nervosität endgültig dahin zu verbannen, wo sie hingehörte, ich wollte schon immer mal in einem solchen Monster mit Bar und wahrscheinlich Fernseher sitzen. Doch zu seiner Überraschung schwang die Vordertür auf und eine mit langen, eleganten Fingern bewaffnete Hand winkte ihm, näher zu kommen. Izumi zwang sich zur Ruhe. Er würde sich nicht von solchen Kleinigkeiten, auch wenn dies mehr als eine solche war, nicht provozieren lassen. Er duckte sich und ließ seinen schlanken Körper auf das weiche Polster gleiten. Kniff überrascht und erschrocken die Augen zu, als ... ungewohntes Licht zu seinen noch immer auf Vergrößerung eingestellten Implantaten drang und seine neutrale Nanonik Warnsignale direkt an seine primären Gedankengänge sendete. Nach einer Sekunde und einem schnellen Verändern der Einstellungen öffnete er die Augen wieder und sah gerade noch eine Jupiter- Kreditdisc, die an einen schwarzen Kreis seines Ringes gedrückt wurde, ehe dieser sich mit einem vernehmlichen Knacken öffnete und dann mit einem Ruck aus dem Auto verschwand, als die Kette sich wieder verkürzte.

Die Innenausstattung verschlug ihm den Atem. Fast alle Knöpfe, Schalter und Apparate, von denen es eine ganze Menge gab, sagten ihm nichts und waren auch nicht im Lexikon seiner Nanonik aufgeführt, doch sie sahen alle sauber, neu und vor allem teuer aus. Die Reise von der Erde zu Neo Japan hatte er in Null- Tau verbracht, doch er hätte Stein und Bein geschworen, daß an Bord des Raumschiffes keine solch Fortschrittlichen Dinge gewesen sein konnten.

Der Mann am Steuer schenkte ihm einen spöttischen Blick und warf dann eine Strähne seines langen, silbrigen bis weißen Haares zurück und sagte mit tiefer, samtener Stimme: „Entschuldige das Licht, Izumi. Das ist jetzt die neue Designerdroge...“

Die Frage, woher der Fahrer seinen Namen kannte, drang nicht bis zu ihm vor, denn er war zu sehr in der Betrachtung des Mannes vertieft. Sein erstes Resultat war, daß er bestimmt nicht ECHT sein konnte, denn solche Menschen hatte es immer nur auf vollständig am Rechner erstellten Bildern gegeben und noch nicht einmal weitläufige genetische Veränderungen und nachträgliche Operationen hatten jemals so etwas ... Schönes hervor gebracht. Das markante, einfach herrlich anzusehende Gesicht prägte sich sofort in seiner Erinnerung sowie seiner Nanonik ein, ohne, daß es einen Befehl dazu bedurft hatte. Stahlblaue Augen, in deren Tiefe man ertrinken könnte, würde nicht eine kalte, undurchdringliche Maske sie von der Außenwelt abschirmen, wurden von seidigen, zum Anfassen einladenden Haaren umrahmt, die sich wie eine Flut flüssigen Silbers über breite Schultern auf eine selbst unter dem schwarzen Mantel erkennbar muskulöse Brust ergossen. Lange Beine und Arme rundeten das Bild ab und hinterließen einen fast elfenhaften Eindruck, der im krassen Gegensatz zu der maskulinen Ausstrahlung des Blonden stand.

Der registrierte eindeutig die Sekunde, in der er von Izumi angestarrt wurde und ein kurzes, nicht deutbares Lächeln huschte über die fein geschnittenen Züge. Izumi sah fast trotzig woanders hin, von seiner eigenen Unprofessionalität geschockt.

„Schon gut, geht ja wieder...“, murmelte er verspätet auf das Kommentar.

„Schnall‘ dich an“, wies der Blonde an und ohne daß er eine andere Bewegung gemacht hätte, als sich zum Steuer zu drehen, startete der Wagen so lautlos, wie er gekommen war.

Izumi gehorchte verwundert und lehnte sich dann kommentarlos an das Polster in seinem Rücken und sah aus dem Fenster. Sie redeten nicht, denn sie hatten nichts, worüber sie hätten reden können, doch Izumi spürte wieder das Unbehagen, welches ihn seit Jahren heimsuchte, wenn auch nicht so stark wie üblich. Er versuchte, das grelle, unangenehme Licht aus seinem Bewußtsein zu drängen und konzentrierte sich auf die Gegend. Er hatte zwar eine detaillierte Karte von New Tokio in einer Speicherzelle, doch noch nie hatte er wirklich was von der Stadt gesehen außer dem Bißchen, was er von seinem Standpunkt aus sehen konnte, das Bordell und die unzähligen Betten, in die er schon geschickt worden war. Doch zu sehen, wie sich das Bild veränderte, die Müllberge schrumpften, die Häuser sich, wie Phönix aus der Asche, aus dem unwirklichen Klima der Stadt erhoben und mehr und mehr an Glanz und Prunk zulegten, je länger sie fuhren.

Izumi staunte trotz seines Schwures, sich nicht beeindrucken zu lassen, über die Straßen der Mittelschicht, und als sie die unsichtbare Grenze passierten, deren Überschreiten nur den ganz Großen genehmigt war, fühlte er etwas, was er schon fast vergessen hatte: Sicherheit vor dem Ungeziefer der Stadt, Zufriedenheit, die aus jedem Kubikzentimeter Luft und Stein strahlte. Selbst die Dunkelheit fühlte sich freundlich an. Was natürlich auch daran liegen konnte, daß es in diesem Teil der Stadt sogar Straßenbeleuchtung gab.

Ihm fielen die Dekorationen auf, die dieser Atmosphäre etwas fast gemütliches gaben. Zunächst sagten diese bunten Lichterketten und die hölzernen Figuren nichts, doch dann kam eine Erkenntnis wie ein Blitzschlag: Weihnachten. Das Fest der Liebe, wie sie es auf der Erde genannt hatten. Diesen Ausdruck hatte er nie wieder gebraucht, seit er diese Welt betreten hatte.

Als Izumi schon fast sicher war, New Tokio schon hinter sich gelassen zu haben, bog das Gefährt in eine Seitenstraße ein, die zu einem Tor führte, welches lautlos aufschwang, nachdem der Fahrer einen der Knöpfe gedrückt hatte. Ein langer Kiesweg, der zu einer Garage führte, deren Dimension es locker mit dem Bordell, in welchen Izumi lebte, aufnehmen konnte, zeugte von einem großen Grundstück. Die Garage war nicht beleuchtet, so daß Izumi nicht sehen konnte, wie viele Fahrzeuge sich darin befanden, doch der blonde Mann lenkte so zielsicher das Auto an seinen Platz, als wäre es heller Tag. Izumi schloß auf wirklich gute Retinaimplantate mit richtiger Nachtsicht.

Der Fahrer schaltete das Fahrzeug ab und machte sich ans Aussteigen. Wortlos tat Izumi es ihm nach und in ihm regte sich wieder die unterdrückte Unruhe.

Von der Garage führte eine Tür direkt in einen großen Empfangssaal, dessen Ausmaß Izumi den Atem geraubt hätte, hätte er ihn neben dem Prunk, der darin herrschte, überhaupt zur Kenntnis genommen. Das Bild erinnerte ihn stark an alte Festsäle aus dem neunzehnten Jahrhundert.

Dann kam die Wut hoch. Millionen von Menschen litten jahrelang Hunger und verreckten elendig in der abwechselnd mörderisch kalten und heißen Luft auf diesem Planeten, und hier stand er, inmitten eines ganzen Sternes von Leid, Elend und Tod, und blickte in einen Raum, der mehr wert war, als die ganzen Menschenleben im Bordell zusammen.

Er beherrschte sich nur mühsam und bedachte den Blonden, der ein Hüne war, wie er jetzt feststellte, mit einem vernichtenden Blick, den der mit einem eiskalten Blitzen seiner Augen abwehrte. In ihnen stand deutlich die Warnung, nicht mit DIESEM Gespräch anzufangen.

„Komm‘ schon, deine Zeit wurde teuer bezahlt!“, verwies der Mann Izumi an seinen Platz in der Hierarchie. Er führte Izumi über eine lange, mit rotem Teppich ausgelegte Treppe und durch ein Gewirr an dunklen Fluren, in denen Izumi sein sonst so zuverlässiger Orientierungssinn völlig im Stich ließ.

Schließlich aber kamen sie vor einem Zimmer zum Stehen und Izumi fragte leise: „Bevor ich sie sehe, sag mir bitte, wie sie heißt.“ Ein überraschter Ausdruck huschte über das schöne Gesicht, oder hatte er es sich eingebildet?

„Es gibt keine sie. Ich habe deine Zeit gekauft“, war die Antwort, die Izumi in einen Zustand des Schockes stieß. „Was?! Du...Aber...“

„Ich bin ein Mann wie du auch, aber du kannst dir sicherlich vorstellen, daß es auch in dieser Kombination geht.“ Damit stieß er eine der schweren Türen aus echtem Holz auf und zog Izumi fast grob herein.

Der hatte Mühe, nicht um sich zu schlagen und protestierte verzweifelt. „Aber...davon hat mir keiner was gesagt, daß geht doch nicht...Du...“

„Ich bin übrigens Koji Nanjo“, sagte der beiläufig, aber dieser Satz machte schon klar, wie jämmerlich sich Izumis Proteste anhörten. „Und das dir einer was darüber sagt, wenn dein Kunde ein Mann ist, steht ja wohl nicht in deinem Arbeitsvertrag, oder?“ Die Schärfe kam an und saß tief. Izumi lief vor Wut rot an und seine Nanonik schaltete automatisch in ein Kampfprogramm. Er konnte es nur abschalten, weil er sich die Konsequenzen für eine solche Tat ins Gedächtnis rief. Statt dessen konterte er: „Du scheinst dich ja ziemlich gut damit auszukennen, hast wohl in der Branche angefangen, oder was?" Ein Schlag traf plötzlich ihn im Gesicht, hart genug, um ihn zurück taumeln zu lassen, aber nicht fest genug, um ihm das Bewußtsein zu rauben. Koji war so schnell gewesen, daß er den herankommenden Schlag nicht einmal kommen gesehen hatte und verschwendete auch keine Zeit damit, ihn auf dem Boden liegen zu sehen, sondern war sofort über ihm und zerrte ihn an einem Teil seines Kostüms auf die Beine.

„Erstens wirst du deine Zunge hüten, wenn du mit mir redest, mein Hübscher. Und zweitens hast du alles zu tun, was ich von dir will, und zwar genau soweit, wie du für hundert tausend Fuseodollars zeitweise gekauft bist!“ Izumi verschluckte sich fast an der Zahl, doch seine Nanonik hatte es schon längst aufgegeben, daß Adrenalin in seinem Blut zu unterdrücken, so daß die Erwiderung sofort kam: „Nicht mal so viel Geld kann mich dazu bringen, mich an so etwas... abartigem teilnehmen zu lassen! Das ist doch widerlich!“ Koji lachte lautlos und drückte ihm dann ohne Vorwarnung seine Lippen auf den Mund. Eine Sekunde lang war Izumi vom Schreck paralysiert, und diese Zeit reichte Koji, um ihm seine Zunge an den Zähnen vorbei ihn den Hals zu stoßen. Izumi zappelte hilflos, doch er konnte nichts an dem stahlharten Griff des größeren Mannes ändern.

Tränen der Wut schossen ihm in die Augen und er kämpfte heftig mit der fremden Zunge in seinem Mund, versuchte, sie zu verdrängen. Er wußte, daß er eigentlich nur ein billiger Sklave war und auf diesem Stern, der wahrscheinlich so weit von der Erde entfernt war, wie es nur irgend ging, nicht einmal Menschenrechte hatte, die schon Jahrhunderte lang von der gesamten Menschheit anerkannt waren. Izumi bekam keine Luft mehr und schließlich tat er, was zu tun ihm mit Peitschenhieben verboten worden war: Er biß zu. Und ließ so lange nicht ab, bis er Blut schmeckte, welches nicht sein eigenes war.

Endlich verschwand die Zunge und Koji brachte einen Meter Abstand zwischen sie, Izumi noch immer mit seinen riesigen Händen an Ort und Stelle haltend. Aus seinem Mundwinkel rann ein dünner Blutstrom, doch auf seinem Gesicht lag nun ein Grinsen, welches sogar echt wirkte. Allerdings jagte es eine Welle der Angst durch Izumi, denn er erkannte, daß echte Bösartigkeit die Aura Kojis verpestete. „Scheinst wohl ein ziemlich harter Brocken zu sein und noch immer an all dem zu klammern, was du auf der Erde zurück gelassen hast...“ Izumi erwiderte nichts, starrte nur von heftiger Angst erfüllt, die seine primären Gedankengänge zu einer Art Programm verarbeitete, welches mögliche Überlebenschancen berechnete, an. Koji lachte leise und stieß Izumi dann an, um ihn in die Richtung des großen Himmelbettes zu bewegen.

Izumi wollte sich nicht bewegen, doch seine Beine gehorchten nicht mehr, so daß er steif in die vorgegebene Richtung stolperte. Wird es so sein, fragte er sich panisch, wird mein Körper mich verraten und nicht gehorchen, während mein Geist hellwach dabei liegt und alles aufzeichnet?!

Er wurde von hinten gepackt und herum gerissen, und schon wieder spürte er die irgendwie weichen Lippen auf seinem Mund und schmeckte das metallische Aroma von Blut, welches tröpfchenweise seine Kehle herunter rann. Er sah nur noch verschwommen, weil die Tränen, die lautlos eine nach der anderen den Weg ihrer Vorgängerin nahm und Gesicht und Hals benetzten, unaufhaltbar in großen Mengen aus seinen Augen stürzte. Kojis große, harte Hände machten sich auf Wanderschaft und fuhren über seinen Rücken, um an seinem Hintern hängen zu bleiben.

Koji löste sich wieder von seinem Opfer und zwischen ihren Mündern dehnte sich ein Speichelfaden, der dann zerriß und zwischen ihren Füßen auf den Boden fiel. Die blauen Augen, die vorhin nicht lesbar gewesen waren, hatten eine dunklere Nuance angenommen und nun erkannte Izumi das Gefühl in ihnen auf den ersten Blick: Verlangen, gegen welches er sich nicht wehren konnte und Gier, die durch seine Gegenwehr in ihrer Intensität noch gestärkt wurden. In ihm kam der Gedanke hoch, daß es Koji wahrscheinlich nicht viel ausmachen würde, ihm weh zu tun, sollte er nicht gefügig sein.

Dann wurde er auf das Bett geschmissen und registrierte am Rande, daß er schon seit langer, langer Zeit nicht mehr solch eine weiche Matratze gespürt hatte. Er sah reglos zu, wie der schwarze Mantel zu Boden fiel gefolgt von einem weißen Hemd und einem christlichen Kreuz an einer silbernen Kette. „Wenn du christlich bist weise ich darauf hin, daß du gerade dabei bist, etwas zu tun, mit dem dein Pfaffe nicht einverstanden wäre.“

Koji sah zu ihm herunter und zog amüsiert eine wohlgeformte Augenbraue hoch. „Wie süß.“ Dann ließ er sich auf Händen und Knien auf dem Bett nieder, wobei er sich einen heftigen Tritt in den Bauch einfing. Izumi beobachtete zufrieden, wie er überrascht keuchte, doch als die bunten Flecke, die eine Sekunde später vor seinem inneren Auge erscheinen, verblaßt waren, starrte er in ein eindeutig ärgerliches Gesicht.

„Hatten wir das nicht schon hinter uns? Bestehst du darauf, daß ich dich ohnmächtig prügele?!“ Izumi wollte in dieses Gesicht, so schön es auch war, spucken, doch tat es nicht, weil er wußte, daß das Jahrhundert, in dem er lebte, viel bessere Foltermethoden bot, als simpel bewußtlos geschlagen zu werden.

„Besser das, als mich von einem Mann nehmen zu lassen!“, schrie er verzweifelt auf. Kojis Augen wurden auf einmal weich und seine Hand kam wieder zu Izumis Gesicht, was diesen panisch zusammen zucken ließ. Koji sah das Zucken und zögerte kurz, doch dann legte er seine Hand wie geplant auf die Wange, die deutlich sein Mal trug und streichelte die samtweiche Haut, deren Farbe sein Verlangen in bisher unbekannte Dimensionen steigerte. „Liegt es daran, daß du uns schweren Geldbesitzer nicht ausstehen kannst? Du kannst dich doch nicht nur dagegen wehren, daß ich ein Mann bin, oder?" Izumi zitterte leicht unter der sanften Berührung, wußte nicht, wie er damit umgehen sollte. Die Luft knisterte fast unter der Anwallung von Gewalt und dem Hohn, den Koji ihm entgegen geworfen hatte, doch nun kam eine neue Seite an diesem Mann auf.
Wahrscheinlich rede ich mich um Kopf und Kragen, aber warum mich zurück halten? Schlimmer kann es bestimmt so oder so nicht mehr kommen, seufzte er lautlos in sich hinein und sah dann fest in die Augen über sich. „Natürlich ist es kein Vergnügen für mich, im Bett eines verdammten reichen Arschlochs zu liegen, aber noch mehr kotzt mich an, daß ich gegen meinen Willen zu einer verdammten Perversion gezwungen werde, also ohne Umschweife von einem Barbaren vergewaltigt werde!“ Er sprach leise, doch ohne ein Zittern in seiner Stimme, welches Unsicherheit vermuten lassen könnte. Kojis Lächeln verschwand und statt dessen trat ein Ausdruck in sein Gesicht und seine ganze Aura, das Izumi verkündete, daß die Zeit des Redens vorbei war.

„Nur eines, mein Lieber: Je weniger du dich wehrst, desto weniger Schmerzen mußt du ertragen!“

Mit einem kraftvollen Bewegung entledigte Koji Izumi seiner spärlichen Kleidung und widmete seine Aufmerksamkeit Izumis Körper. Izumi spürte, daß er von diesem Mann begehrt wurde und es brachte ihn dazu, sich selbst anzuwidern. Noch immer konnte er nicht aufhören, sich zu wehren, doch er mußte feststellen, daß sein Körper immer langsamer auf seine Befehle reagierte und er für jede zu hastige Bewegung einen schmerzhaften Biß oder Schlag einstecken mußte.

Dann überrollte ihn ohne Vorwarnung eine Flutwelle des Schmerzes und drückte ihn an den Grund des Meeres der Erniedrigung, die er erleiden mußte. Er schrie auf und seine Ohren dröhnten noch lange, nachdem ihm der Atem ausgegangen war, von der Qual und dem Haß, welchen er in die stickige Luft heraus gelassen hatte.

Izumi zwang seine Nanonik, mit mechanischer Gewalt Beruhigungsmittel in sein Blut zu pumpen, sein Schmerzempfinden auszuradieren, ihn atmen zu lassen, ohne den eingesaugten Sauerstoff sofort wieder in einem Schrei hinauszuschleudern.

Nach einigen Momenten, die ihm länger vorkamen, als sein ganzes bisheriges Leben, reagierten die Komponenten seiner Nanonik auf die Befehle und jeglicher körperliche Schmerz klang ab. So mußte er zusehen, wie die seelische Wunde mit jeder Sekunde weiter aufriß, in der sich sein Peiniger an seinem Körper vergriff. Doch die Klarheit des Geistes, vor der er sich so sehr gefürchtet hatte, stumpfte ab und ließ ihn in einem zähen Morast aus Schläfrigkeit zurück.

Er bemerkte erst, daß die rhythmischen Stöße aussetzten, als er Kojis von Schweiß glänzendes Gesicht wieder über sich sah, wieder mit einem bösartigen Grinsen in dem Augen.

„Du hast dich einfach abgeschaltet? Das geht doch nicht, du sollst doch Gefühle erleben, rein und ohne den Nebel der Drogen, die du aus deinen illegalen Programmen ziehst...“ Die Worte ergaben keinen Sinn für sein berauschtes Hirn, das kleine Gerät, welches aus dem Nichts in Kojis Hand auftauchte, tat es. Er wollte sich herum werfen, doch er Störer fand seinen Kopf und mit einem lauten Kreischen in seinem Kopf stürzte die Nanonik ab. Mit einem Mal setzten alle wieder Schmerzen ein und vertrieben mit ihrer Heftigkeit den Rausch der Schmerz- und Beruhigungsmittel.

Seine Hände, die bisher von Koji mit unmenschlicher Kraft festgehalten worden waren, rissen sich los und krallten sich ins weiße Laken. Er wollte schreien, doch er konnte nur noch gepeinigt schluchzen. Seine neuerlichen, unbewußten Versuche, sich zu befreien, endeten in weiteren Wogen des Schmerzes und einer Erniedrigung, die er nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde. Reiner Wahnsinn lag in der Luft, drang durch jede Pore und verstümmelte seine Seele.

„Denk immer daran, wehre dich lieber nicht gegen das Unvermeidliche, das tut weniger weh, auch wenn du deinen Stolz überwinden mußt...“, flüsterte Koji noch in sein Ohr, ehe er tief in Izumis Körper kam und der endgültig das Bewußtsein verlor.

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TEIL 2

Ein verregneter März war auf einem Planeten, auf dem das vom Himmel prasselnde Naß so warm war wie Badewasser, eine zähe und klebrige Angelegenheit. Die Temperaturen waren wie jedes Jahr von einem Tag auf den anderen um dreißig Grad gestiegen und so mach ein Sens-O-Vis- Bericht der Neo Japan News Agency hatte die obligatorischen Fakten, Wunschträume und ironische Witze in das Datavis-Netz gepumpt. Zu dem Gestank, der durch Müllberge entstand, gesellte sich nun auch der typische Geruch von Leichen, die auf der Straße verwesten und Menschen, deren Sinn Reinlichkeit im langen, warmen Regen verloren gegangen war.

Izumi rümpfte zum tausendsten Mal in dieser Nacht die Nase, als ihn ein lauer Lufthauch passierte. Warum, zum Teufel, war ausgerechnet er auf diesem stinkenden, von Innen heraus verwesenden Planeten gelandet und warum mußte seine Mutter gerade mit dem Streit anfangen, als sie ihre Koffer packten, so daß er... Izumi warf die Gedanken daran hochkant aus seinem Hirn und lud sich einen aktuellen Bericht über die Zahl der "Märzopfer", wie sie auf Neo Japan genannt wurden. Natürlich waren es alles nur arme Schlucker, die von den Überresten der großen Konsumenten lebten- es war keiner dabei, den er in SEINE Kategorie einordnen würde. Izumi fragte sich spöttisch, was besser war- an seine Eltern zu denken oder an Koji Nanjo. Natürlich versuchte er sich einzureden, daß das, was dieser perverse Bastard ihm angetan hatte, ihn nicht so sehr treffen konnte wie das familiäre Drama, daß nichts und niemand seinen starken Körper und ebenso starken Geist brechen könnte.

Doch wie oft war er des Nachts schreiend aufgewacht, die Hände so fest ins Laken gekrallt, daß seine schmalen Handgelenke knackten? Wie oft hatte er jene Momente erlebt, immer und immer wieder, ohne eine Fluchtmöglichkeit... Er hatte es sich selbst verweigert, irgend etwas zu unternehmen, daß die Erinnerung an diese Nacht schwächen würde. Er wollte es überwinden, nicht verdrängen. Er redete sich ein, stark zu sein,weil er den Gedanken daran, zu schwach zum Überleben zu sein, nicht ertragen konnte. Ein zischender Strahl weißen Gases entfuhr aus einem versteckten Ventil an seinem Kostüm. Wie sehr Koji ihn auch gedemütigt hatte, Izumis Rechnung war aufgegangen. Zuhälter hatten die üble Angewohnheit, alles Geld für sich einzukassieren und gerade so viel wieder heraus zu rücken, wie es brauchte, um die Huren mehr oder minder am Leben zu erhalten. Und der Bedarf dieser war ein Äquivalent zu dem, was sie eingebrachten. Und so einfach war das aufrecht Erhalten der Demütigung, die zu ertragen zu ihrem Los geworden war: Je mehr du dich ekelst, desto weniger bekommst du zum Leben und irgendwann bist du soweit, daß du dich vor jedem erniedrigst, um etwas zu essen zu bekommen- und dein Ekel, vor der Welt und dir selbst, überrennt dich von Neuen und immer stärker als das letzte Mal. Mit Kojis Auftauchen hatte sich das geändert. Izumi hatte zum ersten Mal seit Jahren Geld in die Hand bekommen, und zwar nicht die wertlosen Neo Japan Francs, sondern echte, harte Fuseodollars. Sein Besitzer hatte wütend geschnaubt und ihm einen ganzen Sack Geld gegeben. Anscheinend hatte Nanjo selbst dafür gesorgt, daß das erarbeitete Geld auch bei dem ankam, der es beschafft hatte. Izumi war sprachlos, wußte nicht, was er tun sollte. Aus einem ersten Impuls heraus wollte er es nicht annehmen, wollte schreien, daß Nanjo es sich sonst wo hin stecken sollte, doch der Überlebenswille und das Knurren seines Magens hatten eine andere Sprache gesprochen und hatten ihn schließlich besiegt. Und so trug er nun ein freizügiges Geflecht von einem unaussprechlichen Stoff, der seine nach außen geleitete Körperwärme aufnahm und alle halbe Stunde als Gasfontäne entließ. Seine Haare wurden von Flexititen an Ort und Stelle sowie in der richtigen Position gehalten. Selbst sein Gesicht war von Schweiß verschont geblieben! Er war noch immer bestürzt, daß er Geld von Koji Nanjo ausgab, doch seine Bestürzung hatte einen schweren Knacks abbekommen, als er seine Schwester sah, zum ersten Mal seit ewigen Zeiten satt gegessen und ordentlich bekleidet.

Und wo er schon über Nanjo und dessen Geld nachdachte, fiel ihm auf, daß er nicht beobachtet wurde. Das hat nichts zu bedeuten, redete er sich selbst gut zu, daß ist nicht von Bedeutung. Doch seine Innereien verkrampften sich hartnäckig und sein Unterbewußtsein spielte ihm böse Streiche. Izumi ballte die Hände zu Fäusten und benutzte seine Wut als Schutzschild gegen die Angst. Nein! Das silberweiße Auto bog um die Ecke und beleuchtete die dunklen Plätze, die selbst das Tageslicht mied. Izumis Herz machte einen Sprung und auf einmal war ihm kalt, furchtbar kalt. Das Auto blieb vor ihm stehen und seine Retinaimplantate erkannten Nanjo auf Anhieb. Drei Monate lang hatte er an seiner Angst gearbeitet, sein neuerliches Trauma überwunden, und als er seinen alten Peiniger wieder sah, wollte er sich vor Angst, Wut und angestauten Tränen übergeben. So schwach bin ich eigentlich, dachte er traurig und lief mit dem Einsetzen des vertrauten Summen mit zitternden Beinen auf das Auto zu, setzte sich und sah überall hin, nur nicht in das wunderschöne, unberechenbare Gesicht. Die schwer beladene Jupiter- Kreditdisc befreite ihn seiner Kette, doch die Kette der Endgültigkeit, die sich um seinen Hals schloß, als die schwere Wagentür zufiel, lastete noch viel schwerer auf ihm und band ihn fester an sein Schicksal, als jedes Metall es hätte tun können.

"Du bewegst dich in diesem sauteuren Fetzen Verführung, als wärst du unter solchen Materialien aufgewachsen...", bemerkte Koji fragend. Izumi drehte sich nun doch zu ihm um und sah gerade heraus in die blauen Augen. Kalt war er, eine harte Schale hatte sich um sein Herz herum aufgebaut.

"Ich denke nicht, daß es auf der Welt, auf der wir leben, so etwas wie Verführung gibt. Hier dreht sich doch alles nur ums Überleben, um Geld und um Kontrolle." Koji grinste überlegen: "Dann üben wir über uns gegenseitig Kontrolle aus:Ich über deinen Körper und dein Körper über mich." Izumi zuckte angeekelt zusammen.

"Und mein Geist? Meine Seele, ist die kein Teil von mir?"

"Oh doch, allerdings muß sie noch...geformt werden." Koji lehnte sich zu ihm herüber und eine seiner

Hände hielten Izumis Hinterkopf,als er mit etwas, was an Zärtlichkeit grenzte, seine

Lippen auf Izumis Mund legte. Der hielt still, wehrte sich auch nicht, als Kojis Zunge in seinen Mund eindrang und seine Mundhöhle erforschte. "Na also. Tat doch gar nicht weh, oder? Du lernst...", murmelte Koji gegen seine Lippen und streichelte seine dunklen Haare. Izumi erwiderte nichts und nach einer weiteren Sekunde harten Augenkontaktes ließ Koji den Wagen an und nahm den Weg, auf dem gekommen war, seine Beute sicher angeschnallt neben sich.

"Du hast nicht geantwortet. Du bist nicht in der Sklaverei geboren, hab ich Recht?" Izumi wollte schweigen, wollte nicht über dieses Thema reden und vor allem nicht mit diesem Mann, den er eh nur einen Dreck interessierte.

"Nein, ich bin auf der Erde geboren, im echten Tokio. Meine Eltern hatten genug von der Arkologie, dem Leben unter der Kuppel und den ständigen Armadastürmen. Sie wollten eine Welt sehen, auf der es noch so was wie Leben geben konnte, ein Leben mit einem Himmel über dem Kopf. Also haben sie gepackt und die nächste Möglichkeit genutzt, um nach Neo Japan zu gehen. Wir waren wohlhabend genug, um die Reise zu machen, aber nicht so gut betucht, als das wir auf eine andere Welt hätten gehen können oder gar in ein edenitisches Habiat. Japanischen Kolonisten wurde beim Überzug so viel wie möglich geholfen...", hörte er sich selbst sagen. Koji nickte und Izumi spürte, daß seine gesamte Konzentration seinen Worten galt, auch wenn der blonde Mann den Blick nicht von der Straße wendete. In der Luft lag die Aufforderung, fortzufahren. "Meine Eltern hatten Streit, als wir die Erde verließen und im Orbitalaufzug redeten sie nicht mit einander. Ich war noch zu klein, um es zu verstehen. Auf der Raumfähre ist es dann eskaliert. Als ich aus Null- Tau aufwachte, sah ich meinen Vater tot am Boden liegen. Dann ist meine Mutter mit einem Messer auf mich losgegangen..." Er brach ab, weil das Zittern seiner Stimme nicht mehr kontrollierbar war. Tränen machten seine Sicht wieder Zunichte und in ihm regte sich das Staunen darüber, daß er noch immer darüber weinen konnte. Koji legte seine Hand auf Izumis Unterarm und diese Geste wirkte so tröstlich und seine blauen Augen blitzen vor ehrlich empfundenen Mitleid, daß Izumi sich los riß und zurück wich.

"Warum willst du dich nicht trösten lassen?"

"Von DIR?", schrie Izumi aufgebracht und versuchte, sein Zittern unter Kontrolle zu bringen. Koji zuckte die Achseln, doch er konnte die Spannung nicht aus der Luft ziehen. "Von irgend jemandem. Du willst dir überhaupt nicht helfen lassen..." Izumi antwortete mit trotzigem Schweigen. Die Straßenbeleuchtung erzeugte bizarre Licht- und Schattenspiele auf Kojis Haut und der Effekt, daß Koji kaum noch menschlich aussah, gab ihm die Kraft, weiter zu reden. "Die Bürokratie hat mir dann ganz schön eins aufs Maul gegeben. Das Vermögen fiel dem Staat zu,ich und meine Geschwister waren mittellos und die Krankenhausrechnung mußte bezahlt werden. Und natürlich hatte ich das Glück, auf einem Planeten zu landen, wo das Wort Menschenrechte noch nicht Einzug hatte und das einzige Recht, was man hat, eine Kreditdisc ist. Ich wurde also verkauft. Und dann, weil ich nicht wollte, daß meine Geschwister auf die Straße müssen, ließ ich mich nicht von ihnen ablösen und ertrage das Los, täglich in ein fremdes Bett geschickt zu werden. Es ist verdammt hart und mit einer Menge Peitschenhieben verbunden, doch zumindest so habe ich eine Daseinsberechtigung: Für meine Geschwister zu sorgen."

Izumi betrachtete intensiv seine Fingernägel, als er hinzufügte: "Danke für dein Geld. Es hat uns über einen harten Winter gebracht." Koji knurrte: "Ich habe ihm gesagt, daß ich ihm die Eier heraus reißen würde, wenn er es einsteckt."

Izumi hatte nicht bemerkt, daß sie am Ziel waren und schon seit geschlagenen zehn Minuten im Auto saßen. Sie betraten das Haus und Izumi atmete die frische, saubere Luft, die von der Klimaanlage erzeugt wurde. Er folgte Koji durch das Haus und mit jedem Schritt wurden seine Knie weicher und weicher. Es war die selbe Tür wie das letzte Mal. Izumi streifte seine vor Schlamm und Schmutz starrenden Schuhe ab, um den kostbaren Teppich nicht zu beschmutzen. Er setzte sich auf das große Bett und sah fragend zu Koji hoch, der ihn regungslos ansah. "Du willst heute wirklich keinen Streit, nicht?", fragte Koji leise. Izumi schüttelte den Kopf und mit einem leisen Vorwurf in der Stimme sagte er: "Nein, wirklich nicht. Das letzte mal hat mir gereicht." Koji nickte und seine Augen wurden dunkel. Izumi sah de Trauer, die nicht ausgesprochen wurde.

"Tust du mir den Gefallen...?" Kojis Stimme hatte nichts von ihrer Befehlskraft verloren, selbst wenn er seine Wünsche in Bitten verpackte. Izumi nickte, doch bevor er es tat, fragte er nach dem Grund. "Weil diese Dinger mich verrückt machen. Sie tauschen Daten aus, die man für sich behalten will und sie...sind einfach nicht echt!"I zumi fuhr seine Nanonik vorsichtig herunter und fühlte sich schutzlos und nackt ohne die Sicherheit, sich im Notfall komplett abschalten zu können. "Echt...wir sind doch alle nicht mehr echt...", murmelte er vor sich hin. Koji schüttete den Kopf.

"Du denkst, ich wäre ein Produkt aus Operationen und Veränderungen? Nein. Meine Mutter hat sich dagegen gewehrt, daß ihr Erbe verändert werden soll.Die einzigen genetischen Veränderungen, die ich habe, paßten mich an das Klima hier an, da ich schon hier geboren wurde und schlossen alle möglichen Krankheiten aus. Ich habe eine Lebenserwartung von hundertvierzig Jahren, aber das hat nichts mit meinem Aussehen zu tun." Izumi sah Koji immer näher kommen und lehnte sich an den Arm, der sich um seine Taille schlang.

"Ich muß mich nicht bemühen, oder? Ich muß nicht die Kunst anwenden, die mir seit meinem Verkauf eingebleut wurde bei dir. Du willst doch was echtes..." Koji lächelte und preßte ihre Münder aufeinander. Stilles Einverständnis sank zwischen ihre Seelen. Izumi ließ sich auf den Rücken legen und erstickte jeden Gedanken an Gegenwehr im Keim. Ein Teil seines Verstandes schrie ihm zu, etwas zu tun, sich nicht so zu erniedrigen, wenigstens im Kampf zu fallen. Doch ein weitaus größerer Teil dachte an die Schmerzen, die er erlitten hatte und an Kojis Versprechen, ihn so zu behandeln, wie sein Benehmen es forderte. Schließlich mußte er sogar zugeben, daß es nicht einmal so schlimm war.

Wenn es eine Welt gibt, auf der man moralische Bedenken über Bord werfen kann und muß, um leben zu können, dann heißt dieses verdammte Gefängnis Neo Japan. Und mit seiner Hilfe läßt es sich sogar einigermaßen leben... Izumi konnte sich nicht einbilden, sich deswegen zu verabscheuen. Seine Lage ließ es nicht zu. Also konnte er sich dem Spiel der Gewalten nur hingeben und sich dann einreden, keine Schuld auf sich geladen zu haben. Es tat nicht einmal weh. Dieses mal legte Koji Vorsicht an den Tag, wenn man von solch einem Monster schon keine Zärtlichkeit erwarten konnte. Und als Koji kam, spürte Izumi eine Wärme und Zufriedenheit, die nichts mit dem brutalen Akt der Vergewaltigung vom letzten Mal zu tun hatte. Und dann stahlen sich lange Finger zwischen ihre noch immer eng zusammen gepreßten Körper und streichelten ihn an seinen intimsten Stellen. Izumi schnappte nach Luft und ein geschluchztes:

"Nein...", entfuhr ihm. Koji ließ sich nicht stören sondern brachte seine Hand in eine angenehme Position.

"Ist es das, was du noch nicht verarbeiten kannst? Daß es sogar gefallen konnte?"

Izumi weinte hemmungslos in die breite Brust, die sich über seinem Gesicht befand, als er die ersten Wellen der Erregung und des Genusses fühlte. "Bitte, nicht..." Koji wollte nicht locker lassen, wollte seine Antwort. "Liegt es daran, daß auch dir ein Mann Freude bereiten kann? Du redest dir ein, daß du nicht Schuld bist an der Perversion, wie du es nennst, die ich an dir verübe, daß du es haßt, aber tun mußt, um leben zu können. Und es paßt nicht in dein Weltbild, daß es dir sogar gefallen kann!" Er stieß nicht auf taube Ohren. Seelischer Schmerz fraß sich tief in einen ausgelaugten Mann und fuhr mit der Arbeit fort, die sein Vorgänger, der körperliche Schmerz begonnen hatte. Er spürte, daß er eine Antwort geben mußte. "Ich kann nicht verstehen, daß mein eigener Körper mich so verrät, daß er zuläßt, daß ich Lust empfinde ... Du ... du zerstörst den einzigen Weg, auf dem ich mein Tun rechtfertigen kann! Du vergewaltigst mich jetzt wieder, gibst mir Lust, die ich nicht will und nicht akzeptieren kann ... Ja, du hast Recht, aber das sind nur schöne Worte, die du redest, wie könntest du mich verstehen ... ?!" Mit einem Schrei, der nicht von Genuß, sondern von Qual zeugte, kam er in Kojis Hand.

Koji versuchte ihn mit sanften Worten und leisem Streicheln zu beruhigen, doch Izumi konnte seine Tränenflut nicht mehr stoppen, es kümmerte ihn einen Dreck, daß er etwas tat, was ihm verboten worden war.

Koji sah eine Weile lang hilflos zu, dann schloß er den zitternden und heulenden Mann in seine Arme und drückte ihn so fest an sich, als würde er ihn nie wieder loslassen wollen. Nach langer Zeit versiegte der Tränenfluß, ausgetrocknet von dem rauhen Wind einer Macht, die über ihm stand, der er nichts entgegen zu setzen hatte und ihn lenken konnte wie eine Marionette.

"Izumi ... Izumi ... leg diese Gedanken ab. Sie zerstören dich, deine kostbare Seele. Verschließe dich nicht davor, laß es heraus." Kojis Finger zeichneten Izumi Gesicht nach, sein warmer Atem strich über die seidigen Haare. "Du machst dich kaputt, wenn du deinem Körper verbietest, was nur normal für ihn ist! Du kannst nun mal nichts dagegen machen, daß er auf sexuelle Stimulation reagiert. Lerne, daß zu genießen, was du geboten bekommst vom Leben, denn du weißt, daß das verdammt wenig ist..." Izumi klammerte sich an die Quelle von Wärme und wünschte sich, daß er tot wäre, tot, vergangen und vergessen. Zu mehr kam sein verwirrtes Hirn nicht mehr. Koji fummelte in einer Kommode in der Nähe des Bettes und zog eine Packung mit Schlaftabletten hervor. Er entnahm eine und hielt sie Izumi vor den Mund. "Versprich mir, daß du darüber nachdenkst." Izumi nickte und erhielt noch einen letzten Kuß, ehe Koji ihm die Pille auf die Zunge legte und er sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf sank.

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TEIL 3

Der Septemberanfang bedeutete selbst in diesem Loch, daß das Land eine neue Tapete bekam und eine andere Farbe annahm. Doch wo andere Planeten in satten Rot- und Goldtönen strahlten, hüllte Neo Japan sich in einen grauen bis schmutzig braunen Mantel. Die Sonne brannte noch immer unbarmherzig vom Himmel, doch die Natur spürte das heran Nahen des langen, eisigen Winters und traf alle Vorbereitungen, die es zu treffen gab. Die Abendstunden brachten eine gewisse Linderung. Izumi lehnte an einem Baum im Hof des Bordells und war in eine Sens-O-Vis- Übertragung in Echtzeit vertieft.

So wohnte er einer Sitzung bei, bei der sich ein Reporter von der News Agency bei einem Treffen der Regierung von Neo Japan mit einem Admiral der konförderierten Navy zusammentraf. Izumi verstand eigentlich nichts davon, doch der Admiral sprach von einer Bedrohung für die ganze Menschheit, die schon bis zur Erde hervor gedrungen war. Neo Japan sei allerdings durch seine Lage, weit entfernt vom Zentrum der Konföderation vor der Katastrophe geschützt. Eine Schande, wie Izumi fand. Der Admiral und der Präsident redeten noch viel unverständliches Zeug, doch Izumi spürte in den Gedanken des Reporters Wut aufsteigen. Eine Erkenntnis, die nicht die seine war, formte sich in allen zugeschalteten Nanoniken: Die Konföderation wußte um die politische Lage Neo Japans und um den Menschenhandel, die Unterdrückung der Opfer der Gesellschaft und duldete es, solange das große Problem nicht geklärt war! Izumi fluchte in sich hinein. Von nun an würde die Luft hier nach der Niederlage der Armen schmecken, eine köstliche Delikatesse für die Oberen Tausend! Izumi wurde plötzlich in sein eigenes Gehirn hinein gepreßt, als der Reporter entdeckt und erschossen wurde.

Wütend stampfte er hin und her und wünschte, er eine vernünftige Schulbildung erhalten zu haben, nachdem er die Erde verlassen hatte. In der letzten Zeit hatte er eine solche Menge an Fachwissen aus allen möglichen Bereichen in seine Nanonik gepumpt, daß er sogar neue Speicherzellen implantieren lassen mußte, was eigentlich schon ein Ding der Unmöglichkeit war bei der Kapazität der winzigen Bio Ware- Computern. Doch trotzdem konnte er nicht alles verstehen, was durch diplomatische Ausdrücke für normal sterbliche Ohren verschlüsselt wurde. Izumi war schon am Überlegen gewesen, sich eine separate Logik- Matrix anzueignen, doch er mußte feststellen, daß diese fast altertümlichen Spezialanfertigungen nicht für Bürger zu erhalten waren, die nicht unabhängige Raumschiffbesitzer oder Angehörige der konförderiertn Navy waren. Und didaktische Kurse, mit denen er sich das Verständnis für solches Geschwafel aneignen konnte, waren auf Neo Japan unsinniger weise verboten. Wenn man was wissen wollte, mußte man es mit gar steinzeitlichen Methoden lernen. Wofür eine arme Hure auf Neo Japan nicht die Voraussetzungen mitbrachte.

Izumis Aufzug schaltete vom Kühl- in den Wärmemodus, als die Temperatur unter eine von ihm festgelegte Grenze fiel. Izumis Besitzer hatte gesagt, daß dieser Nanjo irre sein mußte, so viel Geld für etwas auszugeben, was er nur zwei mal in Anspruch genommen hatte. Izumi Antwort bestand nur aus einem Grinsen und dann legte er ein funktionierendes Medipack auf eine Wunde, die er sich beim Kartoffelschälen zugefügt hatte. Der Preis für das Medipack war ein Schock für ihn gewesen, doch er hatte als Entschuldigung für sich selbst gesagt, daß Koji seine Haut unverletzt wohl lieber mögen würde. Allerdings war er nicht einmal mehr sicher, ob er Koji je wieder sehen würde. Nicht, daß besonders scharf darauf wäre, aber er machte sich Sorgen, daß dessen Zuschüsse dann auch irgendwann ausbleiben würden. Er erinnerte sich noch an die Zeit, in der er jeden Tag beten mußte, daß keiner seiner Geschwister hungern oder frieren mußte und er konnte sich nicht vorstellen, noch mal diese Situation zu überleben. Aber er hatte noch ein Lebenszeichen von Koji erhalten: Eine Nachricht an seine Mail- Adresse im Datavis- Netz. Sofort hatte er sie geöffnet und ungeduldig die lange Ladezeit verflucht, doch anstatt einer persönlichen Nachricht kam ein Bericht. Aus ihm unverständlichen Gründen hatte Koji anscheinend nachgeforscht, weswegen seine Mutter seinen Vater umgebracht hatte. Izumi verwahrte den Bericht in einer mehrfach gesicherten Speicherzelle auf, fest entschlossen, ihn erst zu lesen, wenn er seine Lebenserwartung von hundertzwanzig Jahren hinter sich brachte und dann noch am Leben war. Er wollte sich nicht mit noch einem Trauma quälen. Ungewißheit war einer der Punkte, die ihn schon ausreichend quälten. Ungewißheit, ob er wirklich annehmen konnte, was Koji ihm gesagt hatte. Ob er diese Wandlung vollziehen konnte, ohne sich selbst schwach vorzukommen, sich dafür zu hassen. Eigentlich war sein ja in dieser Frage schon gefallen, doch nach Monaten ohne den nötigen Beistand, um seinen Entschluß auch in die Tat umzusetzen, schwankte er wieder. Kam sich schuldig vor und redete sich doch ein, nur ein Opfer zu sein. Und als Opfer dazu verpflichtet, sein Leben so lebenswert wie möglich zu machen. Was ihn quälte war nicht, daß er mit niemandem darüber reden konnte, denn die Isolation war er schon längst gewöhnt, sondern daß es niemanden gab, der seinen Entschluß auf die Probe stellen konnte. Weil es nur einen geben konnte, der dazu in der Lage wäre. Bei seinen weiblichen Kunden kam es nicht darauf an. Er spulte seine Routine ab, ohne daß eine von ihnen sein Wesen berühren konnte. Nur bei ihm war es anders gewesen. Und deswegen mußte er ihn wieder sehen. Aber Izumi würde nie im Leben eine Nachricht an Koji schicken, ihn zu sich bitten.

Stolz war verletzt worden, seit sie sich zum ersten mal begegnet waren und Izumi war nicht bereit, derjenige zu sein, der zu dem anderen ankommen würde. Doch noch konnte Izumi lächeln, noch hatte er nicht aufgegeben. Seit er Koji kannte, waren die Bilder, die sein Hirn erreichten, nicht mehr so schwarz.

Mit unendlicher Langsamkeit brach die Nacht herein. Sonst konnte es ihm nicht lange genug dauern, bis er seine Schicht antreten mußte. Was soll das, fragte er auf einmal mißmutig, willst du wieder eine Nacht lang stehen und alle potentiellen Kunden ausschlagen und dann enttäuscht sein, wenn er nicht kommt? Machst du dich schon von ihm abhängig? Doch seine plötzliche Wut verrauchte sofort wieder, wie sie es schon seit langen Monaten tat. Er wurde wie immer von einem Gorilla begleitet, einem Sklaven, der sich nicht für den niedrigsten Job eignete und deswegen eine Aufgabe als Aufpasser erhalten hatte und nun allabendlich zusehen mußte, daß die Huren an den Pfahl kamen und nicht abhauen konnten. Doch diese Nacht würde er darauf verzichten müssen, Izumi hämisch beim Anschließen zu mustern, denn als sie die Straße betraten, setzte Izumis Herz wegen der Aussicht einen Schlag aus, um dann doppelt so schnell weiter zu hämmern. Dieses silberne Auto bohrte sich direkt in sein Herz. Der Gorilla nickte ihm wütend zu und begleitete ihn bis zum Auto, dessen Tür vor ihm aufschwang. Izumi glitt elegant hinein und lächelte Koji nichts sagend an. Der erwiderte seinen Blick und führte eine von Izumis Händen an seine Lippen, ehe er ihm einen Kuß aufdrückte.

"Du stinkst nach Frauen...", Izumi riß sich los und murmelte angewidert seine Beobachtung gegen Kojis sinnliche Lippen, ohne dem Gorilla weitere Beachtung zu schenken. Kojis Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln und pflanzten kleine Küsse auf Izumis perfekt nachgemachten Schmollmund. "Was hast du dagegen?", fragte er, während er seine Kreditdisc hervor holte und den vereinbarten Betrag auf die Disc des Bordells, welche der Gorilla hatte, um Kunden, die so überraschend wie Koji kamen, das Geld abzunehmen, überwies.

Auf die eigentliche Frage ging Izumi nicht ein, sondern entwich in der Zweideutigkeit: "Frauenparfüm...Es riecht so klebrig süß, ich kann den Gestank nicht ab. Es paßt einfach nicht auf eine Welt, auf der man im Sommer Brechanfälle bekommt, wenn man nur aus dem Haus geht, weil Leichen überall herum liegen."

"Übrigens, lange nicht gesehen..." Ohne das Izumi es zuerst bemerkte, fuhr der Wagen wieder den bekannten Weg entlang. Koji grinste und fragte spielerisch: "Hast du mich vermißt?" Izumi schnaubte und sagte klagend: "Hab mir Sorgen gemacht!" Wegen Geld, Überleben. Aber das mußte er nicht sagen. Und sollte er auch nicht, weil es nur die halbe Wahrheit war. Koji lag noch die eine oder andere spitze Bemerkung auf der Zunge, doch er schluckte sie alle, als er Izumis drohenden Blick auffing.

Dann fiel Izumi der Bericht ein und er fragte: "Du hast dich nach meinen Eltern erkundigt. Warum?" Koji schien unsicher und zögerte, bevor er antwortete: "Sie schienen dich bis heute zu verfolgen. Ich hatte das Gefühl, daß es was bedeutet. Ich wollte zeigen...das es mir auch was bedeutet. Du mir was bedeutest." Izumi drehte sich zu Koji um und entdeckte fast erleichtert, daß dieser Mann auch Schwächen hatte, auch unsicher sein konnte.

"Du hast mich all die Jahre beobachtet." Ein Nicken.

"Und du willst mich nicht nur als seelenlose Puppe. Du liebst mich." Ein Zögern, dann neuerliches Nicken. Koji seufzte, legte dann den Kopf zurück. "Ich stimmte dir zu, daß es keine Liebe gibt auf einer Welt wie dieser. Das es sich nur um Geld, Macht und Kontrolle geht. Bis ich bemerkte, daß diese Faszination, die du auf mich ausübst, sich in Liebe verwandelt hat." Izumi lächelte in sich hinein. Liebe. Aber noch immer drehte es sich um Kontrolle. Nur, daß sich das Machtverhältnis zu seinem Gunsten verschoben hatte.

Natürlich verstand er die Gefühle nicht, die Koji ihm entgegenzubringen behauptete, doch darum machte er sich keine Gedanken. Wie er darauf reagieren sollte, war auch kein Punkt, über den er nachzudenken hatte, denn sie waren keine Gleichgestellten, die sich hemmungslos ineinander verlieben konnten. Durch das, was ihre Welt ausmachte, waren sie die Botschafter zweier verschiedener Welten und mußten geschickt nach Vorteilen für sich selbst suchen... "Du sagst nichts dazu?", fragte Koji nach einer Weile, als Izumi nichts erwiderte.

Doch auch er hatte die Lage durchdacht und festgestellt, daß es nicht von Bedeutung war, was Izumi dachte. Es interessierte ihn einfach. "Ich denke nicht, daß es da was zu sagen gibt. Meine Meinung zählt nicht. Aber wenn du darauf bestehst...Du bist eine Variable in meinem Leben, keine Konstante. Du hast mich erniedrigt, gedemütigt, auf mehrere Weisen vergewaltigt. Aber du hast mich auch etwas gelehrt, hast mein Leben auch auf mehr als eine Weise erträglicher gemacht. Und jetzt scheint sich sogar so etwas wie Vertrauen, eine seltsame Art von Kameradschaft zwischen uns aufzubauen, obwohl wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Es verwirrt mich, aber ich komme damit klar und wir müssen sehen, was sich daraus entwickelt." Koji lächelte still in sich hinein."Das ist schon bedeutend mehr, als ich zu erhoffen gewagt habe."

Die restliche Fahrt über verwickelte Izumi Koji in ein Gespräch über das, was er vorher gesehen hatte, doch Koji wollte auf politische Fragen nicht sehr tief eingehen. So verliefen die letzten Meilen in angenehmen Schweigen. Izumi machte es sich auf dem Bett bequem und schaltete die Nanonik ab, während er eisgekühlte Norfolk Tears trank. Koji hatte ihm geraten, nicht zu viel davon zu trinken, und nach einer Weile verstand er auch, warum. Das Getränk rann durch seine Kehle wie leichter, gekühlter Wein und breitete sich in seinen Gedärmen aus wie kochender Whisky. Eigentlich hätte er zu der Zeit, als Koji aus der Dusche kam, schon sturzbesoffen sein müssen, doch sein Schwur, sich zurück zu halten, war nicht unbegründet gewesen.

"Ich verstehe immer noch nicht, warum dir gerade jetzt einfiel, daß du noch duschen willst..." Koji schenkte ihm ein liebevolles Lächeln und fing den Blick auf, der bisher hemmungslos über seinen Körper gewandert war. "Du hast dich doch wegen dem Gestank nach Frauen beschwert!" Izumis Blick löste sich von dem Kojis und nahm seine Inspektion wieder auf. Ein wirklich prachtvoller Körper, wie er nicht zum ersten Mal feststellte. Noch immer fiel ihm schwer zu glauben, daß dieser Körper ein Naturprodukt sein sollte, doch wozu hätte Koji lügen sollen? Das lüsterne Grinsen in den blauen Augen log auch nicht und Izumi bemerkte fast überrascht , das sein Blick nicht anders war. Ihr Sex war anders in dieser Nacht. Izumi stellte später fest, daß es mehr um seine Befriedigung gegangen war als um die Kojis. Er erinnerte sich an viele Dinge, die ihm die Röte ins Gesicht trieben, wenn immer er das schöne Gesicht Kojis vor seinem inneren Auge sah. Obwohl er noch immer in seinem Entschluß gewankt hatte, als sie eng umschlungen zusammen auf die Matratze gesunken waren, hatte er sich schließlich von Koji überrennen lassen. Ohne einen Finger zu rühren überstand er die Nacht, er mußte sich wirklich nicht mit einbringen, Koji war auch so zufrieden. Izumi fragte sich, warum.

"Du bist wunderschön ... Es macht mich wahnsinnig, wenn ich sehe, daß du es genießt... ", hatte Koji ihm leidenschaftlich zugeflüstert, doch konnte dies eine Erklärung sein auf die Selbstlosigkeit, die Koji gezeigt hatte? Oder war es am Ende keine Selbstlosigkeit, sondern der Beweis für ihn selbst, daß er die Abwehr eines anderen Mannes brechen konnte, daß er Grundsätze über den Haufen schmeißen konnte, wenn es ihm beliebte und mit seinem Körper andere Körper wahlweise vernichten oder erleuchten konnte?

Izumi hatte wach gelegen, nachdem es vorbei gewesen war und nachgedacht. Wie er sich verändert hatte, was aus seinem Stolz, seinem Willen und seinen Grundsätzen geworden ist. Kojis Arm lag quer über seiner Brust und erschwerte ihm das Atmen. Er lächelte in das Gesicht des schlafendes Mannes, als er sah, wie unschuldig Koji im Schlaf wirkte.

"Ich habe dein Leben, dich selbst auch genauso sehr umgekrempelt, wie du mein Wesen über den Haufen geworfen und neu geformt hast, nicht wahr?", murmelte er in den silbrigen Schopf, der im Mondlicht glänzte.

Und noch eine Frage mußte er ihm einfach stellen, obwohl er wußte, daß der große Mann schlief und ihn nicht hören konnte. Aber am Morgen würde er wieder im Bordell aufwachen, dessen war er sicher, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen war. Koji schien schon ein verdammter Zauberer zu sein! Izumi strich einige lange Strähnen aus der hohen Stirn und dachte dabei an die Stunden, in denen er seine Hände in eben diesen Haaren versenkt hatte. Sie sehen aus wie flüssiges, aber sie fühlen sich noch viel besser an... "Warum gerade ich, Koji Nanjo?"

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TEIL 4

 

"Du kannst mich mal, du kleiner Bastard...", fauchte Izumi zwischen zusammen gebissenen Zähnen und seine Hoffnung, daß besagter kleine Bastard ihn nicht hörte, war nicht so groß, wie sie hätte sein sollen. Es war verrückt, doch er provozierte den Streit mit seinem Besitzer ununterbrochen und ohne einen Gedanken an mögliche Konsequenzen zu verschwenden. Der kleine, fette Mann lief zornig rot an und stach mit einem Wurstfinger nach der muskulösen, braungebrannten Brust. "Was wagst du es, so mit mir zu reden? Für wen hältst du dich eigentlich?" Sein rundes Gesicht nahm einen bösartigen Zug an, über den Izumi aber nur schmunzeln konnte und er schrie triumphierend: "Du bist eine kleine, wertlose Nutte, die ich in meinem Stall habe und wenn du nicht aufpaßt, werde ich dich auch mal haben, allerdings wird es dir wahrscheinlich weniger gefallen als bei deinem Freund Nanjo..."

 

Yeah, sicher, das glaube ich sogar aufs Wort. Er sagte nichts, doch seinem Gesicht war deutlich anzusehen, für wie fähig dazu er seinen Besitzer hielt. "Versuchs doch ruhig. Ich denke, Nanjo wird dir ohne Umschweife die Eier abreißen, wenn du dich an mir vergreifst."

 

Die Drohung kam an und die zornige Röte verblaßte zu einer ängstlichen Blässe. Mit vor Angst zitternder Stimme und unkontrollierbar zuckenden Händen versuchte er, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. "Denkst du etwa wirklich, dein Freund Nanjo gibt so viel auf ein wertloses Stück Dreck wie dich, als daß er sich für dich einsetzen würde?! Für dich?! Warum und vor allem wie sollte er das tun?!"

 

Izumi war versucht, mit denselben Waffen zurück zu schlagen, eine der Erniedrigungen vom Stapel zu lassen, die man im Laufe der Jahre auf der Straße unvermeidlich lernt, doch er entschied sich dafür, mit einer Macht zu drohen, welcher der Zuhälter nichts entgegen zu setzen hatte.

"Wie? Nanjo nimmt mich auf Bergen von Geld und er schmeißt es zum Fenster raus, um mir ein schönes Leben zu machen, weil er es sich leisten kann. Aber kannst du es dir leisten, dich mit einem Mann seines Kalibers anzulegen? Was für eine Verteidigung hast du gegen seine Fuseodollars und seine Kreditdisc, die ihm jeden Anwalt der Konföderation kaufen kann? Und er wird sich für mich einsetzen, dessen kann ich mir so sicher sein, wie ich mir sicher bin, daß er heute kommt!"

 

Das Zittern verstärkte sich und einen Moment lang war Izumi fast sicher, den Bogen überspannt zu haben, doch dann sackte die Gestalt des Zuhälters in sich zusammen und verlor jegliche Bedrohlichkeit. Er drehte sich um und verließ den Raum mit langsamen, schleppenden Schritten, der Gang eines gebrochenen Mannes. "Fröhliche Weihnachten ... Mach doch, was du willst, Arschloch. Aber wenn er nicht kommt, dann darfst du den Mindestertrag von zehntausend aus deiner Tasche bezahlen!"

 

Eine seiner Kolleginnen, die diesen letzten seiner Fälle von Aufsässigkeit mitbekommen hatte, tippte Izumi von hinten auf die Schulter. Ihr junges Gesicht drückte Sorge aus und in ihrer Stimme schwang ehrlich empfundenes Interesse mit, als sie fragte: "Warum bist du dir so sicher, Izumi? Und was ist, wenn du Unrecht hast?" Izumi tätschelte ihre Hand und meinte tröstend: "Mach dir keine Sorgen, ich bin mir mehr als sicher, daß er mich heute holen kommt." "Du klingst wirklich selbstsicher, aber ich würde mir an deiner Stelle wahrscheinlich vor Angst ins Hemd machen... Was ist, wenn er zu seiner Familie muß, keine Lust auf dich hat, was auch immer? Und du verweigerst die alte reiche Kuh, die dich heute unbedingt für sich haben wollte..." Ihr Körper, der zur Verkörperung der Sünde umoperiert worden war, zitterte unter den kalten Winden des Weihnachtsabends, seiner dagegen war in eine raffinierte Sonderanfertigung gehüllt, der ihn mit einem unsichtbaren Wärmeschild vor der eiskalten Luft schützte. Er schüttelte den Kopf und bedeutete das Thema für beendet: "Ich weiß es einfach. Du wirst schon sehen, ich werde heute Nacht nicht alleine verbringen, auch wenn ich nicht das Bett mit irgendwelchen alten Weibern teilen muß." Izumi winkte einen der Gorillas heran und deutete herrisch zur Tür.

 

Der große Mann knurrte tief in seinem riesigen Bauch und zog sich einige Mäntel an, um die Kälte auf der Straße zu überstehen. Izumi sah sich schaudernd um, nachdem er angeschlossen worden war. Einige der anderen kamen mit der Kälte offenbar nicht so gut klar wie er, zitterten unkontrolliert und versuchten mit ihrem Atem die klammen Hände zu wärmen. Manche sahen ihn an, als er sich anschließen ließ und wie er feststellen mußte, drückte der eine oder andere Blick Feindseligkeit aus. Er konnte sie nicht für ihren Neid verdammen, er selbst hätte wahrscheinlich auch so reagiert auf den Günstling des reichsten Freiers des Planeten, dennoch erfüllte ihn ihre Ablehnung mit einer gewissen Trauer. Nicht, daß er jemals Freundschaften mit welchen von ihnen geschlossen hätte, doch sie durch das neue Verhalten zeigten sie ihm, daß er nicht mehr in diese Welt gehörte. Doch wohin gehörte er dann? Er war keiner der Kinder der Straße, doch er war auch keiner, der über diesen stehen konnte. Erkannte für sich selbst, daß er zum Schoßtier einer der Oberen Tausend geworden war, unfähig, auf eigenen Beinen

zu stehen. Izumi schauderte es, so sehr auf die Gunst eines Menschen angewiesen zu sein, dessen Verhalten sich von einem Mal aufs Nächste so sehr ändern konnte. Doch es war nicht so, daß er dagegen etwas hätte unternehmen können, und nach der Eskapade heute war jede winzige Chance vertan, heil aus der Sache heraus zu kommen.

 

Izumi wußte aber genauso gut, daß er als Schoßtier wahrscheinlich besser aufgehoben war als all seine Kollegen. Denn die Seuche, oder was es auch immer war, das die Politiker nicht näher definieren wollten, aber angeblich die ganze Menschheit bedrohte, würde irgendwann aus den Weiten des bekannten Universums verbannt werden. Gerüchte liefen herum und wurden von jedem einzelnen neu aufgekocht, doch in jeder dieser mit Halbwahrheiten und Übertreibungen überwürzten Suppen schwamm ein und der selbe Brocken Wahrheit: Sobald die Konföderation Zeit hatte, würde sie sich um den Schandfleck namens Neo Japan kümmern. Und Izumi bezweifelte, daß aus den Reihen seiner Schicht jemand überleben würde, der nicht einen besonderen Status inne hatte... Ein Auto kam um die Ecke, seinem Lexikon nach ein antiker Ferrari, doch mit Solarzellen bepflanzt und fast geräuschlos. Der Verbrennungsanlage nach zu urteilen, wurde das Ding mit Helium 3 betrieben. Izumi klappte der Mund auf und blieb offen hängen. Das feuerrote Gefährt strahlte deutlich sie Aura seines Besitzers aus und Izumi gratulierte Koji gedanklich zu dieser Kostbarkeit. Diese mußte auch einen eingebauten Banking- Terminal haben, denn der Ring um Izumis Hals öffnete sich und fiel von ihm ab wie eine reife Frucht, also war die Bezahlung schon erfolgt.

 

Bis der Wagen heran war, hatte er noch zehn, elf Sekunden. Er wußte, daß wenn er es darauf anlegte, er verschwinden könnte. Zwar waren seine Muskeln nicht aufgerüstet, doch er konnte sich soviel Doping pumpen lassen wie er wollte und überhaupt stand ihm jede Möglichkeit zur Verfügung, sich schneller zu bewegen, als üblicherweise. Und er hätte entfliehen können. Statt dessen blickte er mit hoch erhobenem Haupt um sich und bewegte sich graziös auf den Wagen zu, sich der vielen Blicke, die ihm folgten bewußt. Eine Art von Hochgefühl erfüllte ihn, doch er wußte nichts rechtes damit anzufangen. Stumm verabschiedete er sich, denn obwohl er wußte, daß er diesen Ort immer und immer wieder sehen mußte, würde er nicht mehr der selbe Izumi sein, der in den Wagen stieg. Vielleicht war die Zeit gekommen, rückhaltlos zu akzeptieren, was aus ihm geworden war und noch werden konnte. Koji grinste fröhlich, als Izumi in den Wagen glitt und dann ohne Vorwarnung ein

Bein über Koji schwang, so daß er bequem in seinem Schoß sitzen konnte.

 

"Schicker Wagen. Ein Weihnachtsgeschenk?" Koji schüttelte den Kopf und erwiderte sachlich: "Eher ein Geburtstagsgeschenk, aber es macht eigentlich keinen Unterschied, da es am selben Tag überreicht wird." Izumi blickte in die blauen Augen, die nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt waren und fand selbst jetzt einen Grund, gespielt empört zu meckern.

 

"Du hast mir nie gesagt, daß du an Weihnachten Geburtstag hast! Jetzt habe ich gar kein Geschenk für dich!" Koji kicherte in sich hinein und strich mit einer Hand über Izumis Wange: "Ich denke, daß du mir nichts kaufen könntest, was mir mehr wert wäre, als eine Nacht lang in deinen Armen zu liegen..." Die Worte waren von einer Sorte, wie er sie nicht hören wollte, nicht zu hören ertrug, doch von einer solchen Ehrlichkeit erfüllt, daß sie ihn fast verlegen machten. Izumis Augen betrachteten plötzlich interessiert die Hand, die ihn streichelte.

 

"Was zur Hölle...", murmelte er verstört, als er die winzigen, auf der hellen Haut eigentlich fast unsichtbaren Narben auf dem Handgelenk und die

millimeterdünnen Röhrchen bemerkte, die sich unter der Haut entlang zogen. Ergriff beide Hände und hielt sie sich vor die Augen, um sie eingehend zu mustern. "Waffenimplantate. Auch ein Geschenk, sozusagen", erklärte Koji ernst. Auf Izumis bohrenden Blick hin löste er sich vorsichtig aus dessen Griff und öffnete sein Hemd. Izumi schnappte nach Luft, als er die lange Narbe sah, die sich quer über Kojis Brust zog und diese in zwei Hälften spaltete. Koji grinste über seine Reaktion und erklärte: "Ich habe mir hier nicht nur Freunde gemacht, und manche meinten, ich würde nicht in die Welten der Lebenden gehören. Als kleinen Schutz habe ich mir diese hier implantieren lassen." Izumi war noch immer in die Betrachtung der Narbe vertieft, die Kojis Schönheit komischer weise nicht beeinflussen konnte. Er schob vorsichtig das große Kreuz zur Seite, welches ihn unwillkürlich an seine erste Begegnung mit Koji erinnerte und beugte sich dann vor, um die Narbe zu küssen. Koji seufzte tief auf, als Izumis Lippen das Gewebe berührten und lehnte sich entspannt zurück.

 

Izumis tiefe, dunkle Augen starrten ihn an, als er den Kopf wieder hob. Wie er doch diese Augen liebte! Der Spiegel zu einer Seele, die sich vor ihm verschlossen halten wollte, es aber nicht schaffte und nach und nach aufgab, ihn einließ. Mit jedem Schritt, den Izumi in seine Richtung getan hatte, waren diese Augen noch tiefer, offener, noch schöner geworden. Er ließ zu, daß Izumi seine Handgelenke küßte und sich dann Kojis Arme eng um die Taille schlang, bevor er zum ersten mal seit Monaten wieder diese Lippen auf seinem Mund spüren konnte. Ihre Körper fanden eng zueinander, während sie intensive Küsse austauschten. Nachdem ihnen endlich die Luft ausgegangen war, beschäftigte Koji sich mit Izumis Hals, der dies eine genau bemessene Zeitspanne lang duldete.

 

"Ich denke schon, daß wir hier eine gute Show liefern könnten, doch es liegt nicht in meinem Interesse, der ganzen Straße einen Porno zu liefern. Also laß uns fahren." Er schlüpfte wieder in seinen Sitz zurück und schnallte sich demonstrativ an. "Sadist...", knurrte Koji, doch er fügte sich und schlug ein Tempo ein, daß Izumi in die Polsterung drückte.

"Ist was gewesen? Du schienst mir so begierig, von dort zu verschwinden.“ Koji lenkte den Wagen durch den Verkehr, der aus Droiden bestand, die mit dem alten, zu breiigem schmutzigen Matsch zerstampften Schnee, wie er in eine Gegend wie Izumis Heimat gehörte und dem weißen, weichen Neuschnee, der das Land in einen vor neugierigen Blicken schützenden Mantel hüllte, kämpften. Wenn man so hinsieht, fühlt man sich an Tage erinnert, wie man sie selber nur aus alten Filmen kennt, dachte Izumi versonnen. Frieden fällt vom Himmel und alles sieht freundlich aus, ohne scharfe Kanten und Ecken. Und sobald die Wintersonne der Sommerhitze weicht, erlebt diese Welt Tage, wie die alte Erde sie nur in ihren

schrecklichsten Visionen der Zukunft gesehen hat.

 

Allein in Kojis Anblick, mit teilweise beleuchteter und teilweise im Dunkeln liegender Haut, fand Izumi etwas seltsam tröstend Bekanntes wieder.

"Ich hatte ein wenig Streß mit meinem Besitzer. Er wollte mich heute anderweitig beschäftigen und es sind einige nicht nette Dinge gesagt worden." Koji hatte nicht mehr mit einer Antwort gerechnet und die Antwort, die er dann bekam, gefiel ihm nicht. Sein Blick bohrte sich in Izumis Augen und in den sonst so kühlen blauen Tiefen stand ein leidenschaftliches Feuer geschrieben. "Sollte dir dieser Bastard zu nahe treten, nehme ich ihm seinen Laden und alles, was ihm lieb ist, auseinander." Izumi strich beruhigend über Kojis Oberschenkel und dachte wieder an seinen Vergleich, ein Haustier für Koji zu sein, ein kostbares und gehütetes Haustier zwar, aber etwas, das sich nicht alleine wehren konnte.

 

"Meinst du nicht, daß ich auch alleine mit ihm fertig werden kann?" Koji dachte kurz, ehe er antwortete: "Du kannst ihn beleidigen, verprügeln, ihn erniedrigen. Aber ich bin wie dein letzter Trumpf. Und sobald er merkt, daß du mich an der kurzen Leine hast, weiß er auch, wie du ihm auf Dauer schaden kannst, ihm sein Geld aus der Tasche ziehen und sein Leben zu dem Dreck zu deinen Füßen zertreten."

 

"Ansichtssache...", murmelte Izumi verstört, vor dessen Auge sich ein neuer Blickwinkel auftat. Dieser Mann schaffte es immer wieder, seinem Denken eineneue Richtung zu stoßen. Doch er wollte sich nicht jetzt damit belasten, hatte ja noch genug Zeit vom nächsten Tag an, bis er Koji wiedersehen würde. "Was machst du eigentlich, wenn diese Seuche oder was auch immer jetzt in der Konföderation tobt, ausgerottet ist?", fragte er, als ein anderer Punkt, um den sich seine Aufmerksamkeit drehte, in seinen Gedanken aufblitzte. Koji warf ihm einen Blick zu, der besagte, daß er das nicht Ausgesprochene auch verstanden hatte.

 

"Wenn dann die Superbullen kommen, um die Regierung von Neo Japan in eine nach dem Muster von GovCentral auf der Erde zu verwandeln und uns reichen Säcken der Arsch aufgerissen wird? Abhauen, mein Geld packen und die nächste Maschine besteigen." Izumi nickte, das hatte er schon so in der Art erwartet. Er mochte Koji vielleicht akzeptieren, ihn verstehen lernen, doch niemals würde er das Muster aus dem Kopf verlieren, nach dem Menschen wie er gestrickt waren. Eine Welt ausbeuten, alles nehmen, was da war, und dann weiterziehen. Wie ein verdammter Schwarm Parasiten.

 

"Auf die Erde?" Koji zuckte die Achseln. "Mal sehen, vielleicht. Ich wollte unbedingt mal den Jupiter besuchen oder Atlantis und mich dann mit den ganzen Delikatessen vollfressen... Wohin würdest du gerne wollen?" Izumi brauchte nicht lange zu denken: "In ein edentisches Habiat."

"Eden selbst?" "Tranquility." Kojis Augenbraue zuckte nach oben und seine Stimme nahm einen ungläubigen Ton an. "Tranquility? Du?! Du, der das Universum nicht in den Händen der Aristokraten und Kapitalisten sehen will, der unsere kleinen Intrigen und Spielchen nicht spielen will? Schau nicht so überrascht. Ich sehe in deinen Augen, daß du Lügen haßt!" Izumi war fast überrumpelt, aber dieses Thema hatte er schon mit seinen Geschwistern durchgenommen. "Ja, in das Paradies für reiche Säcke will ich! Ich will diese Welt kennen lernen, will dort jagen gehen, nach Vorteilen für mich suchen. Das habe ich von dir gelernt!"

 

Koji stoppte den Wagen in einer der Parkbuchten in seiner Garage und drehte sich zu Izumi herum. Seine Augen leuchteten in feierlichem Ernst und er klang überzeugt, als er sagte, eine Hand auf Izumis Wange legend: "Sobald diese Quarantäne, welche unsere großartigen Beschützer über uns gelegt haben, aufgehoben ist, fliegen wir gemeinsam nach Tranquility. Ich verspreche dir, dich in die Gesellschaft einzuführen und dich mit großen Leuten wie der Lady Ruin bekannt zu machen."

 

Izumi wand sich unbehaglich unter Kojis Ernst. Wollte die Hoffnung nicht zulassen, die in ihm aufstieg und wollte Koji auch gleichzeitig nicht daran erinnern, wer er war- als sei es ihm zum ersten Mal peinlich. "Koji, du vergißt, daß ich ein Sklave bin, der wahrscheinlich als lästiges Beweismittel vernichtet wird, sobald die Navy hier auftaucht!" Koji starrte ihn an, sein Gesicht nicht lesbar, nicht deutbar der Funken, der in seinen Augen aufloderte. Ohne ein Wort zu sagen, fuhr Koji mit einem Ruck herum und verließ den Wagen. Izumi lehnte sich nach hinten an und verfluchte, was er war. Hier, in diesem Wagen hatte bis eben eine Chance gesessen, die Kurve zu kriegen, zu verschwinden. Aber er hatte Koji vor den Kopf stoßen müssen, weil Wahrheit und Fakten sein Leben bestimmten, nicht schöne Worte. Ach was! Dein ganzes Selbstbild, dein Gerede davon, daß du stark bist und dir deine Situation nichts ausmacht, ist doch nur ein Geflecht von schönen Worten und Wunschdenken, damit du dir selbst nicht eingestehen mußt, wie schwach du bist! Vor seinem inneren Auge sprach Kojis Gesicht diese Worte, die Augen in

einem blauen Feuer lodernd, das sein kümmerliches Sein verschlang. Izumi schlug die Hände vor den Augen zusammen, kurz vor dem Verzweifeln. Im Grunde lief es doch darauf hinaus, daß Koji seine Welt ruiniert hatte, er nun mehr forderte, als ihm zu erreichen möglich war! Und das Schlimme war, daß er in diese Welt geblickt hatte und nicht mehr zurück wollte in sein altes Leben, obwohl er keine Chance hatte, die Liga zu wechseln. Er registrierte am Rande, wie die Wagentür geöffnet wurde und sich eine starke Hand zu ihm ins Innere schob. Er ergriff seinen Halt in ein besseres Leben und ließ sich von Koji auf die Beine und in eine enge Umarmung ziehen. "Verzeih. Ich war übereilig", murmelte er dicht an Izumis Ohr, der sich förmlich in seiner Brust zu verkriechen versuchte, auf der Suche nach Wärme und Geborgenheit, wie er sie nur in diesen Armen fand.

 

Gedämpft drang eine zittrige Stimme aus der Jacke, die Koji um sie beide gezogen hatte, und versuchte plump, das Thema zu wechseln: "Du hast mir letztes Mal gar keinen Tipp mitgegeben. Sind dir die guten Ratschläge ausgegangen?" "Und wenn sie es wären?" Koji hatte kein Bedürfnis danach, Izumi mit unliebsamen Gedanken zu quälen. Das Gesicht, in dem braune Augen wie Sterne leuchteten, löste sich von seiner

Brust und sah zu ihm herauf. "Dann wäre das hier wahrscheinlich das Ende einer Geschichte, die deswegen schlecht ist, weil sie das Leiden mancher zu realistisch beschreibt, als das sie angenehm wäre."

 

"Und vielleicht der Anfang einer zukunftsweisenden Liebe...", murmelte Koji fast unhörbar. Izumi runzelte irritiert die Stirn: "Wie zur Hölle, auf der wir übrigens leben, kommst du jetzt darauf?" Koji grinste die Sekunde lang, in der er eine Ausflucht suchte.

"Wenn das eine Geschichte wäre, dann würden wir uns unaufhaltsam dem Ende nähern und der Autor nach einem Happy End bestrebt ist und sonst seine Ideennicht mehr einbringen könnte." Izumi konnte angesichts Kojis Redegeschick nur den Kopf schütteln, doch bevor er etwas sagen konnte, redete Koji schon wieder. "Meinst du, daß es irgendwann so sein könnte? Das ich einen Platz in deinem Herzen finde, du mich lieben kannst?"

 

Ich weiß es nicht, ich weiß nicht, wie weit du das Eis durchdringen kannst, welches mich selbst in der sommerlichen Hitze Neo Japans vor Gefühlen schützt... "Warum glaubst du, daß es nicht jetzt schon so weit sein kann?"

"Weil es so ist, wie du sagst. Weil ich nicht konstant genug bin, als daß du dich davon überzeugen könntest, daß ich echt bin und nicht ein Endprodukt der Reichtümer, die sich um mich herum stapeln. Ich spüre in deiner Ausstrahlung, daß es so ist..." Izumis Mauer erzitterte unter dem Ansturm der Richtigkeit von Kojis Worten. Er küßte leicht Kojis Wange und betete, daß Koji in seinen Augen seine wahren Gefühle, seine Unsicherheit lesen würde und seine Ungewißheit, was die Zukunft anging.

 

"Was ist denn nun mit meinem Tipp?", neckte er, sich noch immer auf dünnem Eis spürend. Koji leuchtete in einem geheimnisvollen Licht, dessen Ursprung in seinem Inneren und dem Mann in seinem Armen lag. "Vergiß alles um dich herumund gib dich mir hin, ohne Bedenken und Hintergedanken über Folge und Ursache."

 

Sein Daumen strich leicht über die Lippen, die sich bereitwillig öffneten. Izumi atmete ein wenig schwerer, als gespeicherte Bilder und Gefühle vor sein inneres Auge stiegen. "Dann sei du jetzt der Autor der Geschichte und mach mich vergessen... Sorge dafür, daß ich alles vergesse außer dir..."

 

Koji führte Izumis schmale Hand an seinen Mund, küßte sanft die Knöchel, ehe er Izumi hochhob und wie eine Trophäe davon trug. Hände, überall Hände auf seinem Körper, die ihm Gefühle entlockten, welche er nie wahrhaben wollte. Leise Worte, die in sein Herz sprachen und sich in seine Seele brannten, ohne den Umweg über seine Ohren zu nehmen. Der Drang in ihm,nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben, wurde übermächtig und er sah sich selbst, wie er als ersten Schritt eine Strähne silbernen Haares griff und daran zog. Blaues Feuer tauchte über ihm auf und er wollte in der Mischung aus beherrschter Reserviertheit und zügelloser Leidenschaft ertrinken...

...

 

...

Izumi wachte lächelnd auf, in Gedanken bei einem Traum, den er im Wachen Zustand und ohne Hilfe jeglicher Drogen wie im Rausch erlebt hatte. Der Mond schien sein kaltes Licht, welches sich auch wie Silber in Fluten über den Boden ergoß, in das Zimmer. In der Mitte des Raumes, nur das Kopfende eine Wand berührend, stand ein riesiges Bett, in dem die beiden Gestalten winzig und verloren wirkten. Eine von ihnen lächelte auf den Arm der anderen herab, der quer über den Beinen der sitzenden Gestalt lag. Das Mondlicht fiel in das Gesicht und zeigte jedem, der es sehen konnte, einen Ausdruck von Zufriedenheit und einer tief empfunden inneren Sicherheit.

 

Izumi sank in die weichen Kissen zurück und er flüsterte etwas in die silbernen Haare, die sich über einen Teil der Bettwäsche verteilt hatten. Dann schloß er die Augen und fiel in einen traumlosen Schlaf. Als er das nächste Mal erwachte, war es schon hell. Sonnenlicht, welches

ebenso wenig Kälte vertreiben konnte wie das Mondlicht der Nacht, flutete nun jeden Winkel des Raumes. Koji schlief noch immer, als würde er Winterschlaf machen. Izumi schlüpfte unter den Decken und dem schweren Arm hervor und schnappte sich eine der Tagesdecken, die letzte Nacht unbeachtet auf den Boden geflattert war, als die eisige Luft eines neuen Tages ihn voll an den nackten Gliedern erwischte.

Die Analyse seiner Gedanken enthüllte ihm vollkommenen Frieden. Ein leises Lächeln stahl sich auf seine Lippen und verlieh ihm die Ausstrahlung eines zufriedenen, endlos geduldigen Engels.

 

Auf dem kleinen Tisch, der halb versteckt in dem Raum stand, lag etwas, das seine Aufmerksamkeit erweckte. Er ging hin, die große Decke um sich schlingend und halb hinter sich her ziehend. Ein Wagenschlüssel, der Intuition nach der des Ferrari und eine brandneue, weil nicht mal mit winzigen Kratzern versehene Jupiter- Kreditdisc. Ein nur für die Oberen Tausend erhältliches, weil für viel Geld gekauftes und mit einer Lizenz der Navy versehenes Flugticket nach Tranquility. Izumi legte, nicht neugierig, sondern nach Bestätigung suchend, seinen Zeigefinger auf die Kreditdisc, die sich daraufhin aktivierte und auf einem winzigen Display eine Zahl mit vielen Stellen anzeigte. Die Billet- Flek machte die Aussage, daß sie zu Izumi Takuto gehörte.

 

Izumi lächelte nicht breiter, aber intensiver, als er die Sachen vorsichtig auf den Tisch zurück legte und dabei registrierte, daß der kurze Aufwall von Aufregung wieder in seiner Zufriedenheit versank. Er ging zum Bett zurück und setzte sich an die Bettkante, betrachtete mit seltsamen Blick den schlafenden Mann, als er das Formular öffnete, welches ihn per Datavis erreicht hatte.

 

Sehr geehrter Izumi Takuto,

die Regierung von Neo Japan hat Ihren am 24. 12. 2600 eingereichten Antrag zur Kenntnis genommen und nach sorgfältiger Überprüfung der Sachlage erteilen wir Ihnen hiermit die volle Freiheit und die vollen Bürgerrechte der Kolonie NeoJapan.

Ihr neuer Code wird Ihnen so bald wie möglich zugeschickt.

Mit freundlichen Grüßen

B7, Neo Japan

 

Izumi beobachtete fasziniert, wie Koji langsam aufwachte. "Guten Morgen", flüsterte er zärtlich, doch von seiner Ergriffenheit war nichts zu hören. "Morgen...", kam ein Knurren aus den Weiten des Bettes zurück, welches Koji als Langschläfer brandmarkte.

Plötzlich war Koji hellwach und er starrte Izumi intensiv an. "Du bist hier." Izumi nickte und überflog die neue Nachricht, die per Datavis bei

ihm einflog. Er krabbelte zurück unter die Decken und übermittelte Koji eine Zahl- und Buchstabenkombination.

 

"Was ist das?", fragte Koji, von der scheinbar sinnlosen Unordnung überrascht.

 

"Mein neues Leben. Die Neuzeit."

...

Ende Endzeit

 

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