A HENTAI-KNIGHT'S TALE von Wildcat

 

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Dies ist eine AU, die Koji und Izumi in das Mittelalter versetzt, angelehnt an dem Film "Ritter aus Leidenschaft"

Falls jemand Feedback schreiben will: Immer her damit an Wildcat00@gmx.de

 

TEIL 1

Die erste Begegnung

 

"Ich werde das Turnier für Euch gewinnen, wunderschönes Fräulein!"

Koji beobachtete amüsiert, wie die Ritter einer nach dem Anderen, dies dem Mädchen versprachen. Sind wir denn noch in der Steinzeit? Kennt denn keiner die feinen Künste, mit denen man eine Frau um den Finger wickelt?, fragte er gedanklich und ertappte das Kind beim Gähnen. Oh ja, denn dieses Fräulein, egal wie edel, war noch ein Kind, kaum aus den Windeln heraus. Sicher, ein hübsches Gesicht, ein wenig Schmuck und ein Kleid, das deutlich rief: "Ich habe Geld!" reichten aus, um die Jünglinge um den Verstand zu bringen, doch das war noch doch etwas übertrieben, oder? Koji bevorzugte eher ältere Frauen, Frauen mit Stil und Klasse...

Der Turnierplatz war prächtig, überall mit Rot und Gold geschmückt. Es sah aus wie ein Karneval, nicht wie ein Turnier, bei dem man sterben konnte. Das Volk schrie und jubelte und die Pferde begangen selbst bei den erfahrenen Reitern zu scheuen. Nur seines, welches diesen Lärm schon lange gewöhnt war, ließ sich keine Unruhe anmerken. Als würde die Stimmung des Reiters auf das Tier übertragen werden, dachte Koji und lachte leise über einen jungen Ritter, der sich kaum noch im Sattel zu halten vermochte. Doch alles in allem war der Turnierplatz von London genauso wie alle anderen, die er schon besucht hatte. Langweilig. Also wandte er seine Aufmerksamkeit wieder auf das niedliche junge Ding, welches noch immer von den jungen Rittern umschwärmt wurde.

Er ließ seinen kalten Blick intensiver über das Mädchen gleiten, um zu schätzen, wie alt sie wirklich war, doch dann spürte er selbst einen stechenden Blick auf sich ruhen. Er sah sich unauffällig aus den Augenwinkeln um, doch seine beiden Bediensteten Katsumi und Taka-chan waren zu sehr damit beschäftigt, sein Pferd ruhig zu halten und er sah auch sonst keinen, der ihm Aufmerksamkeit zu schenken schien. Er runzelte ärgerlich die Stirn, er spürte diesen Blick immer noch- und sah dann, daß er von dem jungen Mann kam, der neben dem kleinen Edelfräulein auf der gepolsterten Bank saß. Ihre Blicke kreuzten sich für einen Moment und Koji erstarrte auf dem Sattel. Diese Augen - eindeutig feindlich gesonnen, aber so wunderschön... Tiefe, in der Erregung fast schwarze Seen voller Gefühl, die seinen Blick fesselten und sein Herz einen Schlag aussetzten ließen. Der Mund in dem jungen, schmal und edel geschnittenem Gesicht war zu einem blutleeren Strich zusammen gekniffen und die schwarzen Haare fielen dem Jungen in die Stirn, so daß deren erregtes Runzeln verborgen wurde. Seine schlanke, durchtrainierte Gestalt drückte mit ihrer Körpersprache Abwehr aus.

Dann wurde Koji klar, daß er den Fremden anstarrte und der Bann war gebrochen. Er riß sich vom Gesicht des schönen Jungen los und traf den Blick des Mädchens. Im Gegensatz zu ihm war sie alles andere als feindselig, lächelte ihn bewundernd an.

Koji fuhr sich mit einer Hand durch die langen, silbernen Haare und drückte kurz die Augen zu, um die Fassung wiederzugewinnen. Was soll daß, dachte er wütend, sonst läßt du dich nie aus der Ruhe bringen, und vor allem nicht von halbwüchsigen kleinen Mädchen. Und außerdem scheint sie ja eindeutig was mit dem schwarzhaarigen Kerl zu haben, warum sollte er sonst so aussehen, als würde er mir an die Gurgel gehen wollen, wenn ich sie nur ansehe?

Dann setzte er wieder einmal sein kaltes Gesicht auf, von dem er wußte, daß es keine einzige Emotion an die Oberfläche kommen lassen würde und machte sich daran, vor den beiden stehen zu bleiben und zu grüßen, wie die Höflichkeit es erforderte.

Serika von Izumi lächelte all den jungen Rittern, die ihr zu Füßen lagen, aufmunternd zu und jedes Mal bekam ihr Bruder Takuto von Izumi fast einen Schreikrampf. Er konnte es einfach nicht ab, wenn diese jungen Gecken seine kleine Schwester so eindeutig betören wollten, daß ihm schon schlecht wurde- was bildeten die sich denn ein? Serika war ein junges Mädchen, viel zu jung, um sich schon Gedanken um Kinder und Ehemänner zu machen. Nun ja, eigentlich galt sie mit fünfzehn schon bei einigen als alte Jungfer, doch nicht für ihn. Er würde dafür kämpfen, daß seine kleine Schwester erst mit dem Heiraten konfrontiert wurde, wenn sie alt genug war, eine Entscheidung fürs Leben zu treffen. Da ihr Stiefvater sie beide liebte und keine eigenen Kinder hatte, denen er sein Erbe anvertrauen mußte, würde er ihnen Zeit lassen und ebenso freie Wahl.

Takuto sah prüfend in die Gesichter der vorbei reitenden und grüßenden Ritter und entschied schon beim ersten Blick, ob der Mann als Kandidat ausreichend war. Die meisten fielen durch. Und dann sah er den großen mit den silbernen Haaren, der auf einem schneeweißen Schimmel ritt, so sicher, als stünde er auf dem festen Erdboden. Sein Gesicht war wie aus Stein gehauen, doch seine Augen- der Kerl wagte es tatsächlich, seine kleine Schwester so unverschämt offen anzustarren! Er forderte den Hünen in Gedanken zu einem Duell auf und der sah wirklich in dem Moment weg, um ihm eine Sekunde später direkt in die Augen zu sehen. Was Takuto dort erblickte, ließ ihn schaudern. Man sagte, die Augen eines Menschen seien die Fenster zu seiner Seele. Dann mußte dieser Mann keine haben. Seine Augen waren von einem klaren, tiefen Blau, doch sie drückten nichts aus, kein Gefühl. Dann war der Moment vorbei und der Fremde Mann sah wieder Serika an. Takuto bemerkte zu seinem Entsetzen, daß sie auffordernd lächelte. Hatte sie ihn denn nicht richtig angesehen, nicht auf seine seelenlosen Augen geachtet? Wie konnte sie de nur attraktiv finden? Sicher, er hatte ein schönes Gesicht und seine Haare gefielen Takuto auf den ersten Blick, doch der Rest? Seine eingebildete Körpersprache?

Schließlich war Ritter mit seinem Roß vor ihnen stehen geblieben und es folgte die übliche, kurze Konversation.

"Werter Herr, ich begrüße Euch bei dem großen Turnier von London...", flötete Serika zuckersüß und war sich der eifersüchtigen Wut ihres großen Bruders sehr wohl bewußt. Aber es war ein Heidenspaß, ihn so zu ärgern.

Takuto war sich sicher, daß auch dieser Kerl so einfallslos war, daß er Serika genau wie die anderen den Sieg zu Füßen legen wollte und hatte schon eine scharfe Antwort auf der Zunge, doch der Ritter überraschte ihn, indem er nichts dergleichen sagte.

"Hoher Herr, edle Dame, es ist mir eine Ehre, vor Euren Augen und in Eurer Heimatstadt um Ruhm und Ehre zu kämpfen." Takuto schluckte und fragte sich, ob er sich von dem kühlen Tonfall beleidigt fühlen sollte. Doch als Serika das Wort ergriff und sich ganz und gar nicht beleidigt anhörte, beschloß er, daß das eine Eigenart des Ritters war, der er keine Beachtung schenken sollte.

"Es ist uns eine Ehre, Euch zusehen zu dürfen", lächelte Serika und ließ einen schnellen Blick über den Körper des Reiters huschen. "Woher wollt Ihr wissen, daß mein Bruder und ich aus London stammen?" Sie betonte das Wort Bruder so, daß selbst Takuto den Sinn darin kapierte und tatsächlich sah der Ritter überrascht aus und sah Takuto kurz, aber intensiv an. Dann faßte er sich wieder: "Ich höre es an Eurem Akzent. Und ich erkenne diesen feinen Stoff, wie er nur in London hergestellt wird." Serika strich sich geschmeichelt mit einer Hand über das kobaltblaue Kleid. "Nun, Ihr habt Recht. Darf ich Euch nach Eurem Namen fragen?"

"Koji von Nanjo", nickte der Riese knapp.

"Sehr erfreut, Sir von Nanjo", hauchte Serika und der Name klang aus ihrem Munde schon wie eine Anbetung. "Wir sind Takuto", sie deutete auf ihren Bruder, "und Serika von Izumi, Adoptivkinder des berühmten Besitzers der Stoffabrik von London." Koji nickte und fragte dann mit ehrlicher, wenn auch nur angedeuteter Begeisterung: "Die Stoffabrik? Meint ihr, daß es möglich wäre, diese zu besuchen und zu besichtigen? Meine Familie hat geschäftliche Kontakte mit der Euren, wie es scheint." Serika stürzte sich natürlich sofort auf den Strohhalm: "Dann würde sich unser Vater natürlich sehr freuen, Euch mindestens zum Essen bei uns zu sehen, Sir!" Koji nickte und beäugte noch einmal Takuto. "Dann scheint es bei Euch schon zwei gegen einen für mich zu stehen. Doch nun habe ich ein Turnier zu gewinnen!" Damit schlug er seinem Pferd die Sporen in die Flanken und sprengte davon.

Serika sah ihm sehnsüchtig hinterher und seufzte leise.

"Sag mal, was sollte denn das eben?", wütete Takuto neben ihr. "Was? Natürlich wird sich Vater freuen, ihn bei uns zu haben..." "Das meinte ich auch nicht", viel ihr der Bruder ins Wort, "sondern deinen Blick und wie du ihm so offensichtlich zugeneigt warst!" Serika sah, daß sie ihren beschützerischen Bruder wirklich verärgert hatte und versuchte ihn zu beruhigen.

"Ach Takuto, nimm das doch nicht so ernst...Er hat mir halt die Sprache verschlagen. Ich würde mich ja nie darüber hinwegsetzen, was du sagst, das ist doch klar. Aber junge Mädchen dürfen doch wohl noch träumen!" Das dämpfte zwar seine Wut, hob aber nicht seine Stimmung. "Ja, träumen, aber lieber nicht von solchen Kerlen wie dem...Der war kalt wie Eis und gefährlich wie eine Klinge....", murmelte er vor sich hin. "Was meinst du damit?", fragte Serika, denn sie hatte den schönen Ritter zwar als kühl und höflich, allerdings nicht als kalt empfunden. Sie grinste. Vielleicht lag seine Befangenheit auch an Takuto, denn sie hatte die Blicke, die in die Richtung ihres großen Bruders gingen, sehr wohl zur Kenntnis genommen. Hatte er damit andeuten wollen, daß er lieber allein mit ihr sein wollte? Doch aus Takuto war nichts mehr heraus zu bekommen. Er schmollte jetzt.

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TEIL 3

Der große Preis von London

 

Koji meldete sich für das Tjosten an. Sein Diener und gleichzeitig engster Freund Katsumi schüttelte mal wieder den Kopf darüber,denn er wußte,daß seinem Herrn der Schwertkampf viel mehr lag als der Kampf mit der Lanze und er das auf jeden Fall gewinnen würde.Koji erwiderte wie immer, der Gewinner an der Lanze sei der Turniersieger und das kein anderer sein könnte als er.

"Koji, du", fing Katsumi gespielt drohend an, doch dieses mal hatte Koji keine Lust auf das traditionelle Streitgespräch und fuhr dazwischen: "Ja, Katsumi, ich weiß, daß ich mir dabei den Hals brechen werde und mein Vater dich dafür umbringen wird...und es ist mir scheißegal!" Katsumi

zuckte zusammen und senkte den Blick. "Dann sollten wir Euch lieber mal zum Start bringen, bevor Ihr zu spät kommt, Sir von Nanjo." An der Förmlichkeit und dem verletzten Blick des Dieners erkannte Koji, daß er zu weit gegangen war und er wollte keinen Streit mit seinem besten Freund. Er schalt sich selbst dafür, daß er sich von diesem Mädchen- oder doch eher von ihrem Bruder?- durch einander bringen ließ und legte eine Hand sanft auf Katsumis Haarschopf.

 

"Gib mir eine gute Vorstellung heute und ich verspreche dir, daß wir zum Bankett bleiben!" Katsumi lächelte aus den Augenwinkeln zu ihm rauf und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Im Gegensatz zu seinem Herrn liebte er Bankette und wollte sich das große Fest in London nicht entgehen lassen. Er führte Koji an seinen Startplatz und überließ ihn dann dem anderen Diener, dann hörte er sich die Reden der anderen an,die ihre Herren vor den Edelleuten Londons vorstellten. Koji hat wahrlich Glück mit mir gehabt, dachte er kopfschüttelnd. Diese sogenannten Redner konnten das Volk doch zum Einschlafen bringen!

 

"Meine edlen Damen und Herren, und ebenso Bürger von London! Ja, hier stehe ich, verzeiht, wenn ich nicht bis vor Eure Sitze komme, doch würde ich es mir nicht anmaßen wollen, Euch jetzt die Sicht zu nehmen, Eure Augen von IHM abzulenken, für den die Götter und Göttinnen", er zwinkerte den Damen in der ersten Reihe zu, "jubeln! Ihr wißt alle, wer er ist, der beste Schwertmann von ganz England, der am meisten begehrte Jüngling von allen", wieder ein Blick auf die Edelfrauen, "und vor allem, der Sieger dieses Turniers. Ladies und Gentleman, begrüßt heute, in London, den einzigartigen, den großen...Kooooooji Nanjo!" Er steigerte sich so sehr in das Ansagen seines Herrn, daß er den Namen nur noch hinaus schreien konnte, und das Volk schloß sich ihm an. Katsumi lächelte, zufrieden über seine Leistung. Das war sein Gewinn, sein Beitrag zu Kojis Kampfkunst. Wenn Koji auch auf einen übermächtigen Gegner treffen sollte, das Volk würde zu ihm halten. Er sah das Mädchen und den Jungen, mit denen Koji vorhin geredet hatte und fragte sich, ob dieses Kind Kojis nächste Eroberung werden sollte. Erobert hatte er sie ja offensichtlich schon, jetzt mußte er nur noch seinen Preis abholen. Er fragte sich, seit wann Koji auf junge Mädchen stand, doch da ging das Turnier für seinen Herren schon los und er widmete dem seine ganze Aufmerksamkeit.

Ihr Götter, gebt mir die Kraft Eurer Arme für diesen Tag, gebt mir das Geschick und den Mut, die ein Mann nur auf der Götter Pfaden finden kann...

 

Er spürte, ohne zu sehen, wann die Fahne gehoben wurde und trieb sein Pferd mit einem sanften Druck in die Seiten voran. Das Tier war ein erfahrenes Schlachtroß und hatte schon eine endlose Zahl an Turnieren mitgemacht, so daß es keiner brutalen Aufforderung bedurfte.

Koji spürte das Tier unter ihm, durch das Pferd den Boden und jede Unebenheit.Er spürte die Lanze in seiner Hand und zu mit der Lanze und dem Pferd wurde er zu einer Einheit, einem Ganzen... Er sah den Gegner kommen, spürte auch dessen Angst, denn wenn er erst mal in den Zauber dieses Momentes versunken war, schärften sich seine Sinne um ein Vielfaches, es war ihm, als nehme er die Umwelt durch die feinen Sinne des Tieres wahr...

 

Ohne die Augen abzuwenden, stieß er seine Lanze dem Gegner ins Gesicht und spürte, wie der die Kontrolle über sein Pferd und sich selbst verlor, ehe er rückwärts aus dem Sattel kippte und das Pferd mit sich riß. Koji verlangsamte sein eigenes Tier nicht mal und ritt bis zum Ende der

Barriere, ehe er wendete und sah, daß sein Gegner sich noch immer nicht gerührt hatte. Zwei Männer rannten auf den am Boden liegenden zu und versuchten ihn zu bewegen. Nach einigen Minuten war klar, daß er tot war. Kojis Stoß hatte ihm das Bewußtsein geraubt und das fallende Pferd hatte ihm das Rückgrat gebrochen. Koji nahm den Helm ab und das Pferd des Besiegten, welches nun ihm gehörte, in Empfang. Er wies Taka-chan an, es zu versorgen und seinen Wert einzuschätzen. Er konnte kein Pferd gebrauchen, welches nicht sicher auf den Beinen war.

Bis zu seinem nächsten Kampf hatte er noch ein wenig Zeit. Katsumi kam zu ihm gestürmt und zog ihn sofort aus der Arena weg. Er kannte Koji zu gut, um ihn allein zu lassen. Würde er das tun, so würde Koji nicht einmal lange genug aus seiner Trance, in die er während des Reitens verfiel, aufwachen um zu erkennen, daß das Volk ihm zujubelte. Er würde sich nur irgendwann lautstark über den Lärm beschweren...

 

Koji merkte nach einer Weile,daß er auf einer Truhe in seinem Zelt saß, das Gesicht in den Händen verborgen. Er versuchte sich zu erinnern, was passiert war. Ach ja, der tote Gegner,das wertlose Pferd...Er fragte sich leicht verärgert, wie ein unerfahrener Jüngling zum Tjosten kam.Wer nichts einstecken konnte, sollte sich nicht in einer Arena mit ihm wiederfinden. Verflucht seien die ganzen Halbwüchsigen, die die Turnierplätze überfüllten und richtige Kämpfe unmöglich machten!

 

"Koji?" Katsumi Stimme klang unsicher, als ob er nicht wüßte, ob er schon wieder da war. Koji mußte lächeln, so gut kannte der Wicht ihn also schon und so gut konnte er mit ihm umgehen. "Was ist?", rief er und zwang seine Stimme, einen lebendigen Klang anzunehmen. "Hier ist jemand, der dich sprechen will. Eine Dame..." Koji wunderte sich, wen Katsumi meinen könnte und erhob sich, wischte sich die Haare aus der Stirn und verließ das Zelt.

 

Davor stand Katsumi mit einem jungen Dienstädchen, welches sich artig verbeugte: "Herr, ich bin Miyuki, die Zofe von Serika von Izumi. Ich soll Euch darüber informieren, daß die Herrin ihre Garderobe an die Eure anpassen will und fragt nach der Farbe für die über- morgige Nacht. Koji

konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dieses dumme, dumme kleine Kind! "Sagt Eurer Herrin, daß ich silberweiß tragen werde."

"Silberweiß? Gibt es so was?", fragte das Mädchen irritiert. Koji lachte leise und deutete auf seinen Kopf. "Gibt es. Und jetzt entschuldigt uns. Ich habe noch zu siegen." Das Mädchen verabschiedete sich höflich von Koji und mit einem koketten Lächeln von Katsumi und ging wieder. Kaum war sie weg und der verzückte Ausdruck von Katsumis Gesicht gewichen, gingen schon die Fragen los: "Koji, das ist doch nicht dein Ernst, oder? So ein junges Ding..." Koji zeigte keine Emotion und fragte kalt: "Was soll damit sein?" Katsumi schluckte unbehaglich: "Komm schon, wie du sie heute angesehen hast, das sprach schon für sich und sie ist dir ja auch schon verfallen, aber sie ist einfach so verdammt jung!" Koji spürte die Worte hart, doch er ließ sich nichts anmerken. "Du kennst mich, Katsumi. Keine Frau ist vor mir sicher...", beide lachten, als er Katsumis Faust abfing, die auf seinen Oberkörper gezielt war, "aber von Mädchen ist nicht die Rede. Also werde ich mit ihr tanzen, mit ihr über das Geschäft ihres Vaters reden und mir eine Frau suchen, mit der ich mir die Zeit vertreibe. Und das war's." Katsumi schüttelte unglücklich den Kopf. "Eine Frau, mit der du dir die Zeit vertreibst...Koji, du bist so ein verdammter Bastard." Koji nickte, doch dann hob er das Kinn des anderen an, so daß dieser hoch und in seine Augen blickte: "Aber du weißt,daß ich mich um die kümmere, die mir was bedeuten. Ich bin nicht nur ein Bastard, oder, Katsumi?" Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Katsumi lächelte sanft: "Ja, Koji, da hast du Recht. Es ist gut zu wissen, wie du zu einem stehst." Koji ließ Katsumis Kinn los und klopfte ihm auf die Schulter. "Es geht weiter. Lass' uns schon mal hingehen, damit ich mir die Gegner ansehen kann." Als sie zum Pferd liefen, schüttelte etwas in Koji sich. "Wie du sie angesehen hast..." Was sollte das, was meinte Katsumi? Er fand sie nicht mal interessant. Sollte sich der Mensch, der ihn am besten auf der Welt kannte, geirrt haben?

 

Serika von Izumi erwartete ihre Zofe ungeduldig und ließ dieser auch kaum Zeit zum Atmen, so dringend wollte sie die Antwort ihres Ritters- ihr fiel auf, daß sie ihn in Gedanken bereits "ihren" Ritter nannte und kicherte- wissen. "Silberweiß? Wie sein Haar? Oh, wo bekomme ich nur so

einen Stoff her?" Mit diesen Worten lief sie los, um ihren Vater zu suchen und ließ ihren Bruder allein zurück. Der starrte ihr düster nach. "Was wird mein Ritter tragen?" Und "Silberweiß, wie sein Haar?" Er kannte nur einen Ritter, der silberweißes Haar hatte. Und sollte dieser es wagen,

sich als Ritter seiner Schwester zu geben, würde er bald einen Kopf kürzer sein...

Nachdem Serika ihrem Vater endlich erklären konnte, daß das Kleid aus silberweißem Stoff für sie überlebenswichtig war, setzte sie sich wieder zu Takuto und sie diskutierten über die Kämpfe und die Techniken der Ritter. Für eine Dame wußte Serika viel zu viel davon, doch das störte Takuto nicht weiter. Ihr größter Streitpunkt war dabei- wer denn sonst- Koji von Nanjo.

"Serika, sieh ihn doch nur an, der ist einfach so verdammt groß, daß ihn seine Masse im Sattel hält. Das hat nichts mit guter Technik zu tun!" Serika begehrte auf: "Ach was! Er hat doch noch keinen einzigen Treffer abbekommen! Er ist zu gut dazu, der Gegner trifft ihn nie, denn jeder

seiner Gegner landet im Sand, noch ehe er ausholen konnte!" Takuto schüttelte den Kopf. Wo sie Recht hatte, hatte sie nun mal Recht. "Aber er ist total unvorsichtig und leichtsinnig. Er hebt den Kopf nicht, um den Splittern auszuweichen!" Serika hauchte ergriffen: "Nicht leichtsinnig,

sondern furchtlos..." Takuto gab es auf. Er hörte die Hochzeitsglocken, die in Serikas Kopf läuteten. Er mußte diese Angelegenheit von anderer Seite aus klären.

Eigentlich war Takuto Fan von Turnieren. Er ging nur hin, um seine Schwester im Auge behalten zu können. Er hing einer neuen Sportart an, bei der man einen Ball in ein Tor bringen mußte, und das nur mit den Füßen. Obwohl er schon so einige Prügelei mit anderen Jungs hinter sich hatte und im Notfall vor Gewalt nicht abschreckte, umging er diese dennoch, so oft es ging. So hatte er zum Beispiel nie mit dem Schwert zu kämpfen gelernt. Hätte er es, wäre alles wahrscheinlich ganz anders gekommen...

 

Auch wenn das Turnier drei Tage währte, in Takutos Augen drei endlose Tage, ging es vorbei. Serika stritt sich mit einer einstmals guten Freundin von ihr um das Vorrecht, den Siegern die Preise zu überreichen, und setzte sich durch. Für den Sieger im Kampf mit dem Schwert und mit dem Morgenstern hatte sie keinen zweiten Blick übrig, doch als sie dem Sieger des Turniers, Koji von Nanjo, seinen Preis überreichte, lächelte sie kokett und berührte wie zufällig seine Hand. Takuto erstarrte. Koji lachte leise und es war nicht klar, über welchen seiner Siege er sich freute.

 

"Werter Ritter, mein Vater bittet Euch, morgen bei uns zu Abend zu speisen. Er will Euch gerne kennen lernen und mit Euch über die Herstellung von Stoff sprechen, wenn es Euch beliebt." Takuto starrte direkt in Kojis Augen, als der es kurz überdachte und einen, wie Takuto schien, mit Hohn und Triumph gefüllten Blick mit ihm wechselte und dann mit fester Stimme sagte: "Ich nehme die Einladung mit größtem Vergnügen an, Lady Serika. Und wir sehen uns ja wohl auf dem Bankett heute Nacht."

Das Bankett Koji wartete darauf, daß Katsumi ausflippte. Eher konnte er nicht losgehen. Er wußte ja selbst, daß Eitelkeit eine der sieben Todsünden war, doch hatte schon andere gebrochen und an die zehn Gebote hielt er sich auch nicht, also machte es für ihn keinen Unterschied mehr. Er glaubte ja eh' an andere Götter. An Kraft, Geschicklichkeit, Vernunft. Und daran, daß es Katsumi irgendwann reichen würde. Er hatte Recht: "Koji...Bist du `n Weib oder was ist jetzt? Wie lange willst du denn noch vor dem Spiegel stehen?! Irgendwann klau' ich dir das Ding und werf' ihn in den Fluß! Und übrigens bist du kein Pferd, dessen Haare glänzen müssen. Beweg jetzt deinen Hintern, wir kommen zu spät!!!" Koji nickte zufrieden. Ja, es konnte losgehen.

 

Serika erwartete ihn schon, was er mit einem verächtlichen Verziehen des Gesichtes quittierte. Dieses Kind dachte wirklich, ein tiefer Ausschnitt und ein dick bemaltes Gesicht würden ihn interessierter an ihr machen. Doch er versprach sich, nett zu sein. Denn schließlich mußte er sie ja nicht wiedersehen. Der Ausdruck ihrer Augen sagte ihm, daß sie sich genau das erhoffte. Sicher, er sah gut aus, mit dem feinen silbern- weiß glänzenden Stoff, der perfekt zu seinen Haaren paßte und seine blasse Haut betonte, so daß seine Augen wie blaue Feuer auffielen. Doch was er da in Serika sah, war mehr als nur Anerkennung für sein Aussehen.

 

"Lady Serika, was für eine Freude. Und wie fabelhaft Ihr ausseht!" Die Lüge ging ihm leicht über die Lippen. Serika wurde rot und kicherte hinter vorgehaltener Hand. "Oh,danke, Sir Koji, aber Ihr seht auch fabelhaft aus!Wollt Ihr tanzen oder darf ich Euch zunächst meinen Vater vorstellen?" Plötzlich mischte sich Katsumi ein: "Weder, noch. Koji, wir müssen reden. Sofort." Serika sah aus, als wäre sie geschlagen worden und Koji wollte gerade eine Braue wegen dem unverschämten Benehmen Katsumis heben, doch dann überlegte er es sich anders. Katsumis Blick und sein Tonfall hatten ihn überzeugt. Er komplimentierte Serika davon und mußte ihr hoch und heilig versprechen, daß er zurück kommen würde.

 

"Was ist?", fragte er, nachdem sie außerhalb der Hörweite war. "Hirose ist hier! Und er schien schlechte Nachrichten zu haben..." Koji zuckte zusammen. Hirose. Sein ältester Bruder. Er konnte zwar beide nicht leiden, doch Hirose... war komisch, machte ihm Angst. Nicht, daß er unfreundlich gewesen wäre, ganz im Gegenteil, aber er war so... so falsch. Und er schien irgendein dunkles Interesse an Koji zu haben.

Sie suchten schweigend Kojis großen Bruder und fanden ihn in einem ansonsten menschenleeren Raum. Koji begrüßte den Älteren höflich, aber kühl, und fragte nach dem Grund für dessen Anreise.

Hirose seufzte und bat Koji, sich zu setzten. "Kleiner Bruder, unser Vater ist tot. Er starb vor einer Woche auf unserem Gut, kurz nachdem du dich verabschiedet hast." Koji sagte nichts, auch wenn Hirose das offensichtlich von ihm erwartete. Er überdachte kurz, was das für ihn bedeuten konnte. Eigentlich nichts. Als dritter Sohn würde sein Erbe nicht viel vom Gesamtbesitz sein, wenn das aber auch schon eine ansehnliche Summe werden würde. Nein, es änderte eigentlich nichts- außer...daß Hirose als ältester Sohn nun das Familienoberhaupt war und er ihm zu gehorchen hatte!

Koji schluckte. Hirose schien das als Reaktion auf seine Worte zu sehen und sagte: "Ja, mich nimmt es auch total mit.Koji."Er machte eine Pause. "Sieh mich an. Vater hat alles dir vererbt. Die Schule, die Schwerter, das Geld, das Haus. Es gehört dir, du bist das Familienoberhaupt. Ab dem Moment wo du das Ritterleben aufgibst und zu uns zurück kommst. Bis dahin soll ich dich vertreten." Koji fand, zum ersten mal in seinem Leben, keine Worte. "Komm mit mir, Koji. Lass' uns nach hause gehen." Da hatte Koji sich wieder in der Hand. "Nein. Noch nicht. Geh' allein. Ich komme nach. Aber ich brauche noch Zeit!" Damit sprang er auf und verschwand. Er lief unruhig durch den mit grün und Gold geschmückten, total überfüllten Festsaal, bis er einen freien Stuhl fand und sich schwer rauf fallen ließ. Katsumi kam nach einigen Minuten zu ihm und sagte, Hirose hätte es akzeptiert und angeordnet, daß er bei seinem Treffen mit den Izumis nichts davon sagen sollte.

Woher wußte er davon? Was sollte Koji nun mit der Bürde machen, der Erbe zu sein? Es war zu viel auf einmal für ihn. Nicht, daß ihm der Tod seines alten Herrn was ausgemacht hätte, aber die Verantwortung, die er jetzt hatte. Daß er sein Ritterleben aufgeben sollte...

Er sah nach einer Weil angestrengten Denkens auf und bemerkte, daß er neben Takuto von Izumi saß. Der besah ihn mit einem merkwürdigen Blick und fragte spöttisch: "Schlechte Nachrichten, Sir von Nanjo?" Koji wäre ihm an die Gurgel gegangen, wäre er jemand, der sich zu übereilten Handlungen hinreißen ließ. Er ließ seine kalte Maske fallen und setzte sein überhebliches, verächtliches Gesicht auf. Was dieser Kleine konnte, konnte er ebenfalls und tausendmal besser.

 

"Ich denke mindestens so schlecht wie sie für Euch wären, sollten unsre Familien sich mit einer ehelichen Verbindung aneinander Ketten." Takuto wurde unter seiner bronzefarbenen Haut blaß. "Hütet Eure Zunge, Nanjo!", fauchte er wie eine gereizte Wildkatze. Koji rümpfte die Nase und ließ seine schlechte Laune an diesem lächerlichen Kerl aus. "Was denn, könnt ihr die Wahrheit nicht vertragen? Unsere Familien haben enge Kontakte, doch ich weiß, daß sich Euer Vater eine Verbindung zu meinem Haus wünscht, um seine Position zu festigen. Und Eure kleine Schwester schien auch nicht abgeneigt davon, sich aus Eurer Aufsicht zu befreien." Takuto fletschte für einen Moment tatsächlich die Zähne. "Kommt meiner Schwester zu nahe und brecht ihr das Herz, Nanjo, und ihr werdet ein großes Problem haben..." Er stand auf und der Stuhl fiel hinter ihm um. Koji sah ihm nach, wie er davon stürzte und dachte, daß der Kleine in seiner Erregung verdammt heiß aussah- was?! Was dachte er da?! Koji konnte sich selbst ohrfeigen. Einem Mann hinterher zu schauen...Verrückt. Der Tag war für ihn zuviel, sagte er sich. Katsumi hatte aus irgendeiner Ecke alles mit angehört und warf ihm nur noch einen fragenden Blick zu, als er Takutos Stuhl aufhob und sich neben Koji setzte. "War doch nur Spaß. Ich wollte meine Rache haben. Und jetzt mache ich die Sache komplett, indem ich seine kleine Schwester um den Verstand bringe..." Katsumi sah ihn offen an: "Das meinte ich mit Bastard. Einem Kind das Herz zu brechen, nur weil ihr Bruder dich nicht mag und auf dem falschen Fuß erwischt hat?" Koji nickte und in seinen Augen glühte das Feuer der Hölle.

 

"Lady Serika...Gestattet mir, mit Euch zu tanzen!" Serika lachte überrascht und erfreut auf, als Koji plötzlich vor ihr stand und ganz entspannt, überhaupt nicht mehr kühl wirkte. "Aber sicher, Sir Koji!" Sie tanzten die ganze Nacht. Serika schwebte im siebten Himmel. Koji erzählte offen

aus seinem Leben und fragte interessiert nach ihrem, hörte ihr zu. Und wie er lächelte! Seine blauen Augen strahlten und er berührte immer wieder wie zufällig ihre Wange. Serika war sich sicher, den Mann für ihr Leben gefunden zu haben. Doch wenn man sich amüsiert, vergeht die Zeit viel zu schnell und schon zu bald mußten sie sich verabschieden. "Ich hoffe, Eure Zusage für morgen gilt noch, Sir Koji.", flehte Serika, die ihren Ritter nicht gehen lassen wollte. "Natürlich gilt sie noch, Lady Serika. Wie könnte ein Mann eine Einladung von Euch ausschlagen?"

 

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TEIL 4

Leben in London

 

Am nächsten Morgen war Kojis Entschluß noch genauso fest wie am Abend davor. Katsumi seufzte ergeben und freundete sich mit dem Gedanken an, seine Familie eine lange Weile lang nicht zu sehen.

Koji empfing während dessen einen Boten von Hirose, der ihm einen ganzen Haufen Geld schickte und die Botschaft, daß Koji sich nur ruhig Zeit nehmen sollte, solange er brauchte. Er äußerte noch den Wunsch, daß Koji Kontakt mit Herrn Izumi hielt und von dem gerissenen Alten lernte. Koji nahm das Geld und die Botschaft sehr ruhig entgegen,doch hinter seinen eiskalten Augen tobte ein Sturm an Gefühlen. Da war seine Chance, in Izumis Nähe zu sein!

Er wollte gerade mit Katsumi losziehen, um eine geeignete Unterkunft für sie alle zu finden, als noch ein Bote seinen Weg zu Kojis Zelt fand. Er verbeugte sich und stellte sich als persönlichen Boten des Herrn von Izumi vor. Koji bedeutete ihm, zu Atem zu kommen und fragte dann nach der Botschaft.

"Mein Herr bittet Euch, umgehend zu ihm zu kommen. Es scheint, als hätte er wichtige Neuigkeiten für Euch und es ist ihm nicht möglich, Euch selber aufzusuchen, da er sich letzte Nacht eine Erkältung eingefangen hat." Koji stellte erstaunt fest, daß er sich tatsächlich ein wenig Sorgen um den alten, sehr sympathischen Mann machte. Er sattelte seinen Schimmel allein und das Pferd ließ den gebrechlichen Klepper des Boten ohne Probleme hinter sich, als er wie ein Wilder hoch zu dem Haus der Izumis ritt. Er rannte lief zügig zu den Gemächern des Hausherren und rempelte dabei alle Dienstboten um, die jedoch keinen Laut zu machen wagten bei dem eisigen Ausdruck seines Gesichtes.

 

Izumi saß in einem großen Sessel, in eine warme Wolldecke gehüllt und beugte sich konzentriert über ein Papier. Als Koji herein kam, erlitt er einen schweren Hustenanfall. Koji wollte ihn schon ins Bett zurück schaffen, doch Izumi protestierte mit einer Kraft,die für de gebrechlichen Körper nicht genug Raum zu haben schien: "Laßt das, Sir von Koji, laßt mich hier sitzen. Wer soll denn den ganzen Kram erledigen, wenn nicht ich? Überlaßt jemandem anderen in diesem Haus die Verwaltung für eine Woche und alles geht den Bach herunter!" Koji schmunzelte angesichts der Heftigkeit der Worte,doch er ließ Izumi seinen Willen. Er setzte sich dem Alten gegenüber in einen zweiten Sessel und fragte nach dem Grund für sein Dasein. Izumi schluckte zunächst und klopfte Koji dann auf den Arm.

"Ich habe von dem Tode Eures Vaters erfahren, Koji. Es...es tut mir weh zu wissen, daß ein so guter Mann von dieser Erde gegangen ist. Und ich hörte, daß Ihr sein Nachfolger werden sollt. Nur richtig, denn in Euch sehe ich seinen Sohn! Nun habt Ihr en Wunsch geäußert,noch eine Zeitlang in London zu verweilen und ich weiß, daß Euer Bruder will, daß Ihr von mir lernt. Daher biete ich Euch an, die Zeit, die ihr noch in London bleibt, hier in meinem Haus zu wohnen. Ich will,daß ich Euch all mein Wissen vermitteln kann, so wie es einem Nanjo gebührt. Damit ihr ein würdiger Nachfolger werdet. Was sagt Ihr dazu, mein junger Freund?"

 

Während Izumi sprach hatte Koji zum ersten mal in seinem Leben wahrhafte Schwierigkeiten damit, ein Lächeln zu unterdrücken. Was der Alte ihm da bot war eine Antwort auf all seine Gebete! Nur eine Sache beunruhigte ihn: "Woher habt Ihr all die Informationen, Sir?" Der alte Izumi lächelte schelmisch und konterte: "Nehmt mein Angebot an und ich lehre Euch,wie man schnell und unauffällig an Informationen heran kommt!" Koji lachte nun wirklich laut heraus und schlug kraftvoll in die ausgestreckte Hand des alten Mannes.

 

Takuto erwachte aus einem unruhigen Schlaf. Er hatte geträumt, er wäre ein Krieger, doch weil er nicht mit dem Schwert umgehen konnte, geriet er in Gefangenschaft, und der Wärter war Koji von Nanjo und dann...er erinnerte sich nicht mehr. Er hatte am vergangenen Abend so lange an Kojis Worte denken müssen, daß er noch davon geträumt hatte! Jetzt, am Morgen, schien ihm die Aussicht, sich im Schwertkampf zu üben, nicht ganz so unerträglich wie am Abend, wenn das Licht der Sterne und des Mondes zum Fenster herein fielen und ihn wie immer in einer seltsam melancholischen Stimmung zurückließen. Kojis Worte hatten in seinen Ohren Sinn ergeben, auch wenn es ihm nicht ganz so leicht fiel, das zuzugeben. Niemand erfährt gerne, daß er sich geirrt hatte, auch nicht Takuto. Was ihn aber am meisten störte war die Tatsache,daß er Koji nicht nur nicht hassen konnte, sondern auch noch einigermaßen sympathisch, wenn auch zu verschlossen hielt und ihn nicht als allzu schlechte Wahl für seine Schwester sah. Er seufzte und entschied sich, bei der nächsten Gelegenheit, sollte es denn noch eine geben, Koji zu sagen, daß er sehr gerne sein neuer Schüler sein würde.

"Takuto! Takuto! Mach schon auf!" Serikas energisches Klopfen riß ihn aus seinen Überlegungen. Er öffnete verwundert die Tür und noch ehe er sich versehen konnte, saß Serika schon auf seinem Bett und ließ die Füße baumeln. Ihre Wangen zierte ein erregtes Rot und ihre Augen quollen über vor Freude.

 

"Takuto, stell dir das bloß vor, er wird hier einziehen und eine Weile lang bei uns wohnen!" Sie quietsche begeistert und war sichtlich enttäuscht über seinen fehlenden Optimismus. Er fragte nur langsam: "WER zieht hier ein, Serika? Und warum?" Serika musterte ihn, als sei er vom Mond und machte sich über ihn lustig, indem sie seine langsame Stimme imitierte: "ER zieht hier ein, Koji von Nanjo. Sein Vater ist gestorben und aus irgendwelchen Gründen will Vater ihn eine Weile hier haben! Stell dir vor, es könnte sich vielleicht sogar um ganze Wochen handeln!" Takuto nickte und fragte sich selbst, wie lange Koji wohl brauchen würde ihn soweit zu bringen, daß er ein Schwert anfassen konnte, ohne sich dabei die Hand aufzuschlitzen...

 

"Serika, Takuto, seid ihr da drin?", fragte plötzlich des Vaters Stimme von draußen. Ihr solltet jetzt mal unseren Gast willkommen heißen." Serika sprang begeistert auf und wollte Takuto schon bei den Haaren aus dem Zimmer ziehen, bis er ihr erklären konnte,daß es keinesfalls höflich wäre, noch in Schlafanzug vor einem Gast zu erscheinen. Serika rannte schon mal herunter, um sich Koji an den Hals zu werfen, während Takuto sich anzog und wusch. Als er die Treppe zum Empfangssaal herunter schritt, sah er, wie Serika an Koji klebte, der höflich lächelte und ihr hin manchmal zunickte. Doch als Takuto sichtbar wurde und Kojis Blick auf ihn fiel, verstummte er mitten im Satz. Takuto lief ein Schauer über den Rücken. "Warum sieht er mich so an? Was ist das in seinen Augen? Mir wird bei diesem Blick gleichzeitig heiß und kalt..." Dann schüttelte Koji den Kopf und er wandte sich wieder Serika zu. Er lächelte entschuldigend und sie hing noch immer an seinen Lippen. Dann kam Takuto auch schon bei ihnen an und schüttelte Koji die Hand. Bei der Berührung dachte er an diesen Blick zurück, den er nicht zu deuten vermochte. "Koji...Kann ich mal kurz allein mit Euch...dir reden?" Koji nickte lächelnd und insgeheim sonnte sich sein Herz in der persönlichen Anrede. Er entschuldigte sich bei Serika und ließ sich von Izumi in einen Nebenraum, in welchem nur mit Baumwolltüchern abgedeckte Möbel standen, führen.

 

Izumi wußte sichtlich nicht, wohin mit seinen Augen und Händen,als er begann: "Also ich habe über unser Gespräch nachgedacht und ich denke, daß du Recht hast in vielen Punkten und da du ja jetzt eine Weile lang bei uns wohnen wirst, dachte ich mir, daß, wenn es dir nichts ausmacht, einen absoluten Anfänger zu trainieren, du mir den Schwertkampf vielleicht doch beibringen könntest?

Bitte." Koji sagte zunächst nichts und auf seinem Gesicht zeigte sich auch nichts, was einer Antwort gleichkam. Plötzlich bewegte er sich wortlos auf Takuto zu und nahm dessen Kinn in die Hand, welches er hoch drückte, so daß sie sich in die Augen sahen.

"Ich arbeite nur mit den Leuten, die es auch wert sind. Und keiner ist meine Zeit wert, der nur aus Zwang lernt. Also sag mir, willst du, daß ich es dir beibringe oder zwingt dich dein Vater dazu?" Unter Kojis sezierendem Blick wurden Takutos Knie weich, auch wenn er nicht wußte, warum.

 

Er nickte und antwortete leise: "Ich will es. Mein Vater weiß noch nichts davon..." Koji ließ ihn wieder los und sah komisch berührt aus. "Dann ist es gut. Aber mach dich auf harte Zeiten bereit. Ich bin nicht einfach zufrieden zu stellen...Und es geht schon frühmorgens los, um nicht den ganzen Tag zu verpassen- genauer gesagt erwarte ich dich eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang an einem Trainingsplatz, den wir noch finden müssen." Takuto nickte und sagte dann unüberlegt: "Dann nimmst du am besten die Gemächer neben mir, so daß wir die anderen nicht stören. Und ich habe einen Platz: Neben dem Stall ist eine Waffenhalle, in der die Soldaten den Kampf üben. Die können wir benutzen." Koji lächelte wider ein geheimnisvolles, irritierendes Lächeln und gab sein Einverständnis. "Es geht morgen schon los, Izumi...Wir wollen ja die Zeit nutzen, die wir haben! Und jetzt lass' uns zu den anderen zurück gehen, sonst vermissen sie uns noch."Takuto mußte gegen ein Lächeln kämpfen und entschied sich, daß er es gar nicht wollte. "Meine kleine Schwester vermißt dich garantiert jetzt schon!" Koji grinste ihn wölfisch an und seine blauen Augen dankten Takuto still dafür, sich zu überwinden und ihm eine faire Chance zu geben.

Sie drängten sich an zwei Regalen, welche die Tür halb verbargen, vorbei und Takuto spürte einen Moment lang Kojis harten, heißen Körper, der von hinten gegen seinen prallte, als er sein Tempo verlangsamen mußte. Sofort spürte er wieder eine Gänsehaut und fragte sich, was für eine komische Kontrolle dieser Mann schon über ihn gewonnen hatte.

 

Serika hatte Koji wirklich vermißt und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Doch insgeheim freute sie sich, daß ihr Bruder und ihr Ritter sich doch nicht so sehr zu hassen schienen sondern schon im Gegenteil in irgendeiner Weise unter einer Decke zu stecken schien. Den restlichen Tag bekam sie ihn aber kaum zu Gesicht, denn er war damit beschäftigt, den Dienern beim Schleppen seiner Sachen über die Schulter zu gucken und sich einzurichten und dann einen langen Rundgang über das Gut zu machen. Serika tröstete sich damit, daß er ihr beim Abendessen nicht entwischen konnte. Sie hatte schon Pläne geschmiedet und hoffte nur inbrünstig, daß er möglichst lange bleiben würde...

Koji rannte den ganzen Tag wie eine aufgescheuchte Henne hin und her. Er wußte, daß es für andere wie ein würdevolles Hin- und Herschreiten aussah, doch er selbst kam sich albern vor. Er versprach dem alten Izumi lächelnd, pünktlich zum Abendessen wieder im Haus zu sein, ehe er sich einen Diener krallte und der ihn dann durch das ganze Gut führen mußte. Als er vor der Stall angekommen war, kam ihm die Idee, seinem Pferd nach dem Abendessen noch ein wenig Bewegung zu verschaffen und somit seine eigenen Gedanken zu klären. Er kam schon fast zu spät zum Essen und begegnete wieder einmal Serikas leicht besorgten und leicht vorwurfsvollen Blick. Das Gör nervte ihn.

Beim Essen verwickelte er Izumi bewußt in ein Fachgespräch über Stoffe und deren Herstellung, so daß er sicher sein konnte, daß Serika es bald aufgeben würde, mitreden zu wollen.

 

Nach dem Essen erwartete Serika noch eine Freundin und verschwand ziemlich schnell, so das Koji die ideale Gelegenheit sah, Takuto zu fragen, ob es auf dem Gut eine Reithalle gab. Takuto nickte und bot ihm sofort an, ihn hinzuführen. Koji dankte lächelnd.

Die Reithalle war ein großer Raum, der mit dem Stall verbunden war. Sie war erstaunlich hoch und groß. Mehrere Fenster ließen zusätzliches Licht zu den vielen Kerzenständern auf den Platz fallen. Um den Sandplatz herum war eine Abgrenzung, hinter der an der Wand sorgsam Sättel und Zaunzeug aufgehangen waren. Ein Brunnen mit mehreren Eimern vervollständigten das Bild.

In der Halle angekommen wollte Koji Takuto anbieten, zusammen einen Ausflug zu machen, doch Takuto schien es verdammt eilig zu haben, zu verschwinden. Also sattelte Koji sein Pferd und ließ es erst einmal im Kreis traben. Er spulte eine automatische Reihe von Übungen ab, während seine Gedanken in andere Richtungen gingen. Er fragte sich, ob er in Bezug auf Takuto aggressiver werden sollte, wenn sich sein Verhältnis mit dem jungen Mann noch bessern sollte. Er hatte Angst, das wenige Vertrauen, das Takuto in ihn hatte, zu zerstören, denn er war sich sicher, daß Takuto nicht zu den Leuten gehörte, die eine solche Ungeheuerlichkeit wie Verlangen zwischen Männern auch nur ansatzweise dulden würde. Aber er wollte ihn so sehr...diese Augen hatten sich schon längst tief in sein Herz und seine Seele gefressen. Er mußte ihn haben, doch er konnte es ja wohl kaum wagen...

 

"Koji...?" Die Stimme, die er schon genauso gut kannte wie seine eigene, brachte ihn sofort in die Wirklichkeit zurück. Takuto stand hinter der Abgrenzung zum Reitplatz und sah fragend zu ihm hoch. Koji lächelte automatisch und ritt an Takuto heran. "Guten Abend, Izumi. Kann ich dir helfen?"

"War es das, was du meintest? Mit dem Tier verschmelzen, ein Teil davon zu sein?", fragte Takuto, ohne auf seine Worte einzugehen.

Eigentlich dachte ich zur Zeit viel eher an das, was sich unter deiner Kleidung verbirgt, dachte Koji, doch das konnte er schlecht sagen und da Takuto schon so ergriffen aussah,nickte er lächelnd und sagte: "Ja, ich war mit meinen Gedanken bei dem Ritt und habe dich auch nicht kommen hören."

Takuto nickte und duchste ein wenig herum: "Komm jetzt bloß nicht darauf, wieder ins Haus zu gehen. Serika liegt da mit ihrer Freundin auf Lauer und will mit dir angeben. Und mich löchern sie auch schon die ganze Zeit,aber ich habe gesagt, daß ich nicht weiß, wo du bist. Das...das war doch das Richtige, oder? Ich dachte, daß du Ruhe haben solltest, wenn du reitest...?" Er fragte sich, warum er so aus der Fassung war und so verdammt unsicher gegenüber seinen Worten...Als Koji dann leise lächelte, brach er mitten im Satz ab. Dieses Lächeln... Er zwang sich selbst zur Ruhe. Schlimm genug, daß Koji ihn so verdammt durcheinander brachte. Aber jetzt war er auch noch in einer dieser komischen Stimmungen, die ihn zur Nachtzeit befielen.

"Danke, Izumi, das war genau das Richtige.Ich bin auch nicht gerne Opfer mädchenhafter Angeberei, auch wenn es von deiner Schwester ausgeht." Takuto nickte wissend. Er fühlte sich wieder ein wenig sicherer und traute sich nun, sein Anliegen hervor zu bringen: "Ich will jetzt auch nicht im Haus hocken und wollte dich fragen, ob ich einfach ein wenig zusehen dürfte oder ob du zufällig sogar Lust hättest zuzusehen, wie ich bei meinen ersten Reitversuchen vom Pferd falle..." Koji lachte laut heraus und bedeutete ihm mit einer Hand, sich ein Pferd auszusuchen.

 

Zunächst bestand Koji zwar darauf, daß er lernte, wie man es überhaupt sattelte,doch nach einigen Versuchen durfte er sogar auf das Pferd rauf. Takuto fand schnell heraus, daß es eine Frage der Balance war und wie er sich auf dem Pferd halten konnte, ohne zu einer Seite hinüber zu fallen, doch dann sollte das Tier auch noch loslaufen...

Takuto war schon verzweifelt und wollte aufgeben, doch dann stoppte ihn Koji schon und nickte anerkennend: "Du bist ein echtes Naturtalent, Izumi! Wollen wir hoffen, daß du mit dem Schwert auch so viel Geschick zeigst!" Takuto wollte aufbrausend fragen, ob Koji sich über ihn lustig machte, denn er kam sich unbeholfen und tolpatschig vor, doch der Blick in Kojis Augen sagte ihm, daß der es ernst meinte. "Danke, Koji."

Dann warf er einen Blick aus dem Fenster auf den Mond und stellte erschrocken fest, daß die Nacht schon sehr weit fortgeschritten war. "Wir sollten uns hier waschen, sonst machen wir die anderen wach", meinte er dann. Koji sah für einem Moment erschrocken aus, doch Takuto schob das auf seine Einbildung und das schlechte Licht. Sie gingen rüber zum Brunnen und schöpften mehrere Eimer voll eiskaltem Wasser. Sie wuschen sich schnell mit der groben Seife und sahen zu, sich schnell wieder anzuziehen. Takuto schlüpfte in seine Hose und öffnete die Augen wieder, die er die ganze Zeit über zu gekniffen hatte. Er erstarrte bei dem Anblick von Kojis nackter, breiter Brust.

Koji sah seinen Blick und lächelte wehmütig: "Einmal bin ich auf einen Mann gestoßen, der mir im Schwertkampf überlegen war. Die Narbe wird mich immer an ihn erinnern..." Takutos Augen klebten an der langen Narbe, die Kojis ganze Brust überzog. "Sie sieht aus wie ein Kreuz...", stellte er leise fest. Er streckte ungewollt eine Hand aus und wollte sich schon wieder zurück ziehen, als Koji seine Finger ergriff und auf sein Herz legte. "Hab' keine Scheu davor. Vielleicht wirst auch du mal solche Narben haben. Sie...sind wie ein Brandmal und sie verlieren erst ihren Schrecken, wenn man sich ihnen und ihrer Bedeutung gestellt hat und sie überwindet."

Takuto erkannte Kojis Gesicht in dem fahlen Mondlicht kaum,da sie die Kerzen schon gelöscht hatten.Doch was er erkennen konnte, war tiefer Ernst, verbunden mit einer Art Feierlichkeit.Er ließ seine Finger langsam über die kreuzförmige Narbe wandern und fragte sich,warum er ein solch starkes Bedürfnis danach hatte, sich Koji zu öffnen. Er seufzte und ergab sich. Unter Kojis erschrockenem Blick zog er seine Hose auf der linken Seite herunter, so das Koji seine Hüfte sehen konnte. Er deutete mit dem Kopf auf seine eigene Narbe und erklärte: "Ich bin mir nicht so sicher, wie ich dazu kam. Es heißt, meine Mutter hätte meinen Vater umgebracht und mir dabei diesen Schnitt zugefügt, bevor sie sich selbst tötete. Ich habe aber keine rechte Erinnerung mehr daran. Aber manchmal...fahre ich aus dem Schlaf hoch, mit einem Schrei auf der Zunge, mit furchtbaren Bildern in meinem Kopf...Mein Adoptivvater will nichts dazu sagen, wie wir zu ihm kamen, aber es läßt mich nicht in Frieden..."Er traf Kojis Blick wieder und sah... er wußte nicht, wie er den Blick deuten sollte. Koji legte eine warme Hand auf Takutos linke Hüfte und Takuto erschauderte unter der Berührung. Plötzlich beugte Koji die Knie, so das sein Gesicht keine zehn Zentimeter von Takutos Hüfte entfernt war.Kojis Stimme klang belegt, als er sagte: "Das ist schrecklich, denn du kannst dich deiner Vergangenheit nicht so leicht stellen wie ich, indem ich meinen damaligen Meister bezwinge. Du mußt aber deine Alpträume überwinden, um frei von ihr zu kommen...Wenn ich wüßte, wie, würde ich dir helfen, sei dir dessen sicher..." Und damit überwand er auch die restliche Entfernung zu der Narbe und küßte sie mit unheimlicher Zärtlichkeit. Takuto schloß die Augen...

 

...und fand sich am nächsten Morgen in seinem Bett wieder. Seine Hand wanderte auf seine Hüfte und er fragte sich, ob er das alles nur geträumt hatte. Nein, der Reitunterricht war kein Traum gewesen- das erkannte er an den Schmerzen, die er in den Beinen und in seinem Hintern hatte. Aber der Rest... die Narbe auf Kojis Brust...der Kuß...

 

Er fuhr hoch und lief unruhig im Zimmer auf und ab. Er fragte sich, warum er es zugelassen hatte, sollte es denn wirklich passiert sein. Nicht einmal seine Schwester wußte um seine Narbe,sie war, trotz des Schreckens, den sie inne hatte, etwas persönliches, etwas intimes geworden. Wie hatte er erlauben können, daß jemand sie sah und gar berührte?! Er verfluchte den Einfluß, den der verdammte Mond auf ihn hatte.

Er zog sich um,denn er war vollständig bekleidet und fragte sich,wie zum Teufel er eigentlich ins Bett gekommen war. Doch das Anziehen war keine leichte Sache, wenn einem jede Bewegung schmerzte.

 

Schließlich war er tagelsichttauglich und öffnete die Vorhänge. Sonnenschein blendete ihn für einen Moment. Hatte Koji nicht gesagt, daß der Unterricht noch vor dem ersten Sonnenstrahl stattfinden sollte?! Er ging herunter in die Halle, und mußte sich bei jedem Schritt ein gequältes Wimmern verkneifen, wo er den erst besten Diener nach Kojis Verbleib fragte. Dem Mann war sichtbar unwohl zumute, doch er faßte sich ein Herz und sagte vorsichtig: "Sir von Nanjo ist mit Eurer Schwester in die Stadt gefahren. Er sagte, daß er einem Reitanfänger nicht am Morgen nach dem ersten Reiten Fechtunterricht geben wollte." Takuto blieb der Mund offen stehen. "Er ist allein mit meiner Schwester weg?!", keuchte er erschrocken. Der Diener schüttelte den Kopf. "Nein, die Zofe der gnädigen Frau und ein Diener sind in ihrer Begleitung."

Takuto stürmte davon. Ein Diener und eine Zofe, dachte er verächtlich, das reicht doch nie und nimmer als Begleitung, wenn die beiden sich doch so sehr zugeneigt sind...Eigentlich war er wütend darüber, daß Serika gegangen war, ohne ihm ein Wort zu sagen. Normalerweise bestand sie immer darauf, daß er mitkam, wenn sie ausging.

 

Aber was kann sie schon sonst tun, um meiner Aufsicht zu entgehen?, fragte er sich wehmütig. Jetzt hat sie bestimmt kein Interesse an meinem Schutz, wo sie doch Koji hat...Bin ich etwa eifersüchtig auf ihn, weil er mir meine Schwester wegnimmt?! Ich habe jahrelang nichts anderes getan, als sie zu beschützen und zu erziehen, und jetzt nimmt er sie mir ganz weg. Er schüttelte die Gedanken beiseite, machte sich klar, daß er kein Anrecht auf Serika hatte, wo er sie doch niemals wirklich an sich heran gelassen hatte. Dennoch tat es weh zu erfahren, daß die kleine Schwester erwachsen geworden war.

 

Takuto beschloß, seine Studien weiterzuführen, um sich abzulenken. Er betrat die große Bücherei, die sein Adoptivvater hegte und pflegte wie seinen Augapfel und setzte sich in eine versteckte Nische, die er zu seinem persönlichen Platz gemacht hatte. Die Bibliothek war ein Raum über zwei Stockwerke, die früher mal ein Turm gewesen waren. Vom Boden aus konnte man die mit Fresken verzierte Decke sehen. Die ganze Bibliothek war in warmen, weichen weinroten Tönen gehalten. Er holte ein dickes, in Leder gebundenes Buch über Geschichte heraus und schlug es auf. Er versank schnell in den Worten und wachte erst wieder auf, als er Serikas laute Stimme hörte, die aus der Mitte der Bibliothek und von unten herauf zu ihm tönte.

 

"Seht her, Sir Koji, das ist unser Familienbesitz an Büchern! Vater liebt Bücher über alles und Takuto ist auch oft hier, wenn er seine Ruhe haben will..." Kojis tiefe, männliche Stimme antwortete ihr: "Deshalb sind auch beide so gescheite Männer, Euer Bruder und Euer Vater, Lady

Serika."

 

Takuto spähte vorsichtig aus seiner Nische hinaus. Er wußte, daß Lauschen keine gute Sache war, dennoch konnte er nicht anders. Serika stand in der Mitte des Raumes und ihr Gesicht wurde ernst. Koji stand an einem Bücherregal und blätterte in einem Buch.

"Sir Koji, darf ich Euch was fragen? Wie steht Ihr zu meinem Bruder? Er war ziemlich gemein zu Euch, aber ich habe nicht das Gefühl, daß Ihr und er nicht miteinander klarkommen könntet..."Koji drehte sich zu ihr um und lächelte. "Ich kann Euren Bruder sehr gut verstehen, Serika. Er hat Angst, Euch an den falschen Mann zu verlieren. Er will verhindern, daß Euer Herz gebrochen wird und er will Euch nicht gehen lassen. Aber ich denke schon, daß ich ein gutes Verhältnis zu ihm aufbauen kann,da er mir freiwillig eine Chance einräumen will. Macht Euch keine Sorgen deswegen." Serika nickte lächelnd und ging einige Schritte auf Koji zu, nahm seine Hände in die ihren. Takuto hatte einen Kloß im Hals und konnte die Augen nicht mehr abwenden.

"Ich bin mir sicher, daß wenn er Euch erst mal besser kennt, er einsehen wird,daß Ihr mir niemals das Herz brechen würdet..." Sie schloß die Augen und hob ihr Gesicht zu Koji, die Lippen leicht gespitzt. Takuto wollte hochfahren und ihr an den Hals gehen, doch Koji löste die Situation auf seine Art: Er tätschelte Serikas Kopf und streifte mit seinen Lippen kurz ihre Hand, ehe er diese Hand aufnahm und Serika aus dem Raum führte. "Dann laßt uns mal sehen, wo Takuto abgeblieben ist. Ich bin ja mal gespannt, ob es ihm nach dem Reiten einigermaßen gutgeht..." Serika trottete willenlos hinterher. Takuto atmete erst auf, als die beiden weg waren. Er wußte nicht so recht, was er denken sollte. Er hatte wirklich nicht erwartet, daß Koji eine so offensichtliche Einladung von einer Frau ausschlagen würde. Und das Serika, dieses ach so unschuldige, naive Kind diese Einladung gemacht hatte, war auch etwas, was sein Weltbild zu sprengen drohte. Er verließ die Bibliothek über einen geheimen Ausgang, der direkt in sein Zimmer führte. Nach einigen Minuten klopfte es an der Tür.

 

"Takuto? Bist du da drin?" Takuto stand auf und öffnete die Tür, nur um direkt in Kojis breit grinsendes Gesicht zu sehen. Er war noch immer verwirrt und verärgert wegen der Szene in der Bibliothek, so daß er fauchte: "Was grinst du so dümmlich?" Kojis Grinsen wurde noch breiter, wenn das überhaupt noch ging und er neckte: "Dir tut wohl der Hintern weh,nicht wahr? Keine Sorge, das ist normal, als ich das erst mal geritten bin, habe ich hinterher drei Tage weder laufen noch stehen noch sitzen können!" Takuto mußte bei der Vorstellung grinsen und ließ Koji in das Zimmer eintreten. "Du hattest jedenfalls Recht damit, daß der Fechtunterricht heute ausfallen sollte.

Ich wäre wirklich nicht von Nutzen gewesen! Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag mit meiner Schwester..." Koji wurde schlagartig ernst. "Ach, darum bist du sauer? Es tut mir Leid, daß ich sie entführt habe, ohne dir Bescheid zu sagen, aber sie ließ mir keine großartige Wahl..." Takuto unterbrach ihn mit einer Handbewegung: "Es geht nicht darum, daß du mit ihr weg warst, ohne mir was zu sagen, es geht darum, daß sie auf einmal nichts mehr sagt. Früher war ich immer der erste, der gefragt wurde, ob ich mitkommen will und jetzt will sie bloß noch vor mir fliehen..." Koji schüttelte den Kopf und sagte tröstend: "Das darfst du nicht so sehen, Takuto. Vielleicht will sie wirklich ein wenig Unabhängigkeit, doch sobald die erste blinde Verliebtheit abgekühlt ist, hat sie ihren Kopf wieder am rechten Fleck, glaub mir!" Takuto dachte darüber nach und sagte traurig:

 

"Vielleicht hast du Recht. Doch irgendwann werde ich sie wirklich ganz verlieren, und dieser Tag rückt immer näher..."

"Da kann ich dir leider nicht widersprechen, auch wenn ich sicher bin,daß sie immer an dir hängen wird, weil sie dich wirklich vergöttert. Aber die Zeit, die du noch mit ihr hast, solltest du ausnutzen. Komm doch nächstes mal einfach mit, wenn wir einen Ausflug machen." Takuto war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, auch wenn er es nicht erklären konnte. "Würde...würde es dir nichts ausmachen, wenn ich in eure Privatspähre eindringe?" Koji grinste und sagte: "Ob du oder einer von den Dienern, einer wird es sowieso immer tun. Und deine Anwesenheit wäre mir da wirklich um einiges lieber!" Takuto fiel ein Stein vom Herzen und er lachte, während er Koji spielerisch mit dem Finger drohte: "Aber ich traue mich im Gegenteil zu den Dienern, dir einen Tritt zu verpassen, wenn mir dein Benehmen nicht gefällt!" Koji machte, ebenfalls lachend, ein knurrendes Geräusch und machte sich über Takuto lustig:"Ich will mal sehen,wie du dich überhaupt noch bewegen willst, nachdem ich mir dich morgen früh erst mal vorgeknöpft habe!"

 

Takuto machte einen Satz zum Bett und schnappte sich ein großes Kissen, welches dann durch die Luft auf Koji zu segelte. Koji angelte es fast beiläufig aus der Luft und warf es zurück. Takuto versuchte, es zu fangen, doch es war so schwer und mit solcher Wucht geworfen, daß es ihn rückwärts aufs Bett stieß. Koji lachte triumphierend und setzte sich auf Takutos Beine. Er zog das Kissen von Takuto Gesicht herunter und fand die Augen leuchtend und den Mund breit grinsend vor. Takuto versuchte, sein Lachen zu verkneifen, doch er mußte ständig kichern. Auf Kojis fragenden Blick hin prustete er: "Du kitzelst!" Takuto erstarrte bei dem Anblick von Kojis diabolischen Grinsen, teils vor Angst und teils vor Staunen über dieses wunderschöne Gesicht, doch dann war der Moment vorbei und er lag kreischend und sich windend unter Koji, der ihn kitzelte,bis er keine Luft mehr bekam.

 

Als Koji merkte, daß Takuto kaum noch atmen konnte, ließ Koji von ihm ab und rollte von dem kleineren Jungen herunter, bis sie neben einander auf dem großen Bett lagen. Beide waren rot und atemlos vor Lachen und Takuto knallte Koji als Rache noch eine mit dem Kissen. Koji wehrte den Schlag ab und hielt die zerbrechlichen Handgelenke Takutos fest. "Schlaf dich aus, morgen geht es zur Sache!", befahl er in freundlichem Ton. Nachdem Takuto ernst genickt hatte, ließ Koji los und machte sich auf den Weg in seine eigenen Gemächer.

Er schloß die Tür hinter sich und lehnte sich mit Knien, weich wie Butter, dagegen. Sein Körper schrie danach, Takuto zu spüren, seinen festen, heißen Körper überall mit Küssen zu bedecken. Koji schloß die Augen und in seinem Geist stieg Takutos Gesicht auf, die lachenden Augen, die roten Wangen und das wirre Haar. Diese Augen- wie er sie liebte und wie sehr er sich wünschte, Takuto noch einmal so lachen zu sehen! Koji fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er hätte fast die Kontrolle verloren und er wußte es. Er machte sich klar, daß er Takuto nicht so nahe kommen durfte, sonst würde etwas passieren, was er nur bereuen würde.

 

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TEIL 4

 

Er hätte fast die Kontrolle verloren und er wußte es. Er machte sich klar, daß er Takuto nicht so nahe kommen durfte, sonst würde etwas passieren, was er nur bereuen würde.Er fragte sich, was der Andere von ihm dachte. Es sah nicht so aus, als würde er noch etwas gegen die Hochzeit haben, auf die Serika hoffte. Hieß das, daß Takuto Koji akzeptiert hatte? Koji wußte es nicht, doch es war willig, es heraus zu finden.

Am nächsten Morgen wachte er wie immer von allein auf, noch bevor die Sonne aufgegangen war. Er blieb noch einen Moment liegen und lächelte verträumt, als er sich an den Traum erinnerte, den er gehabt hatte. Er lauschte, ob Takuto wohl schon wach war, doch als er keine Geräusche aus dem Nebenzimmer hörte, stand er auf, zog sich an und schlich dann zu Takuto rüber.

 

Koji setzte sich auf die Bettkante und sah auf den Schlafenden herunter und ein zärtliches Lächeln lag auf seinen Lippen und seinen im schwachen Licht fast schwarzen Augen.Er wollte diesen Anblick eines friedlich schlafenden Takutos nie wieder vergessen.Eine Hand schlich sich ohne sein Zutun auf die schwarzen Haare und streichelten sie. Koji beugte sich weiter herunter und prägte sich alles, was er sah,ein. Takuto leckte sich im Schlaf über die Lippen und Koji atmete keuchend ein. Wie gerne wäre er jetzt die Flüssigkeit auf diesen Lippen, wie gerne würde er doch...

 

Takuto schlug die Augen auf, als nur noch wenige Zentimeter ihre Gesichter trennten. Er war nicht schlagartig wach, sondern quälte sich aus tiefem Schlaf auf, so daß Koji Zeit hatte, wieder ein wenig Sicherheitsabstand zwischen sie zu bringen. Sein Herz pochte so hart gegen seine Brust, daß er sicher war, daß er damit jeden im Umkreis von mehreren Meilen wecken würde.

"Koji...?" Takuto rieb sich den Schlaf aus den Augen, die Koji mit unschuldiger Verwunderung anblickten. Koji lächelte unsicher und sagte dann mühsam: "Du sahst so friedlich aus, daß ich dich nicht wecken wollte. Aber wir hatten doch noch was vor heute..." Takuto fiel es wieder ein und er zuckte zusammen bei dem Gedanken, daß er zum ersten mal in seinem Leben ein Schwert anfassen sollte. Koji bemerkte seine Unsicherheit und sagte tröstend: "Ist schon gut, du wirst es überstehen. Mach dir keine Gedanken, es hört sich alles viel schlimmer an, als es ist." Koji machte Takuto Platz, der energisch nickte und dann die Beine aus dem Bett schwang. Takuto warf sich schnell in eine einfache Hose mit dem dazugehörigen Hemd, um sich Kojis Beispiel anzupassen. Dann schlichen sie gemeinsam durch die dunklen Flure und Treppenhäuser. Als sie an einem Fenster vorbei huschten, erhaschte Koji einen Blick auf Takutos schlanke Gestalt, die im letzten Mondlicht vor ihm herlief.

Er machte die Augen zu um den Drang, Takuto in die Arme zu schließen, zu unterdrücken.

 

In der Waffenhalle angekommen, machten sie erst mal Licht mit den unzähligen Kerzen, die überall verstreut standen. Dann konnte es endlich losgehen. Koji ging an die Wand, an der die Waffen hingen und nahm mehrere herunter. Er gab Takuto alle nacheinander, der sie einfach nur nehmen und schwingen sollte. "Was wird das eigentlich?", fragte Takuto nach dem vierten Schwert, daß er nun durch die Luft schwang. Koji wendete kaum die Augen von der Wand, als er sagte: "Ich suche nach dem Richtigen für dich. Die waren alle zu schwer, du würdest nicht mit ihnen umgehen können..." Takuto protestierte lautstark: "Hey, ich bin doch kein Schwächling! Ich werde schon so ein Ding führen können!" Kojis Konzentration ließ nach und er fuhr herum, einen Ausdruck in seinen Augen, den Takuto dort noch nie zuvor gesehen hatte und der ihm Schauer über den Rücken jagte.

 

"Keine Sorge, ich habe schon einiges mehr an Erfahrung in solchen Dingen als du! Ich bin hier der Lehrer, also halte dich an meine Anweisungen!" Takuto zuckte angesichts der scharfen Verwarnung zusammen und hielt den Blick gesenkt. Koji bemerkte es natürlich und fragte sich, wie er sich entschuldigen konnte. Er hatte seine Worte nicht böse gemeint, er hatte sich in den Kopf gesetzt, Takuto zu dem besten Schwertkämpfer zu machen, den London je gesehen hatte und wollte sich da von niemandem ins Wort reden lassen.

Schließlich hatte er die richtige Waffe für Takuto gefunden, eine, die seinen Schlag elegant, aber kraftvoll werden lassen würde. Er drückte sie Takuto in die Hand und sah,wie der Junge die Finger automatisch krampfhaft darum schloß. Er nahm Takutos Hand in seine größeren Hände und massierte sie sanft. "Hey, sei doch nicht so grob zu dem Schwert..." Takuto schaute ihn entgeistert an.

 

"Es ist nur ein Schwert. Du mußt es beherrschen,aber du darfst dich doch nicht von ihm oder deiner Angst davor beherrschen lassen." Koji lächelte und fuhr mit leiser, beruhigender Stimme fort: "Du solltest dich vielleicht erst einmal damit bekannt machen, meinst du nicht auch? Sag Hallo, Takuto. Hallo Schwert, ich bin Takuto. Oh, sehr angenehm, Takuto, ich bin von jetzt an dein Schwert..."

Koji atmete auf, als er Takuto grinsen sah, eine Reaktion auf die hirnrissigen Worte und die übertriebenen Stimmen, die Koji hervor brachte. Sein Griff lockerte sich ein wenig. "Na also, es geht doch", nickte Koji zufrieden.Dann zog er Takuto in die Mitte der Halle und ging behutsam ans Werk. Er hatte nicht vor, den Jungen schon bei seiner ersten Stunde zu verschrecken.

Nach einer Weile fragte Takuto, was dieses dämliche zupacken, hochheben und Schwingen des Schwertes sollte. "Du mußt das richtige Gefühl dafür kriegen. Manche sagen, es ist entweder angeboren oder nicht, doch ich bin der Meinung, daß man es auf jeden Fall trainieren kann. Aber wenn du meinst, daß du auch ohne das klarkommst, dann greif mich an!" Takutos Augen leuchteten ein wenig ängstlich auf und Koji sah förmlich, wie viele verschiedene Gefühle in ihm tobten. Unter anderem die Angst, Koji zu verletzen. Er rief fröhlich: "Nun mach schon! Hast du solche Angst vor mir?"

 

Takuto knurrte und machte einen unbeholfenen Schritt auf Koji zu, denn er hatte das Gewicht des Schwertes nicht beachtet und wurde davon fast aus dem Gleichgewicht gerissen. Dann versuchte er einen einfachen Stich. Koji lachte auf, machte einen Satz rückwärts und holte zu Takutos völliger Überraschung mit einer blitzschnellen Bewegung ein Schwert, welches völlig unsichtbar unter seinem Hemd versteckt gewesen war, hervor. Noch eine einzelne, kleine Bewegung und Takuto stand mit leeren Händen da. Koji grinste breit: "Na, meinst du nicht, daß du dir die Sache mit dem Gefühl und dem Gleichgewicht noch mal überlegen solltest?"

Stunden vergingen, ohne daß sie es bemerkten, denn obwohl Takuto heftige Abneigung gegen Gewalt hegte, hatte ihn der Ehrgeiz gepackt. Koji ließ ihn dann auch einige Stiche und Schläge versuchen, korrigierte ununterbrochen und konnte sich ein paar mal nicht verkneifen, Takuto wegen seiner Ungeschicklichkeit anzufauchen.

 

Schließlich ließ der Schüler die Waffe sinken. Er war völlig frustriert, sein gesamter Körper tat weh, und außerdem hatte er das Gefühl, daß er Koji nichts recht machen konnte, so oft, wie er alles wiederholen mußte und es trotzdem nicht richtig tat. Koji sah die Tränen in Takuto Augenwinkeln und nahm ihm behutsam die Klinge aus der Hand. Er massierte sanft die verkrampften Finger und lächelte aufbauend.

"Jetzt sei doch nicht so niedergeschlagen, nur weil es nicht sofort so klappt, wie du es dir vorgestellt hast!" Takuto schüttelte den Kopf und erwiderte heftig: "Es klappt doch wohl nicht so, wie du es dir verlangst! Wie ungeschickt muß ich mich wohl anstellen, daß du schon so gereizt bist? Sag doch gleich, daß ich total unfähig bin!"Koji zuckte angesichts des Ausbruchs zusammen und schüttelte seinerseits den Kopf.

"Aber nein, nein, das siehst du ganz falsch! Als Lehrer ist es doch meine Verpflichtung, dich zu korrigieren.Und wenn ich mal lautstark werde,dann liegt es daran, daß ich denke, daß du es besser kannst, wenn du dir richtig Mühe gibst. Ich denke ehrlich gesagt sogar,daß du das Zeug dazu hast, wirklich gut zu werden, wenn du dich anstrengst. Aber dazu mußt du wirklich alles geben! Wirst du das tun oder mir noch mal diese erbärmliche Vorstellung von eben liefern?" Takuto dachte einen Moment nach und Koji wünschte sich nichts weiter, als ihm zu versichern, daß er ganz und gar nicht von Takutos Leistung enttäuscht war und eigentlich ziemlich zufrieden war. Doch er wollte den Jungen nicht verhätscheln, wollte, daß Takuto richtigen Ehrgeiz entwickelte. Takuto nickte entschieden: "Na gut, Koji, wenn du sagst, daß ich es drauf habe, glaube ich es dir mal. Ich werde mich anstrengen, ich versprech's dir!" Koji klopfte Takuto erleichtert auf die Schulter und nickte anerkennend. "Dann sieh mal zu, daß du dich wieder trocken kriegst, bevor du dir noch eine Krankheit einfängst."

 

Koji ging allein zurück zu seinem Zimmer und machte sich daran, einen umfangreichen Trainingsplan für Takuto zusammen zu stellen. Doch da kam eine Magd vom alten Izumi mit der Bitte, daß Koji den alten Mann besuchen komme. Koji machte sich auf den Weg, auch wenn er ein wenig verstimmt war, weil er aus seinen Träumereien herausgerissen wurde. Doch nach einigen Minuten mit dem Alten vergaß er dies,denn schon kurz nach seinem Eintritt in das schöne Arbeitszimmer Izumis entbrannte eine ein wunderbares Gespräch über Stoffe, Handel und den Handelsbeziehungen zwischen den von Nanjos und den von Izumis. Koji und Izumi scherzten, überlegten neue Geschäfte und saßen zusammen bis mitten in der Nacht.

 

Als Koji im Bett lag, dachte er darüber nach, daß er eigentlich zufrieden war mit den Dingen, wie sie liefen. Er lebte ohne Verpflichtungen, hatte eine wandelnde Quelle an Wissen (Izumi) und eine ganze Bibliothek zu seiner Verfügung, ein junges Fräulein, das ihn anhimmelte und hatte den Menschen gefunden, von dem er überzeugt war, daß es die Liebe seines Lebens war. Nun mußte er seine Liebe nur noch davon überzeugen.

 

Wenn man glücklich oder vielbeschäftigt ist, vergeht die Zeit schnell, heißt es, und Takuto fand genau das im Laufe der Wochen heraus, die Koji in seinem Hause wohnte. Die Morgen und meist auch die Vormittage waren erfüllt mit seinem Training, wonach er meist schon zu müde war,um noch etwas großartiges zu machen. So kam es oft,daß er zusammen mit Koji und Serika durch die Stadt zog oder nur mit Koji seine geliebten Bücher studierte. Takuto stellte noch mehrmals mit Genugtuung fest, daß Koji Serika gegenüber ein einwandfreies, höfliches Verhalten an den Tag legte. Was seine eigene Beziehung mit dem großen Blonden anging, war er sich nicht sicher, wie er diese ausdrücken sollte. Er fühlte sich merkwürdig sicher in der Anwesenheit des großen Mannes, auch wenn viele andere sich von Kojis schierer Größe und seinen kalten Augen fürchteten. Takuto hatte Kojis Kälte und Unnahbarkeit in Anwesenheit anderer akzeptiert, da diese nie zum Vorschein kam, wenn sie allein oder zu dritt mit Serika waren. Er freute sich jedes mal, wenn Koji seine Fortschritte beim Fechten oder Reiten lobte oder einfach nur offen war. Das einzig merkwürdige war Kojis Stimmung, wenn sein Diener Katsumi mit ihm gesprochen hatte, dieser merkwürdig melancholische Blick und das traurige Gesicht, daß er zeigte und nicht unterdrücken konnte, auch wenn seine Maske normalerweise perfekt war, wenn er nicht wollte, daß jemand seine Gefühle erraten konnte. Doch das kam glücklicherweise nicht oft vor, da Katsumi nicht bei ihnen, sondern in einer Unterkunft in der Stadt wohnte. Takuto hatte das Gefühl, daß Katsumi ihn nicht besonders mochte, obwohl er stets freundlich zu ihm war.

 

Auch Serika wollte am liebsten die Zeit anhalten. Sie wußte nicht, wann Koji endlich um ihre Hand anhalten würde, doch ihren Ritter immer in ihrer Nähe zu haben, reichte ihr zunächst. Es freute sie anfangs ungemein, daß Koji und ihr Bruder sich angefreundet hatten, doch diese Freude wich bald einer nagenden Eifersucht,als die beiden anfingen, ohne sie auszugehen und aus zu reiten. Sie konnte es nicht verstehen, warum Koji so oft mit ihrem Bruder ausritt oder ihn auf irgendwelche Feste mitnahm, die laut der drei Männer im Haushalt, "nichts für junge Mädchen ihres Alters" waren.

Auch machte sie es eifersüchtig, wenn Koji und Takuto zusammen rumalberten und scherzten. Doch da war sie auch ein wenig auf Koji eifersüchtig, denn Takuto hatte sie nie so nahe an sich heran kommen lassen. Doch wenn Koji dann einmal mit ihr redete, ihr Aufmerksamkeit entgegenbrachte, dann vergaß sie alle ihre Zweifel und Ängste und verliebte sich jedes mal neu in ihn...

 

"Morgen, Takuto!" Koji winkte Takuto lächelnd zu, während er in den hintersten Ecken ihrer Übungshalle Licht machte. Takuto winkte zurück und überlegte, wie er Koji zu seinem Fußballspiel einladen konnte.Ein Freund von ihm hatte ihn am Morgen informiert, daß die Mannschaften, die sich aus vielen Adelsjungen Londons zusammensetzten, an diesem Nachmittag ein Spiel veranstalten wollten. Takuto war zunächst ein wenig unsicher gewesen, da er schon so lange nicht mehr bei den gemeinsamen Übungen gewesen war, doch ihm war klar, daß er von allen der Beste war und seine Mannschaft sonst verlieren würde. Also hatte er zugesagt. Und er hatte sich in den Kopf gesetzt, daß Koji mitkommen sollte, um mal einen anderen Sport zu sehen. Er traute sich erst nach dem Unterricht, als sie beide, naßgeschwitzt und schwer atmend, auf dem Boden saßen und kaltes, klares Wasser tranken. Takuto freute sich unheimlich, daß Koji sich nun von Morgen zu Morgen mehr anstrengen mußte, um bei ihren Übungskämpfen zu gewinnen.

 

"Koji...Sag mal, hättest du Lust, heute mit zum Fußball zu kommen?", platze es endlich aus ihm heraus. "Zum was?", Koji drahte sich zu ihm um und blickte ihn irritiert an. Das Wort Fußball hatte er noch nie gehört. Takuto erklärte Koji schnell die wichtigsten Regeln und Koji versuchte verzweifelt, die Flut von Worten in sich aufzunehmen. Dann lächelte er und sagte energisch: "Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber ich komme gerne mit und sehe es mir an!"

 

Koji konnte zwar mit dem Wort nicht viel anfangen, aber mit dem Anblick, den diese Praxis bot, sehr wohl. Takuto hatte eine extrem kurze Hose an und ein ärmelloses Hemd, welches seine neuen, beim Üben mit dem Schwert entstandenen, Oberarmmuskeln betonte.Koji konnte sich das Starren nicht verkneifen bei der Sicht von so viel bronzener Haut, die Takuto sehen ließ. Die ganzen Mädchen, so bemerkte er spöttisch, wußten nicht, ob sie ihn oder die Spieler anhimmeln sollten. Koji fiel es auf und dann mußte er über sich selbst nachdenken. Was war mit ihm los? Schlagartig erinnerte er sich daran, daß er in den letzten Wochen so gut wie nie seine sarkastische oder gar bösartige Seite ans Licht gelassen hatte. Und dabei war er früher doch so stolz darauf gewesen, daß sein Blick selbst die Härtesten zittern lassen konnte! Hatte er sich so sehr in seiner Liebe verloren, daß er sich schon so sehr verändert hatte? Oder brachte er es einfach nicht übers Herz, Takuto gegenüber fies zu sein? Er stellte etwas mißgelaunt fest, daß er nicht mehr diese Ehrfurcht in Takutos Augen sah, die der Junge am Anfang noch verbergen mußte. Hat er sich so sehr an mich gewöhnt, daß er mich als selbstverständlich nimmt? Koji wußte plötzlich nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Er wollte zwar, daß Takuto wußte, daß er immer auf Koji zählen konnte, doch er wollte auch, daß der Junge von ihm verzaubert war, er brauchte diese Bewunderung. Vielleicht sollte er sich ein wenig geheimnisvoller geben? Koji lachte über sich selbst, daß gerade er,Held einer jeden Frau, der sofort wußte, wie man eine Lady zu umwerben hatte, machte sich Gedanken über so etwas. Lag es daran, daß er schon so lange keine Frau in seinem Bett gehabt hatte? Er hatte zwar auch nicht den Drang nach einer verspürt, dennoch waren seine Gefühle jetzt in ihm angestaut, so daß er sich nicht mehr richtig kontrollieren konnte. Aber er wagte es auch nicht, jetzt eine Affäre einzugehen, denn er hätte zu viel Angst davor, daß Takuto es aus bekommen würde. Das würde das Ende ihrer Freundschaft sein, dessen war Koji sicher. Er hatte Glück gehabt, daß er Takuto hatte aus- argumentieren können, auch wenn es natürlich stimmte, was die Klatschtanten verbreiteten. Eigentlich war er ein wenig enttäuscht, daß nur so wenige seiner Beziehungen registriert worden waren...Koji grinste, und konzentrierte sich wieder auf den Fußball vor ihm. Eine merkwürdige Hochstimmung hatte ihn erfaßt und er fühlte sich in der Lage, Bäume auszureißen.

 

Plötzlich kam Takuto auf ihn zu gerannt. "Gewonnen, wir haben gewonnen!", schrie er glücklich. Koji zitterte vor Erregung, als er diese vor Freude und Triumph strahlenden Augen sah. Takutos Beine und Arme brachten ihn schon um den Verstand, wie sollte er da den Anblick dieser Augen ertragen? Er fühlte sich wie betrunken und wußte eines mit Sicherheit, daß er öfter zum Fußball kommen würde...

Noch ehe er wieder aus seinem benebelten Zustand heraus kam, stand Takuto schon umgezogen vor ihm. Noch immer strahlten seine Augen glücklich. Koji lächelte, als ihm eine Idee kam. "Geht ihr den Sieg feiern?", fragte er und erntete einen verständnislosen Blick. "Wie, feiern?" Koji hatte es sich schon gedacht, doch da er ein guter Schauspieler war, konnte er Verwunderung spielen: "Na, einen Sieg sollte man feiern! Ich lad' dich auf ein Bier ein, ok?" Takuto protestierte halbherzig:

"Aber mein Vater wird sich sorgen machen, wo wir bleiben...", Koji wehrte den Protest mit einer Handbewegung ab. "Wir waren schon so oft so spät weg, ihm wird es gar nicht auffallen!" Takuto versuchte es noch mal: "Aber ich trinke gar kein Bier!" Koji hatte auch das erwartet und lächelte geheimnisvoll: "So wie ich dich kenne, hast du es noch nie probiert, also hör auf zu jammern und benimm dich wie ein Mann!"

Takuto seufzte ergeben und fügte sich Kojis Überredungskünsten. Als er sah, daß Koji sogar einen Reiter bestellte, der seine Sportsachen zum Schloß und eine Nachricht an den Vater bringen sollte, vergaß er seine Bedenken fast völlig.Er war zwar nicht unbedingt scharf darauf, jetzt noch weg zu gehen, doch Koji hatte ihn neugierig gemacht und natürlich hatte er Recht gehabt, daß Takuto noch nie Alkohol angerührt hatte. Er hatte zwar kein gute Gefühl bei der Sache, doch er war sich sicher, daß Koji nie etwas tun würde, was ihm schaden könnte.

 

So machten sie sich also auf den Weg in die Stadt. Als Takuto fragte, wohin sie genau gingen, riet Koji ihm nur, sich überraschen zu lassen. Schließlich landeten sie in einer kleineren, verrauchten Gaststätte, wo sie nicht weiter beachtet wurden. Takuto war ein wenig verwirrt darüber, weil er normalerweise von vielen Leuten angesprochen wurde, die seinen Adoptivvater kannten. Nun aber setzten sie sich, ohne, daß ihnen zwei Blicke zugeworfen wurden, an einen Tisch in einer dunklen Ecke, von der man den ganzen Raum überblicken konnte, ohne selbst sofort gesehen zu werden. Takuto fiel das natürlich nicht auf, deswegen kam er auch nicht auf die Idee zu fragen, warum sie sich ausgerechnet da hingesetzt hatten. Takuto sah sich aus um und sah einen kleinen Raum, indem sich viele kleine Tische mit einigen Stühlen drum herum befanden. Die Wände bestanden aus nacktem Holz, wo sie nicht von großen Fellen verdeckt wurden. Die Fenster waren so verdreckt, daß kein Licht von draußen herein fiel, so daß die einzige Lichtquelle ein unbestimmtes Leuchten war, das aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen schien und keine Schatten zuließ. Mehrere Männer saßen an einer heruntergekommenen Theke und tranken aus nicht richtig sauberen Gläsern. Manche unterhielten sich mit einem dicken, alten Mann, welcher der Besitzer zu sein schien. Takuto rutsche unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Er war die Atmosphäre, die in dem Raum herrschte, nicht gewöhnt und er fühlte sich auch nicht sonderlich wohl darin. Aber Koji entspannte sich unter seinen Augen, so daß er sich zwang, auch ruhiger zu werden. Eine pralle Frau kam zu ihnen und fragte, was sie trinken wollten. Dabei lächelte sie Koji verschwörerisch an und zwinkerte, als hätte sie eigentlich was ganz anderes im Sinne. Takuto japste entsetzt. Er hatte zwar schon von Frauen gehört, die keinen Anstand hatten, aber so etwas hatte er sich niemals vorstellen können. Aber seinen Freund schien es nicht zu beeindrucken, denn er bestellte seelenruhig zwei Krug Bier. "Das Beste, was das Haus zu bieten hat!", befahl er bestimmt. Die stattliche Rothaarige grinste unverschämt und schnurrte:

"Das Beste, was ganz London zu bieten hat, für den schönen Herrn..."Sie ging wieder, begleitet von Takutos ungläubigem Blick. Als Koji diesen bemerkte, konnte er ihn wegen dem dämmrigen Licht nicht richtig deuten und sagte lauernd: "Süß, die Kleine." Takuto fuhr herum und fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum: "Süß?! So was...abartiges habe ich ja noch nie gesehen! Da hätte sie dir doch gleich ohne Umschweife ihren Körper anbieten können!" Er war so unangenehm berührt, daß er im Tonfall höchster Empörung flüsterte, was Koji ein kurzes Lächeln entlockte. "Das würde nicht zum guten Ton gehören, Izumi..."Auf einmal landeten zwei Bierkrüge vor ihnen und die Frau warf Takuto noch einen vernichtenden Blick zu,ehe sie Koji versicherte,daß es wirklich das beste Bier war, das man kriegen konnte und mit einem aufreizendem Wackeln ihrer Hüften verschwand.

Koji hob seinen Krug an und prostete Takuto damit zu. "Auf deinen Sieg und den ersten Krug Bier!" Takuto hob den schweren Krug an und setzte ihn an die Lippen.

Das Getränk schmeckte ihm nicht. Doch Koji bestand darauf, daß er austrank. Und danach, daß er noch viele andere Getränke kostete,um heraus zu finden, was ihm denn wohl schmecken würde. Takuto schien aber gar nichts zu schmecken, auch wenn er nach einer Weile zugeben mußte, daß irgendwie alles gleich schmeckte und er sich nicht mehr auf die Unterschiede konzentrieren konnte, weil er sich so schwerelos vorkam und alles auf einmal anfing, sich zu drehen. Um Koji abzulenken, so daß er nichts mehr von diesen ekligen Sachen trinken mußte, versuchte Takuto ihn in ein Gespräch zu verwickeln, doch nach einer Weile unterbrach Koji ihn mit der Frage, ob es ihm gut ging. Und dann, ob er betrunken war von dem Bißchen, was er intus hatte.

"Betrunken? Ich?! Neeeein! Ich war noch nie in meinem Leben betrunken!" Kojis Schultern zuckten bei seinem lautlosen Lachanfall. "Ach du großer Mist! Erwarte aber nicht von mir, daß ich dich nach Hause trage!" Takuto schmollte: "Ach was, ich kann laufen, du bist doch bestimmt selber betrunken!"

Koji wurde auf einmal ernst und sagte dann verblüfft: "Du hast ja Recht, ich bin ein wenig angeheitert... Komisch, passiert mir sonst nie. Naja, wir sollten uns lieber auf den Weg machen!" Takuto fühlte sich irgendwie in der Stimmung, was total blödes zu sagen, so grinste er und entgegnete frech: "Siehst du, du sagst selber, daß du betrunken bist. Ich hab dich glatt unter den Tisch gesoffen!" Koji antwortete nicht, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, Takuto aufzufangen, als der versuchte aufzustehen und bemerkten mußte, daß er keine Kontrolle über seinen Körper hatte und der Raum sich noch schneller und wirrer drehen konnte, als er bisher angenommen hatte. Takuto ließ sich von Koji aus der Tür schleppen, mehr sich tragen lassend als wirklich gehend.

 

Die kalte Luft draußen hämmerte auf ihn ein und der Schock klärte sein Blut ein wenig, so daß er nun fast selbst gehen konnte.Koji bestand aber trotzdem darauf,daß sie sich gegenseitig stützten.

So liefen sei eine Weile durch die schlechtere Gegend der Stadt und sagen sehr laut und sehr falsch ein berühmtes Volkslied. Aber es war sowieso kein Mensch mehr auf den Straßen unterwegs, so daß sie keiner darauf aufmerksam machen konnte. Sie durchliefen die schlechte Gegend, kamen in die Gute und es war eigentlich ein Wunder, daß die Wache sie nicht aufschnappte. Endlich erreichten sie das Tor, daß den Besitz der Izumis vom Rest der Stadt trennte und Takuto fing fast panisch an, in seinen Sachen nach dem Schlüssel zu suchen. Koji scherzte die ganze Zeit, daß er schon immer mal über einen Zaun klettern wollte, dessen Spitzen extra gespitzt waren, als er ihn doch noch fand.

Er brauchte dann noch eine Weile, den Schlüssel ins Schloß zu bekommen doch dann legte Koji die Hand auf seine und preßte sich unnötig eng an Takutos Rücken, doch der war viel zu blau, um das zu registrieren. Dann war das Tor auf einmal offen und sie stolperten herein. Das Abschließen ging noch schwerer als das Aufschließen, weil der Mond nur die andere Seite des Tores beschien und sie nichts sahen. Doch irgendwann hatten unsere Helden auch dieses Hindernis überwunden. Takuto sah plötzlich nach oben und bemerkte selbst in seinem benebelten Zustand die Schönheit des Mondes und der Sterne."Koji...guck...da oben!" Koji war eigentlich viel zu sehr damit beschäftigt, Takuto an zu gucken, so daß er zunächst unwillig knurrte, doch der Blick auf den Himmel fesselte ihn. Der Mond stand zu einem Drittel am Himmel und die Sterne waren auch durch den Nebel des Alkohols in ihrer ganzen Pracht zu sehen.

 

Koji war sich auf einmal Takutos Körper, der sich schwer an seinen lehnte, überdeutlich bewußt. Er hörte Takuto leisen Atem und roch die süßliche Fahne, die der andere hatte. Er wußte ohne Hinsehen sogar genau, wie der Ausdruck der im Mondlicht schwarzen Augen war. Takuto spürte, wie Koji sich vorsichtig von ihm löste und sich bemühte, auch so zu stehen und wimmerte protestierend, denn Koji war so schön warm gewesen und nun fror er. Dann stellte der Blonde ihm sich gegenüber und sah Takuto lange in die Augen. Takuto war dankbar für die Hände, die auf seinen Schultern lagen, denn ohne sie wäre er wahrscheinlich seinem Rausch und der Schönheit von Kojis Augen zum Opfer gefallen und hätte eine Runde auf dem Boden verbracht, wenn auch wahrscheinlich schnarchend. So aber erwiderte er Kojis Blick,und obwohl er zunächst fragen wollte, was los sei und was es Interessantes zu sehen gäbe, steckte ihn die Atmosphäre, die Koji um sie herum geschaffen hatte, an und er wurde ernst. Dann, ohne Vorwarnung, war Kojis Gesicht ein ganzes Stück näher an seinem dran. Takutos Atem stocke und er sah trotz seiner benebelten Sinne ganz deutlich, wie Kojis Hände zu seinem Hinterkopf wanderten, das andere Gesicht immer näher kam und die in diesem Licht silbrigen Augen sich langsam schlossen. Takuto wußte nicht, wie ihm geschah, doch da war Koji schon heran und drückte sanft ihre Lippen aneinander. Takuto wußte nicht mal, was er machen sollte, doch die samtene Weichheit von Kojis Lippen und die Wärme, die von ihm ausging, gefiel ihm und er verharrte still. Nach einer Weile davon öffnete Koji seine Lippen mit der Zunge und ließ diese in seinen Mund schlüpfen. Takuto kam sich irgendwie komisch dabei vor, aber es gefiel ihm nach wie vor und was Koji da machte, fühlte sich wirklich gut an. Er fing zögernd an, mit seiner eigenen Zunge an der von Koji entlang zu streichen, doch er war extrem unsicher, weil er das ja noch nie gemacht hatte. Doch Koji schien es auch zu gefallen, denn er preßte sich noch enger an Takuto und schlang seine warmen Arme um den zitternden jungen Mann. Takuto schlang seine Arme nun auch um Koji, teils, um dessen Beispiel zu folgen und sich folglich nicht zu blamieren und teils, um vor einem unsanften Fall geschützt zu werden. Seine Knie waren weich geworden und er stöhnte leise auf, als Kojis Hand wie zufällig seine linke Hüfte streichelte. Er war so vertieft in den endlosen Kuß- ... Kuß!

 

Die akute Warnmeldung, daß er gerade auf dem Besitz seines Adoptivvaters stand und wild den Mann küßte, von dem er wollte, daß der seine kleine Schwester heiratete,kam in seinem benebelten Gehirn an. Er erstarrte auf der Stelle und löste sich dann mit einer heftigen Bewegung von Koji. Sie starrten sich an und schnappten nach Luft. Takuto war sehr unsicher auf den Füßen,dennoch duldete er Kojis Hände nicht mehr auf seinem Körper. Eine unbändige Wut hatte ihn gepackt und er funkelte Koji aus wild lodernden Augen an.

 

"Wage es bloß nicht, meiner kleinen Schwester das Herz zu brechen!"

 

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TEIL 5

 

Takuto wachte am nächsten Morgen auf, doch er war sich nicht sicher, ob er nicht eigentlich einen schlimmen Alptraum hatte. Sein Kopf fühlte sich an, als würden die Innereien Bürgerkrieg spielen und sein Magen machte einen auf Kampf mit dem Drachen, wobei der Alkohol der Drachen war, der außerdem deutlich zu siegen drohte. Jedenfalls ließ er sich auf sein Bett zurück fallen, sobald er sich ein Stück hoch bewegt hatte, doch das resultierte darin, daß jemand in seinem Kopf eine riesige Glocke schlug,die noch eine lange Zeit dröhnte. Er stöhnte verzweifelt und schwor sich bei allen Heiligen, nie, nie wieder Alkohol anzurühren. Das linderte jedoch noch nicht seinen Brechreiz.

Er verbrachte den Tag im Bett und ließ sich von allen Seiten bedienen. Koji bekam er nicht zu Gesicht, weil Serika die Chance genutzt hatte und Kojis Zeit für sich beanspruchte. So hatte Takuto viel, viel Zeit zum Denken, auch wenn alle Gedanken bei einem solchen Kater etwas langsamer als gewöhnlich sind. Und da diese auch die meiste Zeit sich nur um ein Ereignis drehten, verbrachte wieder mal jemand einen schönen Tag damit, von Koji zu träumen, auch wenn es in seinem Fall ein wenig andere Umstände waren. Zunächst war er sich nicht sicher, ob dieser Kuß tatsächlich stattgefunden hatte oder er ihn sich in seinem Rausch erträumt hatte. Da konnte er beim besten Willen nicht zu einem Ergebnis kommen, denn er hatte halt noch keine Erfahrungen damit, Reales und Eingebildetes im Rausch zu unterscheiden.

Doch es gab noch eine Sache zu klären, nämlich warum er, angenommen, dieser Kuß wäre wirklich passiert, jetzt keinen Ekel vor Koji hatte. Denn er sah in ihm noch immer seinen Lehrer, zukünftigen Schwager und eigentlich sogar richtig guten Freund, der ihm zuhörte und ihn so akzeptierte, wie er war. Obwohl...nun war noch etwas dazu gekommen. Takuto fasste sich ärgerlich an die Stirn. Warum, zur Hölle, glaubte er nun in Kojis Augen etwas zu sehen, was nicht da sein konnte?! Warum hatte das blaue Glitzern nun eine andere Bedeutung angenommen? Warum war er nicht entsetzt, seinen ersten Kuß mit einem Mann erlebt zu haben?!

Man kann sich also vorstellen, daß Takuto einen wunderschönen Tag hatte, mit Kopfschmerzen, ohne Bewegung aber dafür lauter unangenehmen Fragen. Koji erging es jedoch auch nicht viel besser, denn er hatte zwar Bewegung ohne Ende und keine Spur von einem Kater, aber das wurde durch eine endlos plappernde Serika an seiner Seite und der nagenden Angst, die ihn innerlich zu Eis gefrieren ließ, mehr als wett gemacht. Koji lief mit Serika über den Markt und antwortete automatisch auf ihre Worte, doch da er sich im absoluten Stand-by-Modus befand, konnte Serika auch nicht viel mit ihm anfangen.

Koji selbst hätte sich am liebsten in eine Ecke gestellt und geheult. Er verfluchte sich dafür, so viel getrunken zu haben, daß er den Kopf verlor und seinen Instinkten nachging. Wie konnte er nur so gedankenlos sein und seine Freundschaft mit Izumi aufs Spiel setzen? Und zu allem Überfluß wußte er nun genau, daß er das Objekt seiner Begierde nicht mehr ansehen konnte, ohne daß seine Liebe nur allzu offensichtlich werden würde. Und was würde der jetzt überhaupt von ihm denken? Er war bestimmt jetzt schon ein riesiges, Männer küssendes Monster für den zarten jungen Mann sein. Doch er konnte nicht so einfach akzeptieren, daß es so zu Ende gehen sollte! Also schleppte er Serika nicht ab, sondern zurück nach Hause, sobald sie die kleinsten Anzeichen von Müdigkeit zeigte. Er mußte ihr noch hoch und heilig versprechen, daß er abends mit ihr in ihrem Lieblingsbuch lesen würde, dann konnte er endlich entkommen und zu Izumi stürmen.

Auf der Treppe begegnete er Izumi, wenn auch dem Falschen. Der alte Mann lächelte erfreut und sagte dann gespielt verletzt: "Koji, mein Junge, Ihr verbringt soviel Zeit mit meinen Küken, daß ich gar nicht dazu komme, Euch zum gerissensten Händler der Welt zu machen!Auch meine Zeit läuft bald ab!" Koji stützte sich lässig an der mit edlem Holz vertäfelten Wand ab und grinste neckend. Er erwiderte ernsthaft: "Ihr seht so gesund aus, als könntet Ihr noch hundert Jahre leben! Und das werdet Ihr wohl müssen, da Ihr Euch gedulden müßt, bis ich Zeit habe!" Izumi verstand den Wink und den Witz und schickte Koji weiter. "Aber seid vorsichtig mit meinen Kleinen. In Eurer Macht seht es, ihrer beider Herzen zu brechen." Koji wollte zum Sprechen ansetzen, doch Izumi schüttelte den Kopf: "Ihr müßt Euch nicht verteidigen, Koji, weil ich Euch vertraue, aber ich weiß auch, daß Euer Herz in diesem Haus bleibt, solltet Ihr gehen, denn es ist schon gar nicht mehr bei Euch. Nun geht und holt es Euch."

Koji lief weiter und in seinem Hinterkopf schrillten tausend Alarmglocken. Die letzten Worte des Alten hatten getroffen, und sie saßen tief. Hatte Izumi etwa etwas bemerkt? Wußte er um seine Liebe? Koji fuhr zusammen. Hatte Takuto davon erzählt?! Er wollte es nicht glauben und er war sich sicher, daß es Takuto peinlich wäre, so etwas zu verbreiten. Aber woher sonst...? Koji war sich sicher, niemals so durchsichtig gewesen zu sein, bis auf den vergangenen Abend...

Das Nachdenken wurde ihm verwehrt, als er vor Takutos Tür angekommen war und noch bevor er anklopfen konnte, Takutos Stimme rief: "Koji? Komm schon rein..." Koji seufzte und sprach sich noch einmal Mut zu, dann drückte er die Tür auf und betrat den Raum.

Er hatte sich zwar schon gedacht, daß es Takuto nicht gut gehen würde, aber nichts hätte ihn auf den Anblick Takutos vorbereitet, in dicke, weiße Decken gehüllt und auf einem riesigen Stapel noch größerer Kissen gebettet. Und um ihn herum lagen Teller, Becher und Bücher, sowie eine Vase voll Blumen, die ihren zu süßen Duft überall im Raum verteilten. Koji schlug sich eine Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. Takutos Augen funkelten wie schwarze Diamanten aus dem Meer von weißen Bettlaken und Rosen und sein Gesicht zeigte einen Ausdruck höchster Pein. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte, was das Zeug hielt. "Ist nicht witzig...", murmelte er beleidigt. Koji grinste: "Ist es doch. Sogar sehr. Und ich wette, wenn ich jetzt Lärm mache, fällt dir der Kopf ab!" Takuto wollte nicken, überlegte es sich dann aber anders und machte nur eine Geste, die Koji bedeuten sollte, sich zu setzen. Koji machte einige Schritte und spürte, wie seine Unsicherheit ihn wieder überfiel. Warum sagte Takuto nichts? Erinnerte er sich nicht daran? Das wäre wahrscheinlich gut, auch wenn Koji den unsinnigen Wunsch verspürte daß Takuto wußte, wie gut er küssen konnte. Er setzte sich auf die Bettkante und nahm probeweise Takutos Hand. Er sah Unsicherheit und Angst über Takutos Gesicht flitzen und wußte damit, daß der noch genau wußte, was passiert war, doch der Moment war sofort vorbei und ließ einen fragend guckenden Takuto zurück. Und Koji hatte sein ernstes Gesicht aufgesetzt, was unverrückbar war und keine Rückschlüsse auf seine Gedanken erlaubte.

Koji suchte nach Worten und war unendlich traurig darüber, was er nun sagen würde, doch es mußte sein. "Takuto", begann er sanft, "ich...es tut mir leid, daß ich dich habe so viel trinken lassen. Ich hätte wissen müssen, daß es dir nicht bekommt und dich stoppen, bevor so was passieren konnte. Es tut mir wahnsinnig leid." Takuto lächelte sanft und auf einmal verpaßte er Koji eine blitzschnelle Kopfnuß. "Na, wenn du die Schuld schon auf dich nimmst, dann hast du die verdient! Aber was ist denn passiert, was nicht hätte vorkommen sollen?" Koji lächelte und dachte zärtlich: Wie naiv du bist, mein Engel. Wie sehr dich deine unschuldige Offenheit verrät...Wie gut kenne ich doch diese lauernde Stimme, der du einen leichten Beiklang geben willst... "Du bist, sagen wir, abgestürzt. Erinnerst du dich nicht mehr? Ich habe dich den ganzen Weg getragen..." Takuto zuckte kurz zusammen und schüttelte dann den Kopf. "Ehrlich? So ein Mist...Deswegen fühle ich mich auch so...so..." Er suchte nach dem richtigen Wort, das seinen Zustand beschreiben würde und machte mit den Händen die selben Bewegungen in der Luft, die ein Lehrer macht, wenn er eine bestimmte Antwort entlocken will. Koji ging auf das Spiel ein und fragte: "Gerädert? Durchgekaut und wieder ausgespuckt?" Takuto lachte und nickte: "Das wird es am Besten treffen. Und dann habe ich noch solch verrückte Dinge geträumt..." Ja, es ist besser, wenn ich dein Traum bin, als wenn du weißt, was ich fühle...

"Armer Kleiner. Das mach ich wieder gut, auch wenn ich noch nicht weiß, wie. Und morgen fangen wir wieder mit dem Unterricht an, das wird dir darüber hinweg helfen!" Takuto nickte und fragte sich dabei, was Koji wohl damit meinte, es wiedergutmachen zu wollen. Koji drückte noch mal Takutos Hand und lächelte noch einmal sanft. Dann wünschte er dem jungen Mann eine gute Nacht und zog sich zurück.

Takuto sah ihm nach und wußte nicht mehr, was er denken sollte. Er glaubte Koji, daß er sich was erträumt hatte, doch er konnte nicht glauben, daß Kojis Augen nicht mehr sagten als seine Worte. Takuto erinnerte sich an den sinnlichen Mund, zu einem sanften Lächeln verzogen und den großen, starken Händen, die seine eigenen Hände -liebevoll?- drückten. Er bekam eine Gänsehaut bei der Erinnerung an Kojis weiche Lippen, an seinen sauberen, männlichen Duft und das Gefühl, an diese breite Brust gedrückt zu werden. Takuto fluchte und verjagte den Gedanken. Das hatte er nur geträumt, geträumt, im Rausch geträumt! Und warum sollte Koji was von ihm wollen, wenn er doch da war, um Serika zu heiraten?!

Dennoch konnte er das Gefühl nicht zurück drängen, daß Koji ihn weitaus mehr Beachtung schenkte. Dann seufzte er, schloß die Augen und ließ die Erinnerung auf ihn einströmen. Wie sollte man, wenn man so unerfahren war wie er, sich einen Kuß so detailgetreu vorstellen zu können? Woher hätte er wissen können, daß Kojis harter Körper trotz der Kälte seines Charakters so warm war, trotz der stahlharten Muskeln wo weich für ihn? Takuto öffnete die Augen und plötzlich erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Er konnte das Gefühl zunächst nicht genau definieren, sondern wußte nur, daß es aus der Lendengegend kam. Dann weiteten sich seine Augen ungläubig und sein Mund klappte auf, als er an sich herunter sah und die Beule entdeckte, die seine Decke zierte.

Koji weckte ihn am nächsten Morgen wie üblich vor Sonnenaufgang und sprach ihn prompt auf seine gedrückte Stimmung an. Takuto wurde rot wie eine Tomate und dankte dem Himmel, daß man es bei dem Licht sowieso nicht so gut sehen können würde. Er stammelte eine Ausflucht und zog sich schnell an. In Wahrheit versucht er sich schon die ganze Nacht krampfhaft daran zu erinnern, weswegen der Priester, bei dem er damals lesen und schreiben gelernt hatte, die Selbstbefriedigung verdammt hatte und ihn ausdrücklich davor gewarnt hatte, doch beim besten Willen fiel ihm die Antwort nicht ein.

Sie absolvierten die Übungen, die Kojis Trainingsplan vorgesehen hatte und Takuto fiel auf, daß er sich wirklich verbessert hatte. Koji schien es auch deutlich zu sehen und nachdem Takuto einige gute Schläge gemacht hatte und einmal Koji schon fast entwaffnet hatte, lachte dieser erfreut auf und noch bevor Takuto dieses Lachen als das identifizierte, daß ihm sagte, da der Kampf gleich vorbei sein würde, lag er schon auf dem Boden und Koji drückte hielt ihm die Klinge an den Hals. Koji grinste fröhlich und als er Takuto aufhalf, sagte er: "Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber ich bin stolz auf dich, Izumi! Das du in so kurzer Zeit so gut werden könntest, hätte ich nie gedacht!" Er klopfte dem errötenden Takuto auf die Schulter und schickte ihn los, um sich zu waschen.

Als er sich auszog, dachte Takuto an Kojis Augen zurück und fragte sich unwillkürlich, ob dieser seinen Körper mochte. Dabei wurde er natürlich wieder rot, so daß er sich nicht traute, sich umzudrehen und zu vergewissern, daß der Blick, den er im Rücken spürte, Kojis war. Als er fertig war, sah er, daß Koji einen Fußball entdeckt hatte, der in der Ecke der Halle lag. Takuto beobachtete eine Weile lang, wie Koji den Ball mit dem Fuß hin und her rollte, dann kam ihm eine Idee und er rief zu Koji rüber: "Hast du Lust, ein wenig Fußball zu spielen?" Koji, der nicht bemerkt zu haben schien, daß er beobachtet wurde, nickte verlegen und mache einen Versuch, den Ball zu Takuto zu schießen, so wie er es bei dessen Spiel gesehen hatte. Takuto schleppte ihn auf eine ebene Wiese mit kurzem Gras hinter der Halle und schlug vor, daß Koji mal versuchen sollte, das Tor abzuwehren. Koji ließ sich kurz erklären, daß er keinen Ball ins Tor lassen sollte und wie er das anstellen sollte, dann ging Takuto auch schon auf seine Position und schoß einen mehr oder minder leichten Ball in eine der Ecken des Tores. Koji beobachtete den Ball lange, ehe er einen kurzen Satz machte, den Ball fing und wieder elegant landete. Die nächsten paar Male schoß Takuto mit ein wenig mehr Kraft, und Koji hatte im Tor noch immer keine Probleme. Dann gab Takuto Koji

ein Handzeichen, nahm einen riesigen Anlauf und schoß aus voller Kraft aufs Tor. Diesen Ball hatte noch keiner gehalten. Takuto Augen weiteten sich ungläubig, als Koji ruhig blieb und dann sprang, sich zu seiner vollen Länge streckte und den Ball aus der Luft angelte, auch wenn er diesmal nicht elegant landete, sondern mit der Seite auf dem harten Boden. Takuto tobte und ballerte nochmals volle Kanone auf das Tor, doch Koji bekam auch den Ball zu fassen. Takuto, der sich noch nicht im Klaren darüber war, daß er somit den idealen Trainingspartner gefunden hatte, war außer sich, daß jemand seinen speziellen Ball halten konnte. Nach vielen Schüssen, wenigen Toren, aber um so mehr eleganten und weniger eleganten Manövern von Koji, gab Takuto keuchend auf und ließ sich auf den Boden plumpsen. Er beobachtete zwischen zusammengekniffenen Augen hindurch, wie Koji, verschwitzt aber fröhlich lächelnd, auf ihn zukam und sich neben ihn fallen ließ, die langen Beine gemütlich ausstreckend.

"Das hat Spaß gemacht!", sagte er lächelnd und rieb sich dabei seine höllisch schmerzenden, weil oft angeschossenen, Hände. Takuto hatte erkannt, daß Koji eine wunderbare Bereicherung für die Mannschaft sein würde und wollte dies gerade aussprechen, als ein Bote zu ihnen geeilt kam und verkündete, eine wichtige Nachricht für Koji zu haben.

"Sie stammt von Herr Katsumi und lautet: Koji, heute ist im Hafenviertel ein kleines Turnier im Schwertkampf auf Leben und Tod. DU solltest es nicht verpassen." Der Bote rollte das Blatt zusammen und wartete auf eine Reaktion. Koji runzelte ärgerlich die Stirn: "Was zur Hölle sollte ich da, mir schlechte Kämpfer ansehen oder gar mitmachen bei einem so kleinem Turnier, daß es im Hafenviertel stattfindet?!" Der Bote atmete erleichtert auf, weil Kojis Reaktion der Vorhersage entsprach, die sein Auftraggeber gemacht hatte und fuhr fort: "Der Herr hat mir aufgetragen, Euch zu nötigen, einen Blick in die Teilnehmerliste zu werfen." Er gab Koji ein weiteres Blatt, welches aufgerollt und aufmerksam studiert wurde. Nach einigen Sekunden sprang Koji auf, und in seinen Augen glühte ein solch unheiliges Feuer, daß Takuto unwillkürlich zurückwich. "Was ist denn? Koji?"

Doch der schenkte ihm keine Beachtung mehr sondern stürmte zum Hintereingang des Hauses. Takuto sah ihm mit offenem Mund nach, dann nahm er das Papier, welches Koji achtlos fallen gelassen hatte, auf und las ebenfalls die Namen, die ihm jedoch nichts sagten. Ein Name war unterstrichen, anscheinend von Katsumi: Hisaya Kunihide.

Koji rannte ohne Anzuhalten auf sein Zimmer und warf sich in sein Kettenhemd und die Gewänder mit seinem Wappen. Dann schnappte er sich sein Schwert und stürmte auch schon wieder herunter. Er dachte nicht mehr klar, denn seine ganzen Gedanken kreisten unablässig um einen Namen: Kunihide. Er meinte die Hitze, die von seiner Narbe ausging, durch das Kettenhemd spüren zu können. Kunihide, dessen Mal er auf ewig tragen würde...

Vor den Ställen, wo sein Pferd geduldig auf ihn wartete, stieß er auf Takuto, der ihn mit besorgtem und fragendem Blick musterte. "Was wird das, wenn's fertig ist, Koji?" Koji wollte ihn mit einer knappen Ausrede abspeisen: "Katsumi hatte Recht, daß darf ich mir nicht entgehen lassen. Ich muß teilnehmen." Takuto schüttelte den Kopf. "Aber warum? Warum solltest du dich deswegen in Gefahr bringen?" "Es muß sein und das ist mein letztes Wort!" Takuto war nun wirklich sauer. "Verdammt noch mal, daß ist doch genau das, was du dementierst: Ein sinnloser Kampf um nichts außer die Befriedigung der Sensationslust anderer! Was soll das?!" Er packte Kojis Arm, doch der riß sich los und marschierte weiter. "Das verstehst du nicht, Izumi." Takuto war Tränen des Zorns nahe, so schrie er wütend: "Ja, ich verstehe es nicht! Erkläre mir, warum du dich für nichts und wieder nichts über deine eigenen Grundsätze hinweg setzen willst!" Weil es Kunihide ist, dachte Koji, doch er sagte: "Dafür habe ich keine Zeit,denn ich komme sonst zu spät."Mit diesen Worten schwang er sich auf sein Schlachtroß, welches von seiner Stimmung angesteckt wurde und herausfordernd schnaubte. Dann sprengte er davon und ließ einen zornig bebenden Takuto zurück. Er ritt wie der Teufel persönlich und kam schneller im Hafenviertel an, als wenn er geflogen wäre.

Der Veranstalter wollte ihn nicht mehr teilnehmen lassen, weil die Anmeldefrist schon längst abgelaufen war, doch wer legt sich gerne mit einem blauglühenden Pfeil, abgeschossen aus einem zornigen Auge Kojis und dessen Hand, die auf dem Schwertknauf liegt, an?

Die Runden, die er bis zum Finale kämpfen mußte, gingen schnell vorbei, meist mit einem einzigen ungeduldigen Schlag seinerseits. Doch dann standen sie sich gegenüber, wie damals, vor sechs Jahren. Obwohl beide voll gepanzert waren, erkannte Kunihide ihn sofort, daß spürte er in der Luft. Die begeisterte Menge in der schäbigen Halle schrie und johlte, doch es gab in ihrer Welt nur sie beide in diesem Ring. Sie standen sich gegenüber und lautlos kommunizierten sie, machten dem anderen verständlich, daß der gleich sterben würde.

Dann erklang der Gong und sie gingen wie zwei Urgewalten aufeinander los. Schlag um Schlag wurde ausgetauscht und die einzige Taktik bestand darin, den anderen entweder durch einen Schlag zu töten oder langsam zu ermüden. Keiner von ihnen dachte klar genug, um an Taktik zu denken.

Koji verpaßte Kunihide einen Schlag, der ihn auf den Hinter fallen ließ und steckte dafür einen ein, der ihn an den Rand des Ringes stolpern ließ. Koji stand da und beobachtete aus abwesenden Augen, wie Kunihide auf ihn zustürmte. Nun fing er an, sich Gedanken zu machen. Er hatte bisher seine rohe Kraft brutal eingesetzt, doch das nützte nichts. Es war Zeit, sich daran zu erinnern, was einen Kampf ausmachte. Den Gegner zu beobachten...die Klinge zu spüren...sich zu verlieren...Koji stieß sich ab und machte eine elegante Drehung, um Kunihide zu entweichen. Er schloß die Augen und ließ sich von seinen Instinkten und der Waffe in seiner Hand führen. Das nächste, was er klar wahrnahm, war Kunihide, der tot und aus vielen Wunden blutend, am Boden lag. Er spürte, daß dieser Sieg alles von seiner Kraft und Geschicklichkeit gefordert hatte. Er legte eine Hand an seinen Panzer und spürte, daß die Narbe kalt war. Sie hatte ihren Schrecken verloren. Kunihide war fort und vergessen. Eigentlich hätte er jubeln müssen, doch statt dessen wandte er sich ab und nahm das Preisgeld entgegen.

Katsumi wartete schon auf ihn. Er drängte sich an Kojis Seite und sah besorgt zu ihm auf. "Bist du nicht glücklich?", fragte er nach einer Weile des Schweigens. "Ich schätze, ich bin es", antwortete Koji, wobei er sich mit einer müden Geste durch die Haare fuhr. Er nahm seinen Helm ab und wischte sich den Schweiß aus den Augen. "Jetzt ist dieser Alptraum gestorben, aber mit ihm auch ein Teil meines eigenen Lebens..."

Nachdem sie sich verabschiedet hatten und Koji dabei eine kurze Umarmung von Katsumi über sich ergehen ließ, ritt der Sieger gemächlich zum Haus der Izumis zurück. Er hatte den Kopf voll mit lang verdrängten Gedanken, die er nun ans Licht ließ, weil sie ihn nicht mehr schmerzen konnten. Er entschied, daß er doch glücklich über den Verlauf der Dinge war.

 

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TEIL 6

 

Izumi hatte für diesen Abend eine überraschende Feier geplant. Es waren schon einige ältere Gäste, Freunde des alten Herrn da und unterhielten sich leise. Aber auch die jungen Leute waren gekommen und einige von ihnen tanzten zu einer leisen, wenn auch vergnügten Melodie. Koji sah sich automatisch suchend um, doch er fand nicht, nach wem er Ausschau hielt. Doch statt dessen entdeckte er dessen Adoptivvater, der in ein Gespräch mit einer Dame seines Alters versunken war. Koji grinste, als er auf die beiden zuging und zusah, wie sie erschreckt auseinander fuhren, als er sie ansprach. Izumi versuchte sich aus der Affäre zu ziehen, indem er seine beiden Gäste einander vorstellte und die Dame erkannte seinen Namen sofort und wollte ihn in die Unterhaltung mit einbeziehen. Izumi war nicht allzu sehr begeistert davon, denn wer läßt sich schon gern die volle Aufmerksamkeit einer Frau stehlen, ließ sich aber nichts anmerken. Doch Koji hatte andere Pläne und fragte nach Takuto.

Er fand ihn in der Bibliothek, genaue gesagt in der Nische, aus der Takuto ihn und Serika schon mal beobachtet hatte, auch wenn Koji daß nicht wußte. Takuto sah auf ein Buch runter, doch seine Augen verrieten, daß er ganz weit abwesend war und er hörte Koji auch nicht kommen.

„Izumi?“ Koji sprach leise, um Takuto nicht unnötig aufzuschrecken, doch dieser zuckte trotzdem fast panisch zusammen und starrte Koji dann aus unnatürlich weit aufgerissenen Augen an. Und warf sich dem dann ohne Vorwarnung an den Hals. „Du verdammtes Arsch! Koji...“ Koji war zunächst sprachlos, doch er packte Takuto instinktiv und drückte Takuto an sich. Er schmiegte eine Wange an Takuto schwarzes Haar und wußte nicht recht, ob das Zittern, daß er spürte, von Takutos Tränenausbruch oder seinen eigenen weichen Knien stammte. Er flüsterte beruhigende Laute und wiegte den jungen Mann sanft hin und her. Nach einer Weile verebbten die Tränen endlich und Koji ließ es sich nicht nehmen, einige von ihnen sanft wegzuwischen.

„Koji...Ich hab mir solche Sorgen gemacht! Dieser Kunihide- ich habe mich über ihn informiert und mir wurde gesagt, daß er ein grausames Monster ist, der keinen seiner Gegner verschont! Und er soll einer der Allerbesten sein, der noch nie geschlagen wurde! Wie konntest du mir das bloß antun?!“, schniefte Takuto dann in Kojis Schulter. Der mußte sich anstrengen, um die Worte überhaupt zu verstehen und als er es dann tat, war er gerührt davon, daß Takuto sich Sorgen um ihn gemacht hatte. Doch er liebte Takutos Lachen viel zu sehr und wollte ihn nicht leiden sehen, also streichelte er ihm sanft über die Haare und den schmalen Rücken. Er hatte einige Mühe, sein Verlangen auf Takuto zu unterdrücken, doch er wollte sich zusammenreißen. Er antwortete ernst: „Aber er ist nicht der Beste. Und auch nicht jeder stirbt bei einer Begegnung mit ihm...“ Takuto wich langsam zurück, so langsam, daß es so aussah, als wollte er es gar nicht. Seine Augen waren geweitet, doch diesmal voll Verstehen und nicht mehr wütend. „Du...er hat dir die Wunde zugefügt...“ Koji nickte und legte eine Hand an die Narbe. „Ja, es ist sein Werk. Doch er vermochte es nicht, mich zu töten damals. Aber ich schwor Rache, und die habe ich heute bekommen. Es tut mir Leid, wenn ich dich vorhin verletzt habe, aber der Gedanke an Rache an diesem Mann hat jahrelang mein Leben bestimmt. Ich mußte die Chance nutzen, denn er zeigt sich nicht oft.“ Takuto nickte verständnisvoll und legte eine Hand neben die Kojis. Seine Berührung jagte wohlige Schauer über Kojis Körper und fast hätte er angefangen, wie eine große Katze zu schnurren.

„Und deswegen war der Kampf auch auf einem so kleinem Turnier, denn bei den großen darf man nicht absichtlich töten. Er aber wollte nicht nur einen Sieg, sondern Tote, die seinen Weg pflastern. Du hattest deine Chance auf Vergeltung und du hast sie genutzt. Ich kann dir deswegen unmöglich sauer sein.“ Dann verdüsterte sich sein Gesicht wieder, er packte Kojis Kragen und zog ihn zu sich herunter. Ihre Gesichter waren so nah an einander dran, daß Koji schwindelig vor Liebe wurde. Diese Augen waren selbst vom Weinen gerötet noch verboten schön. Doch Takuto hatte nichts von dem im Sinn, an was Koji gerade dachte, er sagte drohend: „Aber wenn du mir noch mal solche Angst einjagst, Koji, dann wird dein hübscher Körper dies bereuen, daß verspreche ich dir. Du magst stärker als ich sein, aber das wird dann keinen Unterschied mehr machen, und wenn ich dich von hinten mit einem Fußball abschießen muß! Hast du mich verstanden?!“ Koji grinste so breit, als hätte er die Warnung nicht gehört. „Danke für das Kompliment...“ Takuto ließ ihn los und stolperte einige Schritte rückwärts. Diesmal gab es keine günstigen Lichtverhältnisse, welche die heftige Reaktion seiner Gesichtsfarbe mit Kojis Worten verdecken konnte. Koji, noch immer bis über beide Ohren grinsend, nahm Takutos Hand und zog ihn in Richtung der Feierlichkeiten, auf den es wahrscheinlich massenweise zu essen geben würde.

Wären sie nicht bald aufgetaucht, hätte Serika wahrscheinlich eine Suchaktion gestartet. Sie machte sich Sorgen, weil ihr Bruder einige Stunden lang so niedergeschlagen gewesen war, bis er sich dann in seine Nische zurückzog und nichts über Kojis Verbleib verraten wollte. Doch dann kamen die beiden zusammen die Treppe runter und schienen gut gelaunt. Serika flog an Kojis Seite und fragte nach seinem Tag. Doch anstatt die gewünschte Auskunft zu erteilen, gab Koji nur einen schlauen Spruch, der um alte Feinde handelte und den Serika sowieso nicht verstand, zum Besten.

Sie wollten den Abend eigentlich zusammen, doch Koji wurde bald von anderen Herrschaften, die sein Familienunternehmen kannten, unter Beschlag genommen. Serika langweilte sich zwar ohne die Anwesenheit ihres Ritters an ihrer Seite, doch sie nutzte die Gelegenheit, die anderen jungen Edelfrauen neidisch zu machen. Doch als sie gerade Eri, einer von ihnen, zu verklickern, daß sie den schönen Fremden nicht zu hungrig anzustarren, weil sie kurz davor stand, ihn zu heiraten. Doch anstatt wie all die anderen den Mund aufzureißen und in bodenlosem Neid zu versinken, schnaubte Eri und musterte Serika mit verächtlichem Mitleid. „Ach wirklich? Ich könnte Euch einige Gründe sagen, weswegen Ihr das bestimmt nicht werdet, doch diese lasse ich ungesagt. Aber ich gebe Euch nur was zum Nachdenken: Er lebt nun schon so lange bei Euch, daß er schaffte aus Eurem Bruder einen passablen Fechter und vorzüglichen Reiter machen konnte. Und noch kein einziger Schritt, um Euch zu heiraten. Nicht mal um Eure Hand angehalten.“ Eri schwang ihre langen Haare majestätisch auf den Rücken und wandte sich ab. Serika starrte ihr hinterher und begriff, daß Eri einen Punkt hatte. So weh es tat, ihre Worte ergaben sogar Sinn! Serika wollte auf der Stelle heulen, doch sie würde diesen Gänsen nicht die Befriedigung geben, sich so zu erniedrigen. Satt dessen würde sie nachher zu Koji gehen, um diese Situation zu klären. Er würde sicher eine ganz einfache Erklärung haben, warum sie noch nicht verheiratet waren und ihr eine baldige Änderung dieser Situation versprechen.

Das Essen wurde serviert, so daß sie sich weitere Gedanken machen mußte und trotz ihrer Zuversicht schreckliche Ängste ausstehen mußte. Eri saß zu allem Überfluß neben ihr. Plötzlich hörte sie diese widerliche Stimme Kojis Namen nennen: „Sir Koji, ich hörte, Ihr seid mit der Laute genauso geschickt wie mit dem Schwert. Wollt Ihr es uns nicht demonstrieren, so daß unser Glauben an die Worten nicht enttäuscht wird?“ Koji lächelte sein charmantestes Lächeln und blickte fragend in die Runde. Die anderen Gäste klatschten zustimmend, so daß er sich elegant erhob und eine leichte Verbeugung machte. Ein Spieler machte ihm Platz und drückte ihm das Instrument in die Hand. Koji setzte sich und dacht kurz nach, dann hellte sich sein Gesicht auf und er stimmte eine langsame, unendlich traurige Melodie an. Serika schloß die Augen und ließ sich von den Klängen davon tragen. Dann, nach einer Weile der göttlichen Musik, gesellte sich ein zweiter Laut zum Ersten, ein unendlich sanfter, samtener und tiefer Klang- Kojis Stimme. Serika riß die Augen auf und verlor sich in dem Anblick, den Koji bot. Seine Haare lagen wie ein Heiligenschein um ihn und sein Gesicht drückte höchste Konzentration aus, doch in seinen Augen glühte reine Leidenschaft. Er sang ein Liebeslied.

Serika fiel fast in Ohnmacht, doch die Erziehung verlangte es anders. Sie klatschte brav mit, nachdem das Stück vorbei. Das ganze restliche Abendessen verbrachte sie damit, Koji anzuhimmeln und scherte sich einen Dreck darum ,ob es jemandem auffallen konnte.

Die älteren Herrschaften wollten sehen, ob es jemanden unter ihnen gab, der Koji das Wasser reichen konnte, so daß lustiges Singen begann. Das nutzte Serika und bat Koji, sie auf einen kurzen Ausflug zu begleiten. Gentleman wie immer, verabschiedete er sich von seinen Nachbarn, die von beiden Seiten auf ihn einredeten und begleitete Serika. Sie liefen durch lange Flure voll wertvoller Gemälde. „Ihr seid ein wunderbarer Sänger, Sir Koji...“, sagte Serika dann schüchtern. Koji lächelte in der Dunkelheit und machte eine Verbeugung, die nur an sie gerichtet war. Dann kamen aber ihre ernsten Gedanken zurück und sie holte tief Luft. „Sir Koji, Ihr lebt nun schon eine ganze Weile bei uns und alle Izumis hoffen darauf, daß sich noch mehr entwickelt, als geschäftliche Verbindungen. Ihr wißt, was ich meine. Aber es sieht nicht so aus, als würde da was passieren. Also wollte ich Euch um Klärung bitten. Sir Koji, werdet Ihr um meine Hand anhalten?“ Koji sah ihr ruhig in die Augen und sie glaubte, so etwas wie Bedauern in seinen Augen zu lesen, als er, ohne den Blick abzuwenden, antwortete: „Nein.“

 

Koji warf sich im Dunkeln auf sein Bett und dachte nach. Ein Gefühl der Endgültigkeit hatte von ihm Besitz ergriffen und ließ nicht mehr los. Wahrscheinlich war Serika schon längst zu Takuto gelaufen und hatte ihm unter einer Flut von Tränen erzählt, daß Koji nicht beabsichtigte, sie zu heiraten. Und der würde ihn dafür rausschmeißen, es als persönlichen Verrat nehmen.

Koji bemerkte mit einem Hauch von Amüsement, daß ihm eine Träne über die Wange lief. Der einzige Mensch, der ihm wirklich etwas bedeutete, und er hatte „Nein“ gesagt. Aber nun war es zu spät. Zur Hölle, dachte Koji erregt, wenn ich schon wegfahren muß, werde ich ihm noch meine Liebe gestehen, soll er selbst sehen, was er damit anfängt! Er machte sich keine Hoffnungen denn alle Hoffnung war verbraucht. Takutos Unterricht könnte ein einheimischer Lehrer weiterführen, die Geschäfte zwischen Izumi und ihm waren abgesprochen, und er hatte klargemacht, daß er nicht wegen Serika bleiben würde. Also war es Zeit, zu gehen. Koji fuhr sich durch die Haare und beschloß, mit Feuerwerken unterzugehen. Keine Tränen, keine Gefühlsausbrüche. Sollten sie ihn für immer als den Kühlen mit den leidenschaftlichen Augen und der Stimme, die eines Engels würdig war, in Erinnerung behalten.

Am nächsten Tag spulte er die Routine automatisch ab. Waschen, anziehen, Takuto wecken. Der sagte kein Wort über das Thema, welches Koji so lange beschäftigt gehalten hatte. Sie schlichen wie jeden Morgen zur Halle und machten sich wie an jedem anderen Tag auch, gemeinsam warm. Koji konnte sich seiner vielen Sorgen erstaunlich gut konzentrieren, denn er machte sich klar, daß das vielleicht schon seine letzte Chance war, Takuto SO zu sehen. Er beobachtete die graziösen Bewegungen und labte sich an dem entschlossen- konzentrieren Ausdruck des geliebten Gesichts und seine Augen fingen jeden Zentimeter des braungebrannten Körpers ein.

Das, worauf er schon mit langsam steigender unangenehmer Spannung wartete, kam nach dem Training, als sie wie üblich zusammen auf einer Holzbank saßen und über die Übungen redeten. Koji sah den Moment kommen, denn Takutos Augen wurden traurig und auch ein wenig zornig. Seine Stimme klang einigermaßen neutral, doch er konnte den flehenden Unterton darin nicht vermeiden.

„Koji“, fing er an, „ich hatte gestern Nacht eine Unterredung mit meiner Schwester. Sie erzählte mir, daß sie dich gefragt hatte und du gesagt hast, sie nicht heiraten zu wollen.“ Koji drehte sich zu Takuto und sah ihm voll in die Augen. Takuto sollte sehen, wie ernst seine Worte gemeint waren. „Das stimmt auch. Ich werde sie nicht heiraten.“ Takuto wandte sich ab und vergrub das Gesicht in den Händen. „Warum?“, tönte es verzerrt aus seinen Fingern hindurch.

Willst du es hart, soll ich sagen, daß ich mein Bett nicht mit Halbwüchsigen teile und sie nicht einmal wollen würde, wenn sie reif wäre, weil ich geil auf dich bin?

„Weil ich sie nicht lieben kann. Izumi, sieh mich an.“ Takuto sah ihn mit unglücklichen Augen an. Koji holte Luft. „Weil ich dich liebe.“ Takuto fuhr zurück und fauchte ihn mit vor Wut triefender Stimme an: „Was sollen diese Späße? Was zur Hölle redest du da? So leicht kannst du dich nicht um eine Antwort drücken!“ Koji unterband weitere Worte, indem er Takutos Gesicht in einer Hand einfing und ihm einen harten, tiefen Kuß verpaßte. Takuto riß sich panisch los, sprang auf und sah mit vor Schreck geweiteten Augen auf den ruhig dasitzenden Koji herab: „Bist du wahnsinnig? Ich bin kein Mädchen, verdammt noch mal! Ich bin ein Mann!“ Koji nickte resignierend und legte seine Finger vor dem Gesicht zusammen. „Danke für den Tip, aber das habe ich schon selbst bemerkt. Aber ich kann nichts dagegen tun, Izumi. Es tut mir Leid, für uns beide und deine Schwester, aber ich liebe dich, und ich will niemanden sonst.“ Takuto tobte nun wirklich. Er stieß ein hysterisches Lachen aus und deutete anklagend mit einem Finger auf Koji: „Verdammt, was hast du nur angestellt? Du brichst ihr einfach so das Herz! Wie kannst du nur... wie kannst du nur denken, ich würde mich auf deine perversen Phantasien einlassen?“ Perverse Phantasien?! Wäre Takuto jemand anderer gewesen, so hätte er nun um sein Leben fürchten müssen. So sprang er ebenfalls auf, packte hart Takutos Arm und zischte ihm ins Ohr: „Das ist keine Phantasie, mein Lieber, sondern mein vollster Ernst. Und man kann auch sagen, daß du ihr das Herz gebrochen hast, denn du hast ihr doch den Ehemann ausgespannt, wenn auch ohne dein Wissen. Ein herrlich ironischer Schicksalsschlag, meinst du nicht auch?“ Takuto erstarrte und wenn Blicke töten können, wäre Koji wahrscheinlich in einer blutig roten Masse explodiert.

„Geh jetzt, bevor was passiert. Und wage es nie, nie wieder, mir unter die Augen zu treten...“

Koji ging, und zwar auf dem direktesten Weg zum Arbeitszimmer des alten Izumi. Der wußte anscheinend noch nichts, denn er empfing Koji genauso freundlich wie schon immer. Koji brodelte, doch er würde es Izumi nicht sehen lassen. Er wollte Serika dafür verfluchen, ihn zu lieben, Takutos Schwester zu sein...alles an ihr wollte er dem Untergang weihen. Und er hatte schon den Namen des Fluches ausgesucht: Akihito.

„Was kann ich für Euch tun?“, fragte Izumi, nachdem Koji sich gesetzt und die obligatorische Tasse Tee entgegen genommen hatte. „Ich will noch etwas abmachen, bevor ich abreise. Ich will unsere Häuser verbinden, dicker als mit Geschäften. Ich will um die Hand Eurer Tochter anhalten- für meinen Bruder Akihito.“ Izumi zuckte zusammen und der erwartungsvolle Ausdruck verschwand aus seinen Augen, als sich seine Voraussage als falsch erwies. „Euren Bruder?!“, krächzte er schwach. Koji nickte und lächelte freundlich: „Nach Vaters Willen bin ich der alleinige Erbe, aber sollten meine Brüder doch einen rechtlichen Schwachpunkt in seinem Testament finden, kann ich mich nicht halten. Und ich wünsche Serika Sicherheit. Deswegen will ich sie an meinen Bruder verheiraten. Sonst müßten wir uns mit Geschäften zufrieden geben.“ Izumi war, wie er es geplant hatte, zu verwirrt, um den Schwachpunkt in dieser Erklärung zu finden. Er hatte sich schon so sehr darauf gefreut, daß Serika bald einen von Nanjo werden sollte, daß er die neue Entwicklung nicht genug auswerten konnte. „Ladet Eure Brüder ein, Koji. Ich will mir meinen zukünftigen Schwiegersohn ansehen.“

Koji erhob sich und machte sich auf den Weg, auf seinem Gesicht ein Ausdruck, der zwischen reinem Hohn und ebenso reiner Boshaftigkeit schwankte.

Takuto konnte nicht glauben, was er hörte, als sein Adoptivvater ihm eröffnete, daß Kojis Bruder, der innerhalb eines Tages eintreffen würde, Serika heiraten sollte. Er wollte protestieren, doch er hörte von dem Alten, der zu viel Streß, Wein und Sorgen hatte, zum ersten mal ein hartes Wort.

Serika weinte lange, doch dann entschloß sie sich, ihre Demütigung niemandem zu zeigen und es mit Fassung zu nehmen. „Lieber seinen Bruder als gar nichts“, sagte sie mit einem erzwungenen Lächeln. Für Takuto überschlugen sich die Dinge viel zu schnell. Das nächste, was er richtig mitbekam, waren die beiden Männer, die im Empfangssaal standen und jeden Kontakt mit Koji vermieden. Koji schien auch nicht besonders von ihnen angetan zu sein, er stellte sie nur vor und machte sich daran, einen Vertrag mit Izumi auszuhandeln. Als Koji schon auf der Treppe hinter dem alten Izumi her trottete, bemerkte der junge den hastigen Blick, den Koji ihm zuwarf. Er schickte einen eiskalten zurück.

Dann hielt er es im Raum nicht mehr aus und überließ Serika ihren Zofen und den Nanjo- Brüdern. Er sattelte sich ein Pferd und ritt, ohne sich einen Gedanken über die Richtung zu machen. Er weinte, doch auch das erregte kein Aufsehen bei ihm. Er wußte nicht weiter, wußte nicht, was er denken, fühlen sollte. Koji...! Wie sehr er ihn haßte, und wie sehr er dennoch an ihrer Freundschaft klammern wollte. Er konnte ihn nicht hassen- und tat es aus vollstem Herzen. Nach einer Weile begann er sich zu fragen, ob es klug gewesen war, Serika mit den Nanjos allein zu lassen. Wahrscheinlich waren sie alle solche charmanten, vertrauen erweckenden Gentleman wie Koji- und eben solche eiskalten Bastarde. Takuto hatte schon ein schlechtes Gewissen, weswegen er sein Pferd wendete und nach hause zurück ritt. Was er sah, als er das Haus betrat und sich nach seinen neuen potentiellen Gegnern Ausschau hielt, versetzte ihm einen Schock. Katsumi, der das Stapeln von Koffern beaufsichtigte.

Als der Diener Takutos bemerkte, verfinsterten sich seine Augen und er drehte sich wieder weg. Da platzte Takuto endgültig der Kragen. Er stürmte wie ein verwundeter Stier auf den Kleineren zu und packte ihm beim Aufschlag seines Hemdes. Katsumis Augen zeigten keine Angst, denn er war lang genug in Kojis Umgebung gewesen, um sich von so was nicht mehr erschrecken zu lassen, was Takuto natürlich noch mehr reizte. Katsumi wurde mit brutaler Gewalt an die Wand geschmettert und ordentlich durchgeschüttelt.

„Was hab ich DIR denn getan, daß du mir am liebsten an die Kehle gehen würdest?!“ Auf Katsumis Lippen erschien ein humorloses Lächeln. „Es stimmt also wirklich, daß du deine Worte nicht bändigen kannst...“ Takuto verstand zunächst nicht, doch als es dann endlich bei ihm angekommen war, fauchte er nur noch verstimmter: „Was ist, willst du mich dafür verantwortlich machen dafür, was er sich da in den Kopf gesetzt hat? Was hätte ich denn tun sollen, ihn willkommen heißen in meinem Bett?!“ Ohne Vorwarnung hatte er Katsumis Hand im Gesicht und für einen solch zierlichen Jungen hatte er einen erstaunlichen Schlag drauf.

„Im Bett? Du hast wohl keine Ahnung, was ein menschliches Gefühl sein soll, oder? Du kannst aber verdammt noch mal von Glück reden, daß ich Einfluß auf ihn habe, sonst würde ich hier für nichts mehr garantieren. Er mag dich zwar nichts davon mitbekommen lassen haben, aber er kann ein verdammtes Monster sein, wenn er es will. Und um deine Frage zu beantworten, dir habe ich einen bis aufs Tiefeste verletzten Koji zu verdanken, und daß ist schlimm genug!“

Die Stimme, die hinter ihnen erklang war vollständig unter Kontrolle, ein üblicherweise schlechtes Zeichen. „Ein verdammtes Monster? Da magst du recht haben. Aber keine Sorge, Katsumi, denn obwohl ich Takuto hier nie etwas körperliches antun könnte, hast du nicht genug Einfluß auf mich, als daß ich mir meine Rache nehmen lassen würde.“ Takuto und Katsumi, der unsanft zu Boden gelassen wurden, starrten Koji beide mit geweiteten Augen an und beide befürchteten Schlimmes.

Takuto bekam in der nächsten Woche nichts außer seinen eigenen Zimmerwänden zu sehen. Nicht nur, daß er jeglichen Kontakt mit Koji, dessen Brüdern oder gar Katsumi vermeiden wollte, nein, sein Adoptivvater hatte ihm verboten, sich im Haus zu zeigen, weil er um die allgemeine Sicherheit fürchtete. Serika kam jeden Abend und erzählte ihm von ihrem Tag. Sie schilderte Akihito als einigermaßen freundlich und aufmerksam, doch noch kälter und unnahbarer als Koji.

„Er sieht auch gut aus und ist intelligent, aber ich werde ihn nie lieben können“, seufzte sie. Takuto hatte allerdings den Eindruck, als würde sie aber mehr leiden, als sie zugab. Er kannte seine Schwester zu gut. Doch er konnte nichts dagegen machen, wenn sie beschlossen hatte, hart zu spielen.

Der Punkt, an dem sie zusammenbrach, kam dann an einem verregneten Vormittag eine Woche nach der Ankunft der Nanjos. Takuto saß auf dem Fensterbrett und wollte sich zwingen, zu lesen, weil ihm das viele Nachdenken Kopfschmerzen bereitete. Serikas zaghaftes Klopfen war einem verzweifelten Hämmern gewichen. Takuto beeilte sich, zu öffnen und fing dann Serika auf, die sich unter vielen heißen Tränen an seinen Hals warf. „Takuto...“, schluchzte sie flehend, „ich kann einfach nicht mehr! Ich kann nicht mehr so tun, als würde alles in Ordnung sein! Ich kann ihn nicht heiraten, es geht nicht! Er ist so ein grausamer Mensch, er ist völlig irre... Und Vater will heute den Vertrag unterzeichnen. Takuto, wird Vater mich verstoßen, wenn ich einfach nicht kann? Ich will doch nicht so schwach sein, sondern gehorchen, wie es sich gehört!“ Takuto hielt sie fest umschlungen und sein Herz schmerzte bei dem Anblick ihres Leidens. Er streichelte sanft ihr Haar und murmelte beruhigend.

„Aber nein, Serika, woran denkst du nur...das würde er niemals...Das hat nichts mit stark sein zu tun meine Kleine...“ Serika sah zu ihm hoch und in ihren von Tränen nassen Augen sah er höchstes Vertrauen in ihn. „Bitte, Takuto, halt es auf! Bitte, bitte, du mußt das verhindern!“ Takuto sah bestürzt in ihr flehendes Gesicht herunter und schwieg. Wie konnte er es aufhalten? Es gab nur eine Möglichkeit.

Koji stand mit seinen Brüdern in der Bibliothek und ihren Mienen und Gesten nach zu urteilen, war ihr Gespräch nicht sehr freundlich. Takuto räusperte sich und sagte laut: „Koji.“ Der Angesprochene fuhr herum und sah zu Takuto, der in der Tür stand, durchdringend an. „Ich will mit dir reden.“ Koji bedachte seine Brüder mit einem Wort: „Raus.“ Akihito wollte auffahren, doch Hirose bedeutete ihm mit einer Handbewegung, ruhig zu bleiben. Die beiden entfernten sich, wobei sie Takuto jeweils einen verächtlichen Blick zuwarfen. Takuto betrat den Raum vollständig und versuchte, ruhig zu bleiben.

Koji sagte nichts, machte sich keine Mühe, es ihm leichter zu machen. „Koji. Was diese Hochzeit angeht...“ „Ist sie fast beschlossene Sache“, unterbrach Koji ihn mit kalter Entschlossenheit.

Takuto schüttelte den Kopf und rang mit seinen Händen. „Bitte tu das nicht...Du magst nach Rache verlangen, aber bestrafe meine Schwester nicht dafür, was zwischen uns war. Ich hätte dich auch nicht lieben können, wenn ich dich nicht als ihren Ehemann hätte sehen wollen! Bitte, Koji, tu ihr das nicht an...! Es wäre das Ende ihres Glückes...“ Koji schnaubte verächtlich: „Was mich nicht einen Deut interessiert.“ Verzweiflung schlug in Takuto hoch und Tränen der Hilflosigkeit rannen ihm über die Wangen. Der Gedanke daran, daß er versagt hatte und Serika ihr Leben mit diesem irrsinnigen Akihito verbringen mußte, machte diese Tränen noch heißer und schneller.

„Und des meinen“, fügte er tonlos hinzu. Er hatte zwar nicht daran gedacht, aber seine Tränen berührten den Eisblock, der die Stelle von Kojis Herzens übernommen hatte und säte Zweifel in ihm. Takuto ließ sich schwer in einen Sessel fallen und starrte dumpf vor sich hin, als er wild darum kämpfte, nicht vor Verzweiflung zu schreien. Kojis Herz wand sich bei diesem Anblick und er fragte sich, ob er das Richtige tun würde, wenn er jetzt seinen Plan durchzog. Er wollte sich nicht von Takutos Tränen erweichen lassen, doch es berührte ihn schon, daß er sich doch erweichen lassen schien. Er ging vor Takutos Sessel in die Hocke, so daß er danke seiner beachtlichen Größe bequem in Takutos Augen sehen konnte, nachdem er den jungen Mann mit einem Griff dazu gezwungen hatte, ihn anzusehen. Er spürte, daß er diesen wunderschönen Augen in diesem engelsgleichen Gesicht nicht widerstehen konnte. Er verabscheute plötzlich den Gedanken, Takuto noch mehr weh zu tun.

„Was soll ich tun, Takuto?“ Takuto starrte in an und seine Augen leuchteten dumpf vor Schmerz, als er fast schrie: „Heirate du sie oder verschwindet alle aus unserem Leben!“ Koji schlug die Augen nieder, damit Takuto nicht die Absicht in ihnen erkennen konnte. Er küßte Takuto noch einmal hart und tief, doch eine Art gefühlvoll. Takuto wehrte sich nicht, sondern sank nur kraftlos nach hinten in das weiche Polster.

„Um diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.“ Er starrte noch ein letztes Mal in Takutos Augen um sich sicher sein zu können, nie vergessen zu werden. „Nicht wegen deiner Schwester, deinem Vater oder meinen Brüdern. Nur für dich.“ Er stand auf und ließ einen vollkommen verwirrte Takuto zurück. Koji durchquerte den Raum, riß die Tür auf und donnerte: „Akihito, Hirose, packt zusammen, wir reisen in einer Stunde ab!“

 

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TEIL 7

Hochzeitsglocken

 

Takuto beobachtete Koji eine ganze Weile, ehe er sich faßte und auf den anderen zuging. Irrte er sich, oder hielt wirklich Koji nach jemandem Ausschau? Er lächelte beim Gedanken daran, daß er sich höchstwahrscheinlich nicht irrte. Er fühlte ein seltsames Ziehen in seinem Herzen, als er einen kurzen Blick auf Kojis Profil erhaschte und sofort das kühle Blau seiner Augen erkannte. Ein Jahr lang hatten sie sich nicht gesehen, ein ganzes Jahr lang hatte er Zeit, den Zauber zu überwinden, den Koji über alles und jeden legte, doch noch immer ließ er sich von diesen einzigartigen Augen in ihren Bann ziehen und vergaß für einen Augenblick den Rest der Welt. Takuto schlängelte sich durch die Menge, ohne den freundlichen Grüßen der Gäste viel Beachtung zu schenken. Er hatte sie schon alle bei ihrer Ankunft gegrüßt und hatte die Geschenke entgegen nehmen müssen, die sie Serika zu ihrer offiziellen Verlobung mitgebracht hatten. Nun brauchte er sie nicht mehr zu beachten, was er auch nicht tat. Vielmehr sammelte er noch mal sich und seine Worte, um das Problem mit Koji ein für allemal aus der Welt zu räumen.

Er erreichte den Hünen, als der sich an ein großes Fenster stellte und gedankenverloren in die Dunkelheit der Nacht, erhellt durch die festlichen Lichter des Gartens, blickte. Takuto stellte sich in respektvollem Abstand neben Koji, der ihn nicht wahrnahm und sah eine Weile lang auch nur raus. In den letzten Monaten war so viel anders geworden, daß Kojis noch immer wohl vertraute Anwesenheit ihn beruhigte und gleichzeitig in helle Aufregung versetzte.

„Danke, daß du gekommen bist. Serika und mein Vater haben sich sehr gefreut, als deine Zusage kam.“ Koji wand den Blick nicht von dem Fenster, doch Takuto spürte genau, wie sich dessen Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Wahrscheinlich spürte er mich auf eine Entfernung von Meilen, dachte Takuto lautlos seufzend.

„Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Serika in Weiß zu sehen...“ Takuto wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch hinter ihnen fiel ein Glas zu Boden und zerbarst lautstark in tausend Teile. Takuto bemerkte überrascht, daß Koji bei dem Geräusch unkontrolliert zusammen zuckte. Takuto nahm vorsichtig seinen Arm und ignorierte das erneute, wenn auch wesentlich schwächere Zucken Kojis. „Lass‘ uns raus gehen, mir ist es zu voll, laut und warm hier drin“, log Takuto, um Koji aus der Umgebung zu locken, die dem offensichtlich unangenehm war. Koji ließ sich willenlos mitziehen und schon bald waren sie in einer nicht ganz so hell beleuchteten und sonst menschenleeren Ecke des Gartens angekommen. Kojis Blick schweifte über die wunderschön geschnittenen Hecken und sie kräftig blühenden Blumen und fühlte sich scheinbar wohler. Sie liefen ziellos durch die Gegend, ohne sich jemals allzu weit von dem Haus zu entfernen.

„Wie erging und wie geht es dir?“, fragte Takuto nach einer Weile, als das Schweigen zu lang zu werden drohte. Koji zuckte die Achseln und lachte ein kurzes, bitteres Lachen: „Den Umständen entsprechend.“ Dann drehte er den Kopf und sah Takuto in die Augen, zum ersten Mal seit langer, langer Zeit.

Takuto sah einen kurzen Moment lang Schmerz in den Tiefen dieser Augen, dann war es vorbei und Koji hatte seine kalte Maske aufgesetzt. „Nichts Besonderes also, Izumi.“ Takuto war wieder unsicher, wußte nicht, wie er sich ausdrücken sollte. Er wußte, daß Koji noch immer nicht darüber hinweg gekommen war und litt, daß hatte Katsumi ihm verraten. Katsumi und er hatten gesprochen, lange und nicht ohne harte Worte, doch am Ende hatten sie eine gemeinsame Ziel gefunden; nämlich Koji zu helfen. Beide aus unterschiedlichen Gründen, aber das Ergebnis sollte zählen. Und so hatte ihn Katsumi auf dem Laufenden gehalten und Takuto hatte hilflos mit ansehen müssen, wie der quicklebendige Diener langsam an Kojis Verhalten verzweifelt war. Mit Koji, so erzählte Katsumi, konnte niemand mehr umgehen, nicht mal Katsumi selbst. Man wüßte nie, ob man sich auf Wut oder Trauer einstellen sollte und er wüßte selbst nicht mehr, was schlimmer war. Und so hatte Takuto sich auf Trauer, Vorwürfe und Tränen eingestellt. Was er nicht erwartet hatte war diese Bitterkeit, die Koji gegen ihn ausspielte. Oder auch nicht ausspielte, denn er verbarg sie doch, wenn auch wenig erfolgreich unter seinem kalten Verhalten. Takuto war es nicht gewöhnt, daß Koji ihn nicht an sich heran ließ, doch er versuchte sich selbst davon zu überzeugen, daß das normal war und er sich auch nicht vor einem Menschen, der ihm das Herz gebrochen hatte, mit großen Gefühlsausbrüchen lächerlich machen lassen wollen würde. Doch wie sollte er damit umgehen. Dann fiel ihm die einfachste Lösung ein, das, was er von Anfang an bei Koji bemerkt hatte- Aktio und Reaktio.

„Ich denke, ich muß viel mit dir bereden und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie ich anfangen oder gar weiterreden soll. Ich komme mir also ziemlich dumm vor und wäre dir also dankbar, wenn du mich anhören würdest...“ Koji sah ihn mit seinem prüfenden Blick an und in seine Augen schlich sich ein winziges Lächeln angesichts Takutos Schüchternheit. „Deswegen hast du mich also eingeladen? Deine Schwester war zwar froh, mich zu sehen, aber ihren Worten nach war sie nicht diejenige, die mich hierher bestellen wollte.“ Takuto wurde knallrot und kratzte sich am Kopf. „Nun, ich kann es ja wohl kaum abstreiten, oder...?“ Sie bleiben neben einem uralten Baum stehen und Takuto stellte sich Koji gegenüber, achtete dabei, daß sie nicht gesehen werden würde, sollte jemand aus dem Haus kommen oder gar die Hecke umrunden, die den Teil des Gartens abgrenzte. Er sah noch einmal in den Himmel auf und schluckte angesichts der Schönheit der Sterne über seinem Kopf.

„Also, Koji, was ich dir zu sagen habe, ist das Komplizierteste, was ich je ausdrücken wollte... Ich... weißt du, ich habe mich jahrelang nur um Serika und ihr Glück, ihre Sicherheit gekümmert und dabei nicht an mich und meine eigenen Gefühle gedacht. Und dann kamst du und ich war so sehr davon überzeugt, dich nicht ausstehen zu können, daß du wirklich Eindruck damit gemacht hast, mich auf das Gegenteil aufmerksam zu machen. Und dann warst du immer da, hast dich um mich gekümmert und ich hatte das Gefühl, daß du, obwohl ich dich noch nicht lange kannte, derjenige bist, der mich versteht und dem ich mich öffnen konnte, ohne Angst haben zu müssen, enttäuscht zu werden.“

Koji wollte etwas sagen, doch Takuto schüttelte fast verzweifelt den Kopf und legte Koji einen Finger an die Lippen, ehe er dann dessen Hände nahm und sich nicht mehr entscheiden konnte, ob er den Anblick von Kojis Augen ertragen konnte oder zu Boden sehen mußte. Er konnte seine Angst, Koji für immer verloren zu haben, nicht mehr aushalten, den Sturm an Gefühlen, der in Koji tobte und den er trotz all ihrer Vertrautheit nicht deuten konnte.

„Ich war so froh, daß Serika dich als Mann bekommen würde, daß ich aus den Augen verlor, daß du nicht um ihre Hand anhieltest, sondern dein Leben bei uns mit mir verbracht hast. Ich habe dich so gern gewonnen, daß es mir das Herz brach, als du bekanntgegeben hast, daß nicht du, sondern dein Bruder sie heiraten sollte. Und ich war zu blind, zu verletzt, um die Chance zu ergreifen, die du mir mit deinem Liebesgeständnis gemacht hast. Ich dachte nicht an mich dabei, sondern an meine arme kleine Schwester. Und dann warst du auf einmal weg...“

Takuto fuhr sich durch die Haare und ließ dann die letzten Worte raus, das Schwierigste an der ganzen Rede: „Es war die Hölle. Ich habe mich so dreckig, so schmutzig gefühlt. Ich hätte mich nie getraut, dir unter die Augen zu treten mit dem Wissen, daß ich dich so sehr verletzt habe, und ich konnte nicht verstehen, warum ich dich zurück haben wollte. Ich... ich versuchte mich daran zu klammern, daß wir beide Männer sind und allein der Gedanke an deine Augen brachte mich um meinen Verstand. Und noch immer konnte ich doch nicht dem Mann verzeihen, der Serika verlassen hatte...

Doch dann begann ich, am mich selbst zu denken und an die Tatsache, daß ich dich weder vergessen konnte noch wollte. Das du mich so sehr geliebt hast, daß du damals deinen Bruder zurück gepfiffen hast, als ich dich unter Tränen darum bat...ließ mich nicht mehr los...Daß du mein verdammt noch mal bester Freund warst, der einzige, der mich akzeptiert und unterstützt hat...Ich erkannte, daß ich dich nicht loslassen wollte und daß ich dich in meinem Leben brauchte, als die Person, die ich aus vollem Herzen lieben kann, weil ich nicht verleugnen kann, daß diese Gefühle beidseitig sind. Also bitte ich dich demütigst um Entschuldigung und reiche dir mich selbst auf dem silbernen Tablett. Wenn du mich noch immer willst, dann hast du mich jetzt, und wenn nicht, dann verschwinde für immer aus meinem Leben, auf daß ich mir kein schlechtes Gewissen machen muß...!“ Die letzten Sätze sprudelten nur so aus ihm heraus und er drehte das Gesicht weg, um nicht Kojis Antwort in dessen Augen lesen zu können und aus Scham, die Kontrolle verloren zu haben. Dann faßten ihn Kojis lange Finger am Kinn und drückten es hoch, so daß sie nur noch wenige Zentimeter voneinander getrennt waren. Takuto bekam Panik, weil dieses wunderschöne Gesicht ihn so kalt anstarrte. Die samtweiche Stimme war kalt wie Eis und hart wie Stahl und spottete über seine Gefühle.

„Eigentlich müßte ich dich fragen, ob du denkst, es wäre so einfach. Mich zurückweisen, mich auslachen und dann auf einmal auf die Idee kommen, daß ich hüpfe, wenn du pfeifst? Eigentlich müßte ich dir jetzt sagen, daß meine Lust auf deinen Körper inzwischen so weit abgekühlt ist, daß ich deine sentimentale Rede nicht ernst nehme, sondern lautlos über dich lache...“

Jedes Wort traf wie ein Peitschenhieb, und jedes riß eine tiefe Wunde. Takuto dachte nicht mehr klar, Agonie durchflutete seine Gedanken. Er wollte sich verzweifelt aus Kojis Griff befreien, doch der war viel zu stark für ihn. Doch auf einmal wurden seine Augen weich und seine Hand hielt ihn sanft und liebevoll.

„Aber das tue ich nicht...“, fuhr Koji mit flüsternder Stimme fort, „weil ich dich nicht anlügen will und weil ich es nicht übers Herz brächte. Izumi... Sieh mich an. Ich gehöre dir.“ Damit beugte er sich vor und küßte Takutos Lippen. Takuto, dem schon die Tränen über die Wangen liefen, erstarrte überrascht, doch dann schlang er seine Arme um Kojis Hals. Koji bekam ihn besser zu fassen und zog ihn näher an sich heran. Takuto lächelte mit geschlossenen Augen. Der selbe Duft, die selbe Wärme und das selbe Gefühl der zusammen gepreßten Körper. Ein Traum im Rausch...?!

Koji löste ihre Gesichter kurz von einander und flüsterte: „Ich liebe dich...“, ehe er Takuto wieder küßte. Takuto schmiegte sich an Kojis Brust und spürte, wie der seinem Umhang um sie beide schlang. Dann fühlte er Kojis Zunge an seinen Lippen und hieß sie willkommen. Koji küßte ihn intensiv, aber immer noch sanft und zärtlich. Er vergrub seine Hände in Kojis Haaren und stellte fest, daß sie wirklich so seidig und weich waren, wie er es sich erträumt hatte.

Plötzlich hörten sie Stimmen und fuhren auseinander. Koji lächelte mit halb geschlossenen Augen auf Takuto herab und er beugte sich noch mal vor und küßte Kojis Mundwinkel „Ich denke, wir sollten das auf deinem Zimmer weiterführen...“ Takuto nickte atemlos und spürte zum Zweiten mal an diesem Abend ein seltsames Ziehen, doch diesmal kam es aus seiner Lendengegend. Er nahm ganz selbstverständlich Kojis Hand und führte ihn über einen geheimen Eingang in die Küche, von wo aus er den kürzesten Weg zu seinem Gemach einschlug. Sein Herz klopfte wie wild und er konnte sein Dauergrinsen nicht abstellen. Sie schlichen über die Gänge, denn sie waren nicht in der Stimmung, jetzt jemanden über den Weg zu laufen, der meinte, daß ihr Platz auf dem Fest im Saal war. Takuto drückte die Tür zu seinem Raum auf und zog Koji hinter sich herein.

Kaum war die schwere Tür wieder ins Schloß gefallen, hingen sie schon wieder wie Ertrinkende aneinander. Takuto lehnte sich gegen die Tür, als seine Knie weich wurden und zog Koji mit sich. Der streichelte seine Oberarme, ehe er seine Hüften faßte und ihre Lenden zusammendrückte. Takuto stöhnte in fast qualvoller Lust auf und brauchte eine Weile, um zu verstehen, daß Koji etwas gesagt hatte: „Willst du das überhaupt...?“ Takuto mußte sich wie schon so oft an diesem Abend zusammen reißen denn schon Dinge wie einen einfachen Satz formulieren schien unmöglich bei den Wogen der gespannten Erregung, die seinen Körper schüttelten. „Ja, schon, aber ich hab‘ ein wenig Angst...Ich bin da nicht sehr erfahren...“ Koji lächelte mit geheimnisvoll glühenden Augen und leckte Takuto schnell über die Lippen. „Ich bin dein Erster? Dann wollen wir mal zusehen, daß du es nie vergißt!“ Takuto war sich jetzt schon sicher, daß er es nie vergessen würde, doch Kojis Verhalten nach zu urteilen, war es erst der Anfang. Koji führte ihn zum Bett und ließ sich dann auf ihn gleiten, nachdem Takuto sich hingelegt hatte. Sie küßten sich wieder lange und Takuto spürte einen Anflug erster heißer Leidenschaft, doch Koji legte ihm einen Finger an die Lippen und sagte mit rauchiger Stimme: „Nein, wir werden uns Zeit lassen und nichts überstürzen. Ich verspreche dir, daß du das nicht bereuen wirst...“ Takuto gab sich hin und gehorchte, als Koji ihm bedeutete, sich zurück zu lehnen. Dann genoß er stillschweigend das Gefühl, das Koji damit verursachte, sein Hemd aufzuknöpfen und seinen Mund den Pfad seiner Finger folgen zu lassen. Kojis Zunge massierte sanft seine Brust und seine Hände strichen sanft über seine nun offen gelegten Seiten. Dann erreichte Koji die erste Brustwarze und verwöhnte sie mit Zunge und Zähnen, was eine heftige Reaktion brachte: Takuto warf den Kopf in den Nacken und verkniff sich mehr schlecht als recht ein lautes Stöhnen. Er krallte sich im Bettlaken fest und versuchte, seine Beine so um Koji, der zwischen ihnen lag, zu ordnen, daß seine Erregung es bequemer hatte.

Koji spielte inzwischen mit seinem Bauchnabel und richtete sich dann auf, um das Werk seiner Schöpfung zu betrachten. Takutos Augen waren halb geschlossen und glühten Schwarz vor Verlangen und Liebe und seine Lippen waren herrlich gerötet und geschwollen. Koji konnte es sich nicht verkneifen, diese Lippen wieder zu kosten und Takutos Geschmack in sich aufzunehmen. Er freute sich auch schon besonders auf einen anderen Aspekt von Takutos Aroma...

Koji richtete sich ein wenig auf, soviel es seine Position zuließ und begann, sein eigenes Hemd aufzuknöpfen. Takutos ungeduldige Finger gingen ihm bald zur Hand und zusammen zogen- oder rissen- sie es ihm vom Laib. Takuto schlang wieder seine Arme um Koji und flüsterte: „Ich will deine Haut auf mir spüren...“ Koji gehorchte, denn er sah darin eine wunderbare Chance für weitere Küsse. Nach einer weiteren Weile, die sie nur mit sich küssen und streicheln des anderes Oberkörpers verbrachten, wobei Takuto immer mutiger wurde, grinste Koji wölfisch und gurrte: „Jetzt halt dich fest, mein Liebling...“ Takuto versenkte die Hände gehorsam im Bettlaken und wußte bald, daß er richtig daran getan hatte, denn Koji öffnete nun seine Hose und befreite sein steinhartes Glied. Er beobachtete jede Bewegung Takutos, um sicher zu gehen, ganz genau das Richtige zu machen. Takuto wand sich mit protestierendem Wimmern unter Koji, als der die Spitze seines Gliedes zuerst anblies und dann einmal kurz mit der Zunge darüber fuhr. Koji grinste diabolisch, doch dann kam er Takutos lautlosem Flehen nach und nahm ihn ganz in den Mund. Er leckte die empfindliche Unterseite und fing dann an, sanft zu saugen und zu lecken. Seine rechte Hand streichelte die ganze Zeit Takutos Bauch, während die Linke Takuto festhielt, so daß er Koji ganz ausgeliefert war. Takuto fing trotzdem an, sich zu bewegen und in Koji zu stoßen. Koji schnaubte und hielt ihn fester, doch er ging Takutos Wunsch nach und beschleunigte seinen Rhythmus. Er hörte, wie Takuto sein Stöhnen nicht mehr verkneifen konnte, welches sich nach und nach zu lustvollen Schreien steigerte. Koji war hin- und her gerissen zwischen dem Drang, Takuto bei dessen Orgasmus in die Augen sehen zu können und Takutos Geschmack zu erleben. Er blieb dann auf seiner Position, weil er sich sagte, daß er Takuto einfach noch mal in dieser Nacht so weit bringen würde, stöhnend und schreiend unter ihm zu liegen.

Und tatsächlich schmeckte Takuto noch süßer, als er es sich vorgestellt hatte. Er schluckte alles, was er kriegen konnte und leckte noch ein paar mal über Takutos erschlaffendes Glied, um sicher sein zu können, jeden Tropfen aufgenommen zu haben.

Dann wanderte sein Mund wieder zu Takutos Gesicht, der nach Atem rang und gab ihm eine Kostprobe von sich selbst. Takutos Zunge strich langsam über seine eigene und sanfte Hände umfaßten seinen Hintern und massierten ihn dort. Koji löste sie wieder voneinander und sah in Takutos Augen hinunter, wo er tiefe Zufriedenheit vorfand. Er lächelte liebevoll und rieb ihre Nasen aneinander. Takuto lächelte zurück und fragte leise: „Lebe ich noch...?“ Koji konnte sich wieder sein Grinsen nicht verkneifen und fuhr verträumt mit den Fingern den Linien von Takutos Gesicht nach. „Oh ja. Das werde ich dir auch gleich beweisen. Denn Tote spüren nicht so viel wie lebendige Haut...“ Takuto stoppte seine Worte mit einem zärtlichen Kuß.

„Hör auf zu quatschen...“ Koji machte ein beleidigtes Gesicht und drehte Takuto mit einer schnellen Bewegung auf den Bauch. Takuto ließ ihn gewähren und er fühlte sich noch zu ausgelaugt, um sich zu wehren. Kojis starke Hände fingen an, seine Schultern und den Rücken zu massieren. Takuto wunderte sich, doch das Gefühl war einfach zu schön und er spürte, wie sich unter Kojis erfahrenen Fingern all seine Verspannungen lösten. Dann ging es abwärts, zu seinen Kreuz und dann zum Hintern, den Koji mit besonderer Aufmerksamkeit bedachte. Takuto kicherte leise zwischen seinen Armen hervor, in die er sein Gesicht geschmiegt hatte. „Mein Hintern gefällt dir, was?“ Koji zwickte ihn als Antwort, doch dann beugte er sich über Takutos Ohr und schnurrte: „Oh ja, das tut er. Und ich denke, es wird deinem Hintern auch gefallen, wenn er mich ganz spürt...“ Trotz der erotischen Stimme zuckte Takuto vor Angst zusammen, als ihm einfiel, was Koji meinte. Er hatte schreckliche Horrorgeschichten darüber gehört und hoffte nur, daß seine Entscheidung, sich Koji ganz hinzugeben, die Richtige war. Koji spürte sein Zögern und kletterte von ihm herunter, um sich an seine Seite zu legen. Er baute einen intensiven Augenkontakt auf und seine Hände streichelten ununterbrochen Takutos naßgeschwitzte Haare. „Ich verstehe, daß du Angst hast. Aber ich verspreche dir, nichts zu tun, was du nicht willst und ich bereite dich so gut darauf vor, wie ich kann. Deswegen lassen wir uns auch Zeit. Lehn dich zurück und vertrau mir, Liebling...“ Takuto schluckte und nickte. Er glaubte, daß Koji ihn nicht absichtlich anlügen würde, doch ein kleiner Rest seiner Angst blieb weiterhin in seinem Hinterkopf.

Koji küßte ihn fast besinnungslos und streichelte alle Punkte, die bei Takuto eine besonders heftige Reaktion auslösten. So lag der nach einer kleinen Weile wieder schwer atmend und zu keinem Wort mehr fähig, auf dem Bett und zerknüllte das Laken, welches getränkt mit ihrer beider Schweiß war. Als Koji gerade mit seiner unglaublich talentierten Zunge Takutos Bauchnabel bearbeitete, spürte Takuto an seinem Bein Kojis steinharte Erregung. Dann drang ein vorsichtiger Finger in ihn ein. Takuto zuckte zusammen, doch mehr vor Überraschung als irgend etwas sonst. Auf Kojis fragenden Blick hin nickte er, und der Finger begann sich in ihm zu bewegen, doch nur kurz, denn schon bald waren es schon zwei und dann drei Finger, die seine Muskeln lockerten. Um Takuto ein wenig abzulenken, streichelte und küßte Koji die Narbe an dessen Hüfte, bis Takuto sich stoßweise gegen seine Finger bewegte. Das nahm Koji als das Zeichen, fortzufahren, auf und positionierte sich zwischen Takutos Beinen. Er küßte den teils vor Verlangen und Teils vor Anspannung zitternden jungen Mann, noch einmal, ehe er dessen Knie über seine Schultern schob und vorsichtig in Takuto eindrang.

Takuto schrie leicht auf und Koji stoppte seine Bewegungen sofort. Er gab Takuto Zeit, sich an das Gefühl zu gewöhnen und suchte nach einem Zeichen in dessen Körpersprache, aufzuhören. Nach einer Weile atmete Takuto ruhiger und sein Körper entspannte sich wieder. „Geht es?“, fragte Koji, der sich selbst kaum noch unter Kontrolle halten konnte. Das Gefühl, in Takuto zu sein war um ein vielfaches besser, als bei irgendeiner Frau. Takuto nickte und lächelte tapfer. Koji löste seine Rechte von Takutos Bein und griff damit zwischen ihre Körper, um Takuto dann langsam zu streicheln. Takuto warf den Kopf zurück, als er Kojis Hand an seinem wieder steifen Glied spürte und dann die sanften Bewegungen, die Koji in ihm machte, doch es tat nicht mehr so höllisch weh wie am Anfang. Im Gegenteil, es fühlte sich von Sekunde zu Sekunde besser an und allein Gedanke daran, daß sein Koji in ihm war, erregte ihn ungemein. Kojis Hand bewegte sich im Rhythmus seiner Hüften auf und ab und plötzlich berührte er einen bestimmten Punkt in Takuto Körper, worauf dem ein Keuchen entfuhr, als ihm eine neue Welle der Lust die Luft aus den Lungen trieb.

Takuto starrte fasziniert in Kojis Augen, als er seine eigenen wieder öffnen konnte und sein Blick sich wieder ein wenig geklärt hatte. Kojis Gesicht war von Glückseligkeit und Konzentration verzerrt und seine Augen sahen aus, als wäre er einerseits voll da und gleichzeitig ganz weit weg. Ihre Hüften trafen nun immer schneller und härter zusammen und Koji gab nur noch Stöhnen und ab und zu einen keuchenden Schrei von sich. Bei dem Anblick wäre Takuto fast gekommen.

Er zog Kojis Kopf zu sich herunter und leckte ihm über die schweißnasse Wange. „Lass‘ dich gehen, Koji. Lass‘ los...Das bist du mir schuldig.“ Koji starrte in seine Augen vergrub dann seinen Kopf in Takuto Halsbeuge und gab jegliche Kontrolle über seinen Körper. Takuto spürte jedoch keinen Schmerz bei den noch härter und schneller werdenden Stößen. Er war viel zu sehr fasziniert davon, Koji mal außer Kontrolle zu sehen, zu erfahren wie es war, wenn Koji sich ihm ganz hingab. Dann, nach einigen letzten schon fast verzweifelten Stößen, kam Koji tief in Takuto und brach über ihm zusammen. Als er Kojis heiße Haut spürte, die nun wieder fast jeden Punkt seines Körpers berührte, kam Takuto in Kojis Hand. Er lag einige Minuten einfach nur da und versuchte, sich zu fangen. Dann nahm er Koji in die Arme, der noch immer zitternd von seinem heftigen Orgasmus bewegungslos auf ihm lag. Er fuhr mit einer Hand durch die verklebten silbernen Haare und küßte die Stirn, die auf seiner Schulter ruhte.

Er hatte schon Angst, daß Koji schon eingeschlafen war, doch dann regte sich der endlich wieder. Er hob den Kopf und sah in Takutos von erschöpfter Freude erfüllten Augen. Koji löste ihre Körper langsam von einander, bis sie Seite an Seite nebeneinander lagen. Takuto vermißte Kojis Wärme, schon als der sich neben ihn gelegt hatte und schlang die Arme wieder um Kojis warmen Leib. Koji umarmte ihn und kuschelte sich an Takuto, nachdem er die warme Decke über sie beide gelegt hatte. Sie lagen nur da und die Stille war ein Meer des wortlosen Verständnisses. Als Koji noch einmal mit der Zunge über Takutos Wange strich und den salzigen Geschmack auffing, bevor er murmelte: „Ich liebe dich“, war Takuto schon eingeschlafen und die einzige Reaktion auf die Worte war ein undeutliches Murmeln und ein den ganzen Raum erhellendes Lächeln. Koji lächelte zurück und legte sich ebenfalls hin.

Am nächsten Morgen erwachte Takuto, weil der Arm, der die ganze Nacht auf ihm gelegen hatte, sich bewegte und über seine Narbe strich. Er fragte sich im ersten Moment, was fremde Arme in seinem Bett zu suchen hatten, doch dann kamen die Erinnerungen hoch. Die Armbeuge, in der sich sein Gesicht befand, gehörte zu einem Arm, der ihn in der vergangenen Nacht gehalten hatte, intimer, als jede Berührung in seinem Leben gewesen war. Kojis breite Brust hob und senkte sich bei jedem Atemzug und Takuto strich mit einer Fingerspitze über die lange Narbe, die auf ihr prangte. Er kämpfte eine Weile mit Kojis Haaren, um das Gesicht freizulegen und fuhr dann mit seinem Zeigefinger die Konturen dieses wunderschönen Gesichtes nach, welches im Schlaf unschuldig wie das Antlitz eines Engels aussah.

„Im Schlaf siehst du nicht so kühl und beherrscht aus, mein Geliebter“, flüsterte er dem Schlafenden zu. „Und ich werde dafür sorgen, daß du deine Kontrolle auch im wachen Zustand verlierst...“ Kojis Körper reagierte auf die Worte, indem er aufwachte. Er grinste glücklich in Takutos entspannte Augen hinauf und ließ sich einen langen Kuß stehlen.

Takuto bemerkte plötzlich etwas, das nicht in sein Zimmer gehörte. Ein Tablett mit zwei belegten Tellern und einem Zettel darauf. Takuto stand überrascht auf und fragte sich, wer wohl in seinem Zimmer war, außer ihnen beiden. Das sah gar nicht gut aus... Die Teller waren gefüllt mit einer kleinen Auswahl an Belag und ein paar Scheiben Brot. Der Zettel enthielt eine knappe Nachricht.

Ich habe euch bei Izumi entschuldigt und euch was zu Essen hochgebracht. Eigentlich habt ihr es gar nicht verdient, bei der RUHIGEN Nacht, die ihr mir bereitet habt...Koji, ich ziehe aus, das ist ja wohl nicht auszuhalten. Ja, ja, ist gut: Meinen Glückwunsch und Segen habt ihr jedenfalls.

„Was steht drauf?“, fragte Koji neugierig, als Takutos zunächst besorgte Miene sich in eine muntere verwandelte und Takuto schließlich lachte. Takuto lief zum Bett zurück, wobei er den Zettel unachtsam auf den Boden fallen ließ.

„Ich liebe dich“, sagte er Koji, der bezweifelte, daß das der Wortlaut des Zettels war, aber sich davon auch nicht stören ließ.

 

Ende

 

Danke an alle, die bis zum Ende gelesen haben. Würde mich wirklich über konstruktive Kritik freuen! Bye, Wildcat

 

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